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Aufklärung

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Dieser Artikel befasst sich mit philosophischen Auffassungen und mit verschiedenen Feldern von Aufklärung im historischen Verlauf. Gesonderte Artikel gibt es für die Vordenker der Aufklärung und für das Zeitalter der Aufklärung in der westlichen Staatenwelt. Zu Begriffsverwendungen auf anderen Gebieten siehe Aufklärung (Begriffsklärung).
Daniel Chodowiecki 1791: Im Moment der Aufklärung, zu dem die Göttin der Erkenntnis, Minerva, das Licht spendet, finden die Religionen der Welt zusammen.

Aufklärung steht im alltäglichen Sprachgebrauch für das Bestreben, durch den Erwerb neuen Wissens Unklarheiten zu beseitigen, Fragen zu beantworten, Irrtümer zu beheben. Historisch versteht man darunter vor allem politische, wissenschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen in Europa und Nordamerika seit den Religionskriegen, deren Errungenschaften bereits im 18. Jahrhundert als epochal gewürdigt wurden – man sprach und spricht in verschiedenen Bereichen der Geschichtsschreibung von einem Zeitalter der Aufklärung. Einschlägig im deutschen Kulturraum ist die Begriffsbestimmung:

„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit.“

Eine knappe und umfassende historische Perspektive bietet folgende Definition:

„Enlightenment was a desire for human affairs to be guided by rationality rather than by faith, superstition, or revelation; a belief in the power of human reason to change society and liberate the individual from the restraints of custom or arbitrary authority; all backed up by a world view increasingly validated by science rather than by religion or tradition.“

„Aufklärung war der Wunsch danach, dass menschlicher Angelegenheiten von der Vernunft geleitet werden, anstatt durch Religion, Aberglauben oder Offenbarung; und der Glaube an die Kraft der menschlichen Vernunft die Gesellschaft zu verändern und das Individuum von den Fesseln der Tradition oder der willkürlichen Autorität zu befreien. All dies gestützt durch eine Weltanschauung, die zunehmend von durch die Wissenschaft anstatt durch Religion oder Tradition validiert wird.“

Dorinda Outram: The Enlightenment (1995)[2]

Zum Programm der historischen europäisch-nordamerikanischen Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert gehört die Berufung auf die Vernunft als universelle Urteilsinstanz, eine Hinwendung zu den Naturwissenschaften in der philosophischen Erkenntnistheorie, in Religionsfragen das Plädoyer für Toleranz gegenüber anderem Glauben, in Moral- und Rechtsphilosophie die Orientierung am Naturrecht. Gesellschaftspolitisch zielte Aufklärung auf die Ausdehnung der persönlichen Handlungsfreiheit (Emanzipation), auf eine neue Pädagogik, die Schaffung von Pressefreiheit und die Garantie bürgerlicher Rechte unter Zugrundelegung allgemeiner Menschenrechte sowie die Verpflichtung moderner Staaten auf das Gemeinwohl. Viele Vordenker der Aufklärung hegten einen ausgeprägten Zukunfts- und Fortschrittsoptimismus. Sie folgten der Vorstellung, dass sich die wesentlichen Probleme des menschlichen Zusammenlebens in einer vernunftorientierten Gesellschaft schrittweise lösen würden. Andererseits setzten sich seit den 1750er Jahren wichtige Vertreter aufklärerischen Denkens wie Voltaire und Diderot mit dieser Erwartung zum Teil satirisch-kritisch auseinander. Gemeinsam war den Aufklärern das Vertrauen auf die Macht der kritischen Öffentlichkeit als einer Institution, die den Prozess der Aufklärung vorantreibt. Mit den Strömungen des Sturm und Drang und der Romantik wurden Grundpositionen der Aufklärung wie ihr „Vernunftglaube“ Gegenstand einer breiteren Kritik. Aufklärerische Impulse entfalteten eine breite Wirkung im öffentlichen Leben, die heute vor allem sichtbar in den Feldern ist, die Ende des 18. Jahrhunderts mit der Literatur und den schönen Künsten neu zusammengefasst wurden. Ein neues bürgerliches Selbstverständnis brach sich Bahn auf den Gebieten des Romans und des Dramas wie im öffentlichen städtischen Konzertbetrieb oder bei privat veranstalteter Instrumentalmusik.

Daneben wird der Begriff Aufklärung auch häufig epochenübergreifend gebraucht. So interpretierten Max Horkheimer und Theodor W. Adorno in ihrer Arbeit Dialektik der Aufklärung Entwicklungen des 20. Jahrhunderts als konsequente Spätfolgen der Optionen der Aufklärung: Der Mensch wird als „Herr“ einer entzauberten Welt installiert; Wahrheit wird als System begriffen; Vernunft wird Instrument und durch Apparate verwaltete Ideologie; Zivilisation schlägt um in die Barbarei des Faschismus; zivilisierende Effekte der Aufklärung schlagen um in ihr Gegenteil; und genau dies entspreche der in sich problematischen Struktur des Aufklärungsdenkens.

Im Hinblick auf die verschiedenen Kulturräume weltweit wurde und wird teilweise die Notwendigkeit einer nachzuholenden Aufklärung diskutiert. Ein gesellschaftliches „Projekt der Aufklärung“ verbleibt anhaltend in der Diskussion.

Zum Begriff und seiner Verwendung

Begriffsherkunft

Der Begriff Aufklärung ist eng verbunden mit der frühmodernen Verurteilung des Mittelalters als einer Epoche der Dunkelheit und des finsteren Aberglaubens, die im Vergleich zur Antike als rückständig galt. Die Neuzeit sollte der Dunkelheit des Mittelalters das Licht der Erkenntnis entgegen setzen. Die Lichtmetaphorik konnte von der Antike übernommen werden: Vom Licht der Erkenntnis wurde in der griechischen Philosophie, in der spätantiken Gnostik sowie in der Bibel gesprochen. Der Ausdruck ist zugleich mit einer Bemühung um Klarheit der Begriffe (clare et distincte) als Maßstab der Wahrheit verbunden – etwa bei Descartes, Leibniz und Johann Heinrich Lambert.

Die Vorstellung eines Zeitalters der Aufklärung bildet sich erst im 18. Jahrhundert deutlicher heraus. Die französische Bezeichnung Siècle des Lumières („Jahrhundert der Lichter“) kommt erstmals 1733 bei Jean-Baptiste Dubos vor. Jean-Jacques Rousseau sowie 1751 Jean-Baptiste le Rond d’Alembert[3] greifen sie auf. Die Vertreter dieser neuen Denkweise wurden Les Lumières genannt.

Der englische Terminus Enlightenment ist erst seit dem 20. Jahrhundert als Epochenbegriff gängig.[4] Dagegen waren das Verb „to enlighten“ und das Partizip „enlightened“ bereits fest im Vokabular des 17. und 18. Jahrhunderts verankert, mit den Bedeutungen „Verständnis schaffen“ und „aufgeklärt“ im Sinne von „über eine Sache erhellend informiert“. Der deutsche Ausdruck Aufklärung wird in den 1770er Jahren gebräuchlicher. Immanuel Kants berühmte Definition in Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? folgt im Dezember 1784 einer Ausschreibung, mit der die Herausgeber der Berliner Monatsschrift zur Klärung eines Begriffs aufrufen. Auch hier ging der Epochenbegriff aus einem bislang unauffälligen Sprechen von „aufklären“ im Sinne von „sich über einen Sachverhalt Klarheit verschaffen“ hervor.

Der Begriff erfuhr im Lauf der Zeit Erweiterungen: So wird im historischen Rückblick seit dem 19. Jahrhundert etwa auch von der klassischen Epoche im antiken Griechenland als einer „ersten“ Aufklärung gesprochen, wobei man sich einerseits auf das methodisch-kritische Fragen des platonischen Sokrates und auf seine Wendung gegen sophistische Lehren bezieht, andererseits aber auch auf sophistische Denker wie Protagoras.

Epochenbildung

Die Aufklärungsdiskussion des mittleren und späten 18. Jahrhunderts nahm vorausgehende Vorstellungen auf und veränderte sie: Deutlich setzte sie Diskussionen des Renaissance-Humanismus und der Reformation fort – jene beiden zentralen Auseinandersetzungen, die zwischen 1480 und 1550 das Mittelalter als vergangene Epoche definierten und von der Gegenwart eine Neuausrichtung forderten. Der Lichtmetaphorik bezüglich des „finsteren“ Mittelalters entsprach nun kontrastierend ein „helleres“ Zeitalter.

Zwischen 1680 und 1720 ereignete sich eine weitere Wende mit der Querelle des Anciens et des Modernes, dem Streit der „Alten und der Neuen“: Hatte man im Humanismus und in der Renaissance noch eine Wiederbelebung der Antike gefordert, um dem Mittelalter zu entrinnen, so diskutierte man am Ende des 17. Jahrhunderts, ob die Moderne nicht eine ganz eigene Kultur hervorbringe – eine Zivilisation, die nicht nur dem Mittelalter, sondern auch der Antike überlegen sei. In den 1730er- und 1740er-Jahren bekämpfte die Aufklärung noch immer traditionelle und scholastische Gegenströmungen, nun aber im Bewusstsein, mit der gesamten Vergangenheit zu brechen und sich von hergebrachten Autoritäten zu lösen.

Die Rede von einem Zeitalter der Aufklärung kommt in den 1740er-Jahren auf. Eine rückblickende Kontroverse, wie diese Epoche zu verstehen sei, ereignete sich in den letzten zwanzig Jahren des 18. Jahrhunderts. Eine geschlossene Theorie der Aufklärung kam nicht zustande – eher eine Aufklärungsdiskussion zwischen Gruppen, die das Wort für sich beanspruchten, sich von ihm distanzierten oder einander das Recht absprachen, in der Tradition der Aufklärung zu stehen. Grundgedanken wie die Gleichheit und Brüderlichkeit aller Menschen, wie sie in die Formulierung der Verfassung der Vereinigten Staaten einflossen, wurden von einzelnen Autoren der Aufklärung wie Burke oder Mendelssohn kritisch betrachtet.[5]

Die historischen Eckdaten der Epoche sind je nach Fachgebiet verschieden. Ein relativ eng gefasster Begriff von Aufklärung besteht in der Germanistik, die Gottsched und Lessing als die zentralen Vertreter der Epoche begreift und diese vom Barock und dem 17. Jahrhundert absetzt. Forscher wie Werner Krauss stellten der Hauptphase eine Frühaufklärung voran, die ins 17. Jahrhundert zurückreicht, und setzten eine Spätaufklärung vor 1800 an. In jüngerer Zeit hat etwa Jürgen Osterhammel das Zeitalter der Aufklärung im Zeitraum zwischen 1680 und 1830 verortet. [6]

In der breiteren internationalen Forschung setzte sich demgegenüber ein Interesse an „Diskursen der Aufklärung“ in der frühen Neuzeit durch, also etwa zwischen 1500 und 1800. In jüngster Zeit wurde das 17. Jahrhundert als Phase eigenständiger radikaler und subversiver Denkbewegungen entdeckt.[7] Nach wie vor wird der Schwerpunkt der Aufklärung zwischen 1750 und 1780 gesehen.

Die Definition einer „Epoche“ der Aufklärung bleibt aber heikel, da vieles sich seinerzeit im Übergang befand. Die Klarheit und Ordnung der Barockmusik, die von Zeitgenossen durchaus als solche empfunden wurde, geriet nach 1800 in Verruf; die Fuge als ihr kombinatorischer Höhepunkt wurde von Hector Berlioz als barbarisches Chaos hingestellt, während Mozart sie noch bewundert und nachgeahmt hatte. Ähnlich ergebnislos wurde diskutiert, ob die „Empfindsamkeit“ eine emotionale Seite der Aufklärung sei oder eine Gegenströmung – auch hier werden Begriffe erst dann problematisch, wenn sie als voneinander abgrenzbare Epochenbegriffe benutzt werden. In der Forschung werden solche Konflikte entschärft, indem man schlicht von der „frühen Neuzeit“ oder dem „18. Jahrhundert“ spricht und zusätzliche Epochensetzungen meidet.

Felder und tragende Kräfte der Aufklärung

Deutsche und englische Titel-Statistik, 1500-1699. Die Ausschläge folgen historischen Ereignissen.
Londons Buchangebot im Jahr 1700 nach den Angaben der Term Catalogues (die „Reprinted“ section ist hier aufgelöst, im heutigen Sinne literarische Titel sind herausgezogen, noch fehlt ihnen die einheitliche Kategorie).
Die englische Buchproduktion explodiert in den 1760ern.

Größere technologische und politische Umwälzungen erlauben es, die Frühe Neuzeit gegenüber dem Mittelalter auf der einen und dem 19. Jahrhundert auf der anderen Seite abzugrenzen: Der Buchdruck brachte ab etwa 1500 eine neue Öffentlichkeit hervor. Der Entdeckung Amerikas 1492 folgte eine Neuorganisation des europäischen Mächtegewichts. Die Reformation veränderte ab den 1520ern Europas Bündniskonstellationen und das Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern. Auf der anderen Seite kam mit dem 19. Jahrhundert ein neuer Typus des Nationalstaats auf, der die Säkularisation durchsetzte, moderne Bildungssysteme etablierte und die Industrialisierung vorantrieb.

Beim Begriff der Aufklärung geht es nicht nur um eine Epoche, deren Hauptakteure sich selbst darin wiederfanden (die spezifische Benennung wurde erst spät gefunden), es geht wesentlich um die Prozesse zwischen diesen frühneuzeitlichen Eckpunkten. Man versucht die fortschrittlichen Faktoren zu definieren, die in das 19. Jahrhundert führten. Widerstände gegen diesen Fortschritt werden anti-aufklärerischen Kräften oder unreflektierten Traditionen zugeordnet. Die Epochendefinition rückt vor allem publizistisch tätige Gruppen in den gesellschaftlichen Fokus: Wissenschaftler, Journalisten, Autoren, Regenten, die Traditionen der Kritik unterzogen, indem sie sich auf die Vernunftperspektive beriefen.

Eine eigene Welle aufklärerischer Aktivität ergänzte im weiteren Verlauf die primär wissenschaftlichen Diskussionsfelder um Bestrebungen, das Wissen der Zeit in die breite Bevölkerung hineinzutragen – mittels neuer Bildungssysteme, neuer Pädagogik, durch die Publikation von Büchern und Journalen, die von einer breiteren Öffentlichkeit gelesen wurden. Die damaligen öffentlichen Diskussionen politischer und gesellschaftlicher Prozesse spielen eine zentrale Rolle in der aktuellen Definition der Aufklärung (wohingegen etwa das Zeitalter des Barocks stärker über heutige Geschmacksurteile definiert wird).

Die Verbreitung der Lesefähigkeit bot dafür eine wichtige Voraussetzung. Die Reformation brachte in den protestantischen Ländern einen Schub mit Aufrufen, eine persönliche Beziehung zur Bibel herzustellen, und mit einer eigenen Kultur der Streitschriften. In katholischen Gebieten gewann Erbauungsliteratur einen vergleichbaren Markt. In West- und Mitteleuropa festigte sich Alphabetisierung ab den 1620ern durch die Zirkulation von Zeitungen als den gängigsten modernen Lektüreartikeln. In der letzten Hälfte des 17. Jahrhunderts weichte schließlich die Grenze zwischen dem akademischen Wissen und dem öffentlich verfügbaren auf: Zwischen den Wissenschaften und dem niederen Markt der Volksbücher war neu ein breites Angebot an „schöner Literatur“ (belles lettres) entstanden, die sich primär durch Eleganz definierte und in den Städten das bürgerliche Publikum, insbesondere das junge zwischen 20 und 40 und Frauen erreichte. Ab den 1660ern stellten sich zudem die Wissenschaften auf das breitere Interesse ein. Die Publikation in den Landessprachen wurde in Frankreich (hier betreut durch die Académie française) der Regelfall. In England gewann das Englische schlicht mit London als Druckort mit kommerziell orientiertem Buchmarkt Bedeutung. In den Niederlanden wurde ab den 1660ern auf Französisch für den gesamten europäischen Markt gedruckt, der niederländische Markt blieb unterentwickelt. In Deutschland verlief die Umstellung vom Lateinischen auf die Landessprache in den Wissenschaften dagegen vergleichsweise schleppend. Die ersten Initiativen von Christian Thomasius, deutsche Vorlesungen einzurichten, kamen einer Revolution gleich und wurden von ihm 1687 mit der Notwendigkeit, die Franzosen nachzuahmen begründet. Die Umstellung geschah hier erst im Lauf des 18. Jahrhunderts mit einer zunehmend nationalen Strömung, in der man sich von Frankreich als einem nun abschätzig betrachteten Modenlieferanten distanzierte.

Ab den 1720ern nutzten Aufklärer in Deutschland die Landessprache gezielt, um Modernisierungsprozesse außerhalb der universitären Gelehrsamkeit voranzutreiben. Noch stockender verliefen die Entwicklungen in Nord- und Osteuropa. Der deutsche Buchmarkt war in Skandinavien neben dem französischen präsent; ein eigener skandinavischer hatte hier erschwerte Startbedingungen. In Osteuropa richtete sich der Adel westeuropäisch aus; Frankreich blieb hier Orientierungspunkt. Eine kommerzielle bürgerliche Kultur der Bildung bauten Osteuropas Nationen vergleichsweise spät erst in den Nationalisierungsprozessen des 19. Jahrhunderts auf. Aufklärerische Potentiale gelangten hier über die aristokratische Oberschicht kaum hinaus.

Bis in das frühe 18. Jahrhundert hinein ist die Theologie das zentrale Diskussionsfeld. Deutlich wird dies schon in der Buchproduktion, die hier ihren Schwerpunkt behält. Im Lauf des 18. Jahrhundert verliert sie an Rang; denn die Naturwissenschaften etablieren Erkenntnisse im Gegensatz zur Bibel. Obskurantismus und Szientismus stehen einander künftig als Pole polemischer Kritik gegenüber. Die Belletristik schafft einen neuen Bereich breiter Lektüre, in dem sich die Bevölkerung mit persönlichen Leitbildern ausstattet. Die Geschichtsschreibung wird der neue Ort gesellschaftsweiter Kontroversen um die historische Selbstverortung. Die Verschiebungen zeigen sich in der ab den 1760ern stark anwachsenden Buchproduktion, die die Theologie marginalisiert, historischen und belletristischen Schriften dagegen breiten Raum bietet.

Ende des 18. Jahrhunderts wurde die gesamte Bildung schrittweise in Europa reformiert und auf die modernen öffentlichen Debatten ausgerichtet. Mit der Wende ins 19. Jahrhundert fiel die alte Teilung der universitären Wissenschaften nach den vier Fakultäten der Theologie der Jurisprudenz, der Medizin und des philosophischen Grundstudiums. Die zukunftsweisende Aufteilung der Wissenschaften sollte Naturwissenschaften und Technik, einen Bereich der Sozialwissenschaften und einen Bereich der Geisteswissenschaften schaffen. Die letzteren beiden Bereiche wurden dabei für die Debatten zuständig, die in den modernen Gesellschaften öffentlich geführt werden.

Theologie

Individuum, Staat, Kirche und religiöse Toleranz

Kopie einer Karikatur von 1686: Der Französische Staat betätigt sich mit Waffengewalt als Missionar im eigenen Land

Die frühe Neuzeit ist die Phase einer Blüte neuer theologischer und politisch-theologischer Debatten mit breiter Beteiligung der Bevölkerung in den von der Reformation betroffenen Gebieten (in Osteuropa, im christliche orthodoxen Kulturraum wurde die Aufklärung eher am Rande von Adelskreisen rezipiert). Die Konfessionen, die sich mit der Reformation voneinander abgrenzten, distanzierten sich gemeinsam von der Scholastik und ihrer Wissenschaftstradition. In Syllogismen über die Konsequenzen von Definitionen nachzudenken und gestützt auf Autoritäten, insbesondere Aristoteles, zu argumentieren, wurde zum Zeichen einer mittelalterlichen Wissenschaftlichkeit. Im neuen religiösen Debattengefüge ging es um Traditionsbrüche, die sich allerdings fast durchweg als Versuche legitimierten, im Rahmen einer Reform zur ersten und authentischen christlichen Religion zurückzukehren. Das einzelne Individuum wurde von diesen Debatten in Mittel-, West-, und Nordeuropa persönlich angesprochen und aufgefordert, Position zu beziehen. Europas Landkarte wurde nach 1520 konfessionell auseinander dividiert. Deutsche Regenten führten die Reformation ein und provozierten den Konflikt mit dem Reich, europäische Nationen involvierten sich im Konflikt. Mit dem Ende des Dreißigjährigen Kriegs und dem Westfälischen Frieden von 1648 wurde die Frage nach dem Glauben des Einzelnen zwar auf dem Papier gelöst, damit jedoch erst in vollem Umfang staatspolitisch brisant. Europas Staaten gestanden einander das Recht zu, über die Religion in ihren Territorien frei entscheiden zu dürfen. Die außenpolitische Kontroverse wurde damit beigelegt, gleichzeitig aber über die Köpfe der Bürger hinweg entschieden. Die Frage nach dem Glauben des Einzelnen, um die es mit der Reformation ursprünglich gegangen war, verlangte nun Klärungen, mit denen Bürger – Minderheiten und Mehrheiten – sich arrangieren konnten. Die Frage ihrer Loyalität gegenüber dem Staat und der Religion, die er privilegierte, wurde juristisch und staatstheoretisch interessant.

Die Diskussionen gewannen ausgeprägt philosophische Dimensionen, da die verschiedenen Konfessionen unterschiedliche Modelle einer neuen Ordnung von staatlicher und geistlicher Autorität gegenüber dem Individuum verteidigten. Martin Luther und Jean Calvin hatten gemeinsam gegenüber der Römisch-katholischen Kirche auf der „Freiheit des Christenmenschen“ bestanden, sich von kirchlichen Institutionen nach persönlicher Überlegung ab- und der Bibel und Gott als den letzten Autoritäten zuzuwenden. Die Reformation dividierte sich im selben Moment auseinander in den orthodoxen Protestantismus Luthers, und die Reformierte Religion Calvins. Luther plädierte für staatliche Bündnisse und den Aufbau von Landeskirchen. Die calvinistisch reformierten Strömungen kritisierten dagegen den Aufbau kirchlicher Hierarchien: Priester und Bischöfe würden letztlich vor Gott auf einer Stufe neben jedem Gläubigen stehen. Gott konnte mit dem Einzelnen an Kirchen vorbei Kontakt aufnehmen. Hausgemeinden und charismatische Bewegungen entstanden an allen Orten, an denen die Reformation um sich griff. In den lutherischen Gebieten entstanden sie in Konkurrenz zu den neuen kirchlichen Strukturen und in Distanz gegenüber der weltlichen Macht, die auf die neuen Landeskirchen setzte.

Die Extrempositionen der Debatte wurden im 17. Jahrhundert zwischen den Modellen erstens der calvinistisch reformierten Niederlande, zweitens Frankreichs als modernem katholischen Flächenstaat und drittens Englands ausgefochten, als Land, das die lutherische Reformation mit dem Aufbau einer Landeskirche durchführte, bei der der König selbst Kirchenoberhaupt wurde. Keine kontinentale lutherische Landeskirche war so klar mit dem Staat verschmolzen.

In Frankreich, zunehmend absolutistisch organisiert, setzten Verfolgungen der dortigen reformierten Protestanten noch im 16. Jahrhundert ein,[8] 1685 kulminierten sie in der Aufhebung des Toleranz-Edikts von Nantes, der die Massenauswanderung der französischen Hugenotten folgte. Frankreich wurde zum Muster des totalitären absolutistischen Staats.

Die Niederlande hatten sich calvinistisch orientiert und, republikanisch verfasst, dagegen zum Ort freiere Orientierung ihrer Bürger entwickelt. Sie gerieten zu Beginn des 17. Jahrhunderts mit der Dordrechter Synode und ihren Entscheidungen von 1618/19 in eine Zerreißprobe über die Frage der weiteren Teilungen unter den reformierten Protestanten. Die Ereignisse führten hier nach der Eskalation der Synode und ihrer Urteile zu einer fortschreitenden stillschweigenden Liberalisierung.

Unter den Nationen, die sich für den Aufbau einer protestantischen Landeskirche entschieden, ging England den brisantesten Weg mit dem Aufbau anglikanischen Kirche. Im Ritus blieb sie der römisch-katholischen Kirche nahe. In der Organisationsstruktur radikalisierte sie das von Luther gesuchte Arrangement mit dem Staat, der hier als Oberhaupt der Landeskirche agiert. Freikirchliche und reformierte Kreise formierten sich in England automatisch damit nicht nur im Konflikt mit der Landeskirche, sondern auch dem Staat. Die Konflikte eskalierten 1641/42 mit dem Beginn des Bürgerkriegs, im Verlauf dessen erstmals ein Parlament in Europa den Regenten hinrichten ließ – Karl I. von England am 30. Januar 1649. Sie resultierten zudem in den Auswanderungsbewegungen, denen die Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika im 18. Jahrhundert folgte. Während Frankreich den Weg in den Absolutismus beschritt, die Niederlande ab den 1640ern zum ersten Zufluchtsort für französische Hugenotten und verschiedenste Sekten wurden – und vom Pluralismus profitierten, durchlebte England mit der Commonwealth-Phase eine parlamentsgestützte Schreckensherrschaft, an deren Ende das Parlament freiwillig die Monarchie zurück holte. England gewann mit den komplexen politischen Ereignissen die zentrale philosophisch-politische Debatte um das zukünftige Verhältnis zwischen Parlament, von ihm ausgehender Regierung, dem König, der Kirche und dem Bürger. Die staatspolitischen Vorschläge, die Thomas Hobbes 1651 im Blick auf den Bürgerkrieg und John Locke im Blick die Glorious Revolution von 1688/1689 machte, in der das Parlament nach Absetzung der Stuarts einen neuen Regenten aus den Niederlanden ins Land holte, sind heute Meilensteine der Aufklärungsdiskussion. Deutlich wurde mit diesen Antworten, dass die Problemlösungen am Ende nicht mehr auf dem Gebiet der Theologie, sondern auf dem der Philosophie und der von ihr inspirierten Rechtsdiskussion entschieden würden. Die Theologie verlor in England an Macht. Sie verlor letztlich nicht minder in den Niederlanden an Macht, wo man sich auf die Liberalisierung einließ, und in Frankreich, wo die Krone als bestimmende Instanz gewann.

Heterodoxien und die philosophische Kontroverse

Frontispiece einer anonymen Ausgabe von Les trois Imposteurs aus dem 18. Jahrhundert

Die Kontroversen um die Auslegungen der Bibel bereicherten die philosophischen Debatten des 17. und 18. Jahrhunderts – vor allem in den Niederlanden, wo der Pluralismus konkurrierender Auslegungen auf engstem Raum gedieh. Die neuen theologischen Positionen warfen samt und sonders erkenntnistheoretische Fragen auf: Wie beweist man religiöse Positionen? Worauf kann sich das Individuum bei seiner persönlichen Antwort auf eine theologische Frage berufen? Detailfragen boten den Naturwissenschaften interessante Prämissen. Calvinisten und Lutheranern entzweiten sich im Blick auf die Determination und die Frage des Freien Willens: Hatte Gott zu Beginn der Schöpfung als allmächtiger Gott den gesamten Lauf des Universums festgelegt, dann bestand theoretisch für das Individuum kein Raum etwas zu denken oder zu entscheiden, was Gott nicht schon eben so festgelegt hatte. In der modernen naturwissenschaftlichen Forschung ist Determination eine interessante Prämisse: Gott könnte tatsächlich der Welt Naturgesetze gegeben haben, nach denen alle weiteren Geschehnisse zwangsläufig aufeinander folgen. Die Forschung kann sich dem Projekt widmen, diese Gesetze zu erfassen. Mit dem Zweifel der Antitrinitarier an der Dreifaltigkeit Gottes ging es – wieder philosophisch betrachtet – um mehr: um die Frage nach einem universellen Gottesbild auf das sich eventuell alle Religionen einigen könnten, um die Möglichkeit eines Deismus, einer Vorstellung eines Gottes, die diesem keine menschlichen Züge mehr gibt, ihn eher philosophisch definiert.

Mit der Vielzahl der Strömungen und den Kontroversen der Reformation endete im 17. Jahrhundert zunehmend die Hoffnung, eine einzelne Konfession als die wahre Religion erweisen zu können. Skeptizismus rechtfertigte sich heimlich in Untergrundschriften im Blick auf die Vielzahl der Positionen. Baruch de Spinoza vertrat in seinem theologisch-politischen Traktat von 1670 die These, Judentum und Christentum seien lediglich vergängliche Phänomene ohne absolute Gültigkeit. John Toland behauptete 1696, die Bibel sei zum Teil eine menschliche Fälschung. In radikalen Schriften des Untergrunds diffamierten Autoren direkt oder indirekt Moses, Jesus und Mohammed als die drei „großen Betrüger der Menschheitsgeschichte“. Von der Zirkulation eines Buches De tribus impostoribus wurde berichtet, bis es schließlich 1716 als subversive Schrift auf den Markt kam. Gegenpositionen vertraten die als Bischöfe kirchlich gebundenen Philosophen Joseph Butler und George Berkeley.

Die zentralen Positionen, die im Lauf des 17. Jahrhunderts von „aufgeklärten“ Philosophen gegen Alleingültigkeitsansprüche einzelner Religionen in Anschlag gebracht werden, finden sich in der theologischen Kontroverse selbst vorbereitet: In der Reformation begegneten sich die Konfessionen wechselseitig mit Betrugsvorwürfen. Im Blick auf außereuropäische Religionen teilten die Konfessionen die Anschauung, dass hier Religionen und Kulte auf dem Betrug von Priesterkasten basierten. Autoren wie Pierre Daniel Huet, katholischer Bischof von Avranches, stehen für die Aufklärung in der religiösen Debatte mit Versuchen die Kulte der Antike zu enträtseln und dem modernen aufgeklärten Leser verständlicher zu machen, wie sie funktionierten. Dass man in diesen Kulten hermetische Lehren vertrat, sollte sicherstellen, dass Priester ihr Wissen (oder ihren Betrug) nur in Initiationsriten weitergaben. Auf Priesterbetrug seien viele der Kulte gegründet gewesen, die nach der Sintflut eingerichtet wurden, um die Bevölkerung unwissend und in Ehrfurcht zu halten – so der aufklärerische, den Betrug entlarvende Gedanke.

Im späten 17. Jahrhundert wendet sich die um aufgeklärte Diskussionen ringende neue theologische Debatte unter der Hand gegen das Christentum als schlicht auf dem Glauben basierender Religion. Die Diskussion dass das Christentum selbst Traditionen verhaftet ist und auf antiken Kulten fußt bereitet sich in einer neuen Kirchengeschichtlichen Forschung vor. Die neue Auseinandersetzung mit Religion führt im 18. Jahrhundert zu zunehmend freien Konkurrenzprojekten: Zum philosophischen Deismus als Vernunftoption, zur Gründung von Geheimgesellschaften, die neue Zeremonien ausgestalten und sich dabei Vergangenheiten in antiken Kulten geben. Der Markt ketzerischer Positionen erzeugte einen fruchtbaren Grund, auf dem die Grenzen tolerierten Nachdenkens kreativ und subversiv ausgeweitet wurden. Europa öffnete sich im selben Moment der Geschichte als fremdem Raum genauso wie der außereuropäischen kulturellen Vielfalt. Antike Kulte wurden nicht nur in ihren geheimen Grundlagen entlarvt, sie wurden im selben Moment rekonstruiert. Die Geschichte der Häresien wurde am Ende von Gottfried Arnolds ab 1699 in einer revolutionären Unparteyischen Kirchen- und Ketzer-Historie neu beleuchtet. Seltene Sekten und exotische Religionen gewannen ein Liebhaberinteresse, das von der zunehmenden Relativierung aller Standpunkte lebte. Reisende, die die Niederlande besuchten, sahen bei den interessantesten Sekten vorbei, in der Hoffnung curieuse Besonderheiten in Riten geboten zu erhalten. Reisende die in den 1770ern den Pazifik und Nordamerika kennenlernten, begannen hier nach interessanten Glaubensvorstellungen zu suchen.

Judentum, Islam und Konfuzianismus

Jesuitische Ausgabe der konfuzianischen Philosophie von 1687: China etablierte nach der Sintflut einen bewundernswerten philosophischen Religionsersatz.

Das Verhältnis des Christentums zu den Weltreligionen entspannt sich im 18. Jahrhundert zunehmend. Meilensteine sind hier die Bemühungen der Jesuiten, ab den 1660ern China zu missionieren. Sie erhalten dazu am chinesischen Hof die Möglichkeit, falls sie den Riten des Konfuzianismus tolerant begegnen. Im Ritenstreit halten ihnen konkurrierende Orden Ende des 17., Anfang des 18. Jahrhunderts vor, in China Vielgötterei zu betreiben. In ihren eigenen Publikationen hatten die Jesuiten dafür plädiert den Konfuzianismus nicht als Religion sondern als aufgeklärte Staatsphilosophie zu lesen. Gottfried Wilhelm Leibniz übersetzte jesuitische Schriften dieser Tendenz. Christian Wolff riskierte 1723 seine Position nachdem er in einer Vorlesung über Chinesen die Auffassung vertreten hatte, auch Heiden könnten tugendhaft sein. Die Frage der Toleranz und des Verhältnisses zwischen Philosophie und Religion gewann mit der kulturellen Konfrontation neue Extrempositionen.

Der Islam wurde seit dem Mittelalter als Feind der Christenheit gehandelt. Nach der Zurückschlagung der Türken vor Wien 1683 setzte um 1700 eine öffentliche Mode islamischer Kultur ein. Die Übersetzung der Geschichten aus Tausendundeiner Nacht (1704 ff.) erzeugte in Westeuropa die Sensation, Moslems könnten am Ende den Christen kulturell unterlegen jedoch möglicherweise in ihrer Moral viel reiner und unschuldiger sein. Montesquieus Lettres Persanes (1721) spielten dieses Moment der Islam-Würdigung in einer Kritik an der Zivilisation des Westens und des Christentums aus: Ein persischer Beobachter betrachtet hier Europa aus der überlegenen Perspektive seiner Kultur und Religion. Eine Entwicklungslinie verläuft hier von Pierre Daniel Huets Erklärungen antiker und fremder Religionen bis zu Fiktionen der 1770er, die wie Gotthold Ephraim Lessings Nathan der Weise (1779) den Gedanken interreligiöser Achtung auf die Bühnen brachten und öffentlich diskutierten.

Das europäische Judentum schaltete sich in den 1770ern in die neue Diskussion ein. Der Kreis um Moses Mendelsohn, Marcus Herz und David Friedländer bemühte sich um eine Trennung von Religion und Staat und zugleich um eine Integration der jüdischen Bürger in die deutsche Gesellschaft. Dieses Denken gab einen wesentlichen Impuls für die Judenemanzipation in Preußen.

Vernunftoptionen aus der Philosophie: Theodizee und Deismus

Für die Philosophen, die sich im 18. Jahrhundert als Aufklärer in die Diskussion um religiöse Vielfalt und Toleranz mischten, wurde der Gedanke bestimmend, dass es in allen Religionen und Konfessionen einen rationalen Kern des Glaubens gebe.[9] In Form des sich ausbreitenden Deismus als Vernunftreligion wurde diese Option im 18. Jahrhundert mit zunehmender Offenheit diskutiert. In Verbindung damit ergab sich die Zusatzoption einer Gotteserkenntnis aus den modernen Wissenschaften heraus. Diese, so hieß es nun, setzen Gott als Schöpfer voraus und bestätigen seine Weisheit in den Naturgesetzen. Von der Welt als „Uhrwerk“ wurde hier in einer beliebten Metapher gesprochen, die Gott aus dem aktuellen Weltgeschehen heraus drängt und damit Berichte von Wundern diskreditiert: Die deistische naturwissenschaftliche Option ist, dass Gott die Welt mit allen Naturgesetzen geschaffen habe und nun ihrer gesetzlichen Bewegung überlasse. Neben das Bild von Gott als handelndem Gegenüber traten abstraktere Bilder von Gott als Prinzip und von Gott als nicht mehr in die Welt eingreifender, sie den Menschen überlassender Instanz.

Die gesamte Diskussion ist im Rückblick eng gebunden an eine Diskussion der Scholastik – und erwies sich gerade deshalb als Diskussion, der das Christentum kaum kritisch begegnen konnte. Definierte man Gott über die Idee seiner Vollkommenheit, so konnte man aus dieser Idee beweisen, dass es ihn geben musste: Nur ein existierender Gott ist vollkommen. Die Idee, dass die von Gott geschaffene Welt perfekt sein müsse, entfaltete sich als neues attraktives Argument in dieser Debatte im späten 17. Jahrhundert: Sie findet sich bei Anthony Ashley-Cooper, dem 3. Earl of Shaftesbury verknüpft mit dem Gedanken, dass alle Lebewesen in der Natur in perfekt organisierten Gleichgewichten zusammenleben.[10] Gottfried Wilhelm Leibniz verband das Postulat in seinen Essais de théodicée' mit Folgepostulaten wie demjenigen, dass es unendlich viele bewohnte Welten geben müsse: Die Welt auf der wir leben sei offenkundig nicht vollkommen, im Universum müsse es darum weitere bewohnte Welten geben, die gemeinsam das perfekte Universum Gottes bildeten. Shaftesbury verteidigte demgegenüber die bestehende Welt als perfekt und postulierte, dass dem Menschen letztlich lediglich das Wissen und die Perspektive fehle, diese Perfektion zu erkennen. Man erfasse sie in der Regel allenfalls mit einem Gefühl, das einem ein Gefühl für die Harmonie der Schöpfung gebe. Mit der Theodizee-Debatte verband sich im Lauf des 18. Jahrhunderts die spezifisch aufklärerische Fortschrittsdebatte um die Idee, die Welt erreiche erst im komplizierten Prozess der Aufklärung die Vollkommenheit, die Gott ermöglichte. Konkret wurde die Diskussion mit dem Erdbeben von Lissabon 1755, als Voltaire ein pessimistisches Gedicht über die Katastrophe von Lissabon verfasste und Rousseau ihn in einem Brief darauf hinwies, dass die Schäden nicht der Natur, sondern der Lebensweise des Menschen und seiner Art, eine Stadt zu bauen, anzulasten seien. Weder die Welt noch der Mensch seien von Natur aus böse.[11]

Der Deismus geriet in der Zeit der Romantik in den Verruf, eine kalte rationale Konstruktion zu sein, die dem Menschen keine religiöse Heimat geben könne. Er führte auf der anderen Seite im 19. Jahrhundert zu Versuchen, Religion gänzlich zu ersetzen, wie sie vor allem im Materialismus und im Positivismus im 19. Jahrhundert hervortreten.

Jurisprudenz, Staatstheorie

Die Kontroversen um Staat, Religion und individuelle Freiheit der Religionsausübung, die sich mit der Neuordnung Europas im Anschluss an die Reformation, den Dreißigjährigen Krieg und die englischen Revolutionen von 1641/42 und 1688/89 ergaben, führten in eine gesamteuropäischen Staats- und Rechtsdiskussion. Die Frage ist hier: woher nimmt der Staat das Recht zu Entscheidungen, von denen das Individuum in seiner Freiheit des Denkens und Glaubens betroffen ist? Wie ist der optimale Staat beschaffen – ein Staat, der seinen Bürgern in Kriegen Schutz bietet und der seine Bürger vor Krieg im Inneren bewahrt? Die diesbezüglichen Debatten wurden vor dem Hintergrund aktueller Konfrontationen geführt, aber auch vor dem Hintergrund eines Sittenwandels, den gerade die Aufklärer forderten. Vorstellungen davon, wie die Obrigkeit ihr Recht ausübt, Vorstellungen vom Sinn und Zweck von Bestrafungen und ihrer angemessenen Durchführung gerieten dabei in eine fundamentale Kritik.

Naturrecht und Rechtsbegründung

Titelblatt von Hobbes’ Leviathan. Der Körper des Souveräns besteht aus den Menschen, die in den Gesellschaftsvertrag eingewilligt haben. In seinen Händen Schwert und Hirtenstab, die Zeichen für weltliche und geistliche Macht. Überschrieben aus dem Buch Hiob: „keine Macht auf Erden ist mit der seinen vergleichbar“.[12]

Die zentrale von der Aufklärung diskutierte Rechtsposition brachte 1651 Thomas Hobbes mit der Veröffentlichung seines Leviathans auf den Punkt. In England hatte das Parlament soeben den König – Karl I. – hinrichten lassen. Die Nation versank in einen „Krieg aller gegen alle“, in dem es am Ende nur noch um das Überleben des Einzelnen ging. Der „Naturzustand“ war, so Hobbes, erreicht, der Zustand, in den der Mensch gerät, wenn er nicht den Gesetzen eines zivilisierten Zusammenlebens unterworfen wird.

Die Antwort auf den Naturzustand musste die Unterwerfung des Menschen unter Macht ausübende Institutionen sein. Von diesen müsse die „absoluteMonarchie die wirksamste sein. Der Regent, der alle Macht in seiner Person gebündelt verteidigt, verteidigt gleichzeitig mit der Entschlossenheit, mit der er sein Leben verteidigt, den Staat und seine Macht in ihm. Er deklassiert im selben Moment alle anderen zum Besten aller. Sie können unter seiner Macht nicht mehr herrschaftslos wie Tiere aufeinander losgehen.

Hobbes argumentierte wohlgemerkt nicht als Anhänger einer Konfession, sondern allein vernunftorientiert mit einer Philosophie des in der Konsequenz weitgehend atheistischen Materialismus. Der Mensch verteidige als Materie sein Leben. Die Existenzverteidigung sei moralisch weder gut noch schlecht, sondern die Folge des Bewusstseins, das das Individuum von der eigenen Existenz als seinem ersten und letzten Besitz hat. Hobbes’ Position zog damit den Angriff von allen Seiten auf sich, regte in der Sache aber auch eine vielfältige Beschäftigung an. Man kann sein Buch als Meilenstein der Aufklärung ansehen: Es führt alle beobachtbaren Phänomene auf Gründe zurück, die jedem Leser plausibel sein müssen, der die grundlegenden Prämissen akzeptiert. In der Kontroverse, in die Hobbes hineingeriet, wurde er gerade von einer neuen Richtung der Aufklärung angegriffen als Philosoph, der die Natur des Menschen verkannte. Der Mensch könne nur in Kooperationen leben, so Locke. Er werde nur glücklich, wenn er sein Leben anderen widmen könne, deren Liebe erfahre, in Harmonie mit der Gesellschaft lebe, so Shaftesbury. Die moderne Gesellschaft müsse es dem Menschen darum möglich machen, seine Natur zu entfalten. Sie müsse dem Menschen Freiheit geben, sein Zusammenleben mit anderen Menschen harmonisch und glücklich zu organisieren. John Locke band diese Gedanken an die politischen Ereignisse von 1688/89 an: Die Glorious Revolution habe den historischen Beweis geliefert, dass eine Nation zu ihrem Besten entscheiden könne und dabei gerade nicht in den Bürgerkrieg verfalle. Moderne Nationen benötigten deshalb staatliche Strukturen, die Machtwechsel friedlich ermöglichten, den Bürgern Partizipationsmöglichkeiten böten. In den Theorien zum Gesellschaftsvertrag wurden solche Gedanken u. a. von Jean-Jacques Rousseau zum Konzept der Volkssouveränität fortentwickelt.[13]

Die Debatte der 1690er floss in die weitgehend von Thomas Jefferson mit Rückgriff auf Locke, Montesquieu und Paine 1776 formulierte Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten ein, die erstmals ausdrücklich Menschenrechte mit einbezog, und 1787 auch in die Verfassung der Vereinigten Staaten. Die Französische Revolution nahm die Lösungsangebote 1789 auf. Eine Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte ging hier 1791 in die Präambel der neuen Verfassung ein. Die Säkularisation, die im 19. Jahrhunderts in Mittel- und Nordeuropa um sich griff, berief sich letztlich auf Debatten des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts.

Die Errungenschaft der von Hobbes in Gang gesetzten Debatte ist in langer Perspektive erstens die Neudefinition des Menschen als eines von Natur aus mit Rechten ausgestatteter Wesens. Zweitens wurde hier die Rechtsdebatte darauf verpflichtet, sich auf logische und vernünftige Erwägungen zurückzubeziehen. Ein Meilenstein der juristischen Debatte wurden in diesem Zusammenhang Samuel von Pufendorfs in der Nachfolge des frühen Naturrechtlers Hugo Grotius verfasste Schrift De iure naturae et gentium libri octo von 1672. Auf Deutsch erschien sie unter dem Titel Acht Bücher von Natur und Völkerrecht 1711. Der moderne Verfassungsstaat hat hier Wurzeln wie die Idee einer internationalen zwischenstaatlichen Verständigung. Modelle einer Europäischen Union werden in Europa 1712 erstmals öffentlich diskutiert.[14] Modelle eines „Weltbürgerrecht“ sind seit Kants Schrift Zum ewigen Frieden von 1795 Teil der Aufklärungsdiskussion.

Veränderungen in Rechtsprechung und Bestrafung

Hexenflugschrift Augsburg 1669
Öffentliche Hinrichtung Louis Dominique Cartouches 1721

Der Bruch zwischen Hobbes auf der einen Seite und Locke und Shaftesbury auf der anderen Seite wurde vor allem im Blick auf das grundlegende Menschenbild inszeniert. Das von Locke und Shaftesbury vertretene geht vom Menschen als einem Wesen aus, das mit der Menschheit und Gottes Kosmos von Natur aus in Einklang leben will. Die neue Frage ist damit, wie man dem Menschen dazu verhilft seine Natur zum Besten der Menschheit ausleben zu können. Locke und Shaftesbury appellieren dabei an das Empfinden ihrer Leser, an das Grauen, das sie alle vor Gewalt und menschlichem Leid empfänden.

Auf der Ebene der Rechtsdiskussion verläuft zeitgleich eine Auseinandersetzung um die als mittelalterlich empfundenen Formen der Bestrafung, die bis in das ausgehende 18. Jahrhundert in ganz Europa Anwendung fanden. Gestraft wird öffentlich, zur Abschreckung und zur Sühne der verletzten Ordnung bevorzugt am Leib des Straftäters. Dessen Zerstörung und Verstümmelung folgt der Zerstörung und Verstümmelung, die dieser der Ordnung zufügte. Der Friede wird in der adäquaten Bestrafung in einer öffentlichen Darbietung wieder hergestellt.[15]

Neben den Bestrafungen werden die Gerichtsverfahren und die Strafgründe von den Aufklärern zunehmend kritisiert: Die Hexenverfolgungen sind vor allem ein Phänomen der Reformation. Sie fordern zwischen 1550 und 1650 in den protestantischen Gebieten die höchsten Opferzahlen. Die Prozesse, die hier geführt werden, gelten als höchst kritisierbar. Es ist in ihnen letztlich unklar, ob die Taten überhaupt begangen wurden – ob es überhaupt möglich ist, Bündnisse mit dem Teufel zu schließen und zu hexen. Die Erpressung von Geständnissen unter Folter und fragwürdige Rechtsproben in Form von Gottesurteilen, bei denen die untersuchten „Hexen“ als schuldige wie unschuldige sterben, werden zum Gegenstand aufklärererischer Kritik. Juristen wie Christian Thomasius, dessen erste Vorlesung in deutscher Sprache 1687 in Leipzig großes Aufsehen erregte und der damit Vorbild für seinen jüngeren Kollegen Wolff in Halle wurde, wenden sich im ausgehenden 17. Jahrhundert, nach Abebben der Verfolgungswelle, vehement gegen die Hexenverfolgungen als Form öffentlichen Aberglaubens. Francis Hutcheson nimmt entsprechende Positionen im englischsprachigen Raum ein.[16] Dass Hexerei möglich ist, wird hier am Ende bezweifelt in Beweisführungen, die ultimativ die Kirche bedrohen, da mit ihnen jeder Glaube an göttliche Interventionen hinfällig wird.

Grausame öffentliche Bestrafungen geraten im 18. Jahrhundert in die Kritik. Die Zuschauer würden hier verrohen und gerade nicht zu den feineren zivilisierteren Gefühlen angeleitet, auf die friedliche Gesellschaften angewiesen seien. Verbrecher würden nicht dadurch gebessert, dass man sie verstümmele oder hinrichte. In den 1760ern setzte mit Cesare Beccaria Dei delitti e delle pene (1764, deutsch: Von den Verbrechen und von den Strafen, 1778) die offene Diskussion der Todesstrafe als nicht mehr mit der Aufklärung vereinbare Strafform ein. Die Staaten des 19. Jahrhunderts entzogen Hinrichtungen im weiteren Verlauf der öffentlichen Wahrnehmung und begannen verstärkt auf Gefängnisstrafen als gängige Strafform zu setzen, die den Weg in die Gesellschaft zurück bahnen sollte. Resozialisierung wird seit dem 19. Jahrhundert als Errungenschaft der Aufklärung betrachtet und verstärkt als eine der Normen diskutiert, die rechtliche Fixierung und Stabilisierung finden.

Medizin und Naturphilosophie vor der Etablierung der Naturwissenschaften

Durchschnittliche Lebenserwartung in Breslau 1691, Vergleich mit Deutschland 1997
Breslaus Alterspyramide, 1691

Darstellungen des 20. Jahrhunderts nahmen die Aufklärung wiederholt als die große Phase der Naturwissenschaften wahr. Die Perspektive hierauf veränderte sich in den letzten Jahren. Die Naturwissenschaften gewannen keinen größeren Anteil am Buchmarkt und veränderten kaum die Lebensbedingungen im vorindustriellen Europa. Die frühe Neuzeit ist die Zeit der Kopernikanische Wende, doch lässt sich nicht behaupten, dass dem eine große allgemeine mentale Verunsicherung folgte.[17] Atlanten des 18. Jahrhunderts präsentieren die Weltbilder harmonisch nebeneinander. Zur frühen Neuzeit gehört der Umgang mit der Welt als Globus, doch war man vor der Entdeckung Amerikas bereits davon ausgegangen, dass die Welt eine Kugel war. Die großen technologischen Erfindungen, auf denen die moderne Medizin beruht, insbesondere der Bau erster Mikroskope und der Vorstoß in den Mikrokosmos, lassen sich in das 17. Jahrhundert zurückverfolgen. Andererseits blieb die Medizin im Großen und Ganzen bei einer Kombination von Astrologie und aus der Antike bezogener Säftelehre stehen: Krankheiten entstanden durch Ungleichgewichte der vier Elemente. Zentrale Behandlungsoptionen waren der Aderlass, das Abführen schädlicher Stoffe, die Zuführung von Medikamenten, denen man zutraute, Hitze, Kälte, Wässerichkeit und Melancholie im Körper zu regulieren. Anatomen untersuchten das Gehirn und das Nervensystem und vermuteten mit Descartes das es mechanisch funktionierte oder mit ihm folgenden Forschern, dass es den Flüssigkeitstransport regulierte. Erst mit den Experimenten Luigi Galvanis wurde klarer, dass elektrische Impulse von den Nerven weitergeleitet wurden. Es blieb offen, was Elektrizität war. Theorien vom Zusammenhang zwischen Körper und Seele durchzogen die konventionelle Medizin des 18. Jahrhunderts basierend auf der Theorie, dass die Säfteungleichgewichte und -Verunreinigungen vom Menschen selbst als Gemütszustände erfahren würden. Die Entdeckung der bakteriellen und viralen Krankheitserreger und die Anstrengungen, Krankheiten durch Hygiene zu verhindern, folgen im Großen und Ganzen erst im 19. Jahrhundert und führen zu drastischen Veränderungen der Medizin (als zunehmend experimenteller Wissenschaft) und der Lebensbedingungen. Die Bevölkerungszahlen explodieren im 19. Jahrhundert, nachdem man die Säuglingssterblichkeit durch Hygiene drastisch senkt.

Die Lebenserwartung wurde von Edmond Halley erstmals 1692 korrekt statistisch erfasst und für die einzelnen Altersstufen berechnet: Für Neugeborene lag sie bis weit in das 18. Jahrhundert hinein bei 17 Jahren. Wer siebenjährig die Kinderkrankheiten hinter sich hatte, konnte mit einer Lebenserwartung von im Schnitt 50 Jahren rechnen, 40jährige rechneten mit weiteren 20 Jahren, 60jährige mit einem weiteren Jahrzehnt. Die großen Risiken lagen in der immense Säuglingssterblichkeit.[18]

Tatsächlich wird Forschung in den Naturwissenschaften bis in das 18. Jahrhundert hinein selbst in Kreisen der Aufklärung immer wieder belächelt: Man sucht hier Wunder der Natur in Experimenten, die keinen weiteren wirtschaftlichen Nutzen entfalten. Noch Utopien, die am Ende der Aufklärungsdebatte geschrieben wurden – Werke wie Louis-Sébastien Mercier's L'An 2440 (1771) – messen den Naturwissenschaften im Blick auf die Zukunft kaum Bedeutung zu. Sie spielten nicht in einer Zukunft gänzlich anderer Technologien. Der Reiz des Nachdenkens liegt in der Zukunft, in der man endlich nach den Anforderungen der Ethik lebt.

Neue Organisationsformen der Naturwissenschaften

Das Anatomisches Theater der Universität Leiden gefüllt mit Curiositäten und erbaulichen Mahnungen um 1610.
Ludwig XIV. besucht die Académie des sciences 1671.
Experimentalwissenschaft im Privaten: Derbys Experiment mit dem Vogel in der Luftpumpe, 1767/1768

Der Raum der Naturwissenschaften im Alltag blieb bis in das späte 18. Jahrhundert hinein undefiniert. Kinder wurden im Lesen und Rechnen unterrichtet, an den Gymnasien in Latein und Altgriechisch. An den Universitäten stand die Entscheidung zwischen den drei berufsqualifizierenden Fakultäten der Theologie, der Jurisprudenz und der Medizin an. Die Naturwissenschaften wurden dagegen im philosophischen Grundstudium abgehandelt, das neben Basiswissen zur Planetenbewegung einen Unterricht in Geographie, Weltgeschichte und den Philologien (mit Spezialisierungen in Hebräisch, Altgriechisch und orientalischen Sprachen) anbot.

Die Naturwissenschaften gediehen in dieser Lage im ersten Schritt als Teilbereich philosophischer Erkenntnistheorie – als Naturerkenntnis – unter vor allem privaten Interessen. Philosophen wie René Descartes unterfütterten ihre Aussagen mit Erkenntnissen der Naturwissenschaften. Die neuen Wissenschaften gediehen zweitens an wenigen planetarischen Observatorien und in alchemistischen Laboratorien, die von interessierten Landesherren finanziert wurden. Sie gediehen drittens in der Medizin in Anatomieklassen, die zunehmend an Universitäten eingerichtet wurden. Landesherren und Universitäten unterhielten „Wunderkammern“ mit unterschiedlicher Offenheit für Raritäten aus der Natur: Seltene Steine, Fossilien, ausgestopfte Tiere, aufsehenerregende „Monstrositäten“, Missgeburten wurden hier gesammelt. Menagerien sammelten in ähnlicher Absicht die Lebewesen. Systematische Forschung im modernen Sinne blieb unterentwickelt. Die öffentlichen Sammlungen standen oft unter einem Interesse an Wunderbefunden, die als göttliche Zeichen gewertet und geschätzt wurden.

Eine Koppelung zwischen naturwissenschaftlicher Erkenntnis und der Arbeit am technologischen Fortschritt bestand nicht. Naturwissenschaftliche Akademien, die ein staatliches Interesse in die Forschung in Gang setzten wurden erst im 17. Jahrhundert gebildet. 1635 wurde die Académie française gegründet. Ihr naturwissenschaftliches Projekt erhielt sie 1666 mit der Académie des sciences, sechs Jahre nachdem in London die Royal Society ihre Arbeit aufgenommen hatte, die rasch zur führenden europäischen Institution frühneuzeitlicher naturwissenschaftlicher Forschung aufstieg. Das korrespondierende deutsche Akademieprojekt entwickelte sich aus der 1652 in Schweinfurt gegründete Academia Naturae Curiosorum, deren Namen noch auf das Interesse am Wunderbaren verweist. Die Preußische Akademie der Wissenschaften nahm ihre Arbeit 1700 auf, die Russische Akademie der Wissenschaften 1724 in Sankt Petersburg.

Mit den naturwissenschaftlichen Akademien gewann der Austausch von Befunden und deren Publikation neue Organisationsformen – die Berechnung der Lebenserwartung durch Edmond Halley 1692/93 etwa demonstriert die Wirkungsweise: Das Datenmaterial hatte Caspar Neumann, ein Stadtpfarrer in Breslau, aus Sterberegistern erhoben und Gottfried Wilhelm Leibniz übersandt, der es an die Akademie in London schickte, die wiederum wusste, wer die Daten auswerten konnte. Die Publikation der Daten fand in den Philosophical Transactions, dem von der Royal Society seit 1665 herausgegebenen wissenschaftlichen Journal statt. Mit den Journalen, die seit 1664 von Forschergruppen und Akademien herausgegeben wurden, fanden die bislang dezentral publizierten und nicht konsequent bewerteten Befunde ihr zukunftsweisendes Publikationsmedium. Das Journal des Sçavans machte hier 1665 den Anfang (siehe Liste frühmoderner Zeitschriften mit einer Chronologie der Journalgründungen). Die ersten Journale wiesen erhebliche Sektionen für die Publikation naturwissenschaftlicher Befunde und ihre Diskussion auf. Fachzeitschriften übernahmen das Feld, als im 18. Jahrhundert die allgemeinen wissenschaftlichen Zeitschriften sich vermehrt auf den Bereich historischer Schriften ausrichteten. In den Spezialzeitschriften kam im 18. Jahrhundert die Professionalisierung der Naturwissenschaften voran. Einzelne Zeitschriften wie die Breslauischen Sammlungen nutzten das Periodikum als Medium, um laufende Forschung in Beobachtungsserien zu präsentieren. Mit den konsequenten Auswertungen naturwissenschaftlicher Befunde ebbte das Interesse an „Curiositäten“ ab. Für die wissenschaftliche Auswertung interessanter waren Observationen des Normalen, aus denen sich Naturgesetze und statistische Korrelationen ableiten ließen.

In größerer Breite blieben die Naturwissenschaften bis in die 1770er hinein ein Feld privater Interessen. Forscher wie Antoine Laurent de Lavoisier mussten sich privat finanzieren. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entwickelte sich hier eine eigene Mode, spektakuläre Experimente, insbesondere mit Elektrizität, in Privatkreisen als aufsehenerregende gesellschaftliche Unterhaltung zu inszenieren. Erst die staatlichen Interessen, die sich in den 1770ern und 1780ern an Erfindungen mehrten, mit denen sich ihre Territorien wirtschaftlich entwickeln ließen, veränderten die Position der Naturwissenschaften. In den Naturwissenschaften selbst bereitet sich der Schritt ab Mitte des 17. Jahrhunderts vor. Die Suche nach Curiosa, nach den Zeichen von Wundern wird in Kreisen der hier Forschenden im späten 17. Jahrhundert zunehmend suspekt. Interessanter als Werke, die von Gott oder vom Teufel zeugen könnten, werden Beobachtungen, die sich in Experimenten wiederholen lassen. Aus ihnen lassen sich Naturgesetze ableiten, die sich am Ende für neue Erfindungen nutzen lassen.

Technologischer Fortschritt, Industrialisierung

Montgolfière am 19. Oktober 1783

Einzelne Schritte, naturwissenschaftliche Forschung im Sinne eines Fortschrittsprojekts zu nutzen und zu fördern, lassen sich in das 17. Jahrhundert zurückverfolgen. Die Royal Society publizierte Forschungsaufrufe wie die an Seeleute gerichtete Aufforderung, Beobachtungen zu sammeln, die die wissenschaftliche Institution auswerten würde.[19] Das britische Parlament eröffnete 1714 mit dem Longitude Act einen Wettbewerb, der das Problem der Längengradbestimmung lösen sollte. Auch hier sprach zukunftsweisend ein wirtschaftliches Interesse an einer Verbesserung der Navigation für eine naturwissenschaftlich-technische Forschung.

Klarer wurde der Nutzen naturwissenschaftlicher Forschung erst in den 1760ern, als man erkannte, dass mit den neuen wissenschaftlichen Bestrebungen die Wirtschaftskraft des eigenen Landes gefördert werden konnte. Die landwirtschaftliche Produktionssteigerung, eine Erforschung von Technologien, die sich industriell nutzen ließen, setzte ein. Für die Epochenchronologie ist symptomatisch, dass Thomas Newcomen zwar 1712 eine erste Dampfmaschine in Betrieb brachte, die Wasser aus einem Bergwerk abpumpen konnte, dass die Erfindung jedoch keine unmittelbare Arbeit an Dampfmaschinen nach sich zog. Der Wirkungsgrad der von Newcomen konstruierten Maschine blieb 0,5 Prozent. Erst 1764 erhielt James Watt den Auftrag, eine solche Dampfmaschine zu verbessern; ihm gelang dabei bis 1769 eine Reduktion des Energiebedarfs um 60 Prozent. An seiner Maschine bestand wenig später europaweit Interesse. Sie nicht nur für stationäre Pumpen zu nutzen, erschien rasch denkbar, 1783 wurde das erste Dampfschiff erprobt. Der erste Heißluftballon wurde im selben Jahr von den Brüdern Montgolfier vorgeführt. Die erste industrielle Spinnmaschine wurde 1764 in Betrieb genommen, der industrielle Einsatz erfolgte hier 1769. Den ersten vollmechanischen Webstuhl patentierte Edmond Cartwright 1785. Der erste gusseiserne Pflug kam 1785 in die Produktion, ein Indikator für die beginnende Mechanisierung der Landwirtschaft.

Zwischen 1760 und 1790 kommt im Wesentlichen die heutige Diskussion über einen Zusammenhang zwischen neuen Wissenschaften und technischem Fortschritt auf. An diesen koppeln sich ab den 1770ern zunehmend öffentliche Hoffnungen auf ein von Naturwissenschaften bestimmtes Zeitalter.

Naturwissenschaften und moderne Erkenntnistheorie

Im Rückblick entfalteten die Naturwissenschaften der frühen Neuzeit ihren größten Einfluss auf dem Gebiet der Erkenntnistheorie. So ergaben sich die Voraussetzungen zu einer tiefgreifenden Umstrukturierung der Wissenschaften. Die zwei gegnerischen Lager, die die heutige Philosophiegeschichte zwischen Rationalisten und Empiristen aufmacht, sind eher eine rückwirkende Projektion, bei der der Konflikt, der im 19. Jahrhundert zwischen dem deutschen Idealismus und dem englischen Empirismus beziehungsweise dem neuen Materialismus ausgetragen wird, eine Vorgeschichte erhält.

René Descartes und Gottfried Wilhelm Leibniz nehmen in dieser Debatte Positionen zugunsten einer Naturwissenschaft ein, in der das Schließen in Syllogismen legitim bleibt. Aus der Definition Gottes über seine Vollkommenheit werden weitere Schlüsse über die Welt als seine Schöpfung gezogen. Das Verfahren basiert auf einem immensen Vertrauen auf die Vernunft, die in der Logik ihren härtesten Kern findet. Namentlich die englischen Empiristen von John Locke bis zu David Hume distanzierten sich von dieser Grundlage der Erkenntnistheorie. Mit ihren Untersuchungen über den menschlichen Verstand[20] schufen sie eine neue Position in der philosophischen Literatur. Ihr Gegenmodell besagte, dass nichts Gegenstand menschlichen Denkens werden könne, was nicht vorher wahrgenommen worden sei.[21] Die Wissenschaften werden damit auf Beobachtung gestützt, ihre Schlüsse darauf verpflichtet, nichts weiter zu tun, als den Beobachtungen gerecht zu werden. Isaac Newton wird im Verlauf dieser Debatte als derjenige Forscher gefeiert, der aus den bestehenden Daten mit der größten Tragweite auf die Naturgesetze schloss. Ihm gelang die Begründung der modernen Optik und mit der Gravitationstheorie jene Theorie, die die von Johannes Kepler formulierten Gesetze erklärte. Alexander Pope würdigte Newton am Ende 1727 mit der Metaphorik der neuen Epoche:

„Nature and nature's laws lay hid in night;
God said „Let Newton be“ and all was light.“[22]

Rationalisten und Empiristen vereint im Rückblick die Entscheidung, Wissen von der Bibel und allen schriftlichen Überlieferungen loszulösen und einem ausschließlich vernunftbasierten Diskurs auszusetzen. Dem liegt die Theorie zugrunde, dass es keinen Konflikt zwischen einer auf Sinnesdaten gestützten Erkenntnis und vernünftigem Nachdenken geben könne.[23] Versuche, das rationale, vernünftige Nachdenken und eine auf Sinnesdaten gestützte Forschung erkenntnistheoretisch zu harmonisieren, durchlaufen das 18. Jahrhundert. Kants Formel: „Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.“ (KrV B 75) ist charakteristisch für diese Versuche. Der erkenntnistheoretische Beitrag der Aufklärungsdebatte gewann mit der Wende ins 19. Jahrhundert und der Säkularisation an Bedeutung. Nationalstaaten, die die Naturwissenschaften zu den modernen Wissenschaften par excellence erhoben, trennten sich am Ende endgültig vom alten Wissenschaftsgefüge, in dem die Theologie die oberste Autorität war.

Die Ökonomie sprengt das alte Fakultätengefüge

Das moderne Konversationslexikon konzentriert sich auf das Wissen zur gegenwärtigen Welt, Kupfer mit Aufklärungsemblematik
Moderne Bürokratie und Verwaltung. Illustration zu J. B. v. Rohrs Nöthiger und nützlicher Vorrath, 1719
Kupfer zur Nadelfabrikation (unter Kinderarbeit) aus Diderot's Encyclopédie, 1762

Zwei Entwicklungen sprengten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts das Gefüge der Wissenschaften mit seinen vier Fakultäten. Erstens mussten moderne praktische Wissenschaften rund um die Ökonomie in den Lehrbetrieb integriert werden. Zweitens gewann die Öffentlichkeit in der Belletristik mit den 1750ern einen neuen zentralen Debattengegenstand auf den sich die Geisteswissenschaften am Ende neu ausrichteten.

Die erste Entwicklung ließ sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts mitsamt ihren Konsequenzen absehen: Das Wissen hatte sich flexibilisiert, es lag jetzt mit einem unüberschaubaren Forschungsstand vor statt in systematisch gefügten Büchern, die die Welt abbildeten. Als publizierbare Marktware fand das Wissen Interesse weit außerhalb der universitären Wissenschaften. Die neuen Leser gerieten ohne Schulung in scholastischer Wissensgliederung an die Bücher und verlangten den direkten Zugriff auf Informationen. Johann Hübner beschrieb die Revolution in der Vorrede des Curieusen Natur- Kunst- Gewerck- und Handlungslexicons, das 1712 genau dies anbot: das moderne praktische Wissen aus Naturwissenschaften, Technik („Kunst“) und Wirtschaft („Handlung“):

„Vor Alters waren nur wenige Wissenschafften, und die waren auch nicht sonderlich ausgeführet: Es studirten auch wenige Leute, die begnügten sich, wenn sie eine oder die andere Disciplin ex professo verstunden; und die übrigen alle begehrten den Gelehrten nicht ins Handwerck zu fallen. […] Aber seit ohngefehr fünfftzig Jahren, ist erstlich die Anzahl der Wissenschaften gar sehr vermehret worden, daß man die Professiones auf Universitäten zum wenigsten dupliren müste, wenn eine iedwede Disciplin besonders solte dociret werden. […] daß man die alten Physici, Mathematici, und Historici, wenn sie heute wieder auffstünden […] nur vor schlechte Anfänger, paßiren würde. […] Daher es auch kommen ist, daß viel geringe Wissenschafften, die man sonst den Mechanicis überlassen hat, nunmehro von Literatis getrieben werden. Und endlich führet das ietzige Seculum eine solche Curiosität bey sich, daß ein iedweder alles; oder doch zum wenigsten von allem etwas wissen will. So viel Lehr-begierige Leute nun konten zu ihrem Zwecke nicht gelangen, so lange die Lateinische Sprache das MONOPOLIUM hatte, daß sie allein mit gelehrigen Sachen handeln durffte. […] Es haben demnach die Deutschen, nach dem Exempel anderer Nationen nicht geruhet, biß nunmehro fast alle Wissenschafften in die Mutter-Sprache dieser cultivirten Nation sind übersetzet worden. Darnach war ihnen die Systematische Methode viel zu weitläufftig, zu langweilig und zu verdrießlich: sonderlich um dieselbe Zeit, da man den Kern der wahren Weißheit nicht zu kosten kriegte, wenn man nicht vorhero die Metaphysischen Schalen, darinnen sie verborgen lag, mit Kopff-brechender Arbeit auffgemacht hatte. Es wurde aber auch diese Seite endlich zerrissen.“[24]

Der Lexikonmarkt explodierte wie derjenige der Journale seit den 1660ern. Nicht Großprojekte kamen hier auf den Markt, sondern vor allem Bücher zum Nachschlagen im Alltag. Die erste Generation dieser Werke sammelte bloß. Die zweite setzte mit Pierre Bayles Dictionnaire historique et critique in den 1690ern ein: Es musste zum einen darum gehen, das historische Wissen kritisch zu bereinigen. Zum anderen schlug die Stunde für Werke, die sich dem praktischen Leben zuwandten und alltagstaugliche Informationen aufboten: das Wissen, über das Zeitungsleser verfügen mussten. „Universal-Lexica“ folgten ab den 1730ern. Das große Projekt modernen Wissens der Aufklärung entstand mit der Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers, organisiert von Denis Diderot, Jean Baptiste le Rond d’Alembert unter der Mitarbeit von 142 Beiträgern und Kupferstechern, die den Stand der Technik festhielten.

Auf dem Buchmarkt hatten Autoren wie – in Deutschland – Julius Bernhard von Rohr und Paul Jacob Marperger den Schritt in die Wissenschaft getan, die sich der Zivilisation der Moderne in ihren Technologien und praktischen Organisationsformen zuwandte. Marperger veröffentlichte Handbücher zum bargeldlosem Zahlungsverkehr, den Handelsmessen, der Kunst der privaten Keller und Küchenführung. Rohr publizierte eine Compendieuse Haushaltungs-Bibliothek (1716), eine Einleitung zur Staatsklugheit (1718) einen Nöthigen und nützlichen Vorrath von allerhand auserlesenen Contracten, Verträgen, Recessen, Bestallungen [...] und andern dergleichen Concepten, Die sowol bey der Hauß-Wirthschafft Ueberhaupt Als insonderheit bey dem Acker-Bau, der Vieh-Zucht, Jagd- und Forst-Sachen, Wasser und Fischereyen, Bierbrauen, Weinbau, Bergwercken [...] vorzufallen pflegen (1719). Das Faszinierende an diesen Büchern wie an den Anleitungen aller Handwerke, die auf den Markt kamen, war die neue Offenheit für das Alltagswissen. Die Herausgeber der Deutschen Acta Eruditorum fragten nach dem Nutzen des modernen Nutzbaren, galanten und curiösen Frauenzimmer-Lexicons, das 1715 auf den Markt kam, und das erfasste, was jeder wissen konnte, der in einem Haus wohnte.[25]

In einem ersten Schritt drang die Wissenschaft in den Alltag vor, im zweiten setzten Mitte des 18. Jahrhunderts Publikationen mit gezielten Verbesserungsvorschlägen ein. Was mit den alten Wissenschaften zuvor geschehen war, dass sie einen aktuellen Forschungsstand hervorbrachten, geschah Mitte des 18. Jahrhunderts mit allen Lebensbereichen, in die die Wissenschaften eindrangen: Sie wurden Gegenstand neuer Fachdebatten. Die Ökonomie, die Haushaltungskunst kam aus dem Alltag und wuchs zur Kunst, moderne Wirtschaftssysteme zu betreiben. Erste Ideen stammen von den Physiokraten, die den Ursprung allen Wertes in der Landwirtschaft sahen. Diese Theorie wurde von Richard Cantillon formuliert und von Francois Quesnay mit dem Tableau économique ausgebaut. Theorie und Praxis wurden eng aneinander gebunden, etwa bei Anne Robert Jacques Turgot. In den 1770ern brachte Adam Smith die neue Wissenschaft mit seinem Buch An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations auf den Stand der in die Zukunft weisenden Nationalökonomie. An diesen anknüpfend entwickelte Jean-Baptiste Say das Saysches Theorem, das erste Prinzip, das einen funktionalen Zusammenhang zwischen den volkswirtschaftlichen Größen Angebot und Nachfrage herstellte.

Moderne Universitäten erhielten die Strukturen, in denen Wissen zur Entwicklung von Nationen gebildet und unterrichtet werden konnte. Der Boden für die Industrialisierung wurde hier ab den 1770ern vorbereitet.

Geschichtswissenschaft

Polemisches Kupfer von 1710: Die Wissenschaften der Theologie, Jurisprudenz und Medizin haben die Wahl, der Torheit der Scholastik in eine düstere Zeit zu folgen oder der Wissenschaftsgeschichte, der Historia Literaria, die das Licht der Erkenntnis verbreitet.

Aus der Sicht des 17. und 18. Jahrhunderts erschien die Geschichte als das Feld der großen wissenschaftlichen Neuerungen. Das hat nur zum Teil mit neuen historischen Erkenntnissen zu tun – die Geschichtswissenschaft blieb konservativ in ihrer Ausrichtung auf überliefertes Textwissen. Es hat mehr mit dem Geschichtsbegriff zu tun, der umfassender war. Die gesamte Forschung entwickelte sich, so die Wahrnehmung vieler Forscher um 1700 mit dem Buchdruck zu einer historischen Auseinandersetzung. Unser Weltverständnis wandelte sich vom glaubensgestützten zu einem neuen historischen flexiblen, so die verbreitete Wahrnehmung.

Die biblische Geschichte gerade als vernunftbasierte Option

In den Eckdaten blieb die Geschichtswissenschaft der frühen Neuzeit dem Wissen der Bibel verpflichtet. Die Weltschöpfung wurde von Philosophen wie John Locke im Konsens aller Theologie wie mit dem Lesern der aktuellen alltäglichen Kalender auf das Jahr 3950 v. Chr. angesetzt. [26] Die Sintflut sollte im Jahr 2501 v. Chr. stattgefunden haben. Alle gegenwärtige menschliche Kultur musste danach entstanden sein. Noahs Söhne besiedelten die Welt, sie und ihre Kinder gründeten die bestehenden Nationen.

Werner Krauss notierte 1978 die Gründe, aus denen heraus gerade die europäischen Aufklärer die kurze biblische Historie für attraktiv erachteten.[27] Man mied mit dieser Geschichte mythische Epochen. Es war gerade vernunftbasiert, wenn in ihr Adam noch am ersten Tag seiner Existenz die menschliche Sprache erfand und sich die Erde in einem konzertierten Zivilisationsprojekt sofort Untertan machte. Wenn einzelne Eternalisten unter den Philosophen davon ausgingen, dass die Erde ewig bestand, so konnten sie nicht erklären, warum die der Globus nicht von menschlichen Bauwerken aus ewigen Zeiten überzogen war. Alle Aufklärer gingen davon aus, dass der Mensch als vernunftbegabtes Lebewesen jede Erfindung jederzeit machen könne. John Locke erklärte, dass Erfindungen nichts anderes als Zusammensetzungen von sinnlichen Wahrnehmungen seien.[28] Von der Zukunft erwarteten die meisten Aufklärer unter derselben Prämisse keine bedeutenderen Erfindungen mehr. In den 1730ern konnte man feststellen, dass man seit den 1670ern nichts technisch Revolutionäres mehr erfunden hatte. Das legte nahe, dass sich von nun an allenfalls Perückenmoden und politische Allianzen noch ändern würden.[29]

Kritik am biblischen Geschichtswissen blieb rar und punktuell. Man zweifelte um 1700 daran, dass die ganze Welt an der babylonischen Sprachverwirrung – kurz nach der Sintflut – teil hatte. Namentlich für die nordeuropäischen Sprachen schien das ein schlechtes Erklärungsmodell. Einzelne Forscher vermuteten alternativ, dass sich im Deutschen, Niederländischen oder Schwedischen die alte adamitische Sprache bewahrt hatte, deren erste Vertreter nicht mehr in Babel anwesend waren. Brüchig wurde der biblische historische Rahmen in Europa erst Ende des 18. Jahrhunderts.

Fachzeitschriften historisieren das Wissen

Wissenschaftliche Zeitschrift als Marktbeobachtung und frühmoderner Blog, erste Nr. der Gundlingiana (1715), Titel mit „Dispellam-“ (ich vertreibe die Finsternis) Aufklärungsemblem

Die große Errungenschaft war für Wissenschaftler des 17. und 18. die Umwandlung der Forschung in eine diskursive historische. Die erste Nummer der Deutschen Acta Eruditorum (wörtlich „Deutsche Leistungen der Gebildeten“), einer Zeitschrift, die wissenschaftliche Publikationen aus allen Fachbereichen rezensierte eröffnete 1712 mit dem Rückblick auf diese wissenschaftliche Revolution:

„ES haben die Studien, wie alle Dinge in der Welt, die in der menschlichen Willkühr allein beruhen, ihre Mode. Solches wäre leicht durch alle Secula [Jahrhunderte] zu erweisen, wenn es unser Zweck litte diese Materie weitläuffig vorzustellen. Wenn wir aber keinen gar zu alten Beweis suchen wollen, so wird fast iederman wissen, wie sehr man sich vor einiger Zeit auf Universitäten geweigert, der neuen Philosophie Platz zu geben, welches hauptsächlich daher gekommen, weil die Aristotelische und Scholastische durchgehends Mode war. Bey unsern Zeiten will es fast schwer werden, einer Disciplin die Herrschafft zuzueignen, nachdem man anietzo alle nützliche Wissenschafften so ziemlich treibet [...]. Doch scheinet es, als wenn vor allen die Historie noch einiges Übergewichte gewonnen, welches die so häuffigen Historischen Schrifften bestätigen. Und zu dieser Classe sind unstreitig auch die sogenannten Journale zu rechnen, worinnen man mit Auszügen aus allerhand Büchern und überhaupt mit Nachrichten von der Litteratur [dem Feld der Wissenschaften] versehen wird.“[30]

Der Geschichtsbegriff der frühen Neuzeit ist breiter als der des 19. Jahrhunderts. Jede Form der Berichterstattung ist hier Geschichte.[31] Journale, in denen wissenschaftliche Bücher rezensiert werden, sind Wissenschaftsgeschichtsschreibung, Historia Literaria im Wortsinn des 17. und 18. Jahrhunderts. Die Historia Literaria selbst ist dabei die neue zentrale Wissenschaft, da alle Wissenschaften nun im Blick auf neue Erkenntnisse gegenüber alten historisch betrieben werden.

Die große Revolution des Wissenschaftsbetriebs, auf die man um 1700 zurücksieht setzte mit dem Buchdruck ein. Gedruckte Bücher waren, anders als Handschriften, öffentlich. Forscher konnten sich auf sie unter der Prämisse beziehen, dass jeder Forscher Angaben zu gedruckten Büchern überprüfen konnte. Man konnte diese Bücher frei erwerben, sie gingen in identische Kopien an Bibliotheken in aller Welt. Mit dem gedruckten Buch entstand die Vorstellung der „res publica literaria“, der Republik der Gelehrsamkeit, die die Wissenschaften verfolgt und sich über sie austauscht. In den 1560er erschienen die ersten Kataloge der laufend gedruckten Bücher. Wissenschaftler mussten von nun an den gesamten Markt verfolgen und neue Publikationen gegenüber bestehenden rechtfertigen. Ein wachsender brieflicher Informationsaustausch durchzog die res publica literaria. Man versuchte, unter der Hand zu erfahren, wie Korrespondenzpartner öffentlich kursierende Bücher einschätzten. Die wissenschaftlichen Akademien, die ab den 1630ern gegründet wurden, gaben diesem Austausch institutionelle Zentren.

Die Einrichtung wissenschaftlicher Journale in den 1660ern brachte das bis heute zentrale Medium des wissenschaftlichen Publizierens auf den Markt. Mit den neuen Zeitschriften, die Bücher rezensierten, entstand ein kontinuierlicher sekundärer Diskurs, „Sekundärliteratur“, die sich mit den Wissenschaften fortlaufend kritisch auseinandersetzte. Dieser Markt explodierte ab den 1690ern mit dem Aufkommen neuer sehr subjektiver Journale, in denen einzelne Gelehrte ihre persönliche Perspektive zu Wissen der Wissenschaften laufend aktuell anboten und dabei Publikumsbindungen schufen. (Journale des frühen 18. Jahrhunderts wie die von Nicolaus Hieronymus Gundling herausgegebenen Gundlingiana entwickelten sich ähnlich wie die Blogs im Internet in einem zweiten Schub persönlich betriebener Medien).

Ab 1716 ließ sich der Markt der Journale nicht mehr überschauen.[32] Die Wissenschaften hatten in ihrer ganzen Breite den Schritt zur Auseinandersetzung mit dem aktuellen Forschungsstand getan. Wissen wurde nicht länger als geordnet wie der Kosmos Gottes erfahren – man arbeitete nicht länger an großen systematischen Werken. Wissen erschien vielmehr kurzlebig und Moden unterworfen. Im Verlauf des 18. Jahrhunderts änderte sich diese Wahrnehmung schrittweise: Die zukunftweisende Erkenntnis war, dass Wissen nicht Moden folgte, sondern einem geheimen Fortschrittsprojekt.

Pyrrhonismus und kulturkritische Geschichtswissenschaft

Der große Unterschied zwischen der Geschichtsschreibung der frühen Neuzeit und der ihr folgenden des 19. und 20. Jahrhunderts liegt zum einen im neuen kritischen Umgang mit der schriftlichen Überlieferung und zum anderen in der Frage nach Entwicklungsmodellen.

Die Geschichtswissenschaft des 17. Jahrhunderts ist in weiten Bereichen auf die Sammlung von Daten ausgerichtet. Das Curieuse und das Wunderbare gewinnen hier einen ähnlichen Stellenwert wie in den Wunderkammern. Die Kritik setzt hier gleichzeitig ein wie in den Naturwissenschaften. Man sucht ab den 1670ern zunehmend nach einer Geschichtswissenschaft, die die Dokumentenlage rational erklärt und das Fiktionale aussondert. Mit der Diskussion um den Historischen Pyrrhonismus setzt in den 1680ern eine Fundamentalkritik an allen schlicht Sammelnden und zusammenschreibenden Geschichtswerken ein. Autoren wie Pierre Bayle versuchen Kriterien zu etablieren, nach denen sich irrige und fiktionale Überlieferungen aus der Geschichtsschreibung ausschließen lassen (hier besteht keine Möglichkeit des Experiments, mit der man etwa einen König Artus als Helden mittelalterlicher Epen entlarven und aus der Geschichtsschreibung ausschließen kann). Das erkenntnistheoretische Problem wird am Ende nicht gelöst, die Geschichtsschreibung als ganze jedoch umgeformt von einem Projekt, das moralisch belehren soll zu einer Wissenschaft, die die Bedeutung von Dokumenten befragen soll.

Einen zweiten Schritt tut die Geschichtsschreibung Mitte des 18. Jahrhunderts mit der Suche nach Modellen kultureller Entwicklung. Das alte Modell, nachdem jeder Mensch theoretisch eine Kultur erfinden kann wie die ersten Menschend dies kurz nach der Schöpfung taten, weicht neuen Modellen, die nach Faktoren kultureller Entwicklungen suchen. Klima und Rasse werden hier im 18. Jahrhundert zunehmend diskutiert. Entwicklungsverläufe interessieren in Werken wie Isaak Iselins Die Philosophischen Muthmaßungen über die Geschichte der Menschheit (1764), Henry Home KamesSketches of the History of Man (1774) und Edward Gibbons religions- und kulturkritischer Studie Verfall und Untergang des Römischen Imperiums (1776). Die Geschichte wird in den 1760ern zum Ort gesellschaftstheoretischer Diskussionen – bahnbrechend etwa mit Adam Fergusons Abhandlung über die Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft (1767) und in John Millars Vom Ursprung des Unterschieds in den Rangordnungen und Ständen der Gesellschaft (1771). Eine eigene Theoriedebatte eröffnet mit den neuen Ansätzen. Bekannt ist hier nach wie vor Friedrich Schillers Vorlesung Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte? (1790).

Vorbereitet fand sich hier am Ende die moderne Geschichtsdiskussion, die von den Nationen des 19. und 20. Jahrhunderts als Plattform genutzt wird, auf der öffentliche Kontroversen über die historische Verortung und historische Verantwortung ausgetragen werden.

Belletristik und Schöne Künste

Gegenüber den Wissenschaften (französisch den „lettres“, lateinisch der „Literatur“) und den Künsten (den „artes“ als dem Bereich technischer Erfindungen) emanzipierten sich im Lauf des 17. Jahrhunderts die zwei komplementären Märkte und Bildungsgegenstände der „belles lettres“, wörtlich der „schönen Wissenschaften“ und der „beaux arts“, der „schönen Künste“.

Beide Felder zogen im Lauf des 17. Jahrhunderts noch erhebliche Kritik der wissenschaftlichen Beobachter auf sich als letztlich eher kommerzielle und von internationalen Moden regierte Bereiche. Im Lauf des 18. Jahrhunderts gewinnt diese wissenschaftliche, mit der Aufklärung argumentierende Kritik für die neuen Bereiche populärerer Bidlungsgegenstände – für Romane, Dramen und Gedichte, Bilder und Kompositionen – zunehmend an Bedeutung, das zeigt sich vor allem in den wissenschaftlichen Rezensionsorganen, die sich im 18. Jahrhundert speziell auf die schöne Literatur und die schönen Künste ausrichten. Autoren und Künstler, die Romane, Dramen, Memoires, Musik, Gemälde, Architektur hervorbringen, zeigen sich unter der neuen Kritik im 18. Jahrhundert zunehmend bereit, auf sie einzugehen. Eine eigene, sich neuen Diskussionen stellende Kunst entsteht dabei auf all diesen Gebieten.

Aus den belles lettres, den Bildungsgegenständen des internationalen eleganten Buchmarkts, wird am Ende des Reformprozesses die Literatur im heutigen Wortsinn als Feld der kunstvoll verfassten Schriften. Aus den beaux arts, den schönen Künsten werden die heutige bildende Kunst und die Bereiche der Kunst in Musik und Tanz. Im kritischen Prozess verändern dabei vor allem die Oper und der Roman ihren Ort: Die Oper wird ab den 1730er Jahren aus der Poesie ausgegliedert und primär der Musik zugeordnet. Der Roman wird auf der anderen Seite aus dem Feld der Historien in das Feld der poetischen Gattungen überführt und auf Qualitäten von Kunst verpflichtet.

Die Diskussionsschübe, die die belles lettres und die schönen Künste erfassen, gewinnen in den 1690er Jahren eine deutliche auf die Moral ausgerichtete Komponente. Im Lauf des 18. Jahrhunderts drängt sich eine Diskussion, um die Kunst in der Vordergrund, aus der in den 1760ern die Debatte um die Ästhetik hervorgeht, die in der modernen Literatur- und Kunsttheorie fortbesteht.

Theater

Italienische Opernaufführung c.1730
Shakespeares Hamlet, 1709 aufgeführt, obwohl die Wiederentdeckung Shakespeares gewöhnlich erst dem späteren 18. Jahrhundert zugeschrieben wird.
Aristokratische Erziehung: Kinder eines adligen Haushalts in England spielen eine Szene aus Drydens Kaiser der Indianer oder die Eroberung Mexikos (1731-32)

Der neuzeitliche Theaterbetrieb, der im 16. Jahrhundert einsetzte, nahm nur zum Teil Vorgaben der Antike auf. Von Frankreich ging daraufhin eine starke Disziplinierung aus, die eine Neuorientierung der Dramatik an der Antike forderte. Das sehr erfolgreiche Renaissancetheater von Alexandre Hardy ging dabei ebenso unter wie die ähnlichen (später allerdings neu belebten) Werke William Shakespeares.

Im Lauf des 17. Jahrhunderts sind die Oper und die Komödie die populärsten Formen des modernen Theaterlebens. Tragödien haben als eher gelehrte Projekte geringere praktische Bedeutung. In der Theaterkritik gewinnen sie dagegen als das theoretisch „reinere“ Drama um so größere Aufmerksamkeit. An Europas Höfen und in den kommerziellen städtischen Häusern (etwa in London und Hamburg) werden ab den 1660er Jahren vorrangig Opern inszeniert. Sie dienen zur Prachtentfaltung und münden in aller Regel in eine Festivität. Die Tragödie sollte von Fall und Katastrophe eines hohen Helden handeln und die banale Komödie von derben Scherzen leben.[33] Die beiden rivalisierenden Strömungen der Oper sind dabei der italienische und der französische Stil. Stofflich nutzen die Opern die ganze Bandbreite zwischen dem Komischen und einer eigenen Mitleid einfordernden Fom der Tragédie lyrique, die ein versöhnliches Ende haben durfte. Mit internationalen Stars unter Sängerinnen und Kastraten gewinnt die italienische Oper europäische Verbreitung. Die französische Oper ist ein vom französischen Hof protegiertes Prestigeprojekt, das der italienischen Kultur ihren seit der Renaissance errungenen Vorrang streitig machen möchte. Mischungen mit dem italienischen Stil sind dagegen zu jeder Zeit üblich.

Effektiv werden die Tragödien von der Oper im 17. Jahrhundert an den Rand gedrängt. In Frankreich genießen sie einigen Schutz durch den gelehrten Wettstreit, der auf einen Wettbewerb des modernen Frankreich mit der Antike dringt. Waren in England Musik- und Theateraufführungen nach der Revolution von 1641/42 aus religiösen und sittlichen Gründen untersagt, so führt Karl II. nach der Restauration 1660 in London einen französischen Vorbildern folgenden Theaterbetrieb ein. Anfänglich werden hier Tragödien, Komödien und Opern nebeneinander gegeben. Alle drei Gattungen sind dabei von Musik und Tanzdarbietungen durchdrungen. Die Tragödie setzt sich jedoch zu Beginn der 1670ern herber Satiren wegen ihres pathetischen Stils und ihrer unwahrscheinlichen bis grotesken Handlungen aus. Spannend mit einer Mise en abyme, einem Stück im Stück, wird George Villiers, des 2. Duke of Buckingham The Rehearsal (1672),[34] eine Satire auf John Dryden's The Conquest of Granada (1671). Opern und Komödien werden danach die beiden modischen Alternativen. In Deutschland gewinnen Tragödien eine isolierte Bedeutung im Schultheater. Die heute von der Germanistik als Barocktragödien eingestuften Werke stammen aus Breslaus Schulbetrieb; die heute von ihr der Frühaufklärung zugerechneten Tragödien Christian Weises stammen aus seinen Schulaufführungen in Zittau. Beide Produktionen gewannen außerhalb der gelehrten Rezeption wenig Bedeutung. Die Oper übernahm hier ab den 1620er das Feld bei festlichen Aufführungen.

Als Gegenpol zur Oper und zur (marginalisierten) Tragödie behauptet sich im 17. Jahrhundert die Komödie als satirische Gattung. Eine hoch artifizielle Produktion entfaltet sich in Paris. Die Komödien Molières werden hier mit ihren Charakterstudien berühmt. Der sich in London ausbildende Komödientypus findet nach Verachtung des 19. Jahrhunderts heute unter dem Begriff Restaurationskomödie Fans: Unter dem Schutz Karls II. waren hier Komödien entstanden, die den modischen Adel der Stadt gegen das städtische Bürgertum ausspielten und Libertinage und Witz auf Kosten der älteren Generation feierten. Auf dem Kontinent kommt ein eigener von Wandertruppen bestimmter Theaterbetrieb hinzu, in den komische Figuren der Commedia dell’arte eindringen.[35] Für den mittel- und nordeuropäischen, von deutschen Wandertruppen versorgten Markt wird hier die Rolle des Harlekins symptomatisch, der während des als Tragödie angelegten Stücks mit den Zuschauern über das Stück kommuniziert und es gegebenenfalls lächerlich macht.

Bestrebungen, die Bühnenangebote zu reformieren, durchziehen das 17. und 18. Jahrhundert. Im Zentrum dieser Bemühungen steht dabei die Wiederbelebung der Tragödie, die moralische Reform der Komödie und erst im Verlauf eine Reform der Oper. Die vorrangige Forderung der Kritik war, was die Oper anbetraf, ersteinmal deren Diskreditierung wenn nicht Abschaffung. Propagandisten der Oper hatten sie im 17. Jahrhundert als die Neuauflage der antiken Tragödie gefeiert, von der man wusste, dass sie Chöre kannte. Im 17. Jahrhundert kritisieren vor allem im protestantischen Europa Gelehrte und Geistliche die sinnlichen Ausschweifungen und die Prachtentfaltung der Oper, die im katholischen Raum den Schutz der Gegenreformation genießt. Zur aufklärerischen Arbeit an einer eigenständigen Tragödie gehören in Frankreich die Anstrengungen Jean Chapelains und anderer die theoretischen Grundlagen eines „Regeldramas“ zu entwickeln, das erheblich strenger strukturiert sein sollte als seine antiken Vorbilder. Pierre Corneille und Jean Racine werden im ausgehenden 17. Jahrhundert für ihre Realisierungen gefeiert und schaffen dabei eine eigene Klassik. In England gewinnt eine auf die puritanische Thaterkritik zurückgreifende generelle Theater- und Sittenkritik ab den 1690ern zunehmend an medialer Öffentlichkeit.[36] Gefordert wird hier eine moralische Abkehr und ein Gemeinwesen, das sich der Verbesserung der Sitten verschreibt. Mit Joseph Addison und Richard Steele gewinnt diese Kritik erste Autoren, die sich nicht vom Theater distanzieren, sondern Reformstücke vorlegen. Ein bahnbrechender Erfolg wird hier 1713 Addisons Cato 1713, eine Tragödie, der beide politische Parteien zwingt sich gemeinsam mit dem moralischeren London hinter sie zu stellen. Neue Komödien lassen ab Steetel Conscious Lovers (1722) bürgerliche Protagonisten der älteren Generation an Achtung gegenüber der Jugend wie dem Adel gewinnen - den beiden Gruppen, die in den Restaurationskomödien die Sympathien trugen. Konflikte um Verständnis lösen die Intrigenhandlungen ab.

Die Reformbestrebungen gewinnen ab den 1720ern europäischen Einfluss. Ihnen entspringen mit deutlichen Anknüpfungen an Diskussionen der Aufklärung wie an die Theaterkritik des 17. Jahrhunderts im Wesentlichen drei Reformprojekte

  • das empfindsame Rührstück, die comédie larmoyante, die sentimental comedy, eine in ihren Konflikten auf der einen Seite und in ihrer glücklichen Konfliktlösung auf der anderen zwischen Tragödie und Komödie spielendem Form, in der es modern wird, Gefühle zu zeigen, sich selbst und anderen Schwächen einzugestehen, öffentlich zu weinen.
  • die moderne klassische Tragödie, die in Deutschland namentlich von Johann Christoph Gottscheds propagiert wird,
  • das bürgerliche Trauerspiel das Protagonisten aus dem Stand des Bürgertums oder niederen Adels die innere Größe zu einem neuen privaten Heldentum samt Optionen der Katastrophe zugesteht – im Deutschen wird Gotthold Ephraim Lessing Propagandist dieser Reform, in England ist George Lillos The London Merchant (1731) ein frühes Stück in diese Richtung.

Namentlich das bürgerliche Trauerspiel wird in seinen Reformangeboten heute der Aufklärung zugerechnet, zum einen, da es die klassische Poetik revitalisiert mit Konflikten, in denen Individuen tragisch scheitern, zweitens, da es das Bürgertum gegenüber dem Adel als aufgeklärte Schicht etabliert, drittens, da es sich der modernen Literaturkritik der Aufklärung öffnet und deren Themen wie etwa die Idee religiöser Toleranz im Falle von Lessings Nathan der Weise (1779) aufnimmt.

Gegenstand eigener Reformanstrengungen wurde schließlich die Oper, wobei die Forschung diese Reformanstrengungen nur zum Teil mit der Aufklärungsebatte in Verbindung brachte. In Wien gestaltet Metastasio in den 1730ern Reformopern, in England siegt mit der Aufführung von John Gays The Beggar's Opera eine Gegenbewegung der Satire; das Oratorium übernimmt hier in den 1730ern das Feld. In Frankreich gewinnt die Opéra comique größeren Stellenwert. Das Pariser Jahrmarktstheater wird dabei zum Experimentierfeld neuer populärerer Opernformen. In Deutschland werden die Opern Christoph Willibald Glucks Teil einer aufgeklärten Reformdebatte.

Wesentliche Errungenschaften des aufgeklärten Dramas führten am Ende zu dessen eigener Überwindung: Mit dem Interesse an den Bühnen und deren Rechtfertigung vor der Kritik werden im 19. Jahrhundert die Stücke Shakespeares zunehmend wieder in ihren tragischen Originalfassungen aufgeführt und als realistisches, natürliches zukunftsweisenden Drama von der Kritik gefeiert.[37] In Kritik an den empfindsamen Helden der Rührstücke kommen, an Shakespears Helden geschult, in den 1770ern Helden auf die Bühnen, die an der bürgerlichen Welt zerbrechen. Romantik und Sturm und Drang und ein neues Interesse an der Klassik konkurrieren ab den 1760ern mit der dezidiert aufgeklärten Produktion und führen am Ende ins 19. Jahrhundert.

Roman

Englische Ausgabe von Fenelons Telemach (1715): Die Göttin der Weisheit, Pallas Athene, hat sich dem Helden offenbart und führt ihn zu ihrem Tempel
Kupfer aus der Luxusausgabe von Richardsons Pamela (1742). Der Roman wird zur modernen Lebensschule.

Der Roman bereitete der wissenschaftlichen Kritik des 16. und 17. Jahrhundert immense Probleme als fiktionale Gattung, die Historien imitiert und sich dabei primär an Liebeshandlungen hoher Standespersonen in der heroischen Varianten und an „Schelmen“ in der komischen niederen interessiert zeigt. Auf der einen Seite konkurriert der Roman dabei mit wahren Historien, auf der anderen mit dem Epos als der eigentlichen Gattung poetischer und fiktionaler Kunst.

In einem ersten Reformschub wird im 17. Jahrhundert die Novellistik als realistischere Kunst zunehmend akzeptabel – eine Linie verläuft hier von den Novelas Exemplares (1613) zu den Romanen Marie-Madeleine de La Fayettes, die dem psychologischen Roman der Aufklärung die Bahn brechen. Vertreter der Aufklärung wie Christian Thomasius würdigen im selben Moment Madeleine de Scudéry als die Autorin, mit der die moderne, feinfühlige Charakterbeobachtung aufkam.[38] Den satirischen Roman akzeptiert ein Teil der gelehrten Kritik als potentiell aufgeklärte Sittensatire sowie als effektive Kritik am hohen Roman – Miguel de Cervantes' Don Quixote setzt hier den Maßstab. Der Reformschub der Integration der Novellistik in das Gebiet des epischen Romans führte noch in den 1680ern zu einer ungeniert skandalträchtigen Romanproduktion mit politischen Skandalromanen und einer weiteren Produktion privater Offenbarungen, die beide von der neuen Charakterkunst und der Intrige als zentralem Handlungsmuster lebten und zwischen 1680 und 1720 die europäische Mode bestimmten. Aufgeklärt schien hier den Kritikern, die es wagten sich zum Roman zu bekennen, die Abkehr vom Heldentum mittelalterlicher Epik, die Abkehr von einfachen Schelmenromanen wie Till Eulenspiegel, die Auseinandersetzung mit aktuellen Sitten, die Schulung in Intrigen (als Schulung in „politischer Klugheit“), die Offenheit gegenüber aktuellen politischen Skandalen, der Realismus der neuen Romane gegenüber den Heldenwundern der Vergangenheit.[39]

Ein zweiter Reformschub setzt mit François Fénelons Telemach (1699/1700) ein, mit dem Roman, der als erster erfolgreich als Epos der Moderne diskutiert wurde. Die kritische Diskussion forderte hier im Verlauf einen vergleichbar kunstvollen Roman, der sich am hohen Epos und seiner Fiktionalität orientierte, und persönliche Skandale mied.

Ein dritter Reformschub setzte mit Daniel Defoes Robinson Crusoe (1719) ein, einem Roman, der nicht in das Feld der Novelle mit ihren Intrigenhandlungen abglitt, die novellistischen Skandale mied, den Einzelnen im heroischen Kampf um sein Leben feierte und dabei – anders als Fénelons Roman – bürgerliche Werte diskutierbar machte, ohne sie der Lächerlichkeit der komischen Romane preiszugeben.

Von Pierre Daniel Huets Traktat über den Ursprung der Romane über die Fénelon und Defoe-Diskussion vollzieht sich eine Debatte, die dem Roman als fiktionale Kunst Anerkennung einbringt – und die ihn gleichzeitig aus dem Feld skandalöser Historien heraus bewegt. Gute Romane nutzen die Fiktionalität philosophisch und moralisch, schlechte zur puren Befriedigung der Leselust, so die neue Kritik, die den Roman im 18. Jahrhundert als Raum philosophischer Konstruktionen spannend macht. Aus Fénelons und Defoes Romanen entwickeln Autoren wie Rousseau und Goethe im Verlauf des Jahrhunderts den Erziehungsroman und den Bildungsroman. Aus den novellistischen Romanen des 17. Jahrhunderts entwickeln Samuel Richardson und Christian Fürchtegott Gellert Romane einer neuen Moraldiskussion. Philosophische Experimente kommen mit Montesquieus Lettres Persanes (1721), Jonathan Swifts Gulliver’s Travels (1726), Voltaires Candide ou l'optimisme (1758 verfasst, 1759 veröffentlicht) und Jean-Jacques Rousseaus Romanen Julie ou la Nouvelle Héloïse (1761) und Émile, ou De l'éducation (1762) auf den Markt.

Der Roman wird im Wechselspiel zwischen neuen Reformen und Kritik am Roman zum Medium, in dem Aufklärer zentrale Diskussionen mit größtem Publikumszuspruch inszenieren können. Als neue Projektionsfläche wird das bürgerliche Leben entdeckt, das private Empfinden und schließlich die Zukunft. Waren die Zukunftsszenarien von Samuel Maddens Memoires of the Twentieth Century (1733) noch Gegenwartssatire, so ist Louis-Sébastien Mercier's L'An 2440 (1771) ein Propagandawerk der Aufklärung, das alle Lebensbereiche unter dem Aspekt ihrer möglichen Entwicklung betrachtet.

Das Spiel mit Tabus und gezielten Grenzverletzungen sowie die Provokation von Verboten greifen im Gefolge der neuen moralischen Romane in einer subversiven Strömung mit Werken von Diderots Die geschwätzigen Kleinode (1748) bis zu de Sades Justine (1787) um sich. Experimentelle Romane kommen mit der Rechtfertigung der Gattung auf, so zum Beispiel Lawrence Sternes Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman (1759-1767). Die Romanproduktion teilt sich im Verlauf der Aufklärung in einen trivialen Bereich und einen „hohen“, dessen Beiträger sich darauf ausrichten, dass man ihre Werke kritisch diskutiert und als Literatur ernst nimmt. Ein eigenes Rezensionswesen ist das Ergebnis dieses Prozesses am Ende der Aufklärung, eine gesellschaftsweite Interaktion, die in den 1670er Jahren noch kein Pendant hatte.

Poesie

Enorme Mühen bereitete den Poetologen des 17. Jahrhunderts eine Regulierung der Poesie. Die Autoren von Gedichten schrieben primär für einen kommerziellen Markt: Casuallyrik – Gedichte für Jubiläen, Eheschlüssen, Ehrungen und Todesfällen. Das heroische Epos erschien vom Herrscherlob und politischer Parteilichkeit bedroht, das komische dagegen als niedere Gattung prekär. Hier ändert sich die Positionen der Poesie um 1700 mit der Reform des Romans und des Dramas. Eine eigene Produktion an philosophischer Dichtung kommt im 18. Jahrhundert auf. Alexander Popes Essay on Man (1734) und Friedrich Gottlieb Klopstocks Messias (1748/1772–1798) setzten hier Maßstäbe. Die Gelegenheitsdichtung wird diskreditiert, das bürgerliche Drama und der Roman dagegen werden Mitte des 18. Jahrhunderts als poetische Gattungen angenommen. Das Ergebnis ist ein neues Selbstverständnis der Gegenwart als einer Epoche die wie die Antike alle drei Gattungen Epos, Drama und Lyrik kennt, jedoch neu besetzt hat.

Malerei, Tanz und Musik: Kunstformen außerhalb der Aufklärung?

Von „Malerei der Aufklärung“ wird in der Regel so wenig gesprochen wie von „Musik der Aufklärung“. Das Projekt der Aufklärung wird hier von der Forschung eher der kunstkritischer Diskussionen als einem eigenen Kunststil zugestanden. Das wird vor allem dem heutigen Interesse an einem Konflikt zwischen Barock und Aufklärung gerecht, bei dem der Aufklärung Kritik und Vernunft zugestanden werden, dem Barock dagegen die Betörung der Sinne und damit die Musik und die Malerei als die Sinne betörende Künste.

Im Einzelfall erweisen sich die gängigen Epochenzuweisungen in der Regel als problematisch. Alexander Pope wird mit seinem Essay on Man (1734) der Aufklärung zugerechnet, das Vanitas-Bild, das er seinem Lehrgedicht voranstellt, würde heute eher dem Barock zugerechnet werden – aus Popes Perspektive war es adäquat. Georg Friedrich Händel wird heute als Komponist dem Barock zugerechnet. In das ihm von Thomas Morell ausgestaltete Libretto seines Oratoriums Jephta (1751) fügte er jedoch eigenhändig aus Popes Essay on Man die Zeile „Whatever is, is good“ für einen großen Chor ein – eine Passage, die Philosophiehistoriker mit ihrem Verweis auf Leibniz und Shaftesbury der Aufklärung zuordnen. Der Barockkomponist selbst wird sich als Musiker der Aufklärung angesehen haben, die Epochenzuteilung Barock ist dazu angelegt, von heute aus seine Kunst als die einer untergehenden Epoche zu werten.

Bildende Künste
Stillleben Jan van der Heydens, der Amsterdam die erste Straßenbeleuchtung brachte. Barockes Vanitas-Ensemble oder Zeichen der Aufgeschlossenheit gegenüber der Welt?

Sucht man nach Debatten, die spezifische Berührungspunkte zur philosophischen Diskussion der Aufklärung aufweisen, kann man diese in den Kontroverse um Malerei, Skulptur und Architektur bis weit ins 17. Jahrhundert hinabverfolgen: Der klassizistische Barock weist mit seinen strengen Symmetrien Zivilisationsideale der Aufklärung, die Hoffnung auf eine zentral und vernünftig geordnete Welt auf. Historienmalerei wird in Frankreich im 17. Jahrhundert zur akademischen Disziplin. Die Autoren, die im frühen 18. Jahrhundert mehr Freiheit des Gefühls denn Regelbefolgung fordern, argumentieren ihrerseits als Aufklärer: Natürlichkeit wird hier der Regelbefolgung entgegengesetzt.

Auf einer anderen Ebene bedient sich die protestantisch-calvinistische Auseinandersetzung mit der Kunst des katholischen Raums, dem italienischen Stil, seinen theatralischen Inszenierungen, seinem Gefallen am Irregulären spezifischer Argumentationen der aufklärerischen Diskussion: der Forderung nach einer Schlichtheit, die der Vernunft Rechnung trägt. Die Reformatorischen Bilderstürme setzten eine Diskussion um den „vernünftigen“ Einsatz von Bildern in Gang. Der calvinistische Kunstkritiker Jacob Cats polemisierte zum Beispiel gegen das Sinnliche der katholischen Kunst. In der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts bildete sich ein neuartiges Interesse an realistischen Landschaftsabbildungen und mit wissenschaftlicher Akribie bewältigten Auseinandersetzungen mit der Realität im Feld der Stillleben heraus. Bürgerliche Sujets gelangen in die Bildsprache, bevor sie Ende des Jahrhunderts den europäischen Roman und Mitte des 18. Jahrhunderts die Bühnen erobern.

Strebte die Poesiekritik des 18. Jahrhunderts nach einer Dichtung, die „Sprachbombast“ wie etwa Allegorien meidet, so zeigen sich ähnliche Bestrebungen in den Bereichen der Skulptur, der Architektur und des Kunsthandwerks. Das heute so genannte Barock setzt Mitte des 17. Jahrhunderts auf Hell-Dunkel-Kontraste und monumentale theatralische Effekte. Mit den Strömungen „galanter“ Malerei und Baukunst, die heute als Rokoko bezeichnet werden, siegt ein Interesse am kleinen charmanten Detail und an Zurückhaltung. Man sucht eine „annehmliche“, „bezaubernde“ Gestaltung statt üppiger Prunkentfaltung. Pastellfarben und lockere Girlanden verdrängen großartige Farbeffekte und üppige Staffagen. Man findet die neue Kunst im selben Moment in den Illustrationen aufklärerischer Schriften wieder.

Die Anakreontik war ein Raum, in dem sich antike und moderne Vorbilder trafen. In einem modernisierten Schäferspiel, wie es Antoine Watteau abbildete, ersetzten realistisches Landleben, touristische Schaulust, Sehnsucht nach Ungezwungenheit und Idealbilder von einer unberührten Natur die religiösen Vorstellungen vom Paradies.

Nach 1700 bahnen sich zwei Entwicklungen den Weg: die Abkehr von den (französischen) Symmetrien und die Auffassung, dass nicht künstlerische, sondern natürliche Vorbilder nachgeahmt werden sollten. Der englische Landschaftsgarten im Unterschied zum Barockgarten ist sinnfällig für diesen Wandel. Die aristotelische Nachahmung wurde nach wie vor als zentrale Forderung betrachtet, bloß die Vorbilder wechselten. Ein wichtiger Theoretiker in diesem Zusammenhang war Charles Batteux (Les Beaux Arts réduits à un même principe, 1746). Mit der „realistischen“ Abbildung als gesellschaftskritischem Kommentar übertrug William Hogarth Eigenschaften der Aufklärungssatire auf Malerei und Grafik.

Neuorientierung der Kunst an Natur an Stelle von vorgegebener Kunst bezog sich nicht zuletzt auf die Antike, deren Motive nach wie vor als Vorbilder galten, bis sie gegen Ende des 18. Jahrhunderts von realistischen und märchenhaften Motiven verdrängt wurden. Reisen zu antiken Stätten wurden seit Johann Joachim Winckelmann üblich, der den Maler Anton Raphael Mengs beeinflusste. Mit seinem Ausspruch „edle Einfalt, und eine stille Größe“[40] prägte Winckelmann eine Ästhetik des Schlichten. Im deutschsprachigen Raum entstand so die Vorstellung einer „besseren“, originalgetreueren Klassik, als es die französische gewesen sei. In Italien beschäftigte sich der Künstler Giovanni Battista Piranesi mit der Vermessung originaler Altertümer.

Zum Begründer einer modernen Kunstkritik wird Denis Diderot mit seinen Salons 1759–81 über die Kunstausstellungen der Académie Royale. Seine Fähigkeit, bildende Kunst literarisch zu vermitteln, als den meisten Lesern weder ein Ausstellungsbesuch noch den Druckern eine adäquate Abbildung der besprochenen Kunstwerke möglich waren, wurde europaweit bewundert.

Musikalische Kontroversen
Rousseaus Oper über die moralische Überlegenheit der Landleute wurde bei Hof uraufgeführt und fand dort großen Anklang.

Von Aufklärung als einer musikalischen Epoche zu sprechen, ist im deutschen Sprachgebiet nicht üblich. In Paris befand sich die Musik jedoch im Zentrum der Diskussionen.[41] Ein Stein des Anstoßes war Jean Philippe Rameaus Harmonielehre (1722): Statt unabhängiger Stimmen wie bisher sollten Akkorde den musikalischen Zusammenhalt bilden, die nach seiner Behauptung die „natürlichen Prinzipien“ der Musik seien. Dies rief Gegner wie Jean-Jacques Rousseau auf den Plan, die in Rameaus Deutungsmuster ein Symbol des Rationalismus und des Absolutismus erblickten und diesem Ordnungssystem die befreite Melodie entgegenhielten. Die selbstständig gewordene Opera buffa mit dem bewunderten Vorbild La serva padrona (1733) begann sich mit einer federnden Rhythmik vom gewohnten stolzen Schreiten des Generalbasses zu lösen und wurde nicht nur wegen ihrer musikalischen Struktur, sondern auch aufgrund ihrer bürgerlichen Handlungen als neues Vorbild betrachtet. Rousseaus Kurzoper Le Devin du village (1752) verband dieses Vorbild erfolgreich mit dem populären Schlager französischer Tradition, dem Vaudeville. Der darauf folgende Buffonistenstreit in Paris 1752–54 veranlasste zahlreiche Aufklärer zu musikalischen Stellungnahmen.[42] Dabei überlagerte die kulturelle Rivalität zwischen Italien und Frankreich diejenige zwischen Bürgertum und Adel. Als Nachklang des Buffonistenstreits wird die Auseinandersetzung um Niccolò Piccinni und Christoph Willibald Gluck (Piccinnistenstreit) 1779–81 betrachtet. Anders als Rousseau nahm Gluck nicht für die italienische, sondern für die französische Oper Partei. Für das Wiener Burgtheater machte er hingegen seine Oper Iphigenie auf Tauris 1781 gemeinsam mit Johann Baptist von Alxinger zum „deutschen“ Singspiel. Ein Bekenntnis zu einem nationalen Hintergrund war ihm noch fremd.

Da im späten 19. Jahrhundert die Rivalitäten zwischen Adel und Bürgertum weitgehend tabu waren, konnte sich ein Aufklärungsbegriff, der Adel und Bürgertum spaltete, in der Geschichtsschreibung weniger durchsetzen als die Vorstellung einer solidarisierenden nationalen Emanzipation, in der die Durchsetzung einer französischen Kultur gegenüber einer italienischen (oder einer deutschen gegenüber einer französischen) die Hauptrolle spielte. Daher zeigt sich etwa in der frühen deutschsprachigen Musikwissenschaft die Bemühung, Gluck oder Händel für eine nationale „deutsche“ Tradition zu vereinnahmen und die „Kunstwerke als Urkunden“[43] aufzufassen, die andere Konfliktfelder in den Hintergrund treten lässt. Als sich Wilhelm Dilthey Ende des 19. Jahrhunderts an der Berliner Universität um eine Definition der Geisteswissenschaften bemühte, wurde das Menuett ins Hofzeremoniell des neuen Kaiserreichs eingeführt.[44] Bürgerliches Wissen und aristokratisches Benehmen konkurrierten nach wie vor als Bildungskonzepte.

Instrumentalmusik

Instrumentalmusik war stets als bloßer Ersatz der Menschenstimme betrachtet worden und wird selbst von Rousseau noch verworfen. In der puritanischen Atmosphäre des englischen Bürgertums seit Ende des 17. Jahrhunderts wird jedoch gerade ihre eingeschränkte Sinnlichkeit und Unabhängigkeit von verfänglichen Texten geschätzt. Das Hören von Strukturen an Stelle eines Bewunderns attraktiver Solistinnen und Solisten kam einer rationalistischen Grundhaltung entgegen. Privatwirtschaftliche Konzerte haben in England zunehmenden Erfolg.[45] Große Orchesterkonzerte sind Mitte des Jahrhunderts üblich in London, das Pariser Concert spirituel bietet eine eingeschränktere, aber weitherum beachtete Plattform. Wien wird zu einem Zentrum bürgerlicher musikalischer Entfaltung, doch selbst Wolfgang Amadeus Mozart versucht, in Paris Fuß zu fassen.

Konzertvereinigungen mehren sich, die ihren Mitgliedern oft noch das Mitmusizieren vorschreiben. Sie gebärden sich „anti-feudal und anti-plebejisch“.[46] Die Triosonaten Arcangelo Corellis werden zu Beginn des 18. Jahrhunderts Verkaufsschlager in den Zentren der Aufklärung, weisen also auf den Aufstieg der Hausmusik hin. Die Entwicklung des Streichquartetts als neuer Kunstgattung steht im ausgehenden 18. Jahrhundert für neue Formen einer bürgerlichen Musik, wie es in Johann Wolfgang von Goethes Würdigung nachklingt: „man hört vier vernünftige Leute sich unterhalten“.[47]

Tanz
Modischer Druck einer Tanzschrittfolge „The friendship: Mr. Isaac's new dance for the year 1715“

Der Gesellschaftstanz hatte seine mittelalterliche Verurteilung überwunden und im 14. und 15. Jahrhundert vor allem in Italien großen Aufschwung genommen. Im erstarkenden Absolutismus hatte er neben der geselligen auch eine disziplinierende Funktion,[48] vor allem für den in zentrale Hofgesellschaften zusammengezogenen Adel, wie es Norbert Elias als „Verhöflichung des Adels“[49] beschrieben hat. 1653, nach Niederschlagung der Fronde, einer Reihe von Aufständen in seinem Reich, tanzt der „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. ein Ballett, in dem er die aufgehende Sonne darstellt, umkreist von seinen Hofbeamten als Planeten. Dies wird zum Programm seiner Herrschaft. Als Nebenprodukt des Gesellschaftstanzes entwickelt sich das militärische Exerzieren, das in Exerzierreglementen festgelegt wird.[50] Das Menuett, das Ludwig 1660 angeblich als erster getanzt hat, verbreitet sich mit beispielloser Geschwindigkeit in der ganzen westlichen Welt und bleibt bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts eine Schule des Verhaltens.[51] Tanz bedeutete Ordnung, und Ordnung war im zersplitterten und von Kriegen heimgesuchten Europa attraktiv. Mit dem höfischen Tanz konnte ein großer Teil der Bevölkerung demonstrieren, dass man die gesellschaftlichen Regeln kannte und diese Regeln beherrschte.

Einstudiert wird eine hochartifizielle Tanzkultur, die von komplizierten Schrittfolgen und komplexen Mustern lebt. In London und Paris kann man angesagte Tänze zu modischen Anlässen im Druck erwerben, um sich die Schrittfolgen anzusehen.[52] Aus bürgerlichen Romanen des frühen 18. Jahrhunderts wird ersichtlich, dass der Tanz ein Bereich immensen Wettbewerbs war: Mit ihm konnte die Fähigkeit zu friedlicher, geregelter Konkurrenz demonstriert werden, bevor der Sport aufkam. Die Handbücher zum Tanz gelten im frühen 18. Jahrhundert einer Kunstform, die enorme Körper- und Affektkontrolle verlangt. Der tänzerische Ausdruck Aplomb bezeichnet auch eine generelle Qualität des öffentlichen Auftretens.

Die Tanzformen, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts den Markt erobern, streben nach einer „schlichten“ Natürlichkeit: eine Erfüllung aufklärerischer Vorstellungen. Bald jedoch wird die Schlichtheit durch spektakuläre, sinnliche und sportliche Formen überwunden. Symptomatisch sind die Passagen in Goethes Die Leiden des jungen Werthers (1774), in denen Walzer getanzt wird – gezielt, um in einen Sinnentaumel zu geraten.[53] Man kann hier den Aufstieg einer bürgerlichen Kultur beobachten, die sich von Vorgaben der Adelskultur des 17. Jahrhunderts distanziert. Gleichzeitig sind Vernunft und Ordnung nicht mehr die zentralen Ideale.

Deutlich sind die Bemühungen im Lauf des Jahrhunderts, den Tanz unabhängig von höfischen Verhaltensregeln zu einer allgemein verbindlichen Sprache der Ausdrucksgesten zu erklären. Louis de Cahusac, Hauptautor der Tanzartikel für die Encyclopédie, sah den Ursprung des Tanzes 1754 in einer „Universalsprache“, die „alle Nationen und sogar die Tiere“[54] vereine.

Gesellschaftliche Resonanz

Zwischen 1600 und 1780 verändert sich nicht nur die Position des Menschen im Kosmos. Weltuntergangsszenarien grassieren noch im Jahrhundert nach der Reformation in einer breiten chiliastischen Grundstimmung. In Zukunftsszenarien der 1770er-Jahre geht die Menschheit fortan der Tugend entgegen.

Moralwandel

Familie John and Elizabeth Lloyd Caldwater 1772
Die ältere „Afectation“ und die jüngere „Natur“ aus der Sicht Chodowieckis (1778).

Die Leser, für die Thomas Hobbes 1651 seinen Leviathan verfasste, gingen offenkundig davon aus, dass die Natur des Menschen verderbt sei, und dass nur die Angst vor Strafe die Menschheit davon abhalte, sich selbst zu zerfleischen. Dagegen glaubte der Leser, an den sich Shaftesbury 1696 mit seinem Inquiry Concerning Virtue or Merit richtete, dass der Mensch von Natur aus das größte Glück empfinde, wenn er in Harmonie mit seiner Umwelt lebe. Bernard Mandeville attackierte Shaftesbury in den erweiterten Fassungen seiner Fable of the Bees 1714 und 1723: Das stimme wohl, denn die meisten Menschen hielten sich in ihrem Innersten für tugendsam und zeigten sogar ein schlechtes Gewissen, wenn niemand ihre Untugend bemerke. Doch sage das nichts über die Natur des Menschen aus, sondern allenfalls über die Erziehung, die ihn solche Tugenden verinnerlichen lasse. In der Folge stabilisiere die Gesellschaft sich selbst, indem sie Menschen, bei denen die Erziehung glückt, mit verantwortlichen Positionen ködere und belohne.

Die Lehren Pufendorfs waren über Gershom Carmichael nach Schottland gelangt. Sein Schüler Francis Hutcheson knüpfte eng an Shaftesbury an und entwickelte mit dem „Moral Sense“ eine Moralpsychologie. Zugleich war er Mitbegründer der Schottischen Schule. In seiner Nachfolge bewegten sich auch Adam Ferguson, David Hume und Adam Smith mit ihren moralphilosophischen Arbeiten. Gegen den Skeptizismus Humes stellte Thomas Reid den „Common Sense“, vertrat aber in der Moralphilosophie ebenfalls einen psychologischen Standpunkt.

Das Verhalten änderte sich zwischen den 1690er- und den 1740er-Jahren. In Romanen des frühen 18. Jahrhunderts wird es noch als Tugend aufgefasst, wenn eine Heldin „Verschlagenheit“ beweist: die Kunst, ihre Affekte in Zaum zu halten und sich beim Verfolgen geheimer Pläne nichts anmerken zu lassen. Christian Thomasius theoretisiert in den 1690ern, dass tugendsame und tugendlose Menschen sich derselben Taktiken der Verstellung bedienten – die einen zu guten und die anderen zu bösen Zwecken. Mitte des 18. Jahrhunderts kommen demgegenüber Dramen auf den Markt, deren Heldinnen erröten, wenn sie ein Geheimnis vor ihren Eltern oder Geschwistern hegen sollen.

In den 1770ern kommen mit Romanen wie Henry Mackenzies Man of Feeling (1771) selbst Männer in Mode, die innerlich zerbrechen, wenn sie nicht mit der Welt in Einklang leben. Für andere Menschen zu leben, bereitet den neuen tugendsamen Helden Mitte des 18. Jahrhunderts das intimste Glück. Sie machen einander Geständnisse, wo ihre Vorgänger im frühen 18. Jahrhundert noch ihre Reputation voreinander verteidigen. Die Helden der Jahrhundertmitte sind von Natur aus zart besaitet, schwach, auf die Hilfe anderer angewiesen – und erhalten diese Hilfe, da sie einander offenherzig begegnen. Durch permanente Enthüllungen begegnet die Kunst des Schriftstellers, Schauspielers oder Malers dem traditionellen Vorwurf der Täuschung, am radikalsten in Rousseaus vor 1770 entstandener Autobiographie (Les Confessions). Dass Denis Diderot in seiner Satire Rameaus Neffe (etwa 1760–75) einen zugleich sensiblen und zutiefst verwerflichen Helden erfindet, ist eine Provokation und lässt sich nicht mehr veröffentlichen. – Die Helden des frühen 18. Jahrhunderts zeigten dagegen Stärke, wenn es darum ging, die eigene Reputation offensiv und rücksichtslos öffentlich in Szene zu setzen. Auch die Aufwertung der Faustfigur von einem Verbrecher, den man insgeheim bewundert, zu einem aufklärerischen Vorbild, vollzieht sich in dieser Zeit.

Im hohen Drama erscheint die sinnliche Liebe schon seit 1700 nicht mehr nur als selbstsüchtige Leidenschaft, wie in Antoine Houdar de la Mottes Ballett Le Triomphe des Arts (1700), in dem Pygmalions entfesseltes Begehren auch die Seefahrt und die Landwirtschaft beflügelt. Allmählich wird das Begehren auch in der niederen Komödie zur bürgerlichen Liebe aufgewertet: Die Titelfigur der überaus erfolgreichen Opera buffa La serva padrona (1733) von Giovanni Battista Pergolesi wird noch durch pure Verschlagenheit zur Hausherrin, während die Heldin von Mozarts La finta giardiniera (1775) sich nur aus Liebe verstellt, was durch den deutschen Titel Die Gärtnerin aus Liebe noch zusätzlich betont wurde.

Frauen- und Männerrollen werden zwischen 1650 und 1800 neu definiert. Um 1800 sind Kastraten, Hosenrollen und Travestien von der Bühne verbannt, um zwei „natürliche“ Geschlechter auftreten zu lassen, deren weiblicher Part passiv ist. Dass eine Frau ihre Reputation öffentlich verteidigt, nötigenfalls indem sie publiziert, um ihre Tugend in ein besseres Licht zu stellen, ist im 17. Jahrhundert statthaft. In Romanen fallen bis in das frühe 18. Jahrhundert Heldinnen auf, die sich gegen ihre Eltern stellen und sich, physisch angegriffen, mit Waffengewalt verteidigen. Das zwischen 1660 und 1720 moderne galante Verhalten gesteht es Frauen und Männern zu, einander im Gespräch gleichrangig zu begegnen. Mit den 1720ern, in der Mode der Empfindsamkeit, wird vor allem ein Frauenbild modern, in dem die Frau als das schwache Geschlecht auf den Schutz der Gesellschaft angewiesen ist. Die publizistische Betätigung, die für Frauen wie Madeleine de Scudéry (1607–1701), Aphra Behn (1640–1689), Marie-Catherine d’Aulnoy (1650–1705), Anne-Marguerite Petit DuNoyer (1663–1719), Delarivier Manley (1663–1724) legitim war, wird im 18. Jahrhundert neuen Regeln öffentlichen Anstands unterworfen, die von der Frau natürliche Bescheidenheit und Zurückhaltung verlangen.

Hinter den Verhaltensangeboten der Romane und Dramen stehen die erwähnten gesellschaftlichen Veränderungen: Öffentliche Hinrichtungen als Demonstrationen herrschaftlicher Gewalt geraten im Verlauf des 18. Jahrhunderts als Verstoß gegen die Menschlichkeit und als Beleidigung des Mitgefühls in Verruf. Erziehungsratgeber ändern sich. Eine neue Pädagogik richtet sich im 18. Jahrhundert darauf aus, den Menschen zum moralischen Empfinden zu erziehen. Pädagogische Reformwerke überschwemmen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts den Markt.

Markant ändern sich nach etwa 1740 die Darstellungen des Privaten. Selbst Adlige lassen sich mit Kindern im Arm und dem Ausdruck der Zärtlichkeit und des Vertrauens portraitieren. Von natürlichen Gefühlen geprägte Bindungen sollten herrschen, wo früher ein schickliches Benehmen demonstriert wurde.

Zeitalter der Gesellschaften

Eigene Gesellschaften werden im 17. und 18. Jahrhundert innerhalb der westlichen Gesellschaften gegründet, mit dem Ziel, erzieherisch auf die Moral und das Bewusstsein einzuwirken: Öffentlich agierende Gesellschaften wie die 1691 in London gegründete Society for the Reformation of Manners und sich der Öffentlichkeit entziehende wie der Illuminatenorden oder die Freimaurerlogen, die gegenüber den religiösen Glaubensangeboten neue, dem Deismus nahestehende philosophischere unterbreiten. Außerdem trafen sich die Aufklärer in Literarischen Salons, die zumeist von gebildeten Frauen geleitet wurden.

Die Sozialisierung wird neuen Idealen unterworfen, die Suche nach einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten, in der Seelenverwandtschaften ausgelebt werden, greift aus dem Bereich freikirchlicher religiöser, auf das religiöse Empfinden ausgerichteter Gruppierungen auf die breite bürgerliche Gesellschaft über. Sich mit Gleichgesinnten fest zu assoziieren, wird ein neues Ziel bürgerlicher Individualisierung in den damit zunehmend unüberschaubaren Gesellschaften, in denen Individuen ab dem 19. Jahrhundert deutlich von Orientierungslosigkeit bedroht sind: Der Einzelne muss im Zustand der Aufklärung in den 1770ern und 1780ern zunehmend suchen, um noch Menschen zu finden, mit denen er fühlen kann.

Gefühlskult und Distanzierung von der Aufklärung

Tendenzen zur Destruktion der eigenen Ideale trägt die Aufklärung bereits in sich, wie es neben den selbstkritischen Satiren auch die vernunftfeindliche Empfindsamkeit zeigt. Dass die Vernunft der französischen Klassik vielmehr in zahlreichen Normierungen und Regulierungen bestanden habe, wurde Michel Foucault nicht müde zu erklären.[55] Dieser Verhaltensdruck brauchte seine Ventile: Ab dem späten 17. Jahrhundert breitete sich ein Menschenbild aus, das die Bedeutung vernunftgesteuerten Handelns einschränkte: Shaftesburys einen Moral Sense, einen „Sinn für das Moralische“ entfaltendes Individuum basierte bereits auf der Annahme, dass dieses letztlich von Gefühlen, nicht von Strategien und rationalen Erwägungen und damit von Vernunft bestimmt sei. Die Menschenbilder, die von Autoren wie Jean-Jacques Rousseau in den 1760ern diskutiert wurden, sind von Idealvorstellungen eines natürlichen Verhaltens bestimmt, das sich gegen die Hofsitten richtet.

In den 1760ern und 1770ern gewann die Empfindsamkeitsdebatte radikale Ausläufer, die das Projekt der Aufklärung grundsätzlich in Frage stellten: Statt höfischer Öffentlichkeit wurde etwa der Rückzug ins Private auf die Spitze getrieben. Zum einen kamen radikal tugendsame Helden auf, die vereinsamen, statt dank ihrer Tugend Gemeinschaft zu stiften. Zum anderen kamen Helden in Mode, die gegen jedes zarte Gefühl rebellieren und ihre herrische Individualität zum neuen Maßstab machen. Mit den Begriffen Sturm und Drang im Deutschen und Romantik in der internationalen Diskussion wird ein Umbruch markiert, der keinen klaren Anfangspunkt hat und mit dem Wandel von der Nachahmungs- zur Ausdrucksästhetik zusammenhängt. Nicht mehr Gegenstände sollten nachgeahmt werden, sondern die Fülle der Empfindungen, die bei ihrem Anblick entstehen, wie es etwa Johann Jacob Engel formulierte (Anfangsgründe einer Theorie der Dichtungsarten, 1783). Doch schon in Romanen wie Les Aventures de***, ou les Effets surprenans de la sympathie (Paris: P. Prault, 1713–1715) lassen sich Anfänge jener Ausdrucksästhetik entdecken, die sich am Ende des Jahrhunderts als Gegenströmung zur Aufklärung artikulierte.

Politik

Utopien des Siegs der Tugend

Zur Radikalität der Aufklärung gehört das Vertrauen, das ihre Fürsprecher in die Folgen hatten, die ein höheres Maß an Einsicht und Wissen haben würde. Mustergültig deutlich wird dies in Utopien wie Louis-Sébastien Mercier's L'An 2440 (1771), dem Buch, das die verschiedenen Konzepte der Aufklärung wie kaum ein anderes in einen harmonischen Zusammenhang brachte. Die ersehnte Epoche glückvollen menschlichen Zusammenlebens kommt weder durch einen politischen Entwicklungsprozess noch durch einen revolutionären Prozess, sondern durch die Verbreitung besseren Wissens, welche die Menschen von selbst den Schritt zur Tugend tun lässt, nach dem sich alle weiteren Interessenkonflikte von selbst auflösen. Ein tugendhafter Regent definiert seine Macht neu und ist fortan schlicht der erste seiner Bürger. Sein Volk nutzt die Presse vor allem, um sich selbst zu größerer Tugend zu erziehen. Bernard Mandeville behauptete 1705 und 1714 in seiner Fable of the Bees, dass ein zur Tugend gelangendes Gemeinwesen in Stagnation verfiele und seine Lebenskraft verlöre, und wurde dafür als Man-Devil, als Teufel in menschlicher Gestalt verfemt. Die Zukunftsvisionen der 1770er bauen auf Verbesserungen und ihnen folgend auf glücklichere Gemeinwesen. Die Skeptiker des frühen 18. Jahrhunderts sind in den Diskussionen des späten 18. Jahrhunderts kaum noch präsent. Vor allem Locke und Shaftesbury gelingt der Schritt von den 1690ern in die 1770er, letzterem als der Philosoph, der als erster die These aufstellte, dass aus Verfeinerungen des Geschmacks und des Gefühls ein harmonisches Zusammenleben folgen würde.

Leser der 1770er brechen an einer anderen Stelle mit den Modellen eines zukünftigen zivilisierten Zusammenlebens in aufgeklärten Staaten. Sie entwickeln ein Interesse an archaischer Größe und am Edlen, das sich bei unzivilisierten Wilden zeige.[56] Die Aufklärung mit ihren Anforderungen des tugendhaften Zusammenlebens innerhalb streng reglementierter Gesellschaften wird als zunehmend beengend empfunden. Eine Zivilisations- und Kulturkritik entwickelt sich aus der Empfindsamkeit heraus, wo es bereits darum ging, ein Zusammenleben zu organisieren, in dem jeder seine Natur zum Besten der Gesellschaft entfalte. Die These, dass die Natur des Menschen sich in komplexen Zivilisationen entfalte, wird in den 1770ern und 1780ern fragwürdig.

Bestrebungen des aufgeklärten Absolutismus

Kaiser Joseph II. und sein jüngerer Bruder, der spätere Kaiser Leopold II., Vertrauen unter Brüdern statt machiavellistische Rivalität

Die Versuche der namhaften Aufklärer, politische Staaten in ihren Verfassungen zu ändern, sind bis in die 1770er von Zurückhaltung gezeichnet. Man setzt auf Wandel. Auffällig sind in diesem Zusammenhang die Bemühungen bedeutender Autoren, mit der Politik in ein beratendes Gespräch zu kommen. Katharina II. von Russland korrespondierte mit Voltaire, Montesquieu und Cesare Beccaria. Die von ihr durchgeführten Reformen konzentrierten sich auf Infrastrukturmaßnahmen. Ein intensives Verhältnis riskierte Friedrich II. von Preußen zu Voltaire. Friedrich selbst publizierte im Sinn der neuen Zeit programmatisch 1740 seinen Anti Machiavel. Zu den Reformen, die er noch unmittelbar nach dem Machtantritt in Angriff nahm, gehörte die effektive Abschaffung der Folter 1740 (gänzlich wurde sie 1754 verboten). Er erließ weitgehende Toleranzgesetze, die Hugenotten und Katholiken nach Preußen zogen. Brieflich hielt er dazu 1740 fest: „Alle Religionen seindt gleich und guht, wan nuhr die Leute, so sie profesieren [(öffentlich) bekennen], erliche Leute seindt, und wen Türken und Heiden kähmen und wolten das Land pöbplieren [bevölkern], so wollen wier sie Mosqueen und Kirchen bauen“. Die Zensur für nichtpolitische Zeitungsbeiträge wurde aufgehoben. Auf Seiten der Habsburger ließ Joseph II., Kaiser von 1765 bis 1790, sich darauf ein, 1781 die Leibeigenschaft der Bauern aufzuheben, 1783 die Ehegesetzgebung zu reformieren und 1787 mit der Einführung des Josephinischen Strafgesetzes Verstümmelungsstrafen abzuschaffen und die Todesstrafe nur mehr im Standrecht, nicht im ordentlichen Strafverfahren zuzulassen (1803 wurde sie für wenige Delikte wieder eingeführt).

Selbst unter den Regenten, die der Aufklärung zugerechnet wurden, blieben die politischen Veränderungen rasch hinter den Erwartungen zurück. Die meisten Reformen geschahen dort, wo sie eine Steigerung des Staatseinkommens erwarten ließen, etwa in Maßnahmen, die den Zuzug neuer Bürger und die Gründung neuer Manufakturen erleichterten. Strukturelle Reformen drängten dagegen vor allem die Rechte des Adels zugunsten der Rechte des Volkes zurück. Effektiv stärkte sich dabei in erster Linie in Preußen wie in Russland und den habsburgischen Stammlanden fast immer die Staatsmacht gegenüber den Bürgern und dem Adel. Die politische Presse blieb außerhalb Englands und der Niederlande der Überwachung und Kontrolle ausgesetzt. Die Eingriffe zugunsten der Staatsräson nahmen eher noch zu. Sie geschahen in aufgeklärten Monarchien unter der Annahme, dass die Zentralregierung hier allein mit Weitsicht abschätzte, wo das Interesse des Gemeinwohls lag.

Radikalisierung der Diskussion nach den Revolutionen von 1776 und 1789

Die politischen Diskussionen veränderten sich nachdem 1776 mit den Vereinigten Staaten von Amerika tatsächlich eine neue Nation nach den Modellen der Aufklärung geschaffen wurde – als demokratisches und republikanisches Gemeinwesen. Die Verfassung der Vereinigten Staaten, die 1781 unterzeichnet wurde, setzte wesentliche Erwägungen der staatstheoretischen Debatte um, die John Locke in den späten 1680ern anstieß. In England hatten das Königshaus und das Parlament stets einen Ausgleich der Interessen gefunden. In Preußen und in Österreich standen die Herrscher dem neuen Denken verhalten offen gegenüber und ermöglichten Reformen. In Frankreich jedoch, wo der Absolutismus von den neuen Gedanken kaum Notiz genommen hatte, kam es zur Explosion. Dabei beteiligte sich mit Ausnahme von Condorcet keiner der bekannten Aufklärer am gewaltsamen Aufstand. Die Ereignisse der Französischen Revolution gaben jedoch nur kurz zu Euphorie Anlass. Zeitzeugen notierten sie rasch mit Abscheu vor der Straße und Skepsis gegenüber den Intellektuellen, die den politischen Prozess bestimmten. So erging es auch Friedrich Schiller, der mit seinen Briefen Über die ästhetische Erziehung des Menschen (1795) einerseits die Subjektivität in der Ästhetik Kants kritisierte, andererseits betont, dass Wissen nicht die Rohheit des Menschen verhindert, sondern nur die in der Schönheit liegende Wahrheit. Nur wenn der Mensch beide Seiten seiner Bedürfnisse ausprägt, das sinnliche wie das vernünftige, kann er zur Harmonie finden. Die Diskussionen, die 1789 einsetzten, ließen wenig später weder den Aufgeklärten Absolutismus noch die Revolution als Mittel der Aufklärung übrig. Der sich modernisierende Nationalstaat wurde die Option des 19. Jahrhunderts unter Diskussionen, die nur noch partiell auf die Aufklärung zurückgriffen. Ab den 1790ern mehren sich Stimmen, die das gesamte politische Projekt der Aufklärung als naiv angedachtes ablegen. Die neuen Geschichtsmodelle, die im 19. Jahrhundert diskutiert werden, setzen auf die Macht irreversibler historischer Prozesse und drängen dabei Vorstellungen einer Entfaltung der Vernunft zurück.

Von der Formulierung der Aufklärung bis zur Fortführung ihres Projektes

Während die Aufklärung als historische Bewegung, als Zeitalter, zum Ende des 18. Jahrhunderts in der Geschichtsschreibung für abgeschlossen erklärt wird, hat sich die Diskussion um die Aufklärung als Denkprozess bis in die Gegenwart fortgesetzt.

Hegels Kritik

Georg Wilhelm Friedrich Hegel sah die Leistungen der Aufklärung durchaus positiv. Die positive Bewertung in moralischer Sicht wollte er jedoch nicht nachvollziehen. Er kommentierte: „Aufklärung des Verstands macht zwar klüger, aber nicht besser.“[57] Damit wandte er sich gegen die Überzeugung, dass durch Aufklärung auch eine moralische „Verbesserung“ des Menschen möglich sei.

In der Phänomenologie des Geistes[58] setzte er sich mit dem Verhältnis zur Religion auseinander und meinte, Aufklärung sei „lauter Lärm und gewaltsamer Kampf“ (404). In ihrem Kampf mit der Priesterschaft, die sich dem Despotismus verschrieben hat, erkläre die Aufklärung das, was dem Glauben heilig ist, zum „Steinstück, ein Holzblock, der Augen habe und nicht sehe“ […] (409). Die Aufklärer erkennen nicht, dass das Kritisierte aus Sicht des Glaubens gar kein sinnlicher Gegenstand ist. In ihrer Kritik machten Aufklärer wie Toland, Voltaire oder Robinet die Vorstellung von einem göttlichen Wesen zum „Vakuum“ (413) und blieben damit auf der Ebene der sinnlichen Wahrnehmung gefangen. „Der Glaube hat das göttliche Recht, das Recht der absoluten Selbstgleichheit des reinen Denkens, gegen die Aufklärung und erfährt von ihr durchaus Unrecht; denn sie verdreht ihn in allen seinen Momenten und macht sie zu etwas anderem als sie in ihm sind.“ (417) Wahrer Glaube verbindet die Welt der Herzen (das reine Bewusstsein) und die Welt der Erfahrung zu einer einheitlichen religiösen Weltdeutung. Indem die Aufklärung den Glauben negiert, ist sie nur die Negation des Glaubens, die nicht zur Einheit findet. Glaube und Erfahrung werden aber durch ihre Negation im Selbstbewusstsein vermittelt. „Die Aufklärung selbst aber, welche den Glauben an das Entgegengesetzte seiner abgesonderten Momente erinnert, ist ebenso wenig über sich selbst aufgeklärt. Sie verhält sich rein negativ gegen den Glauben, insofern sie ihren Inhalt aus ihrer Reinheit ausschließt und für das Negative ihrer selbst annimmt. Sie erkennt daher weder in diesem Negativen, in dem Inhalt des Glaubens an sich selbst, noch bringt sie aus diesem Grunde die beiden Gedanken zusammen, den, welchen sie hervorbringt, und den, gegen welchen sie ihn herbringt.“ (418) Man muss aber die beiden Ebenen gesondert denken, bevor sie im Selbstbewusstsein zur Einheit kommen. „Das glaubende Bewusstsein führt doppelt Maß und Gewicht, es hat zweierlei Augen, zweierlei Ohren, zweierlei Zungen und Sprache, es hat alle Vorstellungen verdoppelt, ohne diese Doppelsinnigkeit zu vergleichen.“ (423)

Als Ergebnis der nicht aufgelösten Negation von Aufklärung und Glauben sah Hegel das Abgleiten in die „absolute Freiheit“ (431), die die Aufklärung hervorgebracht hat. In dieser Freiheit gibt es keine Orientierung. Die Konsequenz sah Hegel in einer inhaltsleeren, gesetz- und schrankenlosen Ordnung, die letztlich zum Terror des Robespierre geführt hat. (436). Bei diesem Urteil ging Hegel allerdings darüber hinweg, dass seine eigene Philosophie ohne den in der Aufklärung geschaffenen Freiheitsbegriff erst gar nicht möglich geworden wäre.[59]

Nietzsches Zwiespalt

Friedrich Nietzsches Beurteilung der Aufklärung war gespalten. Für ihn war Aufklärung zum einen mit einer Reduktion verbunden, die das Gefühlsleben des Menschen zu stark ausblendet. Erkenntnis und Wissen ermöglichen nur einen begrenzten Zugang zur Welt. Schon in seiner früheren, Cosima Wagner gewidmeten und nicht veröffentlichten Schrift „Fünf Vorreden zu fünf ungeschriebenen Büchern“ (1872) schrieb er: „Die Kunst ist mächtiger als die Erkenntnis, denn s i e will das Leben, und jene erreicht als letztes Ziel nur – die Vernichtung –.“[60] In seiner ersten philosophischen Schrift (Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, 1872) beschrieb er bereits Sokrates und die Sophisten als diejenigen, die diesen Niedergang gegenüber der ganzheitlichen Wahrnehmung der Welt, wie er sie in der Tragödie verwirklicht sah, eingeleitet hätten. Die Aufklärung als solche bewertete Nietzsche positiv. Vor allem begrüßte er den Niedergang der Religion. „Der zum Strome angewachsene Reichthum des religiösen Gefühls bricht immer wieder aus und will sich neue Reiche erobern: aber die wachsende Aufklärung hat die Dogmen der Religion erschüttert und ein gründliches Misstrauen eingeflösst: so wirft sich das Gefühl, durch die Aufklärung aus der religiösen Sphäre hinausgedrängt, in die Kunst; in einzelnen Fällen auch auf das politische Leben, ja selbst direct auf die Wissenschaft.“ (Menschliches Allzumenschliches = MA 150) Die strenge Wissenschaft ist ein wichtiger Baustein für die Befreiung des Geistes: „Der Werth davon, dass man zeitweilig eine strenge Wissenschaft streng betrieben hat, beruht nicht gerade auf deren Ergebnissen: denn diese werden, im Verhältniss zum Meere des Wissenswerthen, ein verschwindend kleiner Tropfen sein. Aber es ergiebt einen Zuwachs an Energie, an Schlussvermögen, an Zähigkeit der Ausdauer; man hat gelernt, einen Zweck zweckmässig zu erreichen. Insofern ist es sehr schätzbar, in Hinsicht auf Alles, was man später treibt, einmal ein wissenschaftlicher Mensch gewesen zu sein.“ (MA 256)

Die Aufklärung, nicht zu Ende gedacht, ruft andererseits aber Irrtümer hervor. „Die „Aufklärung“ empört: der Sklave nämlich will Unbedingtes, er versteht nur das Tyrannische, auch in der Moral, er liebt wie er hasst, ohne Nuance, bis in die Tiefe, bis zum Schmerz, bis zur Krankheit, — sein vieles verborgenes Leiden empört sich gegen den vornehmen Geschmack, der das Leiden zu leugnen scheint. Die Skepsis gegen das Leiden, im Grunde nur eine Attitude der aristokratischen Moral, ist nicht am wenigsten auch an der Entstehung des letzten grossen Sklaven-Aufstandes betheiligt, welcher mit der französischen Revolution begonnen hat. (Jenseits von Gut und Böse, 46) Schuld daran sind Ideologen wie Rousseau, denen es nicht um eine Besserung der Bildung, wie Voltaire, ging, sondern um Veränderungen der Gesellschaft. „Es giebt politische und sociale Phantasten, welche feurig und beredt zu einem Umsturz aller Ordnungen auffordern, in dem Glauben, dass dann sofort das stolzeste Tempelhaus schönen Menschenthums gleichsam von selbst sich erheben werde. In diesen gefährlichen Träumen klingt noch der Aberglaube Rousseau’s nach, welcher an eine wundergleiche, ursprüngliche, aber gleichsam verschüttete Güte der menschlichen Natur glaubt und den Institutionen der Cultur, in Gesellschaft, Staat, Erziehung, alle Schuld jener Verschüttung beimisst. Leider weiss man aus historischen Erfahrungen, dass jeder solche Umsturz die wildesten Energien als die längst begrabenen Furchtbarkeiten und Maasslosigkeiten fernster Zeitalter von Neuem zur Auferstehung bringt: dass also ein Umsturz wohl eine Kraftquelle in einer mattgewordenen Menschheit sein kann, nimmermehr aber ein Ordner, Baumeister, Künstler, Vollender der menschlichen Natur.“ (MA 463)

„Nietzsche hat wie wenige seit Hegel die Dialektik der Aufklärung erkannt. Er hat ihr zwiespältiges Verhältnis zur Herrschaft formuliert.“[61] Adorno spielt darauf an, dass anders als Hegel, bei dem die Vernunft zur Wirklichkeit wird, für Nietzsche aus der Aufklärung zwei Wege möglich scheinen, die Befreiung und der Nihilismus. In der einen Richtung sah Nietzsche Voltaire, in der anderen Rousseau.

Vor allem war die Aufklärung für Nietzsche auf halbem Wege stehen geblieben. Man hatte aus den eigenen Einsichten, selbst Kant, nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen. Die Kritik an der Religion von Voltaire und Kant reicht nicht. Schlimmer noch hatte sich der deutsche Idealismus wieder bemüht, das Absolute zu bestimmen und war damit hinter die Aufklärung zurückgegangen. Romantik und Historismus war ihm gefolgt. „Und seltsam: gerade die Geister, welche von den Deutschen so beredt beschworen wurden, sind auf die Dauer den Absichten ihrer Beschwörer am schädlichsten geworden, — die Historie, das Verständniss des Ursprungs und der Entwickelung, die Mitempfindung für das Vergangene, die neu erregte Leidenschaft des Gefühls und der Erkenntniss, nachdem sie alle eine Zeit lang hülfreiche Gesellen des verdunkelnden, schwärmenden, zurückbildenden Geistes schienen, haben eines Tages eine andere Natur angenommen und fliegen nun mit den breitesten Flügeln an ihren alten Beschwörern vorüber und hinauf, als neue und stärkere Genien eben jener Aufklärung, wider welche sie beschworen waren. Diese Aufklärung haben wir jetzt weiterzuführen — unbekümmert darum, dass es eine „grosse Revolution“ und wiederum eine „grosse Reaction“ gegen dieselbe gegeben hat, ja dass es Beides noch giebt: es sind doch nur Wellenspiele, im Vergleiche mit der wahrhaft grossen Fluth, in welcher wir treiben und treiben wollen!“ (Morgenröthe 197)

Nietzsche verwarf die Aufklärung nicht, sondern wollte sie fortsetzen und radikalisieren. Seine Auffassung, dass Wahrheit und Moral keine festen Werte mehr sein können, führt in den Perspektivismus und Nihilismus. Der richtige Weg ist eine Umwertung aller Werte und eine Rückkehr zur vorsokratischen Weltsicht. „Man muß an der Kirche die Lüge empfinden, nicht nur die Unwahrheit: so weit die Aufklärung ins Volk treiben, daß die Priester alle mit schlechtem Gewissen Priester werden — ebenso muß man es mit dem Staate machen. Das ist Aufgabe der Aufklärung, den Fürsten und Staatsmännern ihr ganzes Gebahren zur absichtlichen Lüge zu machen, sie um das gute Gewissen zu bringen, und die unbewußte Tartüfferie aus dem Leibe des europäischen Menschen wieder herauszubringen.“[62]

Fortsetzung und Kritik der Bürgerlichkeit bei Marx und Engels

Karl Marx und Friedrich Engels sahen sich zunächst in der Schrift „Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik“ in der Nachfolge der französischen Aufklärer, insbesondere der französischen Materialisten. Sie zeichneten einerseits eine Linie von Descartes bis Holbach und La Mettrie, andererseits von Bacon über Locke bis zum Sensualismus Condillacs. Sie zogen die Schlussfolgerung:

„Es bedarf keines großen Scharfsinnes, um aus den Lehren des Materialismus von der ursprünglichen Güte und gleichen intelligenten Begabung der Menschen, der Allmacht der Erfahrung, Gewohnheit, Erziehung, dem Einflusse der äußern Umgebung auf den Menschen, der hohen Bedeutung der Industrie, der Berechtigung des Genusses etc. seinen notwendigen Zusammenhang mit dem Kommunismus und Sozialismus einzusehen. Wenn der Mensch aus der Sinnenwelt und der Erfahrung in der Sinnenwelt alle Kenntnis, Empfindung etc. sich bildet, so kommt es also darauf an, die empirische Welt so einzurichten, daß er das wahrhaft Menschliche in ihr erfährt, sich angewöhnt, daß er sich als Mensch erfährt. Wenn das wohlverstandne Interesse das Prinzip aller Moral ist, so kommt es darauf an, daß das Privatinteresse des Menschen mit dem menschlichen Interesse zusammenfällt.“[63]

Im Laufe der Zeit revidierten sie aber ihre Bewertung und bezeichneten die Aufklärung nunmehr als eine Entwicklung, die vorrangig im Interesse des Bürgertums gestanden habe. Sie kritisierten den egoistischen Utilitarismus Jeremy Benthams als eines der Ergebnisse der Aufklärung.[64] Im Jahr 1879 resümierte Engels:

„Wir sahen, wie die französischen Philosophen des achtzehnten Jahrhunderts, die Vorbereiter der Revolution, an die Vernunft appellierten als einzige Richterin über alles, was bestand. Ein vernünftiger Staat, eine vernünftige Gesellschaft sollten hergestellt, alles, was der ewigen Vernunft widersprach, sollte ohne Barmherzigkeit beseitigt werden. Wir sahen ebenfalls, daß diese ewige Vernunft in Wirklichkeit nichts andres war als der idealisierte Verstand des eben damals zum Bourgeois sich fortentwickelnden Mittelbürgers. Als nun die Französische Revolution diese Vernunftgesellschaft und diesen Vernunftstaat verwirklicht hatte, stellten sich daher die neuen Einrichtungen, so rationell sie auch waren gegenüber den früheren Zuständen, keineswegs als absolut vernünftige heraus. Der Vernunftstaat war vollständig in die Brüche gegangen. Der Rousseausche Gesellschaftsvertrag hatte seine Verwirklichung gefunden in der Schreckenszeit, aus der das an seiner eignen politischen Befähigung irre gewordne Bürgertum sich geflüchtet hatte zuerst in die Korruption des Direktoriums und schließlich unter den Schutz des napoleonischen Despotismus. Der verheißne ewige Friede war umgeschlagen in einen endlosen Eroberungskrieg. Die Vernunftgesellschaft war nicht besser gefahren. Der Gegensatz von reich und arm, statt sich aufzulösen in allgemeinen Wohlergehn, war verschärft worden durch die Beseitigung der ihn überbrückenden zünftigen und andren Privilegien und der ihn mildernden kirchlichen Wohltätigkeitsanstalten; die jetzt zur Wahrheit gewordne „Freiheit des Eigentums“ von feudalen Fesseln stellte sich heraus, für den Kleinbürger und Kleinbauern, als die Freiheit, dies von der übermächtigen Konkurrenz des Großkapitals und des Großgrundbesitzes erdrückte kleine Eigentum an eben diese großen Herren zu verkaufen und so für den Kleinbürger und Kleinbauern sich zu verwandeln in die Freiheit vom Eigentum; der Aufschwung der Industrie auf kapitalistischer Grundlage erhob Armut und Elend der arbeitenden Massen zu einer Lebensbedingung der Gesellschaft.“[65]

Max Weber: Aufklärung als Entzauberung der Welt durch Intellektualisierung

Der Soziologe Max Weber verwies darauf, dass die gesellschaftsgeschichtliche Entwicklung in der frühen Neuzeit vor allem zur Intellektualisierung beigetragen habe, die als solche ein Jahrtausende währender Entwicklungsprozess sei: „Die zunehmende Intellektualisierung und Rationalisierung bedeutet also nicht eine zunehmende allgemeine Kenntnis der Lebensbedingungen, unter denen man steht. Sondern sie bedeutet etwas anderes: das Wissen davon oder den Glauben daran: daß man, wenn man nur wollte, es jederzeit erfahren könnte, daß es also prinzipiell keine geheimnisvollen unberechenbaren Mächte gebe, die da hineinspielen, daß man vielmehr alle Dinge – im Prinzip – durch Berechnen beherrschen könne. Das aber bedeutet: die Entzauberung der Welt. Nicht mehr, wie der Wilde, für den es solche Mächte gab, muss man zu magischen Mitteln greifen, um die Geister zu beherrschen oder zu erbitten. Sondern technische Mittel und Berechnung leisten das. Dies vor allem bedeutet die Intellektualisierung als solche.“[66]

Horkheimer/Adorno: Dialektik der Aufklärung

Max Horkheimer und Theodor W. Adorno kritisieren in der Dialektik der Aufklärung die Einseitigkeit der Aufklärung. Ihre Aufklärungskritik „springt nicht aus der Vernunft heraus“, sondern entwirft „die Grundlage ihrer radikalen Selbstkritik“. Sie betreiben keine „Dekadenztheorie der Aufklärung“, nach der erst der Verfall der Aufklärung zu den Krisen der Moderne führt, sondern sie gehen von einem ursprünglichen „Doppelcharakter“ der Aufklärung aus.[67] Ihre Kritik gilt der instrumentellen Vernunft, der Horkheimer ein anderes Werk gewidmet hat (Zur Kritik der instrumentellen Vernunft[68]). Gleichwohl setzen sie deren Herausbildung historisch sehr früh an, sie verknüpfen sie mit der Urgeschichte der Zivilisation, mit der Geschichte der Naturbeherrschung und der Selbstbehauptung des Subjekts. „Die Menschen bezahlen die Vermehrung ihrer Macht mit der Entfremdung von dem, worüber sie Macht haben. Die Aufklärung verhält sich zu den Dingen wie der Diktator zu den Menschen. Er kennt sie, insofern er sie manipulieren kann.“[69] Mit der Erweiterung der menschlichen Möglichkeiten durch die Aufklärung geht demzufolge immer eine Verdinglichung einher, die Individualität und Freiheit bedroht.

„Im Siegeszug der Aufklärung erkennen Horkheimer und Adorno deren Gegenteil“, so Schweppenhäuser. Vernunft werde zum Herrschaftsmittel, wissenschaftliche Rationalität zum starren, geschlossenen System, dem alles subsumiert werden soll, egal ob es hineinpasst oder nicht.[67] In der Konsequenz habe die solcherart als instrumentelle Vernunft praktizierte Aufklärung nach ihrem Urteil in den Totalitarismus moderner Gesellschaften geführt.

Arendts Konzept politischer Gleichheit ohne gesellschaftliche Angleichung

Hannah Arendt wandte sich bereits kurz vor der nationalsozialistischen Machtübernahme in ihrem frühen Artikel Aufklärung und Judenfrage gegen das vernunftsgemäße ihrer Meinung nach unhistorische Gleichheitsideal der Aufklärung, wie es radikal Lessing verkörpert habe. Auch Vertreter der jüdischen Aufklärung, wie Moses Mendelssohn, der für die freie Religionsausüberung von Juden eintrat, verneinten eine spezifische nationale Identität des Judentums und strebten die vollkommene Assimilation an die aufgeklärte Gesellschaft an. Sie dagegen setzte sich zwar für politische Gleichheit und den freien Austausch in der Öffentlichkeit ein – im Sinne der griechischen Polis und ihres Konzepts einer Rätedemokratie –, nicht aber für gesellschaftliche Angleichung. Sie sprach sich gegen den Gedanken vieler Aufklärer aus, dass der Mensch als höchstes Prinzip zu betrachten und das Gute durchzusetzen ist, wandte sich gegen den Fortschrittsoptimismus der Epoche und wies auf die Gefahren hin: Das absolut Gute im Zusammenleben der Menschen erweise sich als kaum weniger gefährlich als das absolut Böse, ein Begriff, der auf Kant zurückgeht.

Nach Kriegsende äußerte sie sich positiver über den Fortschrittsbegriff des 18. Jahrhunderts, den sie mit dem Streben nach Mündigkeit, Freiheit und Autonomie des Menschen verbunden sah.[70] 1963 analysierte sie in ihrem politischen Werk Über die Revolution die zwei großen Revolutionen der Aufklärung und gab der früheren nordamerikanischen gegenüber der Französischen Revolution den Vorzug. Erstere bezeichnete sie als Beispiel einer gelungenen Revolution eines Bundes freier Bürger mit der Garantie von Bürgerrechten in der Verfassung der Vereinigten Staaten 1787.[71] Letztere, die teilweise auf dem Gesellschaftsvertrag Rousseaus gründete, endete in der Terrorherrschaft Robespierres, von dem eine Linie zu Lenin und Stalin führe, weil alle drei das Eigeninteresse des einzelnen Bürgers in Feindschaft zum Gesamtinteresse sahen.[72]

Von den Aufklärern schätzte sie besonders Montesquieu und Kant. Montesqieus politische Thesen gingen in ihr politisches Hauptwerk Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft ein. Kant war durchgängig eine wichtige Bezugsgröße für Hannah Arendts Denken. Ihre Rede bei der Entgegennahme des Lessings-Preises 1959 stellte sie unter das Motto Menschlichkeit in finsteren Zeiten.[73] Nicht die Aufklärung und die Humanität des 18. Jahrhunderts erschwerten den Zugang zu Lessing, sondern das 19. Jahrhundert mit seinen festgefügten Ideologien und seiner „Geschichtsbesessenheit“. Im Sinne Lessings sei Kritik stets das Begreifen und Beurteilen im Interesse der Welt aus mehr als einer Perspektive. Ziel sei das freie Denken ohne traditionelle Festlegungen, denn eine absolute Wahrheit gebe es nicht, weil sie sich im vielstimmigen Gespräch sofort in eine „Meinung unter Meinungen“ verwandle.[74]

Habermas: Aufklärung als unvollendetes Projekt der Moderne

Jürgen Habermas wendet sich gegen die Bewertung der Aufklärung durch seine Lehrer Adorno und Horkheimer als Verfallsprozess. Er spricht von dem „unvollendeten Projekt der Moderne“[75], das in einem Prozess kommunikativen Handelns stets nach rationaler Begründung fragt. Im 18. Jahrhundert entstand das Phänomen der Öffentlichkeit, das für Habermas in dieser Form in Antike und Mittelalter keine Entsprechung hatte.[76] Die in der Aufklärung begründeten Zeitschriften und steigenden Buchauflagen fanden ihre Rezeption in Bibliotheken, Lesezirkeln, Salons, Kaffeehäusern und diversen Vereinigungen. Es bildeten sich Meinungen, zu denen Gegenpositionen entwickelt und wiederum veröffentlicht wurden. Dies geschah losgelöst von den Institutionen des Staates und der Staat musste diese Meinungen zur Kenntnis nehmen. Die kritische öffentliche Meinung entwickelte sich laut Habermas selbst zu einer neuen Institution, die die Politik- und Machtinteressen der Regierenden begrenzt und so zu einem der wesentlichen Grundpfeiler der Demokratie geworden ist. Während diese Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert noch auf ein schmales Bürgertum begrenzt war, ist sie in der Moderne, gestützt auf die modernen Medien, zu einem Massenphänomen geworden. In einem Dialog mit Josef Ratzinger forderte Habermas „die kulturelle und gesellschaftliche Säkularisierung als einen doppelten Lernprozeß zu verstehen, der die Traditionen der Aufklärung ebenso wie die religiösen Lehren zur Reflexion auf ihre jeweiligen Grenzen nötigt“[77] Ähnlich wie Kant setzt er auf ein republikanisches Verständnis im internationalen Rahmen und fordert einen europäischen Verfassungspatriotismus.

Zitate

„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“

Immanuel Kant: AA VIII, 35–Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?[78]

Christoph Martin Wieland dichtete:[79]

Dem Weisen genügt an sich ein aufgeklärter Geist
Dem sich der Dinge Werth in wahrem Lichte weist.

Siehe auch

Hauptartikel: Aufklärer

Werke

Ein besonderes Moment der Aufklärung wird in der Zeit um 1750 gesehen, in der eine große Zahl wichtiger Werke dieser Denkbewegung erschienen:

Literatur

Zur Einführung

  • Hans Joachim Störig: Weltgeschichte der Philosophie. 1950, überarbeitete und erweiterte Neuauflagen als Kleine Weltgeschichte der Philosophie. Kohlhammer-Verlag 17. Auflage, Stuttgart 1999, ISBN 3-17-016070-2
  • Werner Schneiders: Das Zeitalter der Aufklärung. Beck, München 1997, 2. Aufl. 2001, ISBN 3-406-44796-1
  • Ehrhard Bahr (Hrsg.): Was ist Aufklärung? Thesen und Definitionen. Reclam, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-15-009714-4
  • Annette Meyer: Die Epoche der Aufklärung. Akademie, Belin 2010, ISBN 978-3-05-004443-9

Weiterführende Literatur

in chronologischer Anordnung (neueste Titel zuunterst)

  • Aloys Blumauer: Beobachtungen über Oesterreichs Aufklärung und Litteratur, Edlen von Kurzbeck, Wien, 1782
  • Ernst Cassirer: Die Philosophie der Aufklärung. (1932), Meiner, Hamburg 1998, ISBN 3-7873-1362-1
  • Werner Krauss: Studien zur deutschen und französischen Aufklärung. Rütten & Loening, Berlin 1963
  • Werner Schneiders: Die wahre Aufklärung. Zum Selbstverständnis der Deutschen Aufklärung. Alber, Freiburg / München 1974, ISBN 3-495-47280-0
  • Winfried Schröder (Hrsg.): Französische Aufklärung. Bürgerliche Emanzipation, Literatur und Bewußtseinsbildung. Reclam, Leipzig 1979.
  • Werner Krauss, Zur Anthropologie des 18. Jahrhunderts. Die Frühgeschichte der Menschheit im Blickpunkt der Aufklärung. Berlin, 1978; München; Wien, 1979.
  • Jürgen Stenzel (Hrsg.): Das Zeitalter der Aufklärung (Deutsche Schriftsteller im Porträt, Bd. 2), Beck, München 1980, ISBN 3-406-06020-X
  • Jochen Schmidt (Hrsg.): Aufklärung und Gegenaufklärung in der europäischen Literatur, Philosophie und Politik von der Antike bis zur Gegenwart. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1989. ISBN 3-534-10251-7
  • Wolfgang Martens (Hrsg.): Leipzig: Aufklärung und Bürgerlichkeit. Wolfenbütteler Studien zur Aufklärung 17, Heidelberg 1990
  • Philippe Ariès, Georges Duby, Roger Chartier (Hrsg.): Geschichte des privaten Lebens. 3. Band: Von der Renaissance zur Aufklärung [1986], übers. Fliessbach, Holger/ Krüger-Wirrer, Gabriele (Frankfurt a.M., 1991).
  • Peter Pütz: Die deutsche Aufklärung. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1991, ISBN 3-534-06092-X
  • Helmut Reinalter (Hrsg.): Die Aufklärung in Österreich. Ignaz von Born und seine Zeit. Lang, Frankfurt/M. 1991, ISBN 3-631-43379-4 (Demokratische Bewegungen in Mitteleuropa 1770–1850, 4)
  • Siegfried Jüttner, Jochen Schlobach (Hrsg.): Europäische Aufklärung. Einheit und nationale Vielfalt. Meiner, Hamburg 1992, ISBN 978-3-7873-1079-1 (Studien zum 18. Jahrhundert Band 14)
  • Fritz Wagner: Europa im Zeitalter des Absolutismus und der Aufklärung; Handbuch der europäischen Geschichte, 4; Union Verlag Stuttgart 1968, 3. Auflage: Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 1996. ISBN 978-3-12-907560-9
  • Barbara Stolberg-Rillinger: Europa im Jahrhundert der Aufklärung. Stuttgart 2000, ISBN 3-15-017025-7 (Rezension).
  • Werner Schneiders (Hrsg.): Lexikon der Aufklärung: Deutschland und Europa. C.H. Beck, München 1995 (Taschenbuchausg.: München: C.H. Beck, 2001. ISBN 3-406-47571-X).
  • Frank Kelleter: Amerikanische Aufklärung. Sprachen der Rationalität im Zeitalter der Revolution. Schöningh, Paderborn 2002, ISBN 3-506-74416-X
  • Winfried Müller: Die Aufklärung (= Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 61). R. Oldenbourg Verlag, München 2002, ISBN 978-3-486-55764-0
  • Panajotis Kondylis: Die Aufklärung im Rahmen des neuzeitlichen Rationalismus. Meiner, Hamburg 2002, ISBN 3-7873-1613-2
  • Jonathan Israel: Radical Enlightenment: Philosophy and the Making of Modernity 1650–1750, Oxford University Press, Neuauflage 2002, ISBN 0-19-925456-7
  • Jonathan Israel: Enlightenment Contested: Philosophy, Modernity, and the Emancipation of Man, 1670–1752, New York: Oxford University Press, 2006, Rezension
  • Rainer Enskat: Bedingungen der Aufklärung. Philosophische Untersuchungen zu einer Aufgabe der Urteilskraft, Weilerswist-Metternich: Velbrück Wissenschaft 2008, ISBN 978-3-938808-06-1
  • Wolfgang Hardtwig (Hg): Die Aufklärung und ihre Weltwirkung. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2010. [=Geschichte und Gesellschaft, Sonderhaft 23]
  • Philipp Blom: Böse Philosophen: Ein Salon in Paris und das vergessene Erbe der Aufklärung. Hanser, München 2011, ISBN 978-3-446-23648-6

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kant, WA, AA 05, 35.01-02
  2. Dorinda Outram: The Enlightenment. Cambridge University Press, Cambridge 1995, ISBN 978-0-521-42534-6, S. 3.
  3. in seinem Discours préliminaire (Einleitung) zur Encyclopédie.
  4. Gertrude Himmelfarb: The Roads to Modernity: The British, French and American Enlightenments. Vintage, London 2008, S. 11–12.
  5. Norbert Hinske: Stichwort „Aufklärung“. In: Staatslexikon. Recht. Wirtschaft. Gesellschaft. Band 1, Herder, 7. Aufl. Freiburg 1995.
  6. Jürgen Osterhammel: Die Entzauberung Asiens. Europa und die asiatischen Reiche im 18. Jahrhundert. München 1998, S. 31–32.
  7. Wichtig wurde hier besonders Jonathan Israels Radical Enlightenment: Philosophy and the Making of Modernity, 1650–1750 von 2001.
  8. Eine große Erschütterung war hier das Pogrom der Bartholomäusnacht, zu 24. August 1572, Admiral Gaspard de Coligny und weitere Führer der Hugenotten zusammen mit Tausenden von Glaubensgenossen auf Befehl Katharinas von Medici ermordet wurden.
  9. Zum komplexen Verhältnis zwischen Aufklärung und wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit Theologie in der Aufklärung siehe auch: Guy G. Stroumsa, A new science: the discovery of religion in the Age of Reason Cambridge, Mass.; London: Harvard Univ. Press, 2010.
  10. Inquiry Concerning Virtue or Merit [1699], wiederveröffentlicht als Treatise IV der Characteristics of Men, Manners, Opinions, Times. London, 1711.
  11. Georg Bollenbeck: Eine Geschichte der Kulturkritik, Beck, München 2007, 37.
  12. Tobias Bevc: Politische Theorie. UVK, Konstanz 2007, S. 62. ISBN 978-3-8252-2908-5.
  13. Siehe den eigenen Artikel zu Rousseaus Vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechtes (1762).
  14. Charles Irénée Castel de Saint-Pierre, Projet pour rendre la paix perpétuelle en Europe (1712/1717) Ausgabe von 1712 bei Gallica, Ausgabe von 1717, Gallica.
  15. So Michel Foucault in seinem Buch ‚Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses (1975).
  16. Francis Hutcheson: An Historical Essay concerning Witchcraft, London 1718.
  17. Immanuel Kant brachte die Diskussion auf, nach der die „Kopernikanische Wende“ einen Mentalitätswandel verursachte, den Menschen zwang, sich nicht länger als das Zentrum der Welt und des Heilsplans zu sehen.
  18. Edmond Halley, „An Estimate of the Degrees of the Mortality of Mankind“, Philosophical Tansactions 196 (1693), S. 596–610 und Postscript S. 654–656. e-edition: http://www.pierre-marteau.com/editions/1693-mortality.html.
  19. Directions for seafaring … 1664 (?).
  20. John Locke: An Essay concerning Humane Understanding, 1690 (Ein Versuch über den menschlichen Verstand) und David Hume: An Enquiry Concerning Human Understanding. (1748; deutsch Untersuchung in Betreff des menschlichen Verstandes)
  21. John Locke formulierte die Prämisse „Nihil est in intellectu quod non antea fuerit in sensu“ in seinem Essay Concerning Humane Understanding 1690#.
  22. Alexander Pope, Epitaph auf Newtons Tod, 1727.
  23. Christian Thomasius betont dies in seinem Versuch vom Wesen des Geistes, 1699.
  24. J. Hübner: „Vorrede“ zu: Curieuses Natur- Kunst- Gewerck- und Handlungslexicon; Leipzig: 1712, §§ 8–27.
  25. Rezensiert in Deutsche Acta Eruditorum. 35. Leipzig: Johann Friedrich Gleditsch, 1715, S. 891-898, sowie in den Nummern 42 und 46 der Neuen Bibliothek oder Nachricht von neuen Büchern. Frankfurt/Leipzig, 1715.
  26. John Locke im Essay Concerning Humane Understanding London: 1690, Book II, Chap. XIV, 25/29, wo von 1689 als dem Jahr 5639 nach Schöpfung der Welt schreibt. Auf derselben Berechnungsgrundlage ausführlicher Benjamin Hederich: Anleitung zu den fürnehmsten historischen Wissenschafften, benanntlich der Geographie, Chronologie, Genealogie. 2. Aufl. Wittenberg: G. Zimmermannen, 1711. Alternative Annahmen basierten auf dem jüdischen Kalender (3761 v. Chr.) oder Harmonisierungsberechnungen, wie derjenigen, die den Weltbeginn auf das Jahr 4004 v. Chr. legte; die vier überzähligen Jahre resultieren aus einer Richtigstellung der Geburt Christi, die tatsächlich exakt 4000 Jahre nach der Weltschöpfung stattgefunden haben soll.
  27. Werner Krauss, Zur Anthropologie des 18. Jahrhunderts. Die Frühgeschichte der Menschheit im Blickpunkt der Aufklärung. Berlin, 1978; München; Wien, 1979.
  28. John Locke, Essay Concerning Humane Understanding. 1690, „Association of Ideas“ #.
  29. Zukunftsvisionen in handelsüblichen Prognostika notieren in der Tradition von Nostradamus keine technischen Innovationen. Zukunftsromane werden erst ab 1733 geschrieben. Sie skizzieren nicht vor den 1770er Jahren Formen menschlichen Zusammenlebens, die sich von den zeitgenössischen, primär in der Moral, unterscheiden.
  30. J. Andreae: „Vorrede“ zu: Deutsche Acta Eruditorum 1, Leipzig: Johann Friedrich Gleditsch & Sohn, 1712.
  31. Arno Seifert, Quelle#.
  32. Markus Paulus Hunold. Curieuse Nachricht von denen heute zu Tage grand mode gewordenen Journal- Quartal- und Annual-Schrifften [...] von M. P. H. Freyburg [Jena], 1716. Und: Heinrich Ludwig Goetten. Gründliche Nachricht von den frantzösischen, lateinischen und deutschen Journalen, Ephemeridibus, monatlichen Extracten, oder wie sie sonsten Nahmen haben mögen [...] von H. P. L. M. Leipzig; Gardeleben: H. Campe, 1718.
  33. Franciscus Lang notiert den Vorrang der Oper im aktuellen Dramenbetrieb sowie den Geschmackswandel zu Beginn des 18. Jahrhunderts aus jesuitischer Sicht in seiner Dissertatio de actions scenica München: 1727, S. 83: „Jam verò alia sunt tempora, mores alii, aliæ rationes Scenarum modi. Nunc aperientur Theatra ad honestam delectationem; non tamen coram vulgo, sed in conspecu peritorum, & Magnatum, q[u]orum dignitati non conveniunt gregalis joci. Eos ipsos autem illustres spectatores funsestis identidem terriculamentis obruere, æquè indecens ac fastidiosum est.“ So wenig, wie dem Publikum heutiger Dramen pöbelhafte Späße zugemutet werden können, sosehr sei es ungehörig wie ekelhaft, es dauernd mit unheilvollen Schreckbildern zu belästigen“.
  34. Text (online)
  35. Siehe zu den Wanderbühnen, Günther Hansen, Formen der Commedia dell' Arte in Deutschland, hrsg. von Helmut G. Asper. Emsdetten: Lechte, 1984. Die überlieferten Texte sammelt die Serie Spieltexte der Wanderbühne hrsg. von Alfred Noe und Manfred Brauneck (Berlin [u.a.]: de Gruyter, 1970 ff.
  36. Siehe Jeremy Coillier, A Short View of the Immorality and Profaneness of the English Stage. London, 1698.
  37. Siehe hierzu auch Dene Barnett, Jeanette Massy-Westropp: The Art of Gesture. The Practices and Principles of 18th Century Acting, Heidelberg: Winter 1987.
  38. Siehe Thomasius in seinen Journal Schertz- und Ernsthaffter, Vernünfftiger und Einfältiger Gedancken, über allerhand Lustige und nützliche Bücher und Fragen (1688–1690).
  39. Pierre Daniel Huet fasst den Großteil dieser Aspekte zusammen in seinem Traité de l’origine des romans. Autoren wie Pierre Bayle bekennen sich zur Funktion des modernen politischen Skandalromans um 1700, siehe das Gespräch, das Gottlieb Stolle mit ihm 1703 führte. Gottlieb Stolle, Reise durch Deutschland und die Niederlande (1703).
  40. Johann Joachim Winckelmann: Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst, Dresden 1755.
  41. Béatrice Didier: La musique des Lumières : Diderot, l'Encyclopédie, Rousseau, Paris: Presses universitaires 1985.
  42. Als Textsammlung siehe: Denise Launay: La Querelle des Bouffons : textes des pamphlets, Genf: Minkoff 1973.
  43. Philipp Spitta 1893, zitiert nach: Wolfgang Sandberger: Philipp Spitta und die Geburt der Musikwissenschaft, in: Anselm Gerhard (Hrsg.): Musikwissenschaft – eine verspätete Disziplin?, Stuttgart: Metzler 2000, S. 57. ISBN 3-476-01667-6.
  44. „Seit den letzten Wintern hat unter dem Einfluss Sr. Majestät Kaiser Wilhelms […] das Menuett der Rokokozeit den Eingang in unsern Tanzsaal gefunden […] Es ist deshalb sehr zu empfehlen, ein firmer Menuetttänzer zu werden.“ J. von Wedell: Wie soll ich mich benehmen? Stuttgart: Levy & Müller 1897, S. 205.
  45. John Harald Plumb: The Commercialisation of Leisure in Eighteenth-century England, in: Ders. (Hg.): The Birth of a Consumer Society, London 1982, S. 265–285.
  46. Hanns-Werner Heister: Das Konzert. Theorie einer Kulturform, Wilhelmshaven: Heinrichshofen 1983, Bd. 1, S. 162. ISBN 3-7959-0277-0.
  47. Brief Goethes an Friedrich Zelter vom 9. Nov. 1829. Goethe grenzt das Streichquartett vom Virtuosenkonzert Paganinis ab, dem er weniger gewogen war. Max Hecker (Hrsg.): Briefwechsel zwischen Goethe und Zelter, Bd. 3 1828–1832, Leipzig: Insel 1918, S. 201.
  48. Rudolf Braun, David Gugerli: Macht des Tanzes, Tanz der Mächtigen. Hoffeste und Herrschaftszeremoniell 1550–1914, München: C. H. Beck 1993.
  49. Norbert Elias: Über den Prozeß der Zivilisation (1939), in: Ders.: Gesammelte Schriften Bd. 3.1, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1997.
  50. Rudolf zur Lippe: Naturbeherrschung am Menschen, Bd. 2: Geometrisierung des Menschen und Repräsentation des Privaten im französischen Absolutismus, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1974.
  51. Karl Heinz Taubert: Das Menuett. Geschichte und Choreographie, Zürich: Pan 1988.
  52. So die Sammlungen von Gesellschaftstänzen, die von Raoul-Auger Feuillet oder John Weaver nach 1700 herausgegeben wurden.
  53. Henning Eichberg: Leistung, Spannung, Geschwindigkeit. Sport und Tanz im gesellschaftlichen Wandel des 18./19. Jahrhunderts, Stuttgart: Klett 1978.
  54. Louis de Cahusac: La Danse ancienne et moderne ou Traité historique de la danse, Den Haag: Neauime 1754, Bd. 1, S. 14.
  55. So in Michel Foucault: Wahnsinn und Gesellschaft. Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1993 (Histoire de la folie à l'âge classique. Folie et déraison, 1961).
  56. Henri Baudet. Paradise on Earth. Some Thoughts on European Images of Non European Man. New Haven; London, 1965.
  57. Georg Friedrich Wilhelm Hegel: Fragmente über Volksreligion und Christentum. Werke in 20 Bänden; Band 1. Suhrkamp 1970, S. 21.
  58. Georg Friedrich Wilhelm Hegel: Phänomenologie des Geistes [1807]. Werke in 20 Bänden; Band 3. Suhrkamp 1970.
  59. Jürgen Stolzenburg: Hegels Kritik der Aufklärung. Zum Kapitel: „Der Kampf der Aufklärung mit dem Aberglauben“ in der Phänomenologie des Geistes. In: Wolfgang Hohgrebe (Hrsg.): Phänomen und Analyse. Grundbegriffe der Philosophie des 20. Jahrhunderts in Erinnerung an Hegels Phänomenologie des Geistes. Königshausen & Neumann, Würzburg 2008, S. 155–174.
  60. Friedrich Nietzsche: Fünf Vorreden zu fünf ungeschriebenen Büchern. Über das Pathos der Wahrheit 1, KSA 1, S. 30.
  61. Theodor W. Adorno: Gesammelte Schriften in zwanzig Bänden, Band 3, Dialektik der Aufklärung, Frankfurt 1997, S. 60–61.
  62. Friedrich Nietzsche, Nachlass 1884, Gruppe 25, 294 = KSA 11.
  63. Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik, Karl Marx – Friedrich Engels – Werke, Band 2, S. 3–223, Februar 1845, S. 138.
  64. Karl Marx-Friedrich Engels – Die deutsche Ideologie, S. 394.
  65. Friedrich Engels: „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft“, in: Karl Marx/Friedrich Engels – Werke. Dietz, Berlin. Band 19, 1962, S. 189–201, hier 192–193.
  66. Max Weber, Wissenschaft als Beruf (1917/19), 7. Auflage 1984, 17 = Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Mohr Siebeck, 7. Aufl. Tübingen 1988, S. 594.
  67. 67,0 67,1 Gerhard Schweppenhäuser: Am Ende der bürgerlichen Geschichtsphilosophie. Max Horkheimer/Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung (1947). In: Walter Erhard/Herbert Jaumann (Hrsg.): Jahrhundertbücher. Große Theorien von Freud bis Luhmannn. Beck, München 2000, S. 193.
  68. Max Horkheimer: Gesammelte Schriften, Band 6: Zur Kritik der instrumentellen Vernunft, Fischer, Frankfurt am Main 1991.
  69. Max Horkheimer/Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. In: Max Horkheimer: Gesammelte Schriften, Band 5. Fischer, Frankfurt am Main 1987, S. 31.
  70. siehe Hannah Arendt: Über den Imperialismus, dort Erscheinungsgeschichte des Textes seit 1946, Belegstelle, H.A.: Die verborgene Tradition. Frankfurt a.M. 1976, S. 23.
  71. Dabei wies sie allerdings auf die Rolle der Sklaverei während und nach der Revolution hin.
  72. Arendt: Über die Revolution, 1994, S. 100.
  73. Die Wendung „finstere Zeiten“ geht auf das Brecht-Gedicht An die Nachgeborenen zurück.
  74. Hannah Arendt: Rede über Lessing. Von der Menschlichkeit in finsteren Zeiten. München 1960.
  75. Die Moderne – Ein unvollendetes Projekt. Philosophisch-politische Aufsätze, Leipzig 1990.
  76. Jürgen Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft [1962], Suhrkamp, Frankfurt 1990, S. 116.
  77. „Vorpolitische Grundlagen eines demokratischen Rechtsstaates?“, in: Jürgen Habermas und Josef Ratzinger: Dialektik der Säkularisierung. Über Vernunft und Religion, Herder, 7. Aufl. Freiburg 2005, S. 17.
  78. Kant, Ausgabe der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 1900ff, AA VIII, 35–Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?.
  79. Zwölf moralische Briefe in Versen, Heilbronn 1752.
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