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Paul Dirac

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Paul Dirac 1933
P. A. M. Dirac an der Tafel

Paul Adrien Maurice Dirac (* 8. August 1902 in Bristol; † 20. Oktober 1984 in Tallahassee) war ein britischer Physiker, Nobelpreisträger und Mitbegründer der Quantenphysik. Eine seiner wichtigsten Entdeckungen ist in der Dirac-Gleichung von 1928 beschrieben, in der Einsteins Spezielle Relativitätstheorie und die Quantenphysik erstmals zusammengebracht werden konnten. Ferner legte er die Grundlagen für den späteren Nachweis von Antimaterie.

Leben

Dirac wurde in Bristol, Gloucestershire, England geboren. Sein Vater Charles Dirac war Schweizer mit Wurzeln im französischsprachigen Saint-Maurice, Wallis. Seine Mutter, Florence Holten, war die Tochter eines Seemannes aus Cornwall. Seine Kindheit war infolge des strengen und autoritären Verhaltens des Vaters, der an Diracs Schule das Fach Französisch unterrichtete, unglücklich − ein Bruder nahm sich das Leben. Dirac studierte zunächst 1921 Elektrotechnik in Bristol, wechselte dann zur Mathematik und bekam 1923 ein Stipendium für die Universität Cambridge, wo er bei Ralph Howard Fowler studierte.

1925 fand er in seiner Dissertation die klassische Entsprechung der neuen quantenmechanischen Kommutatoren von Heisenberg, Born und Jordan mit den Poisson-Klammern der klassischen Mechanik. 1926 entwickelte Paul Dirac eine abstrakte Fassung der Quantenmechanik („Transformationstheorie“), die die Matrizenmechanik Heisenbergs und die Wellenmechanik Schrödingers als Spezialfälle enthielt. Somit konnte er unabhängig von Schrödinger die Äquivalenz beider Theorien zeigen. Die klassische Mechanik ergibt sich in seiner Theorie als Spezialfall der Quantenmechanik. Von Dirac stammt auch die Einführung des Wechselwirkungsbilds, das sowohl Schrödinger- als auch Heisenbergbild verwendet.

1928 stellte er auf Grundlage der Arbeit von Wolfgang Pauli über das Ausschließungsprinzip die nach ihm benannte Dirac-Gleichung auf,[1] bei der es sich um eine relativistische, also auf der speziellen Relativitätstheorie beruhende Wellengleichung 1. Ordnung zur Beschreibung des Elektrons handelt. Dirac fand sie, indem er von der relativistischen Wellengleichung 2. Ordnung von Charles Galton Darwin ausging (einer Weiterentwicklung der Klein-Gordon-Gleichung) und ein wenig mit „Gleichungen herumspielte“, das heißt, er suchte einen Ansatz für eine entsprechende Gleichung 1. Ordnung, die sich nur mit dem Einführen von Spinoren und Dirac-Matrizen gewinnen ließ und deren „Quadrat“ wieder die relativistische Wellengleichung ergibt. Sie lieferte z. B. eine theoretische Erklärung für den anomalen Zeeman-Effekt und die Feinstruktur in der Atomspektroskopie und erklärte den Spin, der bis dahin in der Quantenmechanik als grundlegendes, aber unverstandenes Phänomen bekannt war, als natürliche Folge seiner relativistischen Wellengleichung.

Seine Gleichung erlaubte es Dirac auch, die Löchertheorie zu formulieren und die Existenz des Positrons, des Antiteilchens des Elektrons, vorherzusagen (er scheute aber zunächst vor der öffentlichen Postulierung eines neuen Teilchens zurück und identifizierte das negative Antiteilchen des Elektrons mit dem Proton).[2] Das Positron wurde darauf 1932 von Carl David Anderson als neues Teilchen in kosmischer Strahlung nachgewiesen. Im Dirac-Bild der Quantenfeldtheorie besteht das Vakuum in Analogie zur Festkörperphysik aus einem bis zur Fermigrenze gefüllten Dirac-See von Elektronen. Paarerzeugung im Vakuum ist die Anregung eines Elektrons aus diesem Dirac-See über die Fermigrenze hinaus - das hinterlassene „Loch“ in dem Diracsee ist das Positron.

Sein 1930 veröffentlichtes Buch The Principles of Quantum Mechanics (deutsch Die Prinzipien der Quantenmechanik, 1930) war wegbereitend für den Gebrauch von linearen Operatoren als Verallgemeinerung („Transformationstheorie“) der Theorien von Heisenberg und Schrödinger. Mit ihr wurde auch das Deltafunktional (eine spezielle Distribution, auch Diracfunktion oder Deltafunktion genannt) sowie die Bra-Ket-Notation verwendet, in der einen Zustandsvektor im Hilbertraum eines Systems bezeichnet (z. B. Anfangszustand) und den zu ihm dualen Vektor (z. B. Endzustand in der Beschreibung eines physikalischen Prozesses). Das oben genannte Lehrbuch blieb bis heute ein Standardwerk und war in Diracs Augen so perfekt, dass er in seinen Vorlesungen einfach daraus vorlas.

Dirac schuf den Begriff des Bosons in Anerkennung der Verdienste von Satyendra Nath Bose um die Quantenstatistik. Er gilt mit Enrico Fermi als Erfinder der Statistik der Fermionen (Fermi-Dirac-Statistik), erkannte aber Fermis Priorität an.

1931 postulierte er als erster die Existenz eines magnetischen Monopols,[3] also eines Teilchens mit magnetischer Ladung, ähnlich der elektrischen Ladung z. B. beim Elektron. Die Existenz eines solchen Teilchens, das bisher nicht beobachtet wurde, würde die Quantisierung der elektrischen Ladung erklären. Dahinter stecken letztlich topologische Ideen, die hier erstmals in der Quantenmechanik auftauchen.

In seiner „Large number hypothesis“ versucht Dirac – plausibler als ähnliche Versuche Eddingtons – einen Zusammenhang zwischen der Größe der Fundamentalkonstanten und der gegenwärtigen Ausdehnung des Universums zu geben.[4] Daraus ergeben sich Spekulationen über die zeitliche Variation der Naturkonstanten, denen bis heute experimentell nachgegangen wird. Diracs großer Konkurrent auf dem Gebiet quantenmechanischer Formalismen, Pascual Jordan, griff diese Ideen in einer eigenen Theorie der Gravitation mit variabler Gravitationskonstante auf.

In seiner Untersuchung der klassischen Theorie strahlender Elektronen von 1938 tauchten neben „runaway solutions“ auch erstmals Renormierungsideen auf.[5] Das Auftreten divergenter Ausdrücke in der üblichen Renormierungstheorie der Quantenelektrodynamik, die dann in die Definition der „nackten“ Ladung und Masse zum Verschwinden gebracht werden, lehnte er aber zeitlebens ab.

Paul Dirac mit seiner Frau Margit
Juli 1963 in Kopenhagen

Dirac ist auch der Erfinder vieler weiterer Formalismen der theoretischen Physik. Beispielsweise stammt von ihm die ursprüngliche Idee zu Pfadintegralen,[6] die als alternativer Zugang zur Quantenmechanik aber erst durch Richard Feynman „ernst genommen“ und ausgebaut wurden. In einer Arbeit aus dem Jahre 1949 erfand er die „light cone quantization“ (Lichtfrontformalismus) der Quantenfeldtheorie,[7] die in der Hochenergiephysik viel verwendet wird. In den 1950er Jahren versuchte Dirac dann, den von ihm postulierten Dirac-See als universellen Äther auszulegen.[8][9][10]

Er untersuchte auch ganz allgemein hamiltonsche Systeme mit „constraints“ (Zwangsbedingungen), speziell um einen Zugang zur Quantisierung der Gravitation zu finden. Diese Arbeiten gingen später in der BRST-Formulierung auf. Seine Untersuchung ausgedehnter Systeme in der Quantenfeldtheorie 1962[11] ist ein Vorläufer der p-branes und bag-Modelle späterer Jahre.

Paul Dirac, Wolfgang Pauli und Rudolf Peierls, 1953 in Birmingham.

Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete er an Gaszentrifugen zur Urananreicherung.

Von 1932 bis 1969 war er Professor des Lucasischen Lehrstuhls für Mathematik an der Universität Cambridge. Danach war er an der Florida State University in Tallahassee in Florida tätig.

Ehrungen

Im Jahr 1933 erhielt Dirac zusammen mit Erwin Schrödinger den Nobelpreis für Physik „für die Entdeckung einer neuen, nützlichen Form der Atomtheorie“. 1930 wurde er als Mitglied („Fellow“) in die Royal Society gewählt, die ihm 1939 die Royal Medal und 1952 die Copley-Medaille verlieh. 1950 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. 1952 wurde er mit der Max-Planck-Medaille ausgezeichnet. 1958 wurde er in die Accademia Nazionale dei Lincei in Rom aufgenommen; im gleichen Jahr erfolgte auch die Wahl zum Mitglied der Leopoldina. Außerdem verlieh ihm die britische Krone den Order of Merit.

Ihm zu Ehren wird die Dirac-Medaille (ICTP) an Wissenschaftler für herausragende Leistungen verliehen und ebenso die Dirac Medal (UNSW) und die Dirac-Medaille (IOP). Nach Paul Dirac ist auch ein Asteroid benannt.[12]

Er liegt in Tallahassee begraben, es erinnert aber seit November 1995 ein Stein im Fußboden der Westminster Abbey nahe Newtons Grab an ihn, auf dem auch die Diracgleichung eingemeisselt ist[13]. Der Dean von Westminster Abbey Michael Mayne hatte sich dem lange widersetzt, da Dirac bekennender Atheist war.[14]

Persönlichkeit und Ansichten

Grabstätte von P.A.M. Dirac und seiner Frau Margit auf dem Roselawn Cemetery, Tallahassee/Florida

Dirac war von zurückhaltender Natur. Es machte ihm nichts aus, in Gesellschaft zu schweigen und auf Fragen nur sehr wortkarge, einer strikten Wahrheitsliebe verpflichtete Antworten zu geben, wovon zahlreiche Anekdoten verbreitet waren.

Dirac war überzeugter Atheist. Auf die Frage nach seiner Meinung zu Diracs Ansichten bemerkte Wolfgang Pauli in Anspielung auf das islamische Gottesbekenntnis: „Wenn ich Dirac richtig verstehe, meint er Folgendes: Es gibt keinen Gott und Dirac ist sein Prophet.“

1937 heiratete er Margit (1904–2002), die Schwester des Physikers Eugene Wigner. Der Mathematiker Gabriel Andrew Dirac aus der ersten Ehe seiner Frau war sein Stiefsohn.

Siehe auch

Werke

  • The Principles of Quantum Mechanics, Oxford: Oxford University Press, 1958, ISBN 0-19-852011-5 (zuerst 1930, ab 3. Auflage 1947 bra-ket Notation, 4. Aufl.1957)
  • Lectures on quantum mechanics 1966
  • General Theory of Relativity, Princeton: Landmarks in Physics, 1996, ISBN 0-691-01146-X (zuerst 1975)
  • Directions in physics, 1978 (Vorlesungen Australien 1975)
  • Dalitz (Hrsg.) Collected Works of P.A.M.Dirac (1924–1938), Cambridge 1996

Einige Aufsätze:

  • Proceedings of the Royal Society Bd.109, 1925, S.642 (Zusammenhang klassischer Poisson-Brackett mit quantenmechanischer Kommutator)
  • Physical interpretation of quantum dynamics, Proceedings of the Royal Society, Bd.113, 1927, S.621 (Transformationstheorie, seine allgemeine Formulierung der Quantenmechanik)
  • On the theory of quantum mechanics, Proceedings of the Royal Society Bd.112, 1926, 661 (Fermi-Dirac und Bose-Statistik)
  • Quantum theory of emission and absorption of radiation (zweite Quantisierung, Grundlagen Quantenfeldtheorie)
  • The quantum theory of the electron, Proceedings or the Royal Society Bd.117, 1928, S.610–624, Bd.118, S.351 (Diracgleichung, spin)
  • A theory of electrons and positrons, Proceedings of the Royal Society, Bd.126, 1930, 360 (Löchertheorie)
  • Quantized singularities of the electromagnetic field (Memento vom 19. Februar 2008 im Internet Archive), Proc.Roy.Soc. Bd.133, 1931, S.60 (magnetisches Monopol, Vorhersage Positron)
  • Proceedings Cambridge Philosophical Society, Bd.35, 1939, S.416 (erstmals bra-ket Notation)
  • Proceedings Cambridge Philosophical Society, Bd.25, 1929, S.62 (Dichtematrix, weniger abstrakt als bei John von Neumann)

Literatur

  • Richard Dalitz und Rudolf Peierls: Paul Adrien Maurice Dirac, 8 August 1902–20 October 1984. In: Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society of London 32. 1986, S. 137–185
  • Helge Kragh: Dirac. Cambridge University Press, Cambridge 1990. ISBN 0-521-38089-8
  • Abraham Pais und Peter Goddard: Paul Dirac: the man and his work. Cambridge University Press, Cambridge 2005, ISBN 0-521-01953-2.
  • Abdus Salam, Eugene Wigner (Hrsg.): Aspects of quantum theory. Cambridge University Press, Cambridge 1972, ISBN 0-521-08600-0. (darin u.a.: Eden, John Polkinghorne Dirac in Cambridge, Van Vleck Travels with Dirac in the Rockies, Jagdish Mehra The golden age of theoretical physics: Dirac’s scientific work from 1924–1933)
  • John Gerald Taylor: Tributes to Paul Dirac. A. Hilger, Bristol 1987, ISBN 0-85274-480-3.
  • Graham Farmelo: The Strangest Man: The Hidden Life of Paul Dirac, Quantum Genius. Faber and Faber, London 2009, ISBN 978-0-571-22278-0 (vor allem für seine Dirac Biographie erhielt er 2012 die Kelvin Medal des Institute of Physics)
  • Howard Baer, Alexander Belyaev (Herausgeber): Proceedings of the Dirac Centennial Symposium. University of Florida, Tallahassee 6.–7. Dezember 2002, World Scientific 2003 (unter anderem Monica Dirac über ihren Vater)

Weblinks

 Commons: Paul Dirac – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. P.A.M. Dirac, The quantum theory of the electron, Proceedings or the Royal Society Bd.117, 1928, S.610, Bd.118, S.351
  2. Dirac Proc. Roy. Soc. A 126, 1929, S.360, Nature, Band 126, 1930, S. 605. Dirac meinte später, damals ging man allgemein davon aus, Elektron und Proton wären die einzigen Elementarteilchen. Robert Oppenheimer, Igor Tamm und Hermann Weyl kritisierten die Identifikation schon 1930 und auch Dirac wandte sich 1931 davon ab und postulierte ein neues Teilchen (Proc. Roy. Soc. A 133, 1931, S. 60). Der Name Positron taucht zuerst 1933 in einer Arbeit von Carl Anderson auf (Physical Review, Band 43, S. 491). Abraham Pais Paul Dirac. Aspects of his life and work, S. 15f, in Pais u.a. Paul Dirac, Cambridge University Press 1998
  3. Proceedings Royal Society A, Bd. 133, S. 60 u. Physical Review Bd. 74, 1948, S. 817
  4. Nature Bd. 139, 1937, S. 323
  5. Proceedings Roal Society Bd. 167, 1938, S. 148
  6. Physikalische Zeitschrift der Sowjetunion Bd.3, 1933, S. 64
  7. Reviews of modern physics
  8. P.A.M. Dirac. Is there an Aether? Nature, 168:906-7, 1951.
  9. P.A.M. Dirac. The Stellung des Aethers in the Physik. Naturwissenschaftliche Rundschau, 6:441-6, 1953
  10. P.A.M. Dirac. Quantum mechanics and the aether. The Scientific Monthly, 78:142-6, 1954
  11. Proceedings Royal Society A, Bd.268, S.57
  12. 5997 Dirac (1983 TH9) JPL Small-Body Database Browser; 5997 Dirac en.wikipedia (Abgerufen am 11. Mai 2010)
  13. Westminster Abbey, Dirac
  14. Blog des Dirac-Biographen Graham Farmelo
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