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Hermann Bahr

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Hermann Bahr im Februar 1891

Hermann Anastas Bahr (geb. 19. Juli 1863 in Linz; gest. 15. Januar 1934 in München) war ein österreichischer Schriftsteller, Dramatiker sowie Theater- und Literaturkritiker. Er gilt als geistreicher Wortführer bürgerlich-literarischer Strömungen vom Naturalismus, über die Wiener Moderne bis hin zum Expressionismus.[1]

Leben

1863–1890

Hermann Bahr (Original-Zeichnung von Ferry Bératon, 1893)

Hermann Bahr kam in Linz als Sohn des Rechtsanwalts, Notars und Landtagsabgeordneten Alois Bahr (1834–1898) und seiner Frau Wilhelmine (Minna, geborene Weidlich, 1836–1902) zur Welt. Er besuchte in Linz die Volksschule und für vier Jahre das Akademische Gymnasium. Von November 1878 bis 1881 absolvierte er das Benediktiner-Gymnasium in Salzburg. Das Gymnasium beendete er mit einer Abschlussrede zu dem Thema Der Wert der Arbeit, die wegen ihrer sozialistischen Aussage für Turbulenzen sorgte. Nach dem Umzug nach Wien studierte Bahr Klassische Philologie, wechselte aber schon nach wenigen Wochen zur Rechtswissenschaft. In dieser Zeit wurde der junge Bahr von seinem Onkel Salomo Robiscek[2] in die berühmte Gesellschaft des Café Scheidl eingeführt und wurde Kneipschwanz der Wiener akademischen Burschenschaft Albia, trotz Mensur verweigerte er aus Rücksicht auf seinen Vater eine echte Mitgliedschaft. Er lernte Georg von Schönerer, den Führer der Deutschnationalen kennen, und wurde in der Alldeutschen Bewegung aktiv. Wegen einer deutschnationalen Trauerrede auf Richard Wagner wurde er im März 1883 von der Universität in Wien ausgeschlossen. Nun studierte Bahr jeweils nur wenige Monate in Graz und in Czernowitz weiter. Im März 1884 schrieb er sich an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin ein, hörte Nationalökonomie bei Adolf Wagner und Gustav von Schmoller. Gleichzeitig besuchte er auch Vorlesungen in Philosophie, Geschichte, Literatur und Kunstgeschichte. Ohne Abschluss verließ Bahr 1887 Berlin, um zunächst ein Freiwilligenjahr beim 84. Linzer Regiment in Wien abzuleisten. Danach finanzierte sein Vater ihm einen einjährigen Aufenthalt in Paris sowie zum Abschluss eine Reisen nach Südfrankreich, Spanien und Marokko. Durch seinen Aufenthalt in Paris wurde das Interesse Bahrs an Literatur und dem Theater verstärkt. War er schon seit 1882 publizistisch aufgetreten, intensivierte sich das gegen Ende des Jahrzehnts zunehmend. Seine erste Sammlung mit Zeitungsarbeiten erschien als Zur Kritik der Moderne (Herbst 1889, auf 1890 vordatiert). Er schrieb mit der Guten Schule einen Roman in Nachfolge von Joris-Karl Huysmans (Gegen den Strich), Literatur- und Kunstkritiken sowie Essays, aber auch Erzählungen und Theaterstücke.[3]

1889–1900

Das nächste Jahrzehnt[4] brachte die zunehmende Institutionalisierung Bahrs als Prophet der Moderne[5] Arbeitete er zunächst für verschiedene Verlage und Zeitschriften, so bestimmte einerseits seine 1890 erfolgte Berufung als Mitleiter der Zeitschrift Freie Bühne nach Berlin als auch die Suche nach einer Festanstellung bzw. eigene Zeitungsprojekte seinen weiteren Werdegang. Als Verlag für seine Bücher bildete sich der S. Fischer Verlag in Berlin heraus. Fischer wurde mit Bahrs Titeln zum zentralen Verleger der Moderne.[6] Als es ihm nicht gelang, an die Stelle des Chefredakteurs Otto Brahm in der Freien Bühne zu treten, verließ er mit Arno Holz, Detlev von Liliencron und anderen Ende Juli 1890 die Redaktion.[7] Im folgenden Jahr reiste Bahr nach St. Petersburg in Russland, wo er Eleonora Duse kennenlernte und mit Feuilletons in Deutschland und Österreich-Ungarn berühmt machte.[8]

Wieder in Wien schloss er Bekanntschaft mit Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler, Peter Altenberg und anderen Literaten der Zeit. Diese neuen Erfahrungen verarbeitete Bahr, indem er sie als Bewegung Jung-Wiens publizistisch inszeniert, mit Fischer als Verleger und ihm selbst als dem Sprachrohr. Ein Buch mit gesammelten Kritiken trägt den programmatischen Titel Die Überwindung des Naturalismus (1893).

In Wien arbeitete Hermann Bahr ab 1892 als Kulturredakteur und Theaterkritiker in der Nachfolge von Ludwig Ganghofer für die Deutsche Zeitung und stieg vom Redakteur zum Mitherausgeber auf, bis er wiederum kündigte. Eine in dieser Zeit geführte Interviewreihe zum Antisemitismus, die er nach dem Vorbild der Enquête sur l'évolution littéraire von Jules Huret gestaltete, wurde auch in Buchform veröffentlicht und stellt möglicherweise das erste deutschsprachige Interviewbuch dar. Nach seinem Ausscheiden gründete Bahr 1894 mit Heinrich Kanner und Isidor Singer die Wochenschrift Die Zeit, deren Kulturteil er betreut und die auch die zentralen Essays aus diesen Jahren bringt. 1899 kündigte er und heuerte im Steyrermühl-Konzern an, wo er Theaterkritiken für die Österreichische Volkszeitung und das Neue Wiener Tagblatt verfasste.

Neben seinem Einfluss in der Theaterwelt, den Bahr durch seine Kritiken gewinnt, ist er zunehmend auch als Kritiker der bildenden Kunst aktiv. Für die neugegründete Secession wurde er Berater und schrieb programmatisches für ihre Zeitschrift Ver Sacrum[9]

Hermann Bahr heiratete 1895 die jüdische Schauspielerin Rosa Jokl (1871-1940)[10], wenngleich sie bedingt durch ihre Engagements, oft längere Zeit getrennt verbringen. Nach fünf Jahren haben sich die beiden auseinandergelebt und lassen sich 1909 scheiden, doch Bahr ließ ihr bis zum Lebensende Unterhalt zukommen.

1900–1909

Kolo Moser - Hermann Bahr - ca. 1904

1899/1900 ließ sich Bahr von dem Architekten Joseph Maria Olbrich das Haus Bahr in Ober Sankt Veit errichten. (Karl Kraus, für den Bahr schon zuvor ein 'rotes Tuch' gewesen ist – nach Shakespeare und Goethe wird Bahr am dritthäufigsten in der Fackel erwähnt[11] – verlor einen Zivilrechtsprozess wegen Beleidigung, weil er behauptet hatte, dass Bahr vom Direktor des Volkstheaters Emerich Bukovics mit dem Grundstück im Gegenzug für positive Berichterstattung bestochen wurde. Kraus dürfte jedoch recht gehabt haben.[12]) Zur Innenausstattung seiner Villa gehörte unter anderem auch Gustav Klimts Nuda Veritas. Bahr nutzte seine publizistische Kraft, indem er sich 1901 und 1902 mit seiner Rede für Klimt und mit Gegen Klimt verstärkt für den Künstler einsetzte.

Neben seiner Tätigkeit als Theaterredakteur (die größeren Kritiken versammelte er in Buchausgaben) wird Bahr als Lustspieldichter zunehmend erfolgreich. Von seinen insgesamt mehr als 40 Stücken sind jedoch nur Der Meister[13] und Das Konzert (1909) mehrfach verfilmte, bis heute gespielte Stücke. Einige Bemühungen Bahrs scheiterten, einerseits die Gründung eines eigenen Theaters, andererseits musste er auf eine Stelle als Oberregisseur in München trotz unterschriebenem Vertrag verzichten. Dessen ungeachtet zeigte sich seine Bedeutung auch darin, dass ihn Max Reinhardt an das Deutsche Theater in Berlin berief, wo er 1906 bis 1907 vier Aufenthalte bestritt. Das Bühnenbild einer Ibsen-Inszenierung stammte von Edvard Munch. Bahr war auch ein früher Ideengeber für die Salzburger Festspiele.[14]

Während seine literarische Produktion in den Neunzigerjahren der Dekadenz und der Ende des Jahrhunderts--Dichtung zuzuordnen ist, begann Bahr 1908 mit Die Rahl eine Reihe 'Österreichischer Romane', die einen zeithistorischen Wert behaupten, da sie die Jahre des Untergangs des Habsburgerreichs umfassen. Es symbolisierte auch sein eigentliches Thema der zweiten Lebenshälfte (neben dem Katholizismus): Österreich. Das äußerte sich u.a. in seinen kritischen Schriften wie Wien (1907), Austriaca (1911) und der Dalmatinischen Reise (1909).

Als Kritiker und Journalist – nach der Steyrermühl schrieb Bahr 1907–1932 für die Neue Freie Presse Feuilletons, aber auch für bedeutende Blätter in Deutschland (Berliner Tageblatt, Frankfurter Zeitung, Vossische Zeitung, Berliner Börsen-Courier) – gelang es ihm weiterhin, ein gutes Auge für aktuelle kulturelle Tendenzen zu haben. Inszenierte er sich schon in den 1890ern als Kautschukmann und Schlangenmensch des Geistes[15], so war er auch in den folgenden Jahrzehnten stets auf der Suche nach Neuentdeckungen und neuen Anregungen. Er begleitete so den Jugendstil ebenso wie den literarischen Impressionismus[16] und initiiert mit einer Artikelserie die Entdeckung der Provinz (1899-1900)[17], die sich mit seiner Hinwendung zu Österreich deckte.

Gesundheitlich begann das Jahrzehnt für Bahr mit zwei schweren Erkrankungen, die ihn zum Jahreswechsel 1902/03 und zum Jahreswechsel 1903/1904 an den Rand des Todes führten. Im Rückblick machte er daran den Beginn seiner letzten 'Wandlung' zum Glauben fest. Ein ebenso eingreifender Einschnitt ist der Beginn einer Beziehung mit Anna von Mildenburg, einer der erfolgreichsten Wagner-Interpretinnen ihrer Zeit und ehemalige Geliebte Gustav Mahlers, im Herbst 1904. Im August 1909 heirateten beide, nachdem Bahr sich dafür von Rosa Jokl hatte scheiden lassen. Sie blieb bis zu seinem Tod seine Gefährtin und war auch die erste Bearbeiterin seines Nachlasses.

1910–1934

Spätestens mit seinem fünfzigsten Geburtstag im Juli 1913 war Bahr ein Fixpunkt in der deutschsprachigen Kulturszene. Zugleich war damit sein Höhepunkt auch überschritten. Mit Wien hatte er schon 1907 in einem Büchlein abgerechnet[18] und 1912 übersiedelte er mit Anna Bahr-Mildenburg in das Schloss Arenberg in Salzburg. Er konvertierte zum katholischen Glauben und besuchte nunmehr täglich die Messe. Von seinen Freunden wurde der Wandel ebenso ungläubig beobachtet wie von katholischer Seite, die beide meinten, darin eine neue Mode Bahrs zu erkennen, die er ebenso ablegen würde wie viele andere davor. Doch Bahr blieb katholisch bis zu seinem Lebensende. So wurde er auch katholischer Publizist, der vor allem für Das Neue Reich und später für die Schönere Zukunft von Josef Eberle schrieb.

Außer in verschiedenen Druckmedien veröffentlichten Feuilletons, die wie gewöhnlich in Buchausgaben gesammelt wurden, entfaltete Bahr auch eine zunehmend intensivere (und bislang wenig erforschte) Vortragstätigkeit.[19]

Im Ersten Weltkriegs, von dessen Teilnahme er aufgrund seines Alters ausgenommen war, blieb er lange von der herrschenden Kriegsbegeisterung angesteckt, wovon besonders sein Buch Kriegssegen (1915) zeugt.[20] Aber auch in seiner Nachkriegspublizistik neigte er nicht zum Pazifismus, sondern verteidigte den Nutzen des Krieges.[21] Die Kriegspropaganda[22] zeigt erstmals deutlich, dass Bahr aus dem Mann von Übermorgen ein Mann von Gestern wurde.

Ein letztes Mal erwies sich Bahr als bedeutsamer Theoretiker der Gegenwart, als er in Expressionismus (1916) versuchte, der neuesten Kunstströmung gerecht zu werden.

Journalistisch bildeten sich zunehmend zwei Kommunikationskanäle heraus. Einerseits die ab Herbst 1916 bis Ende 1931 im Neuen Wiener Journal publizierte Kolumne Tagebuch (erste Versuche dazu gab es bereits im vorangehenden Jahrzehnt) mit aktuellen Buchbesprechungen und politischen Kommentaren, andererseits Aufsätze zu den für ihn zentralen Künstlern wie Dostojewskij, Blaise Pascal, Gustav Mahler, Walt Whitman aber auch Marcel Proust und anderen. Mit großem Einsatz bemühte er sich um die Vorgeschichte Jung-Wiens, indem er seine Vorstellung einer österreichischen Literaturgeschichte skizzierte. Neben Franz Grillparzer leistete er besonders für die (Wieder-)Entdeckung Adalbert Stifters einen nicht geringen Beitrag.

In der Öffentlichkeit war er noch einmal stark präsent, als er von September 1918 bis ins Frühjahr 1919 als erster Dramaturg am Wiener Burgtheater wirkte.

1922 übersiedelte Bahr nach München, wo seine Frau 1920 eine Professur angenommen hatte, und er bis zu seinem Tode lebte. Zunehmend von Krankheiten, später Demenz geplagt, brach der Kontakt mit vielen seiner Weggefährten in dieser Zeit ab. Am 15. Jänner 1934 starb er.

Ehrung

Sein Ehrengrab befindet sich auf dem Salzburger Kommunalfriedhof. Im Jahr seines Todes wurde in Wien Floridsdorf (21. Bezirk) die Hermann-Bahr-Straße nach ihm benannt.

Bedeutung

Hermann Bahr war, insbesondere durch seine kritischen Schriften, ein bedeutender Literatur- und Kulturtheoretiker der Jahrhundertwende im deutschsprachigen Raum und wesentlich an der Definition neuer Stilrichtungen beteiligt. Er verfasste im Laufe seines Lebens über vierzig Theaterstücke, zirka zehn Romane, vierzig Bände kritische Schriften sowie eine Autobiographie.

1919 fasst er zentrale 'Entdeckungen' seiner publizistischen Tätigkeit zusammen:

„[Nicht nur Hugo Wolf.] Ich war's der d'Annunzio, der die Duse den Deutschen entdeckte, war unter den ersten, die für Maeterlinck, Klimt und Moissi warben, war's der zuerst den jungen Hofmannsthal erkannt hat. Ich bilde mir darauf gar nichts ein, es ist eine Gabe der Witterung für Eigenart und Persönlichkeit, wie mancher ein gutes Gehör oder ein scharfes Gesicht hat.“

Hermann Bahr: Tagebuch 1919[23]

Bahr war mit vielen bedeutenden Personen seiner Zeit in persönlichem Umgang: In Wien mit Schnitzler, Altenberg, Hofmannsthal, Mahler, Klimt, Otto Wagner, Max Burckhard, Bertha Zuckerkandl, Josef Kainz, Richard Strauss, Stefan Zweig, Egon Friedell, Koloman Moser, Theodor Herzl, Viktor Adler, Josef Redlich u.a. In Deutschland mit Arno Holz, Johannes Schlaf, Oscar A. H. Schmitz, Otto Julius Bierbaum, Frank Wedekind, Wolfgang Heine, Gerhart Hauptmann, Samuel Fischer, Max Reinhardt, Otto Brahm, Thomas Mann, Heinrich Mann. International unter anderem mit Ibsen, Émile Zola, Gabriele D'Annunzio, Eleonora Duse, George Bernard Shaw, Ethel Smyth...

Die rege Korrespondenz Bahrs ist vor allem aufgrund von (nunmehr obsoleten) Streitigkeiten im Nachlass nur teilweise veröffentlicht. Eine Liste der im Nachlass aufbewahrten Korrespondenz findet sich auf der Website des Theatermuseums, ein Verzeichnis der gedruckten Briefe auf der Website der Universität Wien.

Ein wichtiger Grund für die häufig in der Literatur anzutreffende (und nur teilweise zutreffende) negative Konnotation zu Bahr liegt in den Angriffen in der Zeitschrift Die Fackel von Karl Kraus, der von ihm abschätzig als dem Herrn aus Linz sprach. Oft wurde das Urteil Kraus' unhinterfragt übernommen, gerade weil Nachlassstreitigkeiten die Publikation Bahrs in den fünfzig Jahren nach seinem Tod fast zum Erliegen brachten.

War Hermann Bahr zu Lebzeiten besonders als Bühnendichter und Feuilletonist bekannt, und hielt sich nach seinem Ableben seine Bedeutung am Theater am längsten, so intensivierte sich zuletzt die Auseinandersetzung mit ihm in den Neunzigerjahren des 20. Jahrhunderts parallel zu den unter Moritz Csáky in fünf Bänden herausgegebenen Sammlung Tagebücher, Skizzenbücher, Notizhefte. Bahrs Rolle als Vermittler der Moderne und Vermittler zwischen den Kulturen rückte in den Vordergrund.

Von 2009 und bis 2012 läuft an der Universität Wien[24] unter der Leitung von Claus Pias ein vom FWF finanziertes Projekt, das die wichtigsten kritischen Schriften in Leseausgaben wieder auflegt und ein Verzeichnis der Texte Bahrs sowie der Erstdrucke erstellt.

Eines seiner bekanntesten Zitate aus dem zum Schlagwort gewordenen Text Die Überwindung des Naturalismus lautet: „Die Herrschaft des Naturalismus ist vorüber, seine Rolle ist ausgespielt, sein Zauber ist gebrochen.“[25] Aber auch die Texte Die Moderne, Der Symbolismus und Loris[26] sind besonders für die Literaturtheorie des Symbolismus von maßgeblicher Bedeutung.[27]

Bahr war stets an der Zukunft der Literatur interessiert. In seinem Selbstbildnis schrieb er: „Ein [...] intellektueller Herr von Adabei“ bin ich gewesen: da liegen die Tugenden meines Geistes, da seine Laster. [...] Ich habe fast jede geistige Mode dieser Zeit mitgemacht, aber vorher, nämlich als sie noch nicht Mode war. Wenn sie dann Mode wurde, nicht mehr. [...] ich konnte mit Goethe sagen: Wenn die Leute glauben, ich wäre noch in Weimar, dann bin ich schon in Erfurt!“[28]

Werke (Auswahl)

Hermann Bahr
(1904 von Emil Orlik)

Kritische Schriften

  • Zur Kritik der Moderne, 1890 (Neuausgabe 2004)
  • Die Überwindung des Naturalismus, 1891 (Neuausgabe 2004)
  • Der Antisemitismus. Ein internationales Interview, 1893[29]
  • "Studien zur Kritik der Moderne", 1894 (Neuausgabe 2006)
  • Renaissance. Neue Studien zur Kritik der Moderne, 1897 (Neuausgabe 2008)
  • Bildung. Essays, 1900 (Neuausgabe 2010)
  • Secession, 1900 (Neuausgabe 2007)
  • Rede über Klimt, 1901 (Neuausgabe zusammen mit "Gegen Klimt", 2009)
  • Dialog vom Tragischen, 1903 (Neuausgabe 2010)
  • Buch der Jugend, 1908 (Neuausgabe 2010)
  • Expressionismus, 1916 (Neuausgabe 2010)
  • Summula, 1921 (Neuausgabe 2010)
  • Sendung des Künstlers, 1923 (Neuausgabe 2010)

Die Kritischen Schriften in Einzelausgaben lassen sich auf der Projektwebsite kostenlos als PDF laden

Prosa

  • Die gute Schule. Seelenzustände, Roman, 1890
  • Fin de siècle, Erzählungen, 1891
  • Dora, Erzählungen, 1893
  • Neben der Liebe, Wiener Roman, 1893
  • Caph, Erzählungen, 1894
  • Theater, Roman, 1897
  • Die Rahl, Roman, 1908
  • Drut, 1909; 2. Auflage: Die Hexe Drut, Roman, 1929
  • O Mensch, Roman, 1910
  • Himmelfahrt, Roman, 1916
  • Die Rotte Korahs, Roman, 1919
  • Österreich in Ewigkeit, Roman, 1929

Dramen

  • Die neuen Menschen, 1887
  • Die Mutter, 1891
  • Das Tschaperl, 1897
  • Wienerinnen, 1900
  • Der Franzl, 1900
  • Der Krampus, 1902
  • Der Meister, 1904
  • Ringelspiel, 1907
  • Das Konzert, 1909
  • Die Kinder, 1911
  • Das Prinzip, 1912
  • Der Querulant, 1914

Verfilmungen und Weiteres

  • 1964: Das Konzert. Aufzeichnung aus dem Akademie-Theater, Regie: Josef Meinrad, 2009 als DVD bei Hoanzl
  • Selbstbildnis 1923
  • Als Mitarbeiter: „der Jud ist schuld ...?“ Diskussionsbuch über die Judenfrage Zinnen, Basel u.a. & [C. E. Krug], [Leipzig] 1932
    • Kritische Besprechung dazu: Jacob Hiegentlich Von der Vergeblichkeit der Argumente in De Joodse Wachter, 1. September 1933, Übers. aus dem Niederld. Thomas Kollatz in: Kalonymos, Heft 1/2007, S. 1-3 ISSN 1436-1213
  • Als Fragesteller: Der Antisemitismus. Ein internationales Interview drei Auflagen, zuerst 1894, zuletzt: VDG 2005.

Literatur

Eine ausführliche Sekundärliteraturliste findet sich auf der Website des Bahr-Projekts an der Universität Wien

  • Andreas Berlage: Empfindung, Ich und Sprache um 1900. Ernst Mach, Hermann Bahr und Fritz Mauthner im Zusammenhang. Frankfurt am Main u.a.: Lang 1994. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 20, Philosophie; 414) ISBN 3-631-45792-8
  • Donald G. Daviau: Der Mann von Übermorgen. Hermann Bahr 1863-1934. Wien: Österreichischer Bundesverl. 1984. ISBN 3-215-05093-5
  • Donald G. Daviau: Understanding Hermann Bahr. St. Ingbert: Röhrig 2002. (= Österreichische und internationale Literaturprozesse; 14) ISBN 3-86110-313-3
  • Rainer Dittrich: Die literarische Moderne der Jahrhundertwende im Urteil der österreichischen Kritik. Untersuchungen zu Karl Kraus, Hermann Bahr und Hugo von Hofmannsthal. Frankfurt am Main u.a.: Lang 1988. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1; 1088) ISBN 3-631-40542-1
  • Reinhard Farkas: Hermann Bahr. Dynamik und Dilemma der Moderne. Wien u.a.: Böhlau 1989. ISBN 3-205-05241-2
  • Fritz Fellner (Hg.): Dichter und Gelehrter. Hermann Bahr und Josef Redlich in ihren Briefen 1896-1934. Salzburg: Neugebauer 1980.
  • Bernhard Kleinschmidt: Die 'gemeinsame Sendung' : Kunstpublizistik der Wiener Jahrhundertwende. Frankfurt am Main u.a.: Lang 1989. (= Münchener Studien zur literarischen Kultur in Deutschland; 8) ISBN 3-631-40407-7
  • Markus Meier: Prometheus und Pandora. 'Persönlicher Mythos' als Schlüssel zum Werk von Hermann Bahr (1863-1934). Würzburg: Königshausen u. Neumann 1997. (= Freiburger literaturpsychologische Studien; 5) ISBN 3-8260-1443-X
  • Karl Johann Müller: Das Dekadenzproblem in der österreichischen Literatur um die Jahrhundertwende, dargelegt an Texten von Hermann Bahr, Richard von Schaukal, Hugo von Hofmannsthal und Leopold von Andrian. Stuttgart: Heinz 1977. (= Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik; 28) ISBN 3-88099-027-1
  • Andreas Wicke: Jenseits der Lust. Zum Problem der Ehe in der Literatur der Wiener Moderne. Siegen: Böschen 2000. (= Kasseler Studien - Literatur, Kultur, Medien; 5) ISBN 3-932212-22-3
  • Helene Zand: Identität und Gedächtnis. Die Ausdifferenzierung von repräsentativen Diskursen in den Tagebüchern Hermann Bahrs. Tübingen u.a.: Francke 2003. (= Kultur, Herrschaft, Differenz; 3) ISBN 3-7720-3212-5

Weblinks

 Wikisource: Hermann Bahr – Quellen und Volltexte
 Commons: Hermann Bahr – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Bibliografie der Buchausgaben (samt Links zu digitalen Versionen)
  2. Kritische Schriften in Einzelausgaben (als PDF ladbar)
  3. Textverzeichnis aller publizierter Texte (teilw. als PDF)
  4. Detaillierte Zeitleiste zum Leben Bahrs
  5. Hinweise zur Forschung (Korrespondenz, Archive…)
  6. Gemeinfreie Bilder

Einzelnachweise

  1. Hermann Bahr im Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller von den Anfängen bis zur Gegenwart., VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1967, Band A–K; S. 60ff
  2. Ehemann der Halbschwester des Vaters. Todesanzeige Neue Freie Presse, 19. Februar 1928
  3. Für die frühen Jahre ist vor allem Bahrs Selbstbildnis (1923) Quelle, für die Zeit in Paris auch der Briefwechsel mit dem Vater sowie Bahrs Artikel aus der betreffenden Zeit, wie sie an der Universität Wien auf der Website [1] gesammelt werden und der Zeittafel ebenda, die aus der Forschung zusammengestellt wird.
  4. Zu den Zeugnissen von Bahrs Jugend (Briefe an den Vater, Selbstbildnis) tritt nunmehr Autobiographisches in seinen Artikeln und die unter der Leitung von Moritz Csàky herausgegebenen Tagebücher, Skizzenbücher, Notizhefte, die die Jahre 1885–1906 (Wien: Böhlau 1994–2003) umfassen.
  5. Reinhard Farks (Hrsg.): Hermann Bahr. Prophet der Moderne. Tagebücher 1888–1904. Wien 1987.
  6. Zur Bibliografie siehe einerseits Kurt Thomasberger in: Heinz Kindermann: Hermann Bahr. Ein Leben für das Europäische Theater. Graz, Köln: Böhlau 1954, 347–368; andererseits die Aktualisierung durch Martin Anton Müller auf www.univie.ac.at/bahr
  7. Siehe das 1. Kapitel in: Peter Sprengel; Gregor Streim: Berliner und Wiener Moderne. Vermittlungen und Abgrenzungen in Literatur, Theater, Publizistik, Wien/Köln/Weimar 1998.
  8. Vor allem: Hermann Bahr: Eleonora Duse. Frankfurter Zeitung, 35 (1891) #129, 1. Morgenblatt, 1-2. (9. Mai 1891)
  9. Die Zeitschrift Ver Sacrum ist bei ANNO einsehbar.
  10. Siehe die Briefe an den Vater vom 2. April 1895 und 18. April 1895.
  11. Alfred Pfabigan: Hermann Bahr als Opfer in: A. P. und Jeanne Benay (Hgg.): Hermann Bahr – Für eine andere Moderne. Anhang: Hermann Bahr: Lenke. Erzählung (1909). Korrespondenz von Peter Altenberg an Hermann Bahr (1895-1913). Bern: Peter Lang 2004, 205-220.
  12. Siehe Jay F. Bodine: A Letter of Joseph Olbrich to Hermann Bahr. In: Modern Austrian Language, 9 (1976) #2, 45-49.
  13. Der Meister: Uraufführung am Berliner Deutschen Theater, 12. Dezember 1903 mit Rudolf Rittner und Irene Triesch, Regie: Otto Brahm
  14. Pia Janke: Hermann Bahrs Bezüge zu aktuellen Festspielprojekten. In: Hermann Bahr – Für eine andere Moderne. Anhang: Hermann Bahr: Lenke. Erzählung (1909). Korrespondenz von Peter Altenberg an Hermann Bahr (1895-1913). Bern: Peter Lang 2004, 189-202.
  15. Kunst und Kritik. Frankfurter Zeitung, 35 (1890) #254, 1. Morgenblatt, 1-2. (11. September 1890) Buchausgabe in: Überwindung des Naturalismus, 123.
  16. Österreichische Volks-Zeitung, 49 (1903) #21, 1. (21. Januar 1903)
  17. Neues Wiener Tagblatt, 33 (1899) #270, 1-3. (1. Oktober 1899)
  18. Hermann Bahr: Wien. Mit acht Vollbildern. Stuttgart: Carl Krabbe (Leo Greiner, Hg. Städte und Landschaften 6) 1907.
  19. Die Zeitleiste des Bahr-Projekts [2] listet einige auf, im Nachlass im Österreichischen Theatermuseum sind mehrere Schachteln dazu erhalten.
  20. Bibliografie der Kriegspublizistik
  21. Siehe z. B. das im Neuen Wiener Journal veröffentlichte Tagebuch vom Dezember 1929.
  22. Vgl. dazu: Hildegard Hogen: Der Mann von Übermorgen? Hermann Bahr in seinen späten Schriften. In: Österreich in Geschichte und Literatur, 38 (1994) #1, S. 24-47 und Kurt Ifkovits: „Nur noch Deutsche!“ oder „slawisches West-Reich" – Hermann Bahrs Kriegspublizistik in den Jahren 1914/15. In: Johannes Feichtinger, Peter Stachel (Hrsg.): Das Gewebe der Kultur. Kulturwissenschaftliche Analysen zur Geschichte und Identität Österreichs in der Moderne. Innsbruck: Studienverlag 2001, S. 209–231.
  23. Hermann Bahr: 1919. Tagebuch, 173.
  24. Projekt Gesamtausgabe von Bahrs Werken auf der Website der Uni Wien
  25. Die Überwindung des Naturalismus, 1. Zeile, abgedruckt im gleichnamigen Buch, S. 152 der E.A.
  26. Hermann Bahr: Loris (1892); im Projekt Lyriktheorie
  27. Hermann Bahr: Symbolismus (1892); im Projekt Lyriktheorie
  28. Selbstbildnis, S. 2
  29. wieder Jüdischer Vlg./Athenäum, Frankfurt 1980 ISBN 3761080433; wieder vdg, 2005 ISBN 389739507X = Kritische Schriften in Einzelausg., 3; online lesbar als Neusatz oder in Fraktur; Beiträge von Friedrich Spielhagen, Theodor Barth, August Bebel, Theodor Mommsen, Gustav Schmoller, Maximilian Harden, Moritz von Egidy, Ernst Häckel, Adolf Wagner, Heinrich zu Schoenaich-Carolath, Heinrich Rickert, Henry Mackay, Wilhelm Foerster, Alfred Naquet, Jules Simon, Anatole Leroy-Beaulieu, Alphonse Daudet, Francis Magnard, Arthur Meyer, Édouard Pailleron, Séverine, Charles Morice, Cluseret, Alejandro Sawa, Manuel Ruiz Zorrilla, Henri Rochefort, Charles Wentworth Dilke, James Arthur Balfour, Henry Labouchère, Annie Besant, Sidney Whitman, Timothy Healy, Paul Janson, Edmond Picard, Buls, Henrik Ibsen, Björnsterne Björnson
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