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1899

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Ereignisse

  • 1899: 1899 forderte der eingedeutschte Brite Houston Stewart Chamberlain (1855 Portsmouth - 1927 Bayreuth) – ein Schwiegersohn Richard Wagners – in seinem Buch Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts als Erster die „Reinheit der arischen Rasse“ gegen „Vermischung“. Das Buch las Kaiser Wilhelm II. persönlich seinen Kindern vor und empfahl es als Lehrstoff für die Kadettenschulen. Das Buch hatte starken Einfluss auf den National-Sozialismus.
  • 1899: angeblicher Ritualmord in einem Waldstück bei Polna (Südostböhmen) an einer Frau namens Agnes Hruza, Vorwürfe, die ohne jeden Beweis von der tschechischen, der deutschnationalen und der christlich-sozialen antisemitischen Presse begierig in ganz Europa weiterverbreitet wurden und in Böhmen und Mähren zu grossen Unruhen und Judenhetzen führten; Tatverdächtiger war der aus Polna stammende herumziehende Schustergehilfe Leopold Hilsner (Hülsner; 1877-1927), der mehrfach zum Tode verurteilt, dann zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigt, schliesslich 1916 nochmals „begnadigt“ und aus dem Zuchthaus entlassen wurde; für ihn hatte sich der spätere Präsident Masaryk engagiert eingesetzt, war aber angesichts der von den Antisemiten aufgehetzten Bevölkerung bei den dadurch eingeschüchterten Geschworenen nicht durchgedrungen
  • 1899: Herzl gründet in London und mit Sitz in London den Jewish Colonial Trust, J.C.T., jüdisch-zionistische Kolonialbank zur Bereitstellung finanzieller Mittel zum Ankauf von Land in Palästina, dessen 1903 eröffnete Tochtergesellschaft heute als ‘’’Bank-Leumi-le-Israel’’’ (Jüdische Nationalbank) das grösste Geldinstitut des Staates Israel ist: Jüdischer Kolonialtrust - Die erste zionistische Bank wurde am zweiten Zionistischen Kongress gegründet und 1899 in London der Zionistischen Weltorganisation angeschlossen. Die Absicht war, als finanzielles Instrument der Zionistischen Organisation Kapital zur Verfügung zu stellen, um einen Charter für Palästina zu finanzieren. Es wurde jedoch bald offensichtlich, dass die Summe weit davon entfernt war, dieses Ziel zu erreichen. Acht Millionen Pfund waren das Ziel gewesen, 395 000 Pfund wurden erreicht. Die Hauptaktivitäten des Trust wurden von der Anglo-Palestine Bank, die 1902 als Tochtergesellschaft gegründet wurde, ausgeführt. Ihr Anfangskapital betrug nur 40 000 Pfund. 1903 wurde die erste Filiale in Jaffa eröffnet, der Zalman David Levontin vorstand und die sich bald als zuverlässige und vertrauenswürdige Institution einen Namen machte, geschäftliche Transaktionen und Profit waren nicht ihr eigentliches Ziel. In den frühen Jahren unterstützte die Bank zionistische Aktivitäten wie Landerwerb, Importe, Erhalt von Konzessionen etc. In Jerusalem, Hebron, Safed, Tiberias, Gaza und Beirut, dem damaligen wirtschaftlichen Zentrum der Region, wurden Filialen eröffnet. Die Anglo-Palestine Bank gab Kredite und langfristige Anleihen an Moschawot und Bauern. Sie half beim Bau der ersten sechzig Häuser in Tel Aviv. Als das zionistische Unternehmen im Ersten Weltkrieg sich ernsten Schwierigkeiten gegenüber sah, gelang es der Bank, ihre Kapitalfundierung intakt zu halten. Die türkische Regierung betrachtete die Bank als feindliches Unternehmen, da sie in Grossbritannien registriert war. Ihre Filialen wurden geschlossen und das Geld eingezogen. Die Liquidierung der Filialen ging nur schleppend voran, und das Geschäft ging heimlich weiter. Nach dem Krieg expandierten die Unternehmungen der Bank, und andere Banken wurden in Palästina gegründet. 1932 übersiedelte die Zentrale der Anglo-Palestine Bank von Jaffa nach Jerusalem. 1934 beendete der Jüdische Kolonialtrust seine Bankgeschäfte und wurde eine Holdinggesellschaft für die Anteile der Anglo-Palestine Bank. Im Zweiten Weltkrieg konnte die Anglo-Palestine Bank ihre grossen Reserven benutzen, um die Entwicklung von kriegswichtigen Industrien, die die Briten versorgten, zu finanzieren. Nach der Staatsgründung erhielt die Bank die Konzession, neue Banknoten herauszugeben. 1950 wurde die Registrierung der Bank von Grossbritannien nach Israel transferiert. Sie erhielt den namen Bank Leumi LeIsrael (Israelische Nationalbank). Als 1954 die Bank of Israel als Nationalbank gegründet wurde, wurde die Bank Leumi eine kommerzielle Bank. 1955 wurde aus dem Jüdischen Kolonialtrust eine israelische Gesellschaft, die in den späten Achtzigerjahren an private Investoren verkauft wurde.
  • 1899: Sedzerah, Palästina: Auf diesem Gebiet wurde 1899 von der Jewish Colonization Association die Trainingsfarm von Sedjera errichtet, in Übereinstimmung mit den Zielen der JCA, die Siedler in Palästina als Teilschritt zur Kolonisationsarbeit im Lande für die landwirtschaftliche Arbeit zu trainieren
  • 1899: Die Verwaltung der Rothschild’schen Kolonien in Palästina wird der Jewish Colonization Association übertragen, etwa 400 Arbeiter in den Siedlungen werden entlassen, um eine gesunde wirtschaftliche Grundlage herzustellen
  • 1899: Eröffnung des Rabbinerseminars in Florenz: Collégio rabbinico Italiano, Dozent u. a. U. Cassuto
  • 1899: Die beiden jüdischen Gemeinschaften Tunesiens (Megoraschim bzw. „Grana“, die eingewanderten sephardischen Juden, sowie andererseits die Toschabim bzw. „Tunsa“, die alteingesessenen Glaubensbrüder) werden von den Behörden gezwungen, einen gemeinsamen Oberrabbiner zu ernennen und eine Gemeinde zu bilden. Unter der Oberfläche schwelten die Streitigkeiten zwischen beiden Gruppierungen weiter.
  • 1899: Judenverfolgungen in Algerien
  • 1899: Walther Rathenau im Vorstand der AEG
  • 1899: Alfred Dreyfus begnadigt (Strafe auf zehn Jahre Gefängnis reduziert)
  • 1899: Max Zodykow geboren, Schriftsteller (Lyrik, Prosa)
  • 1899: Siegfried van Praag geboren, niederländisch-jüdischer Schriftsteller
  • Anfang Januar 1899: Der in Leipzig studierende Martin Buber versucht dort eine zionistische Ortsgruppe aufzubauen und bittet Herzl um einen Vortrag in Leipzig (den Herzl zunächst ausschlagen muss)
  • 4.1.1899–6.4.1990: Alfred Sohn-Rethel, geb. in Neuilly-sur-Seine bei Paris, gest. in Bremen, Nationalökonom, marxistischer Philosoph und Wirtschafts- und Industriesoziologe; Alfred Sohn-Rethel stammte aus einer Familie von Malern mit grossbürgerlicher Verwandtschaft: Er war sowohl Urenkel des Historienmalers Alfred Rethel (1816–1859) als auch Urenkel des Malers Karl Ferdinand Sohn (1805–1867) und Ur-Urenkel des Miniaturmalers August Grahl (1791–1868); Sohn-Rethels gleichnamiger Vater (1875-1958), Sohn des Malers Karl Rudolf Sohn (1845–1908) und von Else Rethel (1853-1933), kann als Maler ebenso wie dessen ebenfalls als Kunstmaler tätige Brüder Otto (1877–1949) und Karl Ernst (1882–1966) stilistisch der traditionalistischen Pariser Salonmalerei des 19. Jahrhunderts zugeordnet werden; Sohn-Rethels Mutter Anna Michels (1874-1957) kam aus dem jüdischen Elternhaus Oppenheim und verfügte über Beziehungen zu einflussreichen Kreisen in Industrie und Hochfinanz; damit der Sohn nicht auch noch zu einem Maler werden würde, sollte er in einem amusischen Haushalt aufwachsen - bei dem familiär befreundeten Düsseldorfer Stahlindustriellen Ernst Poensgen - und später Wirtschafts- oder Naturwissenschaften studieren; zu Weihnachten 1915 wünschte er sich von Pflegevater Poensgen die drei Bände des Marxschen "Kapitals", die er auch tatsächlich erhielt und dann äusserst gründlich zu studieren begann; Sohn-Rethel wurde 1928 in Heidelberg beim austromarxistischen Ökonom Emil Lederer in Nationalökonomie promoviert; in seiner Dissertation kritisiert er die Theorie des Grenznutzens als eine petitio principii, da diese Richtung den Zahl-Begriff stillschweigend voraussetzt; seine theoretischen Fragestellungen und Theorieansätze sowie sein geistiger Hintergrund weisen eine Verwandtschaft mit dem Denken der Kritischen Theorie auf; 1924 lernte er auf der Insel Capri Adorno und Kracauer kennen; schon in Heidelberg war er seit 1920 mit Ernst Bloch befreundet und seit 1921 mit Walter Benjamin bekannt; von da an stand er zeitlebens in Kontakt mit den Vertretern der Frankfurter Schule, insbesondere mit Adorno; es kam aber wegen Horkheimers Bedenken einer etwaigen zu spekulativen Gesellschaftskritik zu keiner festen Zusammenarbeit; durch Vermittlung von Poensgen gelangte er im September 1931 zu einer wissenschaftlichen Hilfstätigkeit beim Mitteleuropäischen Wirtschaftstag (MWT); der MWT war ein Interessenverband der wirtschaftlich führenden Unternehmen, Banken und Verbände Deutschlands; dort konnte Sohn-Rethel - für Soziologen ein seltener Fall - von 1931 bis 1936 unerkannt in der Höhle des Löwen und aus nächster Nähe, im zweiten Rang Mitte, das machtpolitische Geschehen beobachten und ebenso kenntnisreich wie differenziert nach Branchen analysieren; gleichzeitig hielt er Kontakt zu linkssozialistischen Widerstandsgruppen wie "Neu Beginnen" oder "Roter Stosstrupp"; 1937 emigrierte er über die Schweiz und Paris nach England; dort verfasste er wirtschaftspolitische Analysen für den Kreis um Churchill, der sich gerne über die Arbeiten von deutschen Emigranten informierte, um sich gegenüber Chamberlains Appeasement-Politik rechtfertigen zu können; in den 1950er-Jahren lernte er in Birmingham den Altphilologen und Marxisten George Derwent Thomson kennen, der in theoretischen Fragen sein wichtigster Gesprächspartner in dieser Zeit war; Thomson machte ihn unter anderem mit der Philosophie des Parmenides bekannt; während Thomson den parmenideischen Substanzbegriff (το εόν) "als Reflex oder Projektion der Substanz des Warenwertes" gleichsetzte, ist dieser Seinsbegriff für Sohn-Rethel die erste philosophische Kategorie, die durch das Münzgeld entstanden ist, da dies als materiell konstant und unveränderlich gedacht wird; nach dem Zweiten Weltkrieg trat er in die Kommunistische Partei Grossbritanniens ein; er war zwar bald ernüchtert angesichts ihres Dogmatismus, hielt ihr aber dennoch bis zu seinem Umzug in die Bundesrepublik Deutschland 1972 die Treue; erst spät im Leben erfuhr er seine Entdeckung und Würdigung durch die 68er-Bewegung; Suhrkamp-Verleger Siegfried Unseld machte anlässlich des Begräbnisses von Adorno 1969 die Bekanntschaft von Sohn-Rethel; auf dessen Zuraten verfasste Sohn-Rethel sein opus magnum Geistige und körperliche Arbeit, womit er im undogmatischen Teil der Studentenbewegung grossen Anklang fand; besonders Hans-Jürgen Krahl und Oskar Negt waren sehr von seiner materialistischen Erkenntnistheorie beeindruckt; auf Fürsprache und Vermittlung von Negt erhielt Sohn-Rethel 1972 bis 1976 eine Gastprofessur am mathematischen Fachbereich der Universität Bremen; 1978 folgte eine ordentliche Professur, die er bis Mitte der 80er Jahre innehatte; in der industriesoziologischen Forschung der 70er und 80er Jahre hatte er mit seinem Subsumtionstheorem einen grossen Einfluss vor allem beim Institut der Frankfurter Schule, dem Institut für Sozialforschung (IfS) und auch beim ISF München; Sohn-Rethel war in erster Ehe seit 1920 mit Tilla Henninger (1893-1945) verheiratet, sie hatten die Tochter Brigit (1921-1995), die später mit dem Briten Peter Wright verheiratet war; Tilla Henninger wollte Sohn-Rethel von der Schweiz aus ins französische Zwischenexil nachkommen, doch scheiterten ihre Bemühungen um ein Visum; im britischen Exil ging Sohn-Rethel eine Ehe mit Joan M. Levi ein, aus der die Kinder Ann und Martin entstammen; Joan Levi arbeitete als Krankenschwester im Queen Elisabeth-Hospital in Birmingham in der Nachbehandlung von Krebskrankheiten; ihr zuliebe blieb er in Grossbritannien, wo er private Nachhilfestunden in Französisch gab und als Lehrer arbeitete; 1984 heirateten Alfred Sohn-Rethel und Bettina Wassmann, eine Bremer Buchhändlerin und Verlegerin
  • 10.1.1899–13.9.1981: Siegfried Thalheimer, geb. in Düsseldorf, gest. in Seeon, Publizist, Dr. phil., war 1928-1933 Chefredakteur der Düsseldorfer Lokalzeitung, musste Düsseldorf im Frühjahr 1933 fluchtartig verlassen, 1934 ging er nach Saarbrücken, nach dem Anschluss der Saar an das Reich 1935 nach Frankreich (Paris), 1941 in die USA, wo er sich in New York als Kunsthändler betätigte; er kehrte 1949 nach Deutschland zurück und lebte in Seeon/Oberbayern, seine Frau Gerda, geb. Stern (1902-1994), mit der er seit 1928 verheiratet war, und die Tochter Ruth (geboren 1929) blieben in New York; Hauptwerke: Macht und Gerechtigkeit. Ein Beitrag zur Geschichte des Falles Dreyfus, 1958; Die Affäre Dreyfus. Ein Dokumentarband, 1963; Der Genter Altar, 1967
  • 10.1.1899–1983: Szolem Mandelbrojt, geb. Warschau, gest. Paris, polnisch-jüdischer Mathematiker (arbeitete hauptsächlich über klassische Analysis, Student von Jacques Hadamard, wurde dessen Nachfolger am Collège de France), Promotion 1923 an der Sorbonne, 1940 Emigration in die USA, dort als Forscher tätig, nach dem Krieg blieb er bis zur Pensionierung am Collège de France; geistiger Förderer seines Neffen Benoît Mandelbrot; Jean-Pierre Kahane war einer seiner Studenten
  • 16.1.1899: Brief Herzls an die ihm freundschaftlich verbundene Bertha von Suttner, in dem er sie bittet, ihm kurzfristig eine Audienz beim Zaren Nikolaus II. zu verschaffen, während der er dem Zaren Zwecke und Ziele der zionistischen Bewegung klar machen möchte: Der Zionismus sei aus verschiedenen Gründen wertvoll für Russland, die von Zeit zu Zeit ausbrechenden Judenverfolgungen würden ein Ende finden, nicht alle Juden würden aus Russland auswandern, sondern nur „ein surplus von Proletariern und Verzweifelten“, das Reservoir der Umsturzparteien würde geschwächt, die Anarchisten würden durch den Zionismus zu anständigen Menschen gemacht usw. – Einige Wochen später erfuhr Herzl bei einem gemeinsamen Essen mit Baronin Suttner, dass derzeit keine Aussichten auf eine Audienz bestünden, obwohl die zionistische Bewegung wohlwollend anerkannt werde
  • 27.1.1899–28.8.1981: Béla Guttmann, geb. in Budapest, gest. in Wien, erfolgreicher jüdisch-ungarischer Fussballspieler und später sehr einflussreicher Trainer (als Trainer tätig ab Juli 1933), sein grösster Erfolg waren zwei Europa Cup Siege mit seiner Mannschaft Benfica Lissabon 1961 und 1962, ausserdem gilt er als Entdecker des portugiesischen Fussballstars Eusébio; Guttmanns Leben fällt in die Zeit, in der sich der Fussball als Profisport durchsetzte; nach ersten Jahren beim Verein MTK Budapest, mit dem er 1920/1921 und 1921/1922 die Ungarische Meisterschaft gewann, wechselte er 1922 zu Hakoah Wien, mit der er 1924/1925 Österreichischer Meister wurde; 1926 wechselt er während einer Auslandsreise in die USA zu einem der dortigen Clubs; 1933 kehrt er als Trainer nach Österreich zurück; den Krieg überlebt er versteckt wahrscheinlich in Budapest; in den Jahren nach dem Krieg ist er unter schwierigen Bedingungen zuerst in Ungarn, dann in Argentinien, Italien, in Brasilien und später in Portugal und dann noch in Uruguay und Österreich und wieder in Portugal und schliesslich in der Schweiz und in Griechenland und ein letztes Mal in Portugal als Trainer tätig; er war wesentlich mitverantwortlich, dass sich die 4-2-4 Aufstellung in Brasilien durchsetzte; Béla Guttmann wird vor allem in England zu den 10 einflussreichsten Trainern des Fussball gezählt; gleichzeitig war er auch ein gerissener Geschäftsmann, in seiner US-Zeit als Spieler organisierte er Varieté-Auftritte europäischer Fussballspieler (an denen er auch persönlich mitwirkte) und war bis zum Börsencrash 1929 Teilhaber einer der grössten New Yorker Bars
  • 7.2.1899: Herzl beim Nuntius Emigidius Tagliani, der ihn freundlich empfängt. Der Nuntius ist persönlich der Sache nicht abgeneigt. Herzl: „ [Der Nuntius ist] einer von den Dicken, die Haare auf den Zähnen haben. Ich solle Newlinski nach Rom schicken. Der habe dort die besten Beziehungen. Der heilige Stuhl sei übrigens den Juden von jeher gutgesinnt gewesen. Wenn man sie ins Ghetto sperrte, war es nur um sie vor dem Pöbel zu schützen. „Es gab auch Unterbrechungen in dieser wohlwollenden Tradition“, bemerkte ich“
  • 11.2.1899–1942: Franz Eugen Fuchs, geb. in Berlin, verschollen 1942, war Rechtsanwalt wie sein Vater auch, Kriegsteilnehmer, wurde Vorstandsmitglied der Rechtsanwaltskammer Berlin, seit 1933 stellvertretender Vorsitzender des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, gehörte seit 1939 zur Leitung der Reichsvertretung der deutschen Juden; im Juni 1942 wurde er verhaftet, am 22.6.1942 nach dem Osten deportiert und ist seitdem verschollen; er war der Sohn von Eugen Fuchs (1856-1923)
  • 23.2.1899–25.7.1950: Elisabeth Langgässer (eigentlich Elisabeth Hoffmann), geb. in Alzey (Rheinhessen), jung gest. in Karlsruhe (an Multipler Sklerose), katholische Lyrikerin und Erzählerin, schuf mythisch-bildhafte Gedichtzyklen ("Tierkreisgedichte", 1935) und Epik ("Proserpina", 1932, Erzählung; "Der Gang durch das Ried", 1936, Roman; "Märkische Argonautenfahrt", 1950, unvollendetes Romanfragment); als "Halbjüdin" war sie unter dem Nationalsozialismus ab 1936 mit Schreibverbot belegt (faktisch ein Publikationsverbot, sie schrieb aber weiterhin); ihre Tochter Cordelia Edvardson (geb. 1.1.1929) wurde nach Theresienstadt, dann nach Auschwitz deportiert und überlebte die Lager; Elisabeth Langgässer beschwor die Gestalt ihres Vaters, eines jüdischen Konvertiten, im Roman "Das unauslöschliche Siegel" (konnte erst 1946 erscheinen) und den Nachhall der Schreckenszeit in den Kurzgeschichten des "Torso" (1947); Gesammelte Werke, 1959-1964, fünf Bände; zu ihrem Gedenken wird der Elisabeth-Langgässer-Literaturpreis verliehen; nach 1945 galt Elisabeth Langgässer als eine typische Vertreterin der deutschen Nachkriegsliteratur; als Verfolgte des Nationalsozialismus schrieb sie in einem Realismus/Pessimismus, die Shoa immer im Hintergrund; in einem Brief schrieb sie: "In jedem Glauben an die Menschheit im Ganzen und an die meisten Menschen im besonderen geht bei mir der Teufel um. Ich sehe rings um mich nur Korruption, Verlogenheit, Betriebsmacherei und die scheussliche Geschäftigkeit und das Gewimmel von grau-schwarzen Ameisen, deren Bau zertreten wurde"
  • 23.2.1899–29.7.1974: Erich Kästner (Emil Erich Kästner, Pseudonyme u. a. "Melchior Kurtz", "Peter Flint", "Robert Neuner"; "Klaus" und "Kläre"; Berthold Bürger), geb. in Dresden, gest. in München, deutscher Schriftsteller, Drehbuchautor und Kabarettist, der breiten Kreisen der deutschen Bevölkerung vor allem wegen seiner humorvoll-scharfsinnigen Kinderbücher und seiner humoristisch-zeitkritischen Gedichte bekannt ist; er begann als Journalist in Leipzig und Berlin; 1925 hatte er über "Friedrich der Grosse und die deutsche Literatur" promoviert; ab Ende der 1920er Jahre hatte er Erfolge mit den Gedichtbänden „Herz auf Taille“, 1928; „Lärm im Spiegel“, 1929, und „Gesang zwischen den Stühlen“, 1931, in denen er unter der Bezeichnung „Gebrauchslyrik“ zeitkritisch und teils sarkastisch die Alltagswirklichkeit der Menschen nachzeichnet; mit dem Grossstadtroman „Fabian. Die Geschichte eines Moralisten“ (1931) verfasste er einen der bedeutendsten sozialkritischen Romane der Weimarer Republik; daneben entstanden die Jugendbücher ‚‘‘„Emil und die Detektive“‘‘‘, 1929 (ein in 60 Sprachen übersetzter Welt-Bestseller), „Pünktchen und Anton“, 1931, sowie „Das fliegende Klassenzimmer“, 1933, die zu grossen Erfolgen wurden; 1933 Verbrennung seiner Bücher durch die Nationalsozialisten (was er selbst aus nächster Nähe beobachtete) und Publikationsverbot für Deutschland; Kästner schrieb fortan Unterhaltungsromane („Drei Männer im Schnee“, 1934; „Georg und die Zwischenfälle“, 1938, unter dem Titel „Der kleine Grenzverkehr“, 1949) und veröffentlichte im Ausland; ab 1942 totales Publikations- und Schreibverbot; nach dem Krieg Mitbegründer des Münchener Kabaretts „Die kleine Freiheit“; seine Haltung als gesellschaftspolitischer Aufklärer zeigt sich auch in der Tierfabel „Konferenz der Tiere“, 1949, und in der Komödie „Schule der Diktatoren“, 1957; 1951-1962 war Kästner Präsident des Deutschen P.E.N-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland; 1957 erhielt er den Georg-Büchner-Preis; weitere Werke: „Dr. Erich Kästners lyrische Hausapotheke“, 1936; „Das doppelte Lottchen“, 1949; „Als ich ein kleiner Junge war“ (Erinnerungen), 1957; Kästners "Vater" Emil Kästner war Sattlermeister, die Mutter, Ida Kästner, geborene Augustin, war Dienstmädchen und Heimarbeiterin und wurde mit Mitte Dreissig Friseurin; zu seiner Mutter hatte Kästner eine äusserst intensive Beziehung, in seiner Leipziger und Berliner Zeit verfasste er täglich vertrauteste Briefe oder Postkarten an sie; auch in seinen Romanen lässt sich immer wieder das Motiv einer „Übermutter“ finden; später kamen (vermutlich zutreffende, allerdings nie wirklich bestätigte) Gerüchte auf, dass der jüdische Arzt Emil Zimmermann (1864–1953) – der Hausarzt der Familie – sein leiblicher Vater gewesen sei
  • 8.3.1899–4.12.1942: Valeriu Marcu, geb. in Bukarest, gest. in New York, historischer Schriftsteller, ging zuerst nach Frankreich ins Exil, 1941 in die USA; er war Hrsg. der Reden von Robespierre und Saint Just, 1925; Hauptwerke: W. Liebknecht, 1926; Lenin, 1928; Die Vertreibung der Juden aus Spanien, 1934; Machiavelli, 1937 (auch engl. u. span.)
  • 13.3.1899–1942: Arthur Lilienthal, geb. in Berlin, 1942 verschollen, Jurist (wie sein Vater Leo Lilienthal, 1857-1927), Dr. iur. 1925 (promovierte über Religionsgesellschaften), aktiv in der jüdisch-liberalen Jugendbewegung, war bis 1933 Landgerichtsrat in Berlin, gehörte seit 1934 zur Leitung der Reichsvertretung der deutschen Juden als Generalsekretär, wurde 1942 verhaftet, am 22.6.1942 in den Osten deportiert und ist seitdem verschollen
  • März 1899: Herzl äussert in einem Brief an Bülow (wohl wissend, dass Bülow dagegen ist) immer noch den Wunsch nach einem deutschen Protektorat, „damit man auch drüben [in der neuen jüdischen Heimstätte in Palästina] deutsch spreche“. Ein paar Tage später kam heraus, wie Bülow und der Kaiser über die Sache wirklich dachten, ein Journalist hatte Bülow gefragt, wie er bzw. „der gnädige Herr“ (= Kaiser Wilhelm II.) über die zionistische Bewegung denken. Bülow hatte angeblich geantwortet: „Unser gnädiger Herr ist, wie Sie wissen, gleich Feuer und Flamme für eine Sache. So war es auch diesmal, und in einem Masse, dass ihm nicht entgegnet werden konnte [!]. Aber Sie wissen auch, dass unser gnädiger Herr ebenso schnell wieder auskühlt. So war es auch diesmal. Dr. Herzl hat ja einen sehr guten Eindruck auf mich gemacht, aber ich glaube nicht an die Sache. Die Leute haben keen Jeld. Die reichen Juden wollen nicht mitthun. Und mit den polnischen Lausejuden is nischt zu machen.“
  • 15.3.1899-18.8.1988: Ernst Simon (Ernst Akiba Simon), geb. in Berlin, gest. in Jerusalem, Pädagoge, Führungspersönlichkeit der deutsch-jüdischen Jugend nach dem 1. Weltkrieg; Freund Rosenzweigs, von Else Lasker-Schüler bewundert ("Sie sind im Traum meine Wiesenschaumkrautwiese und mir nicht zu nehmen aus meinem Herzen ... "); 1916 kriegsfreiwilliger Infanterist, vor Verdun schwer verwundet, seit 1918 aktiver Zionist; Dr. phil. 1923 (promoviert bei Hermann Oncken); Redakteur der Zeitschrift "Der Jude" 1923-1928 (Zusammenarbeit mit Rosenzweig und Buber); Lehrtätigkeit in Frankfurt am Freien Jüdischen Lehrhaus; Zusammenarbeit auch mit Nehemia Nobel und Gershom Scholem; erster Palästina-Aufenthalt (ursprünglich als Auswanderung mit seiner Frau geplant) 1928-1933 (dort als Lehrer tätig, hebräisches Lehrer-Seminar, Jerusalem); 1933-1935 nach Aufforderung durch Martin Buber Rückkehr nach Deutschland zum Auf- und Ausbau der jüdischen Erwachsenenbildung ("Mittelstelle für jüdische Erwachsenenbildung" bei der "Reichsvertretung der deutschen Juden"; Ichud-Bewegung), danach in Palästina an der Universität Jerusalem als Prof. für Erziehungswesen (1935-1967); zusammen mit Buber und Scholem wurde er Mitglied im Friedensbund "Brit Shalom", der sich für die jüdisch-arabische Verständigung sowie einen binationalen jüdisch-palästinensischen Staat einsetzte; auch nach der Staatsgründung Israels gehörte er mit einigen anderen Intellektuellen zu den Kritikern der israelischen Politik; 1955 war er massgeblich an der Gründung des Leo Baeck Instituts beteiligt; Gastprofessuren und Vortragsreisen führten ihn immer wieder nach Europa und in die USA; im Alter von 89 Jahren starb Ernst Simon 1988 in Jerusalem; nach seinem Tod erwarb das Moses-Mendelssohn-Zentrum der Universität Potsdam seine 6000 Bände umfassende Bibliothek; Hauptwerke: Ranke und Hegel (Diss.), 1928; Chajim Nachmann Bialik, 1935; Pioniere der Sozialpädagogik, 1939 (hebräisch); Die Lehre Pestalozzis, 1952; Aufbau im Untergang. Jüdische Erwachsenenbildung in NS-Deutschland als geistiger Widerstand, 1959; Brücken, 1965; Hrsg. 3 Bde. M. Buber's Correspondence, 1972; Bubers lebendiges Erbe, 1977; Entscheidung zum Judentum, 1980
  • 19.3.–20.3.1899: 4. Delegiertentag der zionistischen Vereinigung für Deutschland in Köln
  • 20.3.1899: Herzl schreibt an Hugo von Hofmannsthal: " ... Nächstens kommen Schnitzler u. Beer Hofman zu einem abendlichen Kalbsschnitzel mit Gurkensalat zu mir. Vielleicht schliessen Sie sich an, wie damals in Baden. Ich werde mich mit Ihnen sehr freuen ... "
  • 23.3.1899–10.3.1998: Ilse Bing, geb. in Frankfurt am Main, gest. in New York, deutsch-amerikanische Fotografin, in den 1920er Jahren eine der ersten Avantgarde-Künstlerinnen der Fotografie; sie wurde in eine wohlhabende jüdische Frankfurter Kaufmannsfamilie als Tochter des Kaufmanns Louis Bing und seiner Frau Johanna Elli Bing, geb. Katz, geboren; sie nahm 1920 das Studium der Mathematik und der Physik an der Frankfurter Universität auf, wandte sich dann der Kunstgeschichte zu und verbrachte das Wintersemester 1923/1924 am Kunsthistorischen Institut Wien; ihre fotografische Praxis entstand mit der 1924/1925 aufgenommenen Arbeit an einer Dissertation über den Architekten Friedrich Gilly; zu Dokumentationszwecken erwarb sie eine Voigtländer 9x12 cm; als sie 1929 ihr Studium beendete und die Dissertation aufgab, wandte sie sich gänzlich der Fotografie zu, erwarb eine Leica (Kleinbild) und arbeitete fotojournalistisch; erste Reportagen publizierte z. B. „Das Illustrierte Blatt“, Frankfurt; 1930 konnte sie im „Neuen Frankfurt“ eine Dokumentation über das vom Architekten Mart Stam entworfene Altersheim in Frankfurt veröffentlichen; im selben Jahr siedelte sie nach Paris um und setzte hier ihre fotografische Arbeit fort; sie erhielt unter anderem durch die Vermittlung des ungarischen Journalisten Heinrich Guttmann Reportageaufträge; 1931 stellte sie ihre Arbeiten in Frankreich und Deutschland aus; neben ihren Arbeiten an Fotoreportagen experimentierte Ilse Bing während des Jahres 1934 im Fotolabor mit der Technik der Solarisation; unabhängig von den parallel entstehenden Werken von Man Ray; nach ihrer Teilnahme an einer Gruppenausstellung in der Julien Levy Galerie in New York 1932 wurden 1936 in der „Internationalen Ausstellung zeitgenössischer Fotografie“ im Pariser „Musée des Arts décoratifs“ Werke von ihr gezeigt; 1939 war sie Teilnehmerin in der von Beaumont Newhall organisierten Ausstellung „Photography 1938-1937“ im Museum of Modern Art, New York; nach dem Einfall deutscher Truppen in Frankreich wurde Ilse Bing 1940 gemeinsam mit ihrem Mann, dem deutschen Pianisten und Musikwissenschaftler Konrad Wolff, den sie 1937 heiratete, in einem Lager in Gurs/Frankreich interniert; über Marseille gelang beiden die Emigration in die Vereinigten Staaten; sie liessen sich in New York nieder; bis 1957 fertigte Ilse Bing hauptsächlich Kinderporträts an; 1947 unternahm sie eine Reise nach Deutschland und Frankreich, 1951 und 1952 besuchte sie Paris; sie fotografierte zu dieser Zeit mit einer Mittelformatkamera (Rolleiflex); 1957 wandte sie sich von der Schwarz-Weiss-Fotografie ab und konzentrierte sich auf die Arbeit mit Farbnegativen; 1959 gab sie die Fotografie auf; in der Folge entstanden Texte, Collagen und Zeichnungen; Ilse Bings Werk wurde in den 1970ern neu entdeckt; 1976 fand eine erste Einzelausstellung in der „Witkin Gallery“ statt, das Museum of Modern Art initiierte die Veröffentlichung ihrer Fotografien bei Ikon Press, New York, „Numbers in Images“; 1982 folgte „Women from the Cradle to Old Age“; Ilse Bing trat von 1984 an in den USA und in Deutschland vielfach als Referentin zur Entwicklung der modernen Kunst, insbesondere der Fotografie, hervor; 1990 erhielt sie den Woman’s Caucus for Art Award, New York; 1993 wurde ihr eine weitere Auszeichnung verliehen, der “First Gold Medal Award for Photography“ vom National Arts Club, New York
  • 1.4.1899: Herzls Unterhändler für Konstantinopel, P. M. de Newlinski, der dort mit dem Sultan sprechen sollte, stirbt auf der Reise dorthin vollkommen unerwartet
  • 3.4.1899: aus einem Brief Herzls an Max E. Mandelstamm in Kiew: " ...Enorme Sorgen und Kämpfe. Zu allem Uebrigen noch die Geldsorgen. Ich habe schon gegen 50 000 fl. aus meinem Vermögen hergegeben – eine Sünde an meinen Kindern. Die Maschine ist so gross, dass Einen der Oelverbrauch allein ruinieren kann. Ich für meinen Theil muss nun stoppen, sonst werde ich einer der Proletarier, für die ich kämpfe ... "
  • 7.4.1899: Max E. Mandelstamms fulminanter Artikel "Brief an die Rabbiner" in der "Welt" (III/14, S. 2-3; zuvor, am 24. März, bereits abgedruckt in den hebräischen Zeitungen ha-zefirah und ha-meliz) - Darlegung des zionistischen Standpunktes angesichts des Widerstands aus dem orthodoxen Lager
  • Mitte April 1899: öffentlicher zionistischer Vortrag Max Nordaus in Amsterdam mit grossem Beifall und lobenden Erwähnungen in den Zeitungen
  • 15.4.1899–22.2.1981: Kurt Bernhardt (Curtis Bernhardt), geb. in Worms, gest. in Kalifornien, Regisseur; nach einer kaufmännischen Lehre und Militärdienst im ersten Weltkrieg, wurde Bernhardt Schauspieler am Heidelberger Stadttheater; dort spielte er 1919 unter der Regie von Piel Jutzi in einem Western mit; nach Engagements in Darmstadt und in Recklinghausen erhielt Bernhardt 1922 eine Verpflichtung am Berliner Renaissance-Theater, wo er zwei Jahre später auch Regie führte; als er anlässlich einer Mai-Feier ein russisches Theaterstück mit grossem Erfolg inszeniert, bietet ihm die proletarisch engagierte Prometheus-Film an, einen Film zu inszenieren; es entsteht der stark dokumentarische Antikriegsfilm 'Namenlose Helden' 1924, dem melodramatische Spielfilme wie 'Qualen der Nacht' und 'Die Waise von Lowood' mit Fritz Rasp, Wilhelm Diegelmann und Adele Sandrock folgen; nach acht Stummfilmen, unter ihnen auch 'Die Frau nach der man sich sehnt' 1929 mit Marlene Dietrich, drehte Bernhardt einen der ersten deutschen Tonfilme 'Die letzte Kompanie' mit Conrad Veidt; 1933 muss Kurt Bernhardt emigrieren, lebt und filmt zunächst in Paris und in London, bis er 1939 aufgrund der Angebote von Warner Brothers und von MGM nach Amerika geht; Bernhardts letzter Film ist 'Kisses for my President' 1963; er starb am 22. Februar 1981 in seinem Haus in Kalifornien
  • Frühjahr 1899: Argentinien. Gründung der "Liga Dr. Theodor Herzl" als zweiter zionistischer Verein in Buenos Aires
  • 28.4.1899: Herzl an Wolffsohn: " ... wenn ich heute von vorn anfangen sollte, würde ich genau wieder so handeln, u. alle Opfer bringen, die ich schon gebracht habe. Aber ich bin heute um so und so viele Jahre, Nervenkraft und Gulden schwächer als vor vier Jahren. Dabei wachsen aber die Anforderungen, die an mich gestellt werden, immer mehr an. Ich habe von der Bewegung nur erwartet, dass sie selbst u. allein weiterreiten wird, wenn ich sie einmal in den Sattel gesetzt habe. Indessen muss ich wie ein Reitknecht neben dem galoppirenden Pferde weiterlaufen und den hilflosen Reiter im Sattel festhalten. Und dabei, fürchte ich, wird mir der Athem ausgehen ... "
  • 30.4.1899–18.7.1976: Lucie Mannheim, geb. in Berlin-Köpenick, gest. in Braunlage (Harz), war eine deutsche Bühnen- und Filmschauspielerin; obwohl sie in vielen Filmen agierte, galt ihr Hauptaugenmerk aber immer der Bühne, sie war mit Leib und Seele Theaterschauspielerin; 1916 gab sie ihr Debüt am Königsberger Schauspielhaus und spielte von 1918 bis 1922 an der Volksbühne Berlin; danach arbeitete sie bis 1933 am Preussischen Staatstheater; ab dem 24. Lebensjahr drehte Lucie Mannheim zahlreiche Stummfilme; ihren ersten Einsatz hatte sie 1923 in dem Streifen Der Puppenmacher von Kiang-Ning; ihr erster Tonfilm 1933 Madame wünscht keine Kinder war auch gleichzeitig ihr letzter Film in Deutschland bis nach dem Zweiten Weltkrieg; Lucie Mannheim war jüdischer Herkunft und begab sich deshalb 1933 nach Grossbritannien ins Exil; sie spielte in London Theater und arbeitete beim deutschen Programm der BBC mit; zunächst hatte sie einen Auftritt in Alfred Hitchcocks Streifen Die 39 Stufen von 1935; während des Krieges sprach sie oft im Rundfunk und appellierte an die Soldaten, den Krieg aufzugeben; sie sang eine als Anti-Hitler-Version bekannte Persiflage auf Lale Andersens Lili Marleen mit folgenden Text: „Vielleicht fällst du in Russland, vielleicht in Afrika, / Doch irgendwo, da fällst du, so will’s dein Führer ja. / Und wenn wir doch uns wiedersehen, oh möge die Laterne stehen / In einem andern Deutschland. Deine Lili Marleen / Der Führer ist ein Schinder das sehn wir hier genau / zu Waisen macht er Kinder, zur Witwe jede Frau / Und wer an allem schuld ist, den will ich an der Laterne sehn. / Hängt ihn an die Laterne! Deine Lili Marleen “; -- auch einen Propagandafilm The True Story of Lilli Marlene drehte sie im englischen Exil; nach 1949 gab sie Gastspiele in Deutschland; 1953 kehrte sie nach Deutschland zurück und nahm ihre schauspielerische Arbeit wieder auf; hier sind die 1958 gedrehten Streifen Gestehen Sie, Dr. Corda! und Der Eiserne Gustav sowie Der letzte Zeuge an der Seite von Martin Held und Hanns Lothar besonders erwähnenswert; ab 1964 war sie lediglich noch in einigen Fernsehspielen zu sehen; darunter waren die Fernsehproduktionen Gerechtigkeit in Worowogorsk (1964), Der Trojanische Krieg findet nicht statt (1964) und General Frédéric (1964); ihre letzte Rolle hatte sie in dem Fernsehspiel Cher Antoine oder Die verfehlte Liebe (1970); Lucie Mannheim erhielt 1967 das Filmband in Gold für langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film; seit 1941 war sie mit dem englischen Schauspieler Marius Goring verheiratet; -- Filme (Auswahl): 1923: Der Puppenmacher von Kiang-Ning; 1923: Der steinerne Reiter; 1923: Die Prinzessin Suwarin; 1929: Atlantik (über den Untergang der Titanic); 1931: Danton; 1933: Madame wünscht keine Kinder; 1935: Die 39 Stufen (Regie: Alfred Hitchcock); 1936: The High Command; 1936: East Meets West; 1943: The True Story of Lilli Marlene; 1943: Yellow Canary; 1944: Hotel Reserve; 1952: So Little Time; 1952: Nachts auf den Strassen; 1953: The Man Who Watched the Trains Go By; 1953: Ich und Du; 1954: Die Stadt ist voller Geheimnisse; 1955: Du darfst nicht länger schweigen; 1957: Frauenarzt Dr. Bertram; 1958: Gestehen Sie, Dr. Corda! 1958: Ihr 106. Geburtstag; 1958: Der eiserne Gustav; 1959: Arzt aus Leidenschaft; 1960: Der letzte Zeuge; 1965: Bunny Lake ist verschwunden
  • 5.5.1899-9.6.1947: Gurrah Shapiro, New Yorker Gangster
  • 10.5.1899-22.6.1987: Fred Astaire
  • 11.5.1899–20.4.1968: Curt Courant, geb. in Berlin, gest. in Los Angeles, bedeutender deutsch-jüdischer Kameramann, später Experte für filmtechnische Angelegenheiten; er begann als Kameramann nach Ende des Ersten Weltkriegs bei dem Regisseur Joe May; nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten emigrierte er in die USA, wo er als Experte in Sachen indirektes Licht und Weichzeichner-Effekte galt
  • 18.5.-29.7.1899: Herzl nimmt an der ersten Haager Friedenskonferenz teil; Bertha von Suttner nimmt im Auftrage Herzls als Korrespondentin der "Welt" an der Friedenskonferenz ebenfalls teil (Honorar dafür: 1000 fl.; zuvor hatte die Neue Freie Presse eine entsprechende Beauftragung v. Suttners abgelehnt)
  • 21.6.1899–17.10.1944: Pavel Haas, geb. in Brünn; ermordet im KZ Auschwitz-Birkenau, tschechischer Komponist; er erfuhr seine erste systematische musikalische Ausbildung mit 14 Jahren in Brünn, studierte 1919 bis 1921 am Brünner Konservatorium bei Jan Kunc und Vilém Petrželka Komposition; es folgten zwei Jahre an der Musikschule von Leoš Janáček; nur 18 seiner mehr als 50 Werke, die in den folgenden 20 Jahren entstanden, versah der selbstkritische Musiker mit Opuszahlen; noch im Geschäft seines Vaters arbeitend, schrieb er Werke aller Gattungen - Symphonische Werke, Klaviermusik, Chorwerke, Lieder, Kammermusik, Film- und Bühnenmusik und die Oper Šarlatán; seine Musik aus böhmisch-mährischen Wurzeln ist gelegentlich von hebräischer Melodik gefärbt; im Dezember 1941 wurde Pavel Haas in das KZ Theresienstadt deportiert; besonders durch den Pianisten Gideon Klein motiviert, komponierte Haas im KZ weiter; seine Werke wurden Teil des geduldeten Kulturlebens; von den im Konzentrationslager entstandenen mindestens acht Kompositionen (unter anderem die Vier Lieder nach Worten chinesischer Poesie) blieben nicht viele erhalten; im Herbst 1944 beschlossen die Nationalsozialisten, das Musikleben im KZ Theresienstadt zu unterbinden und deportierten alle Musiker nach Auschwitz, wo sie in den Gaskammern ermordet wurden; so auch Pavel Haas: Er wurde im Oktober 1944 in den Gaskammern des KZ Auschwitz einen Tag nach seiner Einlieferung vergast; seine grosse Symphonie blieb unvollendet; sie wurde 1994 von Zdeněk Zouhar im Stil von Pavel Haas instrumentiert
  • 23.6.1899–1958: Alexander Weprik, geb. in Balta, jüdischer Komponist; mit seinem Orchesterwerk „Lieder und Tänze des Ghetto“ und mehreren jüdischen Gesangswerken einer der wenigen Vertreter jüdischer Musik in Europa; er wurde schon als Kind am Leipziger Konservatorium ausgebildet; in den 20er Jahren galt er als die grosse Hoffnung der jüdischen Musik; ähnlich wie die ungarische und rumänische Folklore für Bela Bartók war die jüdische traditionelle Musik für Weprik eine Erneuerungsquelle für sein Schaffen; kaum ein anderer Komponist ist dem Geist der Synagogenmusik so nahe gekommen und hat ihn so verinnerlicht wie Weprik; stilistisch sind seine Werke schwer einzuordnen; zu eigenständig, zu unverwechselbar ist sein Stil, der gleichsam aus der uralten jüdischen Musiktradition entspringt und doch gänzlich dem 20.Jahrhundert angehört; ab Mitte der 20er Jahre wurden Wepriks Werke international bekannt; besonders in Deutschland war er zu dieser Zeit einer der meistgespielten russischen Komponisten; allein in der Spielzeit 1928/29 wurde in Berlin fast sein gesamtes Oeuvre aufgeführt; Wepriks "Totenlieder" gehörten zu den ganz frühen Übertragungen des Berliner Rundfunks; im März 1933 dirigierte Arturo Toscanini Wepriks "Lieder und Tänze des Ghetto" in der New Yorker Carnegie Hall; 1950 wurde Weprik verhaftet, im Gefängnis schwer misshandelt und dann in den GULag deportiert; man befreite ihn zwar von der Schwerstarbeit, statt dessen musste er ein Laienorchester unter den Gefangenen organisieren; es ist aber fast symbolisch für die kurze Geschichte der jüdischen Musik in Russland, dass die Laufbahn dieses Komponisten, die einst auf Konzertpodien in Moskau, Berlin und Wien begonnen hatte, schliesslich im GULag mit Arrangements für ein Balalaika-Orchester endete
  • 5.7.1899–9.7.1977: Max Rheinstein, geb. in Bad Kreuznach, gest. in Schwarzach im Pongau (Österreich), Jurist, 1922 Dr. iur., 1926 Rechtsanwalt in Berlin und Dozent für Rechtsvergleichung am Kaiser-Wilhelm-Institut, emigrierte 1933 in die USA, war Prof. an der Universität Chicago seit 1935, in Frankfurt ab 1951, in Freiburg ab 1962; Hauptwerke: Schuldverhältnisse im anglo-amerikanischen Recht, 1932; Max Weber on Law in Economy and Society, 1954; Einführung in die Rechtsvergleichung, 1974; 2 Bände Gesammelte Schriften, 1979
  • 7.7.1899–24.1.1983: George Cukor, geb. in New York, gest. in Los Angeles, US-amerikanischer Filmregisseur ungarisch-jüdischer Herkunft; zeichnete sich durch die geschickte Umsetzung literarischer Vorlagen aus; Filme u. a. "Die Kameliendame", 1936 (mit Greta Garbo); "Ein neuer Stern am Himmel", 1954; "Wild ist der Wind", 1957; "My Fair Lady", 1964; "Der blaue Vogel", 1975
  • 11.7.1899–1.6.1943: Wilfrid Israel (Wilfried Israel), geb. in London, abgeschossen über der Bucht von Biscaya, Kaufmann aus seit rund 200 Jahren in Berlin ansässiger jüdischer Familie, Geschäftsführer (gemeinsam mit seinem Bruder Herbert) des Kaufhauses Israel (übernommen von seinem Vater Berthold Israel, 1868-1935), Philanthrop (Nansen-Hilfsaktion, Quäkerhilfe, Anti-Kriegsmuseum Berlin, Auswandererhilfe, Jüdische Waisenhilfe in Kowno und Ben Schemen), emigrierte 1939 nach London und war aktiv in der Flüchtlingshilfe; in Lissabon bereitete er einen Transport nach Palästina vor; auf dem Rückflug wurde das Verkehrsflugzeug von der deutschen Luftwaffe abgeschossen; in Israel wurde 1951 ein Museum für seine Sammlung fernöstlicher Kunst nach ihm benannt (Wilfried Israel-Museum in Hasorea); seine Urgrossväter waren: Nathan Israel (1782-1852; im Jahr 1815 Begründer des 1939 von den Nationalsozialisten liquidierten Kaufhauses Nathan Israel in Berlin, seinerzeit das grösste Kaufhaus Berlins) und Nathan M. Adler
  • 19.7.1899: Kurt Cohn in Glogau geboren, Richter, Dr. iur., wurde 1918 Mitglied der DDP und war Landesvorsitzender des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens und Richter in Chemnitz, 1933 aus dem Justizdienst entlassen, KZ, Emigration nach Australien, 1947 Rückkehr nach Chemnitz, seit 1949 Oberrichter am Obersten Gericht der DDR in Ost-Berlin, Vorstandsmitglied der Liberal-Demokratischen Partei, wurde in der DDR mehrfach ausgezeichnet
  • 20. Juli 1899: erste / konstituierende Generalversammlung der Jüdischen Kolonialbank in London
  • 20.7.1899–24.5.1954: Arno Schirokauer (Arnold "Arno" Fritz Kurt Schirokauer), geb. in Cottbus, gest. in Baltimore/Md., Literarhistoriker, Schriftsteller, Germanist (Schwerpunkt Mediävistik), bedeutender Hörspielautor und -theoretiker, zunächst Bibliothekar an der Deutschen Bibliothek in Leipzig, dann Redakteur beim Mitteldeutschen Rundfunk in Leipzig (u. a. leitete er das Referat "Buchbesprechungen"), 1933 entlassen, dann bei Radio Bern, 1937/1938 in einem Konzentrationslager interniert (war zuvor auf einer Deutschlandreise verhaftet worden), ging 1939 über Kanada in die USA, wurde Professor an der Universität Memphis, 1946 an der Hopkins University in Baltimore, 1953 Gast-Professor in Frankfurt (eine Berufung dorthin hatte er abgelehnt); Hauptwerke: Mittelhochdeutsche Reimgrammatik, 1923; Expressionismus der Lyrik, 1924; Lassalle-Biographie ("Lassalle. Die Macht der Illusion, die Illusion der Macht"), 1928; Früh-Neuhochdeutsch, 1952; Frühe Hörspiele, 1976 (hrsg. von Wolfgang Paulsen)
  • 1.8.1899–16.5.1978: Wilhelm Steinberg (Hans W. Steinberg, William Steinberg), geb. in Köln, gest. in New York, Dirigent, war Operndirigent in Köln (hier Schüler Otto Klemperers), Prag, Frankfurt am Main (1929-1933), Berlin (Generalmusikdirektor) und Palästina (dort Mitgründer des Sinfonieorchesters, des späteren Israel Philharmonic Orchestra, für zwei Jahre dessen erster Chefdirigent), flüchtete 1938 in die USA, leitete seit 1952 das Pittsburgh Symphony Orchestra, 1969-1972 zusätzlich auch das Symphonieorchester Boston
  • 6.8.1899: Theodor Herzl schreibt in sein Zionistisches Tagebuch den denkwürdigen Satz: „Mein Testament für das Jüdische Volk: Machet Euren Staat so, dass sich der Fremde bei Euch wohl fühle.“
  • 7.8.-9.9.1899: zweiter Dreyfus-Prozess in Rennes (Nordau Teilnehmer als Berichterstatter für die Vossische Zeitung)
  • 10.8.1899–1990: Margarete Heymann (Margarete Heimann-Marks, Grete Heymann-Marks, Margarete Heymann-Loebenstein), geb. in Köln, deutsche Keramik-Künstlerin jüdischer Abstammung, Bauhausschülerin, die in den 1920er Jahren durch ihre schlichte moderne Gebrauchskeramik international bekannt wurde; sie gründete in Marwitz (Brandenburg) 1923 eine eigene, sehr erfolgreiche Keramikwerkstatt, die sie 1934 aufgeben musste ("Haël-Werkstätten für künstlerische Keramik", Mitgründer waren ihr erster Mann Gustav Loebenstein und dessen Bruder Daniel; auch nach dem Unfalltod der beiden Mitinhaber 1928 führte sie die Firma weiter; sie und ihre Produkte wurden angefeindet: In einem Hetzartikel des NS-Blattes "Angriff" hiess es, die Entwürfe seien "grauenerregend und entartet", die Firma eine "Schreckenskammer"); sie emigrierte 1936 nach England und begann dort mit dem Aufbau einer neuen Firma für Keramikproduktion; ihre Entwürfe wurden als "Greta-Pottery" weltweit bekannt
  • 12.8.1899: Herzl mit Hechler in Darmstadt beim Grossherzog von Hessen (während der allgemeinen Audienz gegen Schluss vorgelassen). Der Grossherzog zeigte Wohlwollen für die zionistischen Pläne und empfahl Herzl „einen Zeitungskrieg“ (also eine Medienkampagne). Herzl bat den Grossherzog weiterhin, auch beim Zaren, der ihn (den Grossherzog) besuchen werde, für die zionistische Sache zu wirken, was der Grossherzog gerne zusagte, aber nichts tat und sich künftig kühl verhielt.
  • 12.8.1899–27.3.1979: Alfred Kantorowicz (auch Kantorowitz), geb. in Berlin, gest. in Hamburg, Literarhistoriker und Publizist, 1923 Dr. iur., begann als Journalist; als KPD-Mitglied emigrierte er 1933 nach Paris, war 1936-1938 Offizier der internationalen Brigade im spanischen Bürgerkrieg und ging 1941 in die USA, wo er 1942 Redakteur des Columbia Broadcasting System wurde und u. a. an "Die Neue Weltbühne", "Das Wort", "The Nation" mitarbeitete; 1946 kehrte er nach Deutschland zurück und gab in Ost-Berlin 1947-1949 die Kulturzeitschrift Ost und West heraus; 1950 wurde er dort Prof. für neueste deutsche Literatur; als Direktor des Heinrich-Mann-Archivs edierte er 12 Bände Werke von Heinrich Mann, 1950-1957; dann ging er in die Bundesrepublik nach Hamburg; Werke: In unserem Lager ist Deutschland, 1936; Spanisches Kriegstagebuch, 1936 (?); Verboten und verbrannt, 1947 (mit R. Drews); Deutsches Schicksal, 1947; Heinrich Mann, 1956 f.; Deutsches Tagebuch, 1959; Im 2. Drittel unseres Jahrhunderts, 1967; Exil in Frankreich, 1971
  • 15.8.1899-18.8.1899: Dritter Zionistenkongress in Basel. Teilnahme von insgesamt 153 Delegierten. Entwicklung der Charteridee (Besiedlungskonzession). Die politischen Bemühungen Herzls stiessen bei vielen Vertretern jüdischer Siedlervereine auf Unverständnis und Widerspruch: Sie stellten dagegen die Bedeutung einer „kulturellen“ bzw. ethnischen Identität heraus. Man vereinbarte, dass der Jewish Colonial Trust sein Aufkommen nur in Palästina oder Syrien einsetzen sollte. U. a. Teilnahme von Buber. Auseinandersetzung Herzl/Moses Gaster, den Herzl widerlegen konnte. Kurz zuvor hatte Syrkin seine Ansichten über sozialistischen Zionismus dargelegt: die Annahme, das Problem der Juden der Diaspora werde auch nach der Sozialistischen Revolution ungelöst bleiben. Die einzige Lösung für die jüdische Existenz sei die Einwanderung und die Konzentration auf ein Territorium. – Kongress-Stenograph war der Reichsrats-Stenograph und Brünner Zionist Rudolf Taussig; - seit 1899 nimmt auch Max Kaufmann an den Kongressen teil, Arzt in Freiburg im Breisgau, von Anfang an einer der wichtigsten zionistischen Agitatoren im süddeutschen Raum und langjähriges Mitglied im Zentralkomitee der Zionistischen Vereinigung für Deutschland
  • 26.8.1899–28.4.1961: Erich Collin (Erich Abraham Collin), geb. in Berlin, gest. in Los Angeles, war der 2. Tenor des legendären Vokalensembles Comedian Harmonists; sein Vater war Kinderarzt; Collins Eltern liessen sich 1902 scheiden, als er gerade drei Jahre alt war; Collins Gesangstalent wurde schon früh entdeckt; eine reiche Gönnerin ermöglichte ihm eine Gesangsausbildung; nach dem Tod seines Vaters 1923 begann Collin ein Musikstudium; während des Studiums lernte er Erwin Bootz kennen, der ihn 1929 zu den Comedian Harmonists brachte; Collin ersetzte dort Walter Nussbaum; nach Auflösung des Ensembles 1935 ging Collin nach Los Angeles und wurde Weinverkäufer; 1942 ging die Firma jedoch bankrott; wegen seines guten Kontakts zu Albert Einstein bekam Collin ein Lektorat an einer New Yorker Universität; dort referierte er über altdeutsche Musik; 1947 sah er seine Frau Fernande und seine Tochter Susan wieder, von denen er durch den Krieg getrennt worden war; Collin versuchte gemeinsam mit Harry Frommermann, ein neues Ensemble aufzubauen; Roman Cycowski sagte ihm jedoch ab, und den neuen Mitgliedern mangelte es an Disziplin, zu den Proben zu kommen; das Projekt scheiterte deshalb; 1956 machte Collin sich mit einer kleinen Werkstatt selbstständig; am 28. April 1961 starb er im Alter von 61 Jahren während einer Blinddarmoperation an Herzversagen
  • 28.8.1899: Zusammentreffen Herzls mit Nouri Bey (Mehmet Nuri Bey, 1858-1908, seit 1893 bis zu seinem Tod Generalsekretär des türkischen Aussenministeriums) im Hotel Imperial in Wien. Es wird verhandelt: Nouri Bey lässt sich 10 000 frcs in bar geben, weitere 30 000 sind vereinbart für den Tag, an dem Nouri Bey Herzl eine Audienz beim Sultan verschafft. Wenig später wird die Vorauszahlung noch auf 15 000 heraufgehandelt, Herzl versteht es, dann doch nur 10 000 überbringen zu lassen (durch Kremenezky).
  • 13.9.1899: Der – von Herzl als offensichtlich geistesgestört eingeschätzte – „Anarchist“ Marcou Baruch hat sich in Florenz erschossen – aus Liebeskummer. Vom 2. bis zum 3. Zionistenkongress hatte er Herzl (weil er sich von ihm zurückgesetzt fühlte) mit Drohbriefen verfolgt; Herzl fürchtete, Baruch werde in Basel ein Attentat auf ihn versuchen.
  • 15.9.1899–31.8.1977: Paul Guggenheim, geb. in Zürich, gest. in Genf, Völkerrechtler, war u. a. Prof. am Institut Universitaire des Hautes Etudes in Genf und Mitglied des Ständigen Schiedshofs in Den Haag; Hauptwerke: Lehrbuch des Völkerrechts, 2 Bde, 1948-1951, Traité de droit international public, 2 Bde., 1953 f.
  • 20.9.1899–18.10.1973: Leo Strauss, geb. in Kirchhain/Hessen, gest. in Annapolis/Md., Historiker und Philosoph, Kritiker der modernen Philosophie sowie des modernen liberalen Denkens überhaupt, schulbildend ("Straussianer"), lehrte 1925-1938 in Berlin an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, emigrierte 1938 in die USA, lehrte dort an der New School for Social Research in New York, dann seit 1949 bis 1969 an der University of Chicago, wo er Prof. wurde; Hauptwerke: Die Religionskritik Spinozas, 1930; Philosophie und Gesetz, 1935; Hobbes, 1936; On Tyranny, 1948; Persecution and the Art of Writing, 1952; Naturrecht und Geschichte, 1956; Macchiavelli, 1958; What is Political Philosophy? 1959; Liberalism, 1968
  • 29.9.1899–20.3.1978: Robert Gilbert, geb. in Berlin, gest. in Minusio/Schweiz; eigentlich Robert David Winterfeld, jüdischer deutscher Komponist, Textdichter, Sänger und Schauspieler; sein Vater ist Max Winterfeld, der sich mit Künstlernamen Jean Gilbert nannte, seine Mutter ist Modistin, eine Hutmacherin; sein Bruder ist der Kinder- und Jugendbuchautor Henry Winterfeld; Robert Gilbert wird im letzten Jahr des 1. Weltkriegs 1918 Soldat und kommt in Kontakt zu den Spartakisten (Spartakusbund), die das politische Bewusstsein des 19-jährigen wecken; nach Kriegsende studiert Robert Gilbert Philosophie und Kunstgeschichte in Berlin und Freiburg im Breisgau und ist aktiv an politischen Demonstrationen und an Wahlkämpfen dieser Zeit beteiligt; doch sein Talent beginnt sich zu regen; da er endlich auf eigenen Füssen stehen möchte, schreibt er, zuerst noch zusammen mit seinem Vater, Operetten, Schwänke, Revuen und Schlager; auch politische Couplets wie Die Ballade vom Nigger Jim, Das Lied eines Arbeitslosen oder das später von Ernst Busch und Hanns Eisler zum politischen Kampflied avancierte Stempellied; als er als 24-Jähriger heiratet, will er sein eigenes Geld verdienen und schreibt für Fritz Löwe (später Frederick Loewe) seinen ersten Schlagertext Kathrin, du hast die schönsten Beine von Berlin; zur gleichen Zeit ist Robert Gilbert aber auch einer der begehrtesten Texter für die Musikfilme und Komponisten seiner Zeit; ob nun für die Regisseure und Komponisten Frederick Loewe, Nico Dostal, Hermann Leopoldi, Friedrich Hollaender, Werner Richard Heymann, Ralph Benatzky und Erik Charell oder für die Schauspieler Lilian Harvey, Willy Fritsch, Heinz Rühmann, Paul Hörbiger, Zarah Leander und Willi Forst, stets werden seine Lieder riesige Erfolge; 1931 kam in Berlin seine Tochter Marianne zur Welt; der Geburt Mariannes 1931 folgte eine dramatische Trennung des Ehepaares durch Robert Gilbert, der keine Kinder wollte; er kam erst vier Jahre später zurück; es ist 1933, die Zeit seines grössten Schaffens, als er als Jude wegen der judenfeindlichen Politik der Nationalsozialisten Deutschland verlassen muss; über Wien und Paris flieht er schliesslich nach New York, wo er 1944 auch die amerikanische Staatsbürgerschaft annimmt; am 25. März 1939 floh zusammen mit ihm seine Frau Elisabeth - genannt Elke, mit Tochter Marianne ab Cherbourg nach New York; das Leben der Familie im Exil wird in einem Buch von Marianne (Gilbert Finnegan) beschrieben; fünf Jahre später kommt Robert Gilbert nach Deutschland zurück, lebt in München und setzt seine kompositorische Tätigkeit fort; er verlässt endgültig seine Frau Elke bald nach seiner Rückkehr nach Europa 1949; Robert Gilbert war mit Heinrich Blücher und dessen Ehefrau, der Philosophin Hannah Arendt, befreundet; 1954 wird er wieder deutscher Staatsbürger und übersiedelt in den Schweizer Kanton Tessin; jetzt macht sich Robert seine englischen Sprachkenntnisse zunutze und verdient sich seinen Lebensunterhalt als Übersetzer von insgesamt 20 amerikanischen Musicals, darunter My Fair Lady, Oklahoma!, Hello, Dolly! und Annie Get Your Gun; 1961 kommt Robert Gilberts Schlager Am Sonntag will mein Süsser mit mir segeln gehn - 30 Jahre nach seiner Entstehung - als Musik in einem Schlagerfilm in die Hitparaden; Robert Gilbert starb im Alter von fast 79 Jahren in seinem Haus in Minusio in der Nähe von Locarno; einiges von seinen vielen Werken: Durch Berlin fliesst immer noch die Spree (Buchveröffentlichung); Kathrin, du hast die schönsten Beine von Berlin (sein erster Schlager); Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist; Das ist die Liebe der Matrosen (aus dem Film "Die drei von der Tankstelle"); Im Salzkammergut, da kamma gut lustig sein; Das gibt´s nur einmal, das kommt nicht wieder; Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen; Am Sonntag will mein Süsser mit mir segeln gehn; Irgendwo auf der Welt (Musik Werner Richard Heymann); Annemarie (Operette, mit Vater Jean Gilbert, 1925); Lene, Lotte, Liese - Josefines Töchter (Volksstück, mit Vater Jean Gilbert, 1926); Die leichte Isabell (Operette, 1926); Pit-Pit (burleske Operette, 1927); Äffchen (Operette 1928); Prosit Gipsy (musikalisches Lustspiel 1929); Im weissen Rössl (Singspiel), Musik von Ralph Benatzky; musikalische Einlagen von Robert Gilbert, Bruno Granichstaedten, Robert Stolz und Hans Frankowski, Libretto vom Komponisten zusammen mit Hans Müller-Einigen und Erik Charell, nach Oskar Blumenthal und Gustav Kadelburg; 1930; Feuerwerk (Musikalische Komödie) - Gesangstexte zur Musik von Paul Burkhard, 1950 (ebenso: O mein Papa, gesungen von Lys Assia); Strammer Junge angekommen (Schwank mit Musik 1953); Katharina Knie - Musical-Version des gleichnamigen Seiltänzerstücks von Carl Zuckmayer (einschliesslich Gesangstexten, 1957); - Schriften (u. a.): Die Stimme des Mörders, Kriminalroman, 1947; Meckern ist wichtig - nett sein kann jeder, 1950; Im weissen Rössl, 1951; Vorsicht! Gedichte, 1951; Frischer Wind aus der Mottenkiste, 1960; Odyssee von der Spree, 1967
  • 29.9.1899–24.11.1985 László József Bíró, geb. in Budapest, gest. in Buenos Aires, ungarischer Erfinder; er ist der Erfinder des Kugelschreibers; schon sein Vater betätigte sich als Erfinder: Der Zahnarzt Mátyás Bíró kreierte so manche Mittel und Werkzeuge für seine Praxis; eigentlich sollte sein Sohn in seine Fussstapfen treten, doch László Bíró brach sein Medizinstudium ab; nach diversen Interessen und Tätigkeiten, unter anderem als Versicherungsmakler und Rennfahrer, entwickelte er 1932 mit einem Freund ein Automatikgetriebe für Personenkraftwagen; das Patent erwarb General Motors – aber allein aus dem Grund, damit keine andere Firma es verwerten konnte; der Autokonzern baute seine Autos weiterhin nur mit hydraulischen Gangschaltungen; im selben Jahr wurde Bíró als Chefredakteur der Zeitschrift Hongrie-Magyarország-Hungary damit beauftragt, die Kunst Ungarns im Ausland populär zu machen; anschliessend kam er zur Wochenzeitung Előre; in der dortigen Druckerei kam ihm beim Betrachten der Rotationswalzen die Idee eines Stiftes, der mit Tinte schreibt, aber nicht schmiert; es brauchte nur eine Röhre, an deren Ende sich eine sich bewegende Kugel befindet, sowie Tinte, die in der Röhre nicht austrocknet, auf dem Papier aber sofort trocken wird; Bíró meinte, wenn er eine Tinte hätte, die aus festen und flüssigen Bestandteilen besteht, würden die flüssigen Teile vom Papier eingesaugt werden, während die festen auf der Papieroberfläche blieben; mit Hilfe seines Bruders György, des Erfinders Andor Goy und der Gebrüder Kovalszky gelang ihm die Konstruktion eines solchen Stiftes; am 25. April 1938 erhielt er das Patent für den Kugelschreiber; die ersten, noch ziemlich stotternden Stifte kamen unter dem Namen Go-Pen bald auf den Markt; Bíró war inzwischen verheiratet und hatte eine Tochter; da Ungarn Verbündeter Deutschlands war und dort ebenfalls eine nationalistische Partei (Magyar Nemzeti Függetlenek Pártja) an der Regierung war, verschärften sich die Lebensbedingungen für die jüdische Familie zunehmend; am 31. Dezember 1938, einen Tag vor Inkrafttreten eines neuen Gesetzes, das es untersagte, Patente ins Ausland mitzunehmen, verliess er daher mit seiner Familie Ungarn und ging mit ihr nach Frankreich; in Paris setzte Bíró die Forschungen in einem eigenen Labor fort, im vom Kriege geplagten Frankreich mussten die Arbeiten aber eingestellt werden; nach dem Einmarsch der deutschen Truppen floh Bíró mit seiner Familie nach Argentinien; durch einen glücklichen Zufall hatte er 1938 den damaligen argentinischen Präsidenten Agustín Pedro Justo in Jugoslawien kennen gelernt; in Südamerika forschte Bíró weiter, erhielt am 10. Juni 1943 ein neues Patent und gleich danach begann man mit der Produktion der Stifte unter dem Namen „Eterpen“; der Erfinder wurde Direktor der grössten Kugelschreiberfabrik Argentiniens „Sylvapen“, die jährlich sieben Millionen Kulis herstellte; der tatsächliche Durchbruch für den Kugelschreiber kam mit dem britischen Geschäftsmann Henry George Martin; er erkannte den Kugelschreiber als ideales Schreibwerkzeug für Flugzeugbesatzungen und kaufte Biro die Patentrechte ab und startete eine Kugelschreiberproduktion in Reading in England; nach dem Zweiten Weltkrieg begannen mehrere Unternehmen, Kugelschreiber zu produzieren, teilweise ohne die Patentrechte zu besitzen; Bíró wollte mehr: Er plante ein Parfüm mit dem gleichen Kugel-Prinzip, den Vorläufer der Deo-Roller; die Serienherstellung in den USA schlug aber fehl; die nächste Bíró-Erfindung war ein Fieberthermometer für das Handgelenk und ein Blutdruckmesser ähnlichen Formats; er erarbeitete auch eine neue Methode für die Herstellung von künstlichem Harz und erfand einen neuen Kunststoff, das Birolit; László József Bíró starb am 24. November 1985 in Buenos Aires im Alter von 86 Jahren; sein Geburtstag, der 29. September, wird in seiner Wahlheimat Argentinien seither als Tag der Erfinder gefeiert; ihm zu Ehren wurden die Kugelschreiber in einigen Ländern nach ihm benannt: Biro (Grossbritannien, Italien), Biron (Frankreich), Birome (Argentinien)
  • 1.10.1899: aus einem Brief Herzls an Karl Friedrich Heman [Johann Friedrich Carl Gottlob Heman, 1839-1919, protestantischer Theologe, seit 1874 Sekretär der Missionsgesellschaft "Verein der Freunde Israels" in Basel, er hatte einen zum Protestantismus konvertierten jüdischen Vater] in Basel: " ... Ueber die erhabene Gestalt Jesu denke ich oft nach, und manchmal empfinde ich eine Art Chauvinismus darüber, dass er ein Jude war. Ich muss mich freilich hüten, das laut zu sagen, weil man jedes meiner Worte hässlich entstellt, seit ich diese namenlos schwere Sache unternommen habe ... mich ergreift vor allem die dichterische Schönheit seiner Gestalt. Am meisten die Stelle in Matthäus 9,15 ... Es ist abscheulich, wenn man für sich selbst ein Opportunist in Ueberzeugungen ist – in der Führung einer Sache ist es gestattet, ja nöthig ... "
  • 6.10.1899: Brief Herzls an den Grossherzog Ernst Ludwig von Hessen in Darmstadt: Bitte um Vermittlung einer Audienz beim Zaren Nikolaus II.
  • 14.10.1899–1987: Ilse Blumenthal-Weiss, geb. in Berlin, war eine deutschsprachige Lyrikerin; sie war ursprünglich Turnlehrerin und schrieb bereits vor dem Zweiten Weltkrieg Gedichte; 1937 floh sie in die Niederlande, wurde 1943 zunächst im KZ Westerbork gefangengehalten und dann am 6. Dezember 1944 von hier aus nach Theresienstadt deportiert, wo sie die Befreiung erlebte und in die USA übersiedelte (seit 1947 in New York lebend); dort arbeitete sie als Bibliothekarin am Leo-Baeck-Institut; nach dem Krieg versuchte sie, dem unfassbaren Erlebten sprachlichen Ausdruck zu verleihen, und schrieb Gedichte; sie unterhielt freundschaftliche Beziehungen zu Paul Celan und Nelly Sachs; ihr Sohn wurde in Mauthausen, ihr Mann in Auschwitz ermordet; Werke: Gesicht und Maske, 1929; Das Schlüsselwunder, 1954; Mahnmal. Gedichte aus dem KZ, Hamburg 1956; Ohnesarg. Gedichte und ein dokumentarischer Bericht, Hannover 1984
  • Oktober 1899: Herzl ist weiterhin schriftstellerisch aktiv, im Oktober 1899 vollendet er sein Schauspiel „Gretel“ (hiess zunächst „Die sündige Mutter“), in dem sich die Frau eines Rechtsanwalts nach einer ausserehelichen Beziehung infolge ihrer Gewissensbisse das Leben nimmt
  • Herbst 1899: Gründung des "Jüdischen Volksvereins" in Prag (erster zionistischer Verein Böhmens)
  • 22.10.1899–2.2.1991: Charlotte Stein-Pick (geb. Charlotte Baron), in Deutschland geborene Jüdin, die in ihren unter dem Titel Meine verlorene Heimat erschienenen Aufzeichnungen von ihrem Verfolgungsschicksal berichtet; sie war die Tochter des Zahnarztes Dr. Fritz Baron und spätere Ehefrau des vor Beginn der Judenverfolgungen letzten noch in München praktizierenden Zahnarztes Dr. Herbert Stein; sie musste im August 1939 mit ihrem Mann München verlassen und emigrierte in die USA; fünfundzwanzig Jahre später schrieb sie in ihrem amerikanischen Exil auf Basis ihrer Erinnerungen mit Hilfe ihrer Tagebuchaufzeichnungen ihre Lebensgeschichte nieder; zuletzt lebte sie in Oakland, Kalifornien; die Memoiren blieben jahrzehntelang unveröffentlicht, bis Christiane Schlötzer, eine Münchner Journalistin, die 90jährige Charlotte Stein-Pick in Kalifornien kennenlernte, der Charlotte Stein-Pick ihre Erinnerungen sowie Fotos und weitere Dokumente zur Herausgabe anvertraute
  • 27.10.1899: Brief Herzls an den Grossherzog von Baden (der den Besuch des Zaren Nikolaus II. bei sich erwartet), dieser möge ihm eine Audienz beim Zaren verschaffen. Der Grossherzog versuchte sein Glück, aber der Zar –offensichtlich unter dem Einfluss seiner Berater – ging darauf nicht ein. Zumindest durfte Herzl dem Zaren über den Grossherzog von Baden ein Exposé (in französischer Sprache) zukommen lassen
  • 31.10.1899–29.12.1980: Nadeschda Mandelstam (geborene Chasina), geb. in Saratow, gest. in Moskau, russische Autorin, Frau des Dichters Ossip Mandelstam; sie wurde in Saratow in eine jüdische Familie aus dem Mittelstand geboren; ihre frühen Jahre verbrachte sie in Kiew; nach dem Besuch des Gymnasiums studierte sie Kunst; nach ihrer Heirat 1921 lebten Nadeschda und Ossip Mandelstam in der Ukraine, in Petrograd, Moskau und Georgien; Ossip wurde 1934 für sein Stalin-Epigramm verhaftet und mit Nadeschda nach Tscherdyn, Region Perm, und später nach Woronesch in die Verbannung geschickt; nach Ossip Mandelstams zweiter Verhaftung und seinem darauffolgenden Tod im Durchgangslager Wtoraja Retschka nahe Wladiwostok im Jahre 1938 führte Nadeschda Mandelstam ein beinahe nomadisches Leben; aus Furcht, verhaftet zu werden, wechselte sie häufig den Aufenthaltsort und nahm nur vorübergehende Arbeiten an; mindestens ein Mal, in Kalinin, klingelten Beamten des NKWD nur einen Tag nach ihrer Flucht an ihrer Wohnungstür; sie machte es sich zur Lebensaufgabe, das dichterische Erbe ihres Mannes zu bewahren und der Veröffentlichung zuzuführen; das meiste davon verwahrte sie im Gedächtnis, weil sie dem Papier nicht traute; nach Stalins Tod schloss Nadeschda Mandelstam ihre Dissertation ab (1956), und sie erhielt die Erlaubnis, nach Moskau zurückzukehren (1958); in ihren Erinnerungen, die im Englischen die Titel Hope Against Hope und Hope Abandoned tragen und auf deutsch unter den Titeln Das Jahrhundert der Wölfe und Generation ohne Tränen erschienen sind - sie wurden zum ersten Mal im Westen veröffentlicht - gibt sie eine Analyse ihres Lebens und kritisiert die moralische und kulturelle Degeneration der Sowjetunion der Zwanzigerjahre und der Zeit danach; die englischen Titel ihrer Memoiren sind Wortspiele, "Nadeschda" bedeutet im Russischen "Hoffnung" (engl. hope); die russische Ausgabe heisst einfach Erinnerungen (russisch Воспоминания; Buch 1 bis 3); 1979 übergab Nadeschda Mandelstam ihre Archive der Princeton University; 1980 starb sie in Moskau im Alter von 81 Jahren
  • 22.11.1899: Delegiertentag der deutschen Zionisten in Hannover
  • 7.12.1899: Sitzung des Engeren Actionscomités, bei der u. a. entschieden wird, den Vorschlag einer Art Volkszählung der weltweit vorhandenen Zionisten zunächst nicht weiter zu verfolgen (Kommentare zum Vorschlag: Leopold Kahn: "verfrüht"; Kremenezky: "bedenklich")
  • 11.12.1899: Brief Herzls an Ludwig Gumplowicz (1838–1909) in Graz/Steiermark, einen der Gründungsväter der europäischen Soziologie: "Hochgeehrter Herr Professor, Ihr dieswöchentlicher Aufsatz in der "Zukunft" ["Soziologische Geschichtsauffassung", Bd. 29] hat mich zu mancherlei Gedanken angeregt, und zu dem Wunsche, Ihre Ansicht über den Zionismus kennenzulernen. Sie haben wohl schon von dieser verrückten Bewegung gehört. Ich lasse Ihnen einige Publikationen schicken: meine Broschüren und die stenographischen Protokolle der drei Baseler Kongresse. Es bereitet mir ein nachhaltiges Vergnügen, dass die Universität und noch andere ernsthafte Kreise die Bewegung bisher nicht bemerkt oder nicht verstanden haben. Ein hübsches Detail: in meiner ersten Schrift vom Judenstaate, mit der diese heute schon in aller Welt verbreitete Bewegung begann, war ein Kapitel dem Rechtsgrunde des Staates gewidmet. Ich setzte an die Stelle der kümmerlich opportunistischen Theorie der "Naturnotwendigkeit" – vom contrat social nicht mehr zu reden – die Theorie der negotiorum gestio [Herzls juristischer Vergleich mit der "Geschäftsführung ohne Auftrag"], die, wie mir scheint, vor Ihrer soziologischen Auffassung bestehen kann. Diese Theorie, die vielleicht mindestens diskutabel ist, wurde bisher noch von Niemandem eines Blickes gewürdigt. Ich tue offenbar nicht gelehrt genug. Lesen Sie die Sachen, die ich Ihnen schicke, wenn Sie Zeit haben, eine Bewegung zu beobachten, die noch nicht historisch ist, aber es möglicherweise werden wird. Hochachtungsvoll. Ihr ergebener Th. Herzl" – die höchst interessante Antwort Gumplowiczs vom 12. Dezember 1899: "Geehrtester Herr Doctor! Sie thun mir Unrecht wenn Sie glauben dass ich Ihre Congressrede u. Schriften (auch die Nordaus!) nicht kenne – ich habe sie alle gelesen und besitze sie. Gelesen mit Überwindung denn ich war oft wüthend über Sie beide – zu wiederholten Malen warf ich die Schriften wüthend unter den Tisch – um sie dann wieder aufmerksam weiter zu lesen – mit steigendem Ingrimm. Ich möchte Sie beide verdammen – wenn ich nicht Determinist wäre und keinen Verbrecher verdamme. Ich bin alter Vertheidiger in Strafsachen und würde auch für Sie und Nordau warm plädieren: denn Ihre Motive begreife ich, die Naturnothwendigkeit für Ihre traurige unsinnige Strömung begreife ich – und last not least ich glaube, dass sie trotz alledem – trotz all dem Unsinn der in ihr steckt doch etwas Gutes mit sich bringen wird nähmlich [sic] eine Selbstbesinnung des Judenthums und eine Anbahnung moralischer Hebung. Sie fragen, warum ich still sass und nicht gegen den Zionismus auftrat? Weil es vergebens wäre – weil er zu natürlich ist, aber trotzdem eine – Fehlbewegung! (Es giebt viel Fehlbewegungen u. Strömungen die schliesslich doch etwas Gutes schaffen – d. h. sie erreichen wohl nicht ihr proclamirtes Ziel aber erzeugen einige respectable Nebenproducte an die sie nicht gedacht haben. Auch der Socialismus ist ja eine solche Bewegung!) Übrigens, was brauche ich gegen den Zionismus aufzutreten – da ich seit 25 Jahren eine denselben von Grund aus widerlegende Theorie in zahlreichen Schriften entwickle! Ihre theoretischen, historisch garnirten Grundlagen des Zionismus sind alle falsch! Ihr seidt in einem schrecklichen historischen Irrthum befangen – u. von einer politischen Naivität wie ich sie nur Dichtern verzeihen kann. Ihr wisst nicht dass die Juden zweimal grosse historische Falsch-Meldungen begangen haben – einmal als sie sich in Palästina meldeten dass sie direkt aus Egypten kommen – das 2te Mal als sie im Osten Europas sich meldeten dass sie aus Palästina kommen! Beides ist falsch! Ebenso falsch als dass unsere "Arier" aus Indien kommen! Wie man hier fälschlich aus der Sprache auf die Abstammung folgert, folgert man dort fälschlich aus der Religion auf die Abstammung! Im literarischen Nachlasse m. Sohnes Max findet sich eine Abhandl. über die "Anfänge der jüd. Religion in Polen" – die ich zu veröffentlichen Bedenken trage um nicht den Antisemiten noch einige Schimpfwörter zu liefern – die aber die Wahrheit nachweist wer eigentlich diese Millionen poln. u. russischer Juden sind! In Palästina waren ihre Vorfahren eben so wenig wie die Palästinenser in Egypten! Das ist Ihre historische Grundlage! Und nun Ihre politische Naivität! Sie wollen einen Staat ohne Blutvergiessen gründen? Wo haben Sie das gesehen? Ohne Gewalt u. ohne List? So ganz offen u. ehrlich – auf Actien? Gehen Sie und schreiben Sie Gedichte u. Feuilletons mitsamt dem Nordau – aber lassen's mich aus mit Ihrer Politik! Oder rechnen Sie auf den Gondel-Willi und den Abdul-Hamid? Sie glauben diese zwei fetten Fleischklumpen können einen Staat gründen für die Juden – auch wenn sie nicht solche "achbroischim" [jiddisch: "Ratten"] wären wie sie sind! Lieber Herr Doctor! verzeihen Sie meine so vertraute Offenheit – das sind m. Ansichten über die Sache. Da ich mich nicht für unfehlbar halte so rede ich Niemandem ab von dem Zionismus der ihm anhängt. Zu mir kommen begeisterte Zionisten u. fragen mich um Rath (z. B. Dr. Moses Schorr aus Lemberg). Ich sagte ihm – ich theile diese Ansichten nicht – doch mache ich keine antizionistische Propaganda – ich ziehe Niemanden ab davon! Ich weiss ja nicht wozu dieser naturnothwendig entstandene Unsinn gut sein kann? Da ich das nicht weiss – so halte ich ich mich fern u. passiv. Ich bedaure diese Bewegung – wie ich den armen Kranken bedaure der sich in Schmerzen windet u. dem ich nicht helfen kann! Mit bestem Gruss! Ihr ergebenster Gumplowicz" [zu dieser Korrespondenz: Werner J. Cahnmann, Scholar and Visionary. The Correspondence Between Herzl and Ludwig Gumplowicz", in: Herzl Year Book I., 1958]
  • Dezember 1899: Brief des Zaren Nikolaus II. an den Grossherzog von Baden bezüglich Herzls Sendung (vgl. 27.10.1899): Der Zar dankt für die Übermittlung von Herzls Exposé, das er mit lebhaftem Interesse gelesen habe; die Theorie des Zionismus könne sicherlich ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung innenpolitischer Ruhe in Europa sein, obwohl er, der Zar, an der praktischen Durchführung, selbst in ferner Zukunft, zweifle
  • 25.12.1899–31.8.1989: Moe Dalitz (Morris Barney „Moe“ Dalitz), jüdischer Gangster, eine der grossen Unterweltfiguren, die im 20. Jhdt. das schillernde Las Vegas in Nevada prägten; geboren in Boston, Massachusetts, und aufgewachsen in Michigan, arbeitete er im Geschäft der Eltern, die eine Kette von Wäschereien betrieben, begann aber auch unter Ausnutzung des Fahrzeugparks seiner Eltern eine Schmugglerkarriere, als die Prohibition 1919 begann, er betrieb mit seinen Partnern Lou Rothkopf und Leo Berkowitz ein „Kurierunternehmen“, das man „Little Jewish Navy“ nannte; es bediente verschiedene Routen zwischen Cleveland, Ohio, und Detroit bzw. Ann Arbor, Michigan; dabei arbeitete er eng mit der „Italien-Fraktion“ zusammen und bildete verschiedene „Merger“ disparater Unterweltgruppierungen unter Beteiligung von Top-Gangstern aus dem Murray Hill/Mayfield Road-Bezirk wie John „King“ Angersola, Alfred Polizzi sowie der Milano-Brüder, die sich zu führenden Verbrecherorganisationen in Cleveland entwickelten; um sein illegales Geld sauber zu bekommen, betrieb er auch als Eigentümer mehrere illegale Spielcasinos in Cleveland; seine Las Vegas-Investments begannen in den späten 1940er Jahren, als er das Desert Inn finanzierte, nachdem dem ursprünglichen Investor Wilbur Clark das Geld ausgegangen war und Dalitz das Projekt übernahm; als das Desert Inn 1950 eröffnet wurde, gab sich Clark weiterhin als der Betreiber aus, während Dalitz im Hintergrund blieb, aber der wirkliche Eigentümer war; Dalitz betrieb auch das Stardust Resort & Casino, nachdem Tony Cornero gestorben war; Dalitz gehörte das Desert Inn bis 1967, als er es an den Milliardär Howard Hughes verkaufte; Dalitz blieb auch danach noch in Las Vegas aktiv; bevor er im hohen Alter starb, hatte er testamentarisch verfügt, dass eine grosse Anzahl humanitärer Organisationen riesige Summen von ihm erbten
  • 1899–16.6.1933: Chaim (Viktor) Arlosoroff. Chaim Arlosoroff wurde in Romny (Ukraine) geboren. Antisemitismus zwang seine Familie, sich in Deutschland, zuerst in Königsberg und danach in Berlin, niederzulassen, wo Chaim aufwuchs und die Schule besuchte. Er interessierte sich für Wirtschaft, studierte an der Berliner Universität und erhielt ein Doktorat in diesem Fach. Während seiner Studentenzeit schrieb Arlosoroff Artikel über zionistische Themen, wie die Beschaffung von Geld für die Siedler oder ein Programm für die Zusammenarbeit von Juden und Arabern. Nach dem Abschluss seiner Studien verliess er 1924 Deutschland und ging nach Eretz Israel. Arlosoroff wurde ein Führer der Mapai, der damals wichtigsten jüdischen politischen Partei, und war ein enger Freund von Chaim Weizmann. Seine Talente wurden früh erkannt und Arlosoroff wurde bald zum Direktor der Politischen Abteilung der Jewish Agency ernannt. Zuerst war er der Ansicht, die Briten würden die jüdische Siedlung in Eretz Israel unterstützen, und so arbeitete er mit der britischen Mandatsregierung einvernehmlich zusammen. Bald jedoch kam Arlosoroff zur Überzeugung, dass man den Briten nicht vertrauen könne und dass die Juden es riskieren müssten, sie zu verärgern, um ihr Heimatland wiederzuerrichten und die Juden Europas zu retten. Als er von den schrecklichen Taten der Nazis an den Juden erfuhr, widmete sich Arlosoroff der Rettung der Juden. Arlosoroff suchte nach Lösungen, um die Verschlechterung der Beziehungen zwischen Juden und Arabern in Palästina hintanzuhalten. Zu diesem Problem hatte er einige unkonventionelle Ideen. Eine davon war, zu versuchen, Land für jüdische Besiedlung in Transjordanien zu erwerben. Arlosoroff war mit Emir Abdullah von Transjordanien und einigen Scheichs in Kontakt. Arlosoroff argumentierte, Transjordanien sei ein unbesiedeltes Gebiet. Falls Teile dieses Territoriums von den Juden erworben werden könnten, würde es zwischen ihnen und der lokalen arabischen Bevölkerung nicht zu Reibereien kommen, denn diese Gebiete seien weit weg vom nationalistischen Zentrum der palästinensischen Araber. Ein Anwachsen der jüdischen Bevölkerung in Transjordanien würde keine solchen Spannungen verursachen wie die jüdische Siedlung in Palästina. 1933, inmitten seiner grossartigen Tätigkeit als zionistischer politischer Führer und einflussreicher Schriftsteller, wurde Chaim Arlosoroff ermordet. Er wurde während eines Abendspazierganges am Strand von Tel Aviv, den er mit seiner Frau unternahm, von zwei Männern erschossen (16.6.1933). Bis heute wurde das Rätsel um seinen Mord nicht gelöst. Einige denken, dass ihn andere Zionisten, die mit seinen Ansichten nicht übereinstimmten, ermordeten, eventuell Betaristen (die britische Polizei verhaftete die beiden radikalen Revisionisten Avraham Stavsky und Zvi Rosenblatt, die jedoch aufgrund eines Alibis bzw. fehlender Beweise nicht verurteilt werden konnten). Eine andere Meinung ist, dass zwei Araber seine Mörder waren. Sein Tod war ein grosser Verlust für den Jischuw, und sein Andenken wird bis heute bewahrt. Viele Strassen in israelischen Städten, die Siedlungen Kfar Chaim, Kirjat Chaim und der Kibbutz Giv´at Chaim wurden nach ihm benannt. Chaim Weizmann beschrieb Arlosoroff mit den folgenden Sätzen: "Chaim Arlosoroff, ein weiterer unerschütterlicher Unterstützer meiner Ansichten über die zionistische Arbeit, war der weitaus jüngste von uns. Er war ein Mann mit einem brillianten Geist, und er war vor allem dazu prädestiniert, unsere Philosophie des Zionismus der jüngeren Generation zu präsentieren. Er tat dies mit Genuss, Kraft und unermüdlicher Energie. Es war ein Privileg, ihn bei der Arbeit zu beobachten. ... Schon in den Kongressen und Konferenzen des Jahres 1922 war er einer unser führenden Geister. ... Arlosoroff hatte eine ausgezeichnete Erziehung erhalten, und sein jüdischer Hintergrund war solide. Er war einer der wenigen, die den Osten und den Westen gleich gut kannten, und daher bestens geeignet für seine Aufgabe. Er war prinzipiell gutmütig, konnte aber Narren nicht gut aushalten. Seine Gegner griff er hart an. Aber so wie er austeilte, konnte er auch einstecken." Noch 1936 wurde von der Halutz Bewegung in Berlin eine einbändige Ausgabe von Arlosoroffs Schriften herausgegeben: „Leben und Werke“. Die jüdischen Herausgeber mussten unter der Herrschaft der Nationalsozialisten vorsichtig zu Werke gehen. Sie strichen Passagen, in denen Arlosoroff die Revisionisten kritisiert, da sie offensichtlich wie Kritik am Nationalsozialismus klangen. Im Jahr 1982 rief die damalige Regierung unter Menachem Begin einen Untersuchungsausschuss ins Leben, der Stavsky und Rosenblatt für unschuldig erklärte. Der Verdacht gegen sie war jedoch nicht ohne Grundlage, und die Diskussion um den Mord an Arlosoroff ist bis heute nicht beendet.
  • 1899–1970: Zalman Aranne, der Reformer des israelischen Schulsystems. Zalman Aranne wurde in der Ukraine geboren, wo er eine religiöse Erziehung erhielt. Später studierte er in Charkow Landwirtschaft. Als junger Mann war er in der Ze'irei Zion Partei aktiv. 1920, nach der Spaltung, trat er den zionistischen Sozialisten bei und gehörte 1924 bis 1925 zum geheimen Zentralkomitee. 1926 wanderte Aranne in Palästina ein, wo er Mitglied der Ahdut ha Avodah-Partei wurde. 1930, nach der Gründung der Mapai, ernannte man ihn zu deren Generalsekretär. 1931 bis 1934 fungierte er als Sekretär des Tel Aviver Arbeiterrates, und von 1948 bis 1951 abermals als Generalsekretär der Mapai. 1949 wurde Aranne in die Knesset gewählt. 1953 bis 1955 war er Minister ohne Geschäftsbereich und 1955 bis 1960 bzw. 1963 bis 1969 Unterrichts-und Kulturminister. In dieser Eigenschaft führte er Unterrichtsstunden für "Jüdisches Bewusstsein" in den Lehrplan ein und war verantwortlich für die Erweiterung der technischen Ausbildung. 1968 akzeptierte die Knesset sein Reformprogramm für das israelische Schulsystem, in dem er die Gründung einer Mittelstufe forderte.
  • 1899–10.8.1985: Jakow Jisrael Kaniewsky, der Steipler
  • 1899–1989: Marie Syrkin, Autorin, jüdische Erzieherin, Dichterin, Journalistin, Herausgeberin, zionistische Führerin in Amerika. - Marie war die Tochter des zionistischen Arbeiterführers Nachum Syrkin. Sie wurde in Bern geboren und übersiedelte 1907 mit ihrer Familie in die Vereinigten Staaten. Sie studierte an der Cornell Universität und unterrichtete von 1925 bis 1950 an New Yorker Schulen. Hier gab sie ihr erstes Buch heraus: "Deine Schule, deine Kinder", eine Kritik des amerikanischen Schulsystems. 1950 bis 1966 lehrte Marie Syrkin Englisch an der Brandeis Universität, und von 1965 bis 1968 war sie Mitglied der Exekutive der Jewish Agency. Marie Syrkin war eine treue Freundin Israels und eine häufige Kritikerin des jüdischen Lebens in Amerika. Syrkin blieb auch gegenüber der Arbeiterbewegung loyal und war eine prominente Unterstützerin von „Peace Now" und „Amerikanische Professoren für Frieden im Nahen Osten". 1930 heiratete Marie den Schriftsteller Charles Reznikoff. Mit ihm gemeinsam gründete sie 1934 den "Jewish Frontier", eine sozialistisch-zionistische Monatszeitschrift. Sie gab den Frontier 1948 bis 1971 heraus, war Chefredakteurin der Herzl Press und gehörte zum Redaktionsteam von "Midstream", "Middle East Review" und anderen Zeitungen. Sie veröffentlichte auch Essays und einige Anthologien ihrer Gedichte. Die meisten dieser Veröffentlichungen beschäftigen sich mit jüdischen und zionistischen Themen. Eines ihrer Gedichte, " In Rom", beschreibt ihre Freude über die Wiedererrichtung jüdischer Kultur und Gemeinden in Israel, 2000 Jahre nach der Zerstörung des Tempels durch die Römer: „Zwischen gestürzten Säulen / und zerbrochenen Sockeln / triumphiert / der Titusbogen / über das zerstörte Jerusalem. / Zwischen diesen Ruinen am Palatin / erinnerte ich mich an den / Scopusberg; / Die Universität von Jerusalem / liegt /auf dem grünenden Hügel.“ Marie Syrkin war eine enge Freundin Golda Meirs, deren Biographie sie schrieb. Nach dem Zweiten Weltkrieg fuhr sie im Auftrag der B'nei Brith Hillel Stiftung nach Deutschland, um unter den Überlebenden der Schoah Bewerber für Hillel Stipendien an amerikanischen Universitäten zu finden. Sie besuchte viele Lager und interviewte zahlreiche Überlebende. Ihr Buch "Gesegnet sei das Streichholz. Die Geschichte des jüdischen Widerstandes" entstand aufgrund dieser Erfahrungen. Syrkin gab auch die Lebenserinnerungen ihres Vaters, Nachman Syrkin, heraus. Zu den späteren Publikationen gehören ein Gedichtband und „Der Staat der Juden", ein Buch über Israel. Marie Syrkin starb im Alter von 89 Jahren in Kalifornien.
  • 1899–19.10.1995: Friedrich Brodnitz (Friedrich Samuel Brodnitz), geb. in Berlin; gest. in New York, war Arzt und jüdischer Funktionär in Deutschland während der Zeit des Nationalsozialismus; nach der Promotion zum Dr. med. war er 1923 bis 1924 Assistenzarzt an der Universitätsklinik für innere Krankheiten in Berlin, 1924 bis 1926 an der Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten, ebenfalls in Berlin, tätig; er war aktiv im C. V. und in der Jüdischen Selbsthilfeorganisation Zentralausschuss für Hilfe und Wirtschaft und Mitglied der erweiterten Jewish Agency sowie des Keren Hajessod; er war auch (seit 1934) Pressechef der Reichsvertretung der Deutschen Juden und beteiligt am Aufbau des Jüdischen Kulturbundes; 1933 bis 1937 war er Präsident des Reichsausschusses der jüdischen Jugendverbände; weiter war er Redakteur der Zeitschrift Jüdische Wohlfahrtspflege und Sozialpolitik und 1933-1935 Mitherausgeber der Informationsblätter des o. g. Zentralausschusses für Hilfe und Wirtschaft; 1937 emigrierte er in die USA; Friedrich Brodnitz war der Sohn von Julius Brodnitz (1866-1936)

Bücher

  • M. Ginsburger, Das Fragmententhargum, Berlin 1899
  • S. Buber, Midrasch Echa Rabbati. Sammlung aggadischer Auslegungen der Klagelieder (Klagelieder Rabba), Wilna 1899 (Nachdruck Hildesheim 1967)
  • S. Buber, Jalkut Machiri ... zu den 150 Pss, Berdyczew 1899
  • M. Gaster (Hrsg.), The Chronicle of Yerahmeel, London 1899
  • W. Popper, The Censorship of Hebrew Books, New York 1899
  • L. Wiener, The History of Yiddish Literature in the nineteenth century, London 1899 (Nachdruck mit Einführung von E. Schulman, New York 1972)
  • S. Freud, Traumdeutung, 1899

Zeitungen und Zeitschriften

  • 1899: Gründung der jiddischen Zweiwochenschrift "Der Jud" in Krakau durch Ch. Rawnitzki
  • Seit Januar 1899: Le Flambeau ("die Fackel"), vom Journalisten Jacques Bahar in Paris herausgegebene zionistische Monatsschrift
  • 1. Juni 1899: "El Progreso", eine vom Aktionskomitee in Wien herausgegebene spaniolische zionistische Zeitschrift, beginnt zu erscheinen (2 x pro Monat; Herausgeber und Redakteur: Moritz J. Cohen, Wien, II., Wallensteinstrasse No. 60)
  • Seit 1899: El Dia, Wochenzeitung in spaniolischer Sprache mit bulgarischer Beilage, seit 1899 in Sofia von J. B. Pardo herausgebracht
  • Seit 1899: Die fraie Arbeiterstimme, in New York wöchentlich erscheinendes jiddisches Blatt
  • 1899–1901: Gan scha'aschuium, in Lyck wöchentlich erscheinende hebräische Jugendzeitschrift
  • 1899–1901: Pipifax, in London in jiddischer Sprache erscheinendes Witzblatt
  • 1899–1902: Der Bialystoker Arbeiter, in Bialystok in zwangloser Folge in jiddischer Sprache erscheinendes bundistisches Blatt
  • 1899–1903: Der Jud, in Krakau/Galizien wöchentlich in jiddischer Sprache erscheinendes zionistisches Blatt
  • 1899–1904: Buduschtschnost, in Petersburg wöchentlich in russischer Sprache erscheinende nationaljüdische Zeitschrift
  • 1899–1905: Jüdisches Volksblatt. Herausgeber / Chefredakteure: I. Hollitscher, Bernhard Goldenberg, Siegmund Grünspan, Alois Munk, Leon Zweig, Jakob Krauss, Arthur Löwy u.a.; erschien von Februar 1899 bis Dezember 1905 jeweils wöchentlich; das Blatt wurde Anfang 1906 in "Nationalzeitung" umbenannt und seit März 1907 u.d.T. "Neue National-Zeitung" publiziert (bis April 1916); das "Jüdische Volksblatt" sowie die beiden Nachfolgeorgane, die "Nationalzeitung" bzw. die "Neue National-Zeitung", vertraten das Programm und die Ziele der sich seit Ende des 19. Jahrhunderts um Theodor Herzl formierenden zionistischen Organisation; der Schwerpunkt der Einzelbeiträge lag auf der politischen Berichterstattung, insbesondere der Kolonisation Palästinas; breiten Raum nahmen jedoch auch Artikel über das erstarkende jüdische Kulturleben ein; die Propagierung der Bildung einer geeinten jüdischen Nation stand im Zentrum der Periodika: "Anerkennung und Gleichberechtigung der jüdischen Nationalität in den Ländern, in denen wir gegenwärtig leben, Schaffung einer öffentlichrechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina für diejenigen unserer Brüder, die hierzulande nicht leben können oder wollen, und vor allem anderen die Herstellung der Einigkeit unter unseren Staatsbürgern selbst" (Jg. 7, Nr. 52, 29.12.1905, S. 1) [unter dem Titel "Jüdisches Volksblatt" erschienen zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten unterschiedliche Publikationen!]
  • 1899–1905: New Yorker Abendpost, in New York täglich erscheinende jiddisch-orthodoxe Zeitung
  • 1899–1905: Der Jiddischer Journal, in New York erscheinende jiddisch-orthodoxe Wochenschrift
  • 1899–1914: Neue Nationalzeitung, in Wien wöchentlich in deutscher Sprache erscheinende nationaljüdische Zeitschrift
  • 1899–1915: Jüdische Volkszeitung, in Wien wöchentlich in deutscher Sprache erscheinende nationaljüdische Zeitschrift

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