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Otto Wolff von Amerongen

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Otto Wolff von Amerongen, 1977
Familienwappen Taets von Amerongen

Otto Wolff von Amerongen (* 6. August 1918 in Köln; † 8. März 2007 ebenda, vollständig Otto Wolff Freiherr Taets von Amerongen) galt als einer der einflussreichsten Unternehmer in Deutschland nach 1945. Er wurde auch als „Wegbereiter des Osthandels“ und „heimlicher Osthandelsminister“[1] bezeichnet.

Leben und Wirken

Privatleben

Wolff von Amerongen war der uneheliche Sohn des Eisenindustriellen Otto Wolff und von Else von Amerongen geb. Pieper (Ehefrau des Hans Taets von Amerongen). Otto Wolff adoptierte am 22. Juli 1935 seinen leiblichen Sohn, wodurch aus Otto Taets von Amerongen Otto Wolff von Amerongen wurde. Nach fünf Jahren in der Hitlerjugend wurde von Amerongen 1938 zur Wehrmacht einberufen. In der Zeit der NS-Diktatur schloss er sich keiner nationalsozialistischen Organisation oder deren Untergruppierung an.[2] Nach Kriegsende war er bis 1947 durch die Alliierten interniert.

Wolff hatte 1943 Eva Hehemann (1923–2016[3]) geheiratet.[4] Nachdem sich das Paar getrennt hatte, heiratete Wolff 1966 Winnie Greger. Wolff hatte drei Töchter.[5] [6]

Im hohen Alter zog Wolff sich aus gesundheitlichen Gründen zunehmend aus der Öffentlichkeit zurück. Sein Grab befindet sich auf dem Melaten-Friedhof in Köln.

Unternehmerische Tätigkeit

Bereits im Jahr 1940 folgte er seinem Vater Otto Wolff nach dessen Tod als persönlich haftender Teilhaber des Otto-Wolff-Konzerns. Er vertrat den Konzern während des Krieges in Lissabon und organisierte den Kauf des kriegswichtigen Schwermetalls Wolfram für die deutsche Rüstungsindustrie. Portugal war der einzige Staat, der dem Deutschen Reich diesen Rohstoff lieferte. [7] 1947 konnte er wieder in das Familienunternehmen zurückkehren, das er 1966 in eine Aktiengesellschaft umwandelte und bis 1986 als Vorstandsvorsitzender leitete. Er berief seinen Schwiegersohn Arend Oetker zum Vorstandsvorsitzenden, der 1990 den gesamten Konzern mitsamt seinen rund 200 Beteiligungen und 30.000 Mitarbeitern nach anhaltender Krise und vorangegangenen Teilverkäufen an die Thyssen AG (heute ThyssenKrupp AG) verkaufte. In der Nachkriegszeit hatte Wolff von Amerongen zahlreiche Aufsichtsratsmandate inne und wurde 1971 als erster Deutscher in das Führungsgremium des US-amerikanischen Exxon-Konzerns berufen.

Mitgliedschaften und Ämter

Von 1969 bis 1988 war Otto Wolff von Amerongen Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages und dann bis zu seinem Tod in zahlreichen Organisationen Ehrenpräsident, wie z. B. der Kölner Industrie- und Handelskammer, des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, der Deutschen Olympischen Gesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und auch des Verbandes der Deutschen Wirtschaft in der Russischen Föderation. Er gehörte dem inneren Kreis der Bilderberg-Gruppe an und war Mitglied des Präsidiums der Europa-Union Deutschland. Bereits 1964 hatte sich in den Räumen seines Unternehmens die Deutsch-Portugiesische Gesellschaft (DPG) gegründet, deren Gründungsmitglied er war.

Einfluss auf den deutschen Osthandel

Von 1955 bis 2000 leitete Wolff von Amerongen den Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft[8] und baute vor allem in den 1950er- und 1960er-Jahren wirtschaftliche Kontakte zur Sowjetunion auf. 1961 wurde er von Bundeskanzler Konrad Adenauer zum Leiter des Komitees zur Vorbereitung der Industriemesse Moskau 1962 berufen. Das deutsch-sowjetische Erdgas-Röhren-Geschäft – ein sogenanntes Barter-Geschäft – gilt als sein größter Erfolg mit Einfluss auf die Entspannungspolitik der Bundesrepublik.

Von Michail Gorbatschow wurde er als „ältester Pionier der Arbeitsbrigade Deutschland/Sowjetunion“ gelobt.[9] Als Vorsitzender des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft war Wolff von Amerongen 1989 drei Monate nach dem Tian’anmen-Massaker der erste Ausländer, der den chinesischen Premierminister Li Peng besuchte.[10]

Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus

Durch entsprechende Vermerke in Akten der US-Nachkriegsbesatzung und des russischen KGB gilt als bewiesen, dass der Otto-Wolff-Konzern unter seiner Führung bis 1945 unter anderem jüdisches Eigentum in Form von Aktien, Gold und anderen Werten für die nationalsozialistische Regierung und deren Kriegsfinanzierung beschaffte und an den Börsen z. B. in der Schweiz anlegte.[11] Weiterhin übernahm sein Unternehmen eine wesentliche Rolle in der Beschaffung des kriegswichtigen Metalls Wolfram, das sich zur Herstellung panzerbrechender Munition eignet.[12]

Die beiden Journalisten Ingolf Gritschneder und Werner Rügemer hatten dazu monatelang recherchiert und in einer Dokumentation, die 2001 unter dem Titel „Hehler für Hitler“ ausgestrahlt wurde, das Thema an die Öffentlichkeit gebracht.[11] Zu den Vorwürfen einer persönlichen Verstrickung nahm Wolff von Amerongen nie öffentlich Stellung.

Stiftung

1991 gründete er die Otto Wolff von Amerongen-Stiftung zur Förderung von Bildung, Erziehung und Völkerverständigung, deren Vorstandsvorsitz er übernahm. 1998 entstand daraus die Otto Wolff-Stiftung, die in Köln ein Institut für Wirtschaftsforschung unterhält, das Otto-Wolff-Institut für Wirtschaftsordnung.[13]

Seit 2001 vergibt der Club of Cologne alle zwei Jahre den mit 5.000 Euro dotierten Otto Wolff von Amerongen Preis für Sportwissenschaft.[14]

Film

Ab dem 2. März 2006 lief eine Dokumentation mit dem Titel Hat Wolff von Amerongen Konkursdelikte begangen? in den deutschen Kinos.[15] Der Regisseur Gerhard Friedl beleuchtet darin die Rolle Wolffs im Zusammenhang mehrerer Firmenzusammenbrüche. Dieser Film erhielt unter anderem den Deutschen Kurzfilmpreis 2005 und den ARTE-Dokumentarfilmpreis 2004.[16]

Auszeichnungen

Weblinks

Literatur

Einzelnachweise

  1. „Der Wegbereiter des Osthandels wird 85“, stern, 5. August 2003.
  2. Jochen Thies: Otto Wolff von Amerongen: Kundschafter der Marktwirtschaft, in: Peter Danylow / Ulrich S. Soénius (Hrsg.): Otto Wolff. Ein Unternehmen zwischen Wirtschaft und Politik, München 2005, Siedler Verlag. ISBN 3-88680-804-1, S. 391
  3. Traueranzeige Eva Wolff von Amerongen, FAZ, 17. Dezember 2016
  4. Jochen Thies: Otto Wolff von Amerongen: Kundschafter der Marktwirtschaft, in: Peter Danylow ..., München 2005, S. 397.
  5. Otto Wolff von Amerongen ist tot. Nachruf in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 9. März 2007.
  6. Jochen Thies: Otto Wolff von Amerongen: Kundschafter der Marktwirtschaft, in: Peter Danylow ..., München 2005, S. 414f.
  7. Werner Rügemer: Colonia Corrupta. Münster 2012, S.181 ff. ISBN 978-3-89691-525-2
  8. Organigramm auf ost-ausschuss.de.
  9. „Otto Wolff von Amerongen ist tot“ auf heute.de vom 9. März 2007.
  10. Frank Dohmen u. a.: Geliebter Feind. Der rasante Aufstieg im Reich der Mitte beschert der deutschen Wirtschaft ein Wachstumswunder – aber auch neue Risiken. Der Spiegel 34/2010, S. 70
  11. 11,0 11,1 Hehler für Hitler, Dokumentation von Werner Rügemer, 2004 auf 3sat.de und 2012 auf EinsExtra.
  12. Interview mit dem Historiker Janis Schmelzer, Autor des Buches „Devisen für den Endsieg“, 2003, S. 3.
  13. Profil der Stiftung, auf: otto-wolff-institut.de
  14. Der Otto Wolff von Amerongen Preis für Sportwissenschaft, auf uni-bielefeld.de.
  15. Filminhalt auf cinema.de.
  16. Hat Wolff von Amerongen Konkursdelikte begangen? auf imdb.com.
  17. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)
  18. Otto Wolff von Amerongen 85 Jahre, auf: verbaende.com vom 4. August 2003.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Otto Wolff von Amerongen aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.