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Maximilian Harden
Maximilian Harden (geb. 20. Oktober 1861 in Berlin; gest. 30. Oktober 1927 in Montana, Schweiz; ursprünglich Felix Ernst Witkowski; Zahlreiche Pseudonyme wie „Kent“, „Aposta“, „Kunz von der Rosen“[1]) war ein deutscher Publizist, Kritiker, Schauspieler und Journalist.
Leben
Harden war der Sohn des jüdischen Seidenhändlers Arnold Witkowski und dessen Frau Ernestine. Sein Bruder war der einflussreiche Bankier und Politiker Richard Witting. Auf Druck seines Vaters hin musste der Zwölfjährige das Französische Gymnasium in Berlin verlassen. Ab 1874 absolvierte er eine Ausbildung zum Schauspieler und trat danach mit einer Wandertruppe an verschiedenen Orten in Deutschland auf. 1878 konvertierte er zum Protestantismus. Ab 1884 war Harden Theaterkritiker für zahlreiche Zeitungen. Unter dem Pseudonym Apostata veröffentlichte er in der Zeitschrift Die Gegenwart außerdem Artikel zu politischen Themen. Weitere Zeitungen, in denen er publizierte, waren Die Nation und das Berliner Tageblatt, dort als Mitarbeiter von Theodor Wolff. 1889 war er einer der Mitbegründer des Theatervereins Freie Bühne in Berlin und reorganisierte in den folgenden Jahren gemeinsam mit Max Reinhardt das Deutsche Theater in Berlin.
1892 gründete Harden die Wochenzeitschrift Die Zukunft, in der er viele Essays zu Politik und Kunst veröffentlichte. Gleich in der ersten Ausgabe kanzelte er pauschal seine ganze Konkurrenz als verdummende Fälscher ab[1]: „Weil sie aber in Berlin ihr großes Färbemagazin, ihren Fälschertempel errichtet hat, weil sie ein Millionenvolk verdummt und verderbt, deshalb nur bestreite ich hier diesen neuen Bel und künde ihm Fehde, ohne Erbarmen, und rufe, so laut, wie der Fälscherchor zwingt: Glaubt ihnen nicht“[2]. Für Maximilian Harden gab es nur einen, der die Wahrheit sucht: ihn selbst.[1] Harden agiert als intellektuelle „Kampfnatur“ und arbeitet sich am politischen, sozialen und kulturellen Zeitgeschehen ab. Publizistisch ist er äußerst aktiv, tausende Seiten seiner Zeitschrift füllt er selbst.[1] Innerhalb weniger Jahre wird er der „bestgehasste und jedenfalls bekannteste unter allen deutschen Schriftstellern“, wie die Zeitschrift „Berliner Leben“ im September 1898 urteilt.[1] Mit der Zukunft bot er auch progressiven Denkerinnen und Denkern eine Plattform, etwa der Sexualreformerin Helene Stöcker.[3]
Künstlerisch war er in eine Reihe von Auseinandersetzungen unter anderen mit Gerhart Hauptmann und Hermann Sudermann verwickelt. Für den Friedrichshagener Dichterkreis hatte Harden einen hohen Stellenwert: Er veröffentlichte in der ersten Ausgabe seiner Zeitschrift den Aufruf Ola Hanssons und Laura Marholms zur Unterstützung August Strindbergs. Diese 1.000 Mark waren die Voraussetzung für die Übersiedlung Strindbergs nach Friedrichshagen, aber auch Grundlage des Zerwürfnisses Strindbergs mit Laura Marholm.
Im Kaiserreich war Maximilian Harden anfangs Monarchist und bewunderte Otto von Bismarck. Später sah er die neue Regierung unter Wilhelm II. und besonders dessen von Bismarck so genannte „Kamarilla der Kinäden“ kritisch. Ab 1906 griff Harden in einer Reihe von Artikeln die Entourage und damit das auch von Harden so genannte persönliche Regiment des Kaisers an (→ Harden-Eulenburg-Affäre). Die Enthüllungen richten sich vor allem gegen den Diplomaten Philipp zu Eulenburg sowie den Berliner Stadtkommandanten und Flügeladjutanten des Kaisers Kuno von Moltke. Von dem homoerotischen Milieu seiner „Hofkamarilla“ werde die „Verweichlichung“ Wilhelms begünstigt.[1] Zu besonders harten Auseinandersetzungen führte seine – ihm angeblich von Bismarck bei einer Flasche Wein gesteckte – Enthüllung, dass Eulenburg, ein enger Freund und Berater des Kaisers, homosexuell sei und einen Meineid geleistet habe. Die Outing-Kampagne führte zu einer Staatsaffäre und zog eine mehrjährige Prozesslawine nach sich. Trotz anfänglichen Freispruchs beschädigten die drei Sensationsprozesse gegen Eulenburg das Ansehen des Kaiserhauses stark und wurden von Hardens Anwalt Max Bernstein gezielt zur Bloßstellung der offensichtlich nicht unabhängigen preußischen Justiz genutzt. Ähnliche Schockwellen sandte der Skandal-Prozess von Kuno von Moltke gegen Harden aus. Weil in diesem Prozess Maximilian Harden Privates des Grafen an die Öffentlichkeit zerrte, rechnete sein einstiger Verehrer Karl Kraus aus Wien 1907 in dem Pamphlet Maximilian Harden. Eine Erledigung. mit ihm ab.
Im Ersten Weltkrieg trat Harden anfangs für einen Siegfrieden ein. Allmählich relativierte er seine Position jedoch und wurde immer mehr zu einem Kritiker der Kriegspolitik. 1918 wurde ihm für seine Essay-Sammlung Krieg und Frieden der Strindberg-Preis verliehen. Im Verlauf der Revolution nach 1918 bezog Harden sozialistische Positionen. 1919 heiratete er seine langjährige Lebensgefährtin Selma Aaron.
Als man sich in Deutschland gegen die Friedensbedingungen des Versailler Vertrags empörte, gehörte Harden zu den wenigen, die diesen befürworteten, weil er von der Kriegsschuld Deutschlands überzeugt war. Harden fand immer weniger geneigte Leser. Mit einer sinkenden Zahl an Abonnenten der Zukunft schwand sein Einfluss.
Wenige Tage nach dem Mordanschlag auf seinen früheren Freund Walther Rathenau wurde auf Harden am 3. Juli 1922 vor seinem Haus in Berlin-Grunewald von Anhängern der Freikorps ein Attentat verübt, das er mit schweren Kopfverletzungen nur knapp überlebte. Kurt Tucholsky kritisierte die Behandlung der Attentäter u.a. in der Weltbühne als zu nachsichtig.[4] Harden stellte in der Folge Die Zukunft ein. Am 30. September 1922, 30 Jahre nach ihrer Gründung, erschien die letzte Ausgabe.
1923 zog Harden sich in die Schweiz zurück. Am 30. Oktober 1927 starb er in Montana-Vermala im schweizerischen Wallis. Zu seinem Tod am 30. Oktober 1927 befand die Gauzeitung der Berliner NSDAP, „Der Angriff“: „Maximilian Harden ist durch eine Lungenentzündung hingerichtet worden. Wir bedauern am Tod dieses Mannes nur, dass er uns die Möglichkeit genommen hat, auf unsere Weise mit Isidor Witkowski abzurechnen.“[1]
Werke
- Die Zukunft, Eine Wochenschrift erschienen 1892–1922
- Literatur und Theater, 1896
- Köpfe, Verlag Erich Reiss, Berlin 1910
- Krieg und Frieden, 1918
- Von Versailles nach Versailles, Avalun-Verlag, Hellerau bei Dresden 1927 (Autobiographie)
- Kaiserpanorama. Literarische und politische Publizistik, hg. und mit einem Nachwort von Ruth Greuner, Buchverlag der Morgen, Berlin (Ost), 1983
- Maximilian Harden. Porträts und Aufsätze, Reclam, Leipzig 1990.
- Briefwechsel und Interviews
- Briefwechsel 1897–1920. Maximilian Harden, Walther Rathenau. Mit einer einleitenden Studie hrsg. von Hans Dieter Hellige. G. Müller, München; Schneider, Heidelberg 1983.
- Frank Wedekind, Thomas Mann, Heinrich Mann – Briefwechsel mit Maximilian Harden. Hrsg., kommentiert und mit einem einleitenden Essay von Ariane Martin. Verlag Häusser, Darmstadt 1996. ISBN 3-89552-036-5
- M. H. im Interview in: Hermann Bahr; Hermann Greive (Hg): Der Antisemitismus. Ein internationales Interview. Jüdischer, Königstein 1979 (zuerst 1894, Neuaufl. 2005) ISBN 3761080433 S. 33–38
Literatur
- Norman Domeier: Der Eulenburg-Skandal. Eine politische Kulturgeschichte des Kaiserreichs. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-593-39275-2.
- Sabine Armbrecht: Verkannte Liebe. Maximilian Hardens Haltung zu Deutschtum und Judentum. BIS-Vlg., Oldenburg 1999 (Reihe: Oldenburgische Beiträge zu jüdischen Studien, 3) ISBN 3-8142-0653-3
- Hugo Friedländer: Interessante Kriminalprozesse. Ein Pitaval des Kaiserreichs. CD-Rom, Reihe Digitale Bibliothek 51, Directmedia Publishing
- Oliver Hilmes: Cosimas Kinder. Triumph und Tragödie der Wagner-Dynastie. Siedler Verlag, München 2009, ISBN 978-3-88680-899-1.
- Elisabeth Th. Hilscher-Fritz: Harden, Maximilian. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 2, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2003, ISBN 3-7001-3044-9.
- Peter Jungblut: Famose Kerle. Eulenburg – Eine wilhelminische Affäre. MännerschwarmSkript Verlag, Hamburg, 2003, ISBN 3-935596-21-9
- Helga Neumann, Manfred Neumann: Maximilian Harden: (1861–1927). Ein unerschrockener deutsch-jüdischer Kritiker und Publizist. Königshausen und Neumann, Würzburg 2003.
- Hedwig Pringsheim: Meine Manns: Briefe an Maximilian Harden 1900-1922. Berlin, 2006, ISBN 3-7466-2433-9
- Helmuth Rogge: Harden, Maximilian Felix Ernst. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, S. 647–651 (Onlinefassung).
Weblinks
- Literatur von und über Maximilian Harden im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Maximilian Harden in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Gabriel Eikenberg: Tabellarischer Lebenslauf von Maximilian Harden im LeMO (DHM und HdG)
- Die Zeitschrift Die Zukunft
- Auszug aus Köpfe
- Artikel in der Süddeutschen Zeitung
- Material der Walther Rathenau Gesellschaft (Memento vom 3. Januar 2008 im Internet Archive)
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 Falke in Filzpuschen
- ↑ Die Zukunft, Band 1, S. 40
- ↑ Helene Stöcker (2015): Lebenserinnerungen, hg. von Reinhold Lütgemeier-Davin u. Kerstin Wolff. Köln 2015, S. 122.
- ↑ Bernhard Weck: Kurt Tucholsky und der Prozeß wegen des Attentats auf den Publizisten Maximilian Harden, Neue Juristische Wochenschrift 1993, S. 1436-1440
Personendaten | |
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NAME | Harden, Maximilian |
ALTERNATIVNAMEN | Witkowski, Felix Ernst |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Publizist, Kritiker, Schauspieler und Journalist |
GEBURTSDATUM | 20. Oktober 1861 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 30. Oktober 1927 |
STERBEORT | Montana, Schweiz |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Maximilian Harden aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |