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Liste der Stolpersteine in Moers

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Die Liste der Stolpersteine in Moers führt die vom Kölner Künstler Gunter Demnig verlegten Stolpersteine auf dem Gebiet der Stadt Moers. Bisher wurden elf Gedenksteine für die Moerser Opfer des Nationalsozialismus verlegt.

Geschichte

Verlegung der Stolpersteine von Gunter Demnig in der Moerser Kirchstraße (Mai 2013)

Die erste Anregung zur Verlegung von Stolpersteinen in Moers lieferten Schüler des Gymnasiums in den Filder Benden im Jahr 2004. Es folgte eine Erörterung und Abwägung der Argumente, da es sowohl negative Rezeption, zum Beispiel von der mit Moers verbundenen Judaistin Dr. Edna Brocke, die 2006 das Konzept der Stolpersteine ablehnte, da sie „ihre Landsleute mit Füßen getreten sieht“[1][2], als auch Zustimmung für das international bekannte und verbreitete Mahnmal gab. Diese Diskussion blieb zunächst ohne Resultat.

Einige Jahre später nahmen die Vereine „Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Moers“ und „Erinnern für die Zukunft“ die Planung wieder auf. Als Grundlage zur Verlegung legten diese die Zustimmung der Hinterbliebenen, sofern sie identifizierbar waren, fest.[1] Im Juni 2011 sandten die Vereine einen Antrag für die städtische Genehmigung an den Bürgermeister Norbert Ballhaus. Am 22. September 2011 fand eine Vorberatung des städtischen Rats statt. Die führten erneut eine Diskussion, die die Zwiespältigkeit der Parteien deutlich machte.[1] Mehrere Politiker (FDP, Die Linke) zeigten, auch auf Berufung von Dr. Brocke, Bedenken gegenüber den Stolpersteinen, wogegen sich die Fraktionen der SPD, FBG und Grünen einstimmig hinter das Projekt stellten. Diese Debatte, die ein Scheitern der Stolpersteine nahelegte, wurde am Entscheidungstag am 19. Oktober 2011 fortgesetzt. Der Rat stimmte dem Antrag letztendlich mit großer Mehrheit zu.[3]

Im Februar 2013 gab die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Moers die Verlegung von elf Stolpersteinen vor fünf Gebäuden bekannt.[4] Diese fand am 27. Mai 2013 zwischen 15 Uhr und 17 Uhr statt. Am Abend des Tages hielt Gunter Demnig außerdem einen öffentlichen Vortrag im Alten Rathaus.[5]

Liste der Stolpersteine in Moers

f1Georeferenzierung Karte mit allen Koordinaten: OSM, Google oder Bing

Bild Name Lage Geboren Gestorben Beschreibung Verlegung
Stolpersteine Familie Bähr Dr. Hermann Hirsch Bähr Rathausplatz 1(1)
Lage51.4532826.626607
13. Nov. 1882
Prenzlau[6]
unbekannt
Auschwitz
Hermann Bähr wurde am 13. November 1882 in Brandenburg geboren. 1920 heiratete er Helene Haas. Sie lebten zusammen im heute zerstörten Haus in der Kirchstraße 48. Dr. Hermann Bähr arbeitete als Arzt und hatte nicht nur jüdische Patienten. Außerdem war er der letzte Vorsteher der Synagogengemeinde Moers. Im Rahmen der Umsiedlung der jüdischen Bevölkerung musste Hermann Bähr mit seiner Frau in das Judenhaus in die Repelner Straße 2 ziehen. Am 25. Juli 1942 wurde er in das Ghetto Theresienstadt verlegt, bevor er am 19. Oktober 1944 in das Vernichtungslager des KZ Auschwitz kam.[6][7] 27. Mai 2013
Stolpersteine Familie Bähr Helene Hella Bähr
(geb. Haas)[8]
Rathausplatz 1(1)
Lage51.453286.626607
21. Apr. 1893
Borken
unbekannt Helene Haas wurde am 21. April 1893 in Borken geboren und lebte zunächst in der westfälischen Stadt. Nach der Heirat mit Dr. Hermann Bähr zog sie 1920 nach Moers. Zwei Jahre später brachte sie den gemeinsamen Sohn Günther zur Welt. Sie war aktiv im jüdischen Frauenverein der Stadt Moers. Im Rahmen der Umsiedlung der jüdischen Bevölkerung musste die gesetzestreue Helene Bähr mit ihrem Mann in das Judenhaus in die Repelner Straße 2 ziehen. Aufgrund ihrer Diabetes wurde ihr bereits vor der Verschleppung am 25. Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt ein Bein amputiert. Sie ist am 19. Oktober 1944 nach Auschwitz gekommen und dort verschollen.[7][8] 27. Mai 2013
Stolpersteine Familie Bähr Günther Bähr Rathausplatz 1(1)
Lage51.4532826.626641
25. Feb. 1922
Düsseldorf
21. Feb. 1945
Landeshut
Günther Bähr wurde am 25. Februar 1922 als Sohn von Dr. Hermann und Helene Bähr geboren. Er besuchte die jüdische Volksschule und das Gymnasium Adolfinum. Er galt früh als intellektuell und leitete auch die letzte jüdische Gruppe von Jugendlichen in Moers. 1939 verließ er den Niederrhein und ging nach Berlin. Am 19. April 1943 wurde er von dort nach Auschwitz-Buna deportiert. Er verstarb in der Nacht vom 20. auf den 21. Februar 1945 in einer Kohlengrube nahe dem nordschlesischen Landeshut.[7][9] 27. Mai 2013
Stolperstein Moritz Chaim Moritz Chaim Kirchstraße 17
Lage51.452646.626596
05. Juli 1887
Tarnów
unbekannt
Riga
Moritz Chaim (auch Chajm geschrieben) wurde 1887 im südpolnischen Tarnów geboren und legte seine polnische Staatsbürgerschaft nie ab. Nach seinem Umzug nach Homberg blieb er schuldfrei, weswegen ihm im Nationalsozialismus seine Aufenthaltsgenehmigung nicht entzogen wurde. Zusammen mit seiner Frau Golda und seinen – bis dahin – drei Kindern zog er 1928 nach Moers. 1919 wurde sein viertes Kind, ein Mädchen, geboren. Am 17. Oktober 1938 zog die Familie Chaim in die Kirchstraße. Von hier mussten sie am 10. Dezember 1941 mit mehreren anderen Juden in die Uerdinger Straße 11 ziehen. Von hier wurde Moritz Chaim einen Tag später in das Ghetto nach Riga deportiert, wo er anschließend auch ermordet wurde.[10] 27. Mai 2013
Stolperstein Golda Chaim Golda Chaim
(geb. Teitelbaum)
Kirchstraße 17
Lage51.4526376.626598
24. Aug. 1895
Tarnów
unbekannt
Riga
Golda Teitelbaum war polnische Staatsbürgerin. Sie heiratete Moritz Chaim, mit dem sie vier Kinder hatte. 1928 zog die Familie nach Moers, wo sie seit 1938 zog in die Kirchstraße lebten. Im Dezember 1941 musste Familie Chaim in das Judenhaus Uerdinger Straße 11 ziehen. Von dort wurde Golda Chaim nach Riga deportiert und später ermordet.[10] 27. Mai 2013
Stolpersteine Leopold Moses und Hildegard Bachrach Leopold Moses Neustraße 36
Lage51.452146.62283
27. Apr. 1877
Moers[11]
unbekannt
Riga
Leopold Moses war Sohn des Metzgers Moses Moses und mit Helene Moses (geborene Osser) verheiratet, mit der ihr sieben Kinder, darunter auch Hildegard Moses (verheiratete Bachrach), hatte. Er arbeitete als Polster- und Sattlermeister und war stellvertretender Obermeister der Moerser Polstererinnung. Des Weiteren engagierte sich in einem vaterländischen Kriegerverein, im Schützenverein und in der Freiwilligen Feuerwehr. Er wurde 1941 deportiert und starb im Konzentrationslager Kaiserwald. 27. Mai 2013
Stolpersteine Leopold Moses und Hildegard Bachrach Hildegard Bachrach
(geb. Moses)
Neustraße 36
Lage51.452146.622835
14. Nov. 1907
Moers[12]
unbekannt
Riga
Hildegard Bachrach war eines von sieben Kindern von Leopold und Helene Moses und wurde 1941 deportiert. 27. Mai 2013
Stolperstein Julius Coppel Dr. Julius Coppel Neustraße 33
Lage51.4521756.623
09. Jan. 1880
Homberg
unbekannt
Riga
Der Tierarzt Dr. Julius Coppel lebte seit 1908 in Moers, war von hoher Bildung und erfuhr merkliches Ansehen aus der Bevölkerung. Er heiratete Sofie Meyerhoff und erwarb 1919 das Haus in der Neustraße 33a. Um 1938/1939 wurde das Ehepaar Coppel verpflichtet, andere Moerser Juden bei sich aufzunehmen. Die am 15. Dezember 1938 bei der Behörde in Moers beantragte Kennkarte unterschrieb Julius Coppel ohne den vorgeschrieben Zwangsvornamen „Israel“ und zeigte so Widerstand gegen den Nationalsozialmus. Er wurde mit dem ersten großen Transport am 10. Dezember 1941 nach Riga deportiert und dort später auch ermordet.[13] 27. Mai 2013
Stolperstein Sofie Coppel Sofie Coppel
(geb. Meyerhoff)
Neustraße 33
Lage51.4521756.62301
23. Apr. 1884 unbekannt
Moers
Sofie Coppel war die Ehefrau des Tierarztes Dr. Julius Coppel und beging vor ihrer Deportation Suizid. 27. Mai 2013
Stolperstein Familie Leiss Theodora Leiss
(geb. Chwirot)
Augustastraße 2
Lage51.449756.634685
22. Jan. 1917 04. Feb. 1943
Sachsenhausen
Theodora Chwirot wurde 1917 geboren und heiratete 1939 Wenzeslaus „Wenzel“ Leiss. Am 14. Dezember 1942 lief dieser als Panzergrenadier der 6. Deutschen Armee bei einem Angriff auf Stalingrad zur Ostfront über. Die Krefelder Kriminalpolizei überwachte daraufhin heimlich seine Familie.

Am 2. Februar 1943 wurde die hochschwangere Theodora, ihre zweijährige Tochter Marianne sowie die Familie ihres Mannes (Mutter Josefa, Brüder Felix und Josef, Schwester Hanna (ebenfalls hochschwanger) und deren Schweizer Mann Wilhelm Christen) verhaftet (Sippenhaftung), in das KZ Sachsenhausen deportiert und dort zwei Tage nach ihrer Ankunft ohne ein richterliches Urteil ermordet. 1949 kehrte Wenzel aus russischer Gefangenschaft zurück und kam zunächst bei der Mutter seines Schwagers unter. Er bestritt zu Lebzeiten ein Überlaufen, da er seine Familie nicht gefährden wollte.[14] Er starb 1983 ohne zu erfahren, was wirklich mit seiner Familie geschah.

Elf Tage nach dem Tod von Theodora und Marianne Leiss sprach die Presse von einer „polnischen Verräterfamilie“, während in der vollständig erhaltenen Gestapo-Akte steht, dass gegen die Familie Leiss „in krimineller und politischer Sicht […] nichts Nachteiliges bekannt oder zu ermitteln“ war.[14]

27. Mai 2013
Stolpersteine Familie Leiss Marianne Leiss Augustastraße 2
Lage51.4497476.63468
21. Juli 1940 04. Feb. 1943
Sachsenhausen
Die Tochter von Wenzel und Theodora Leiss wurde zusammen mit ihrer Mutter verhaftet und im Alter von zwei Jahren im Konzentrationslager Sachsenhausen ermordet. 27. Mai 2013
(1) Die Angehörigen der Familie Bähr lebten im Wohnhaus Kirchstraße 48. Dieses wurde im 1944 während des Zweiten Weltkrieges zerstört, nicht wieder aufgebaut und läge heute auf der Straßenkreuzung Unterwallstraße / Rheinberger Straße, sodass die Stolpersteine auf dem Rathausplatz verlegt wurden, der Blick auf den alten Standort ermöglicht.

Weblinks

 Commons: Stolpersteine in Moers – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Christian Schroeder: Stolpersteine vorerst gestoppt. Rheinische Post, 26. September 2011, abgerufen am 22. Mai 2013.
  2. Gabriele Kaenders: Stolpersteine. Die Linke. Fraktion Moers, 25. September 2011, abgerufen am 22. Mai 2013.
  3. "Stolpersteine" in Moers. Bündnis 90/Die Grünen Moers, 20. Oktober 2011, abgerufen am 22. Mai 2013.
  4. Barbara Grofe: Erste Stolpersteine in Moers Ende Mai. Rheinische Post, 16. Februar 2013, abgerufen am 22. Mai 2013.
  5. Stolpersteine | Chronik. Stolpersteine.com, abgerufen am 22. Mai 2013.
  6. 6,0 6,1 Bundesarchiv: Eintrag: Bähr, Hermann Hirsch. Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945, abgerufen am 11. Juni 2013.
  7. 7,0 7,1 7,2 Brigitte Wirsbitzki: Geschichte der Moerser Juden nach 1933. S. 117–119.
  8. 8,0 8,1 Bundesarchiv: Eintrag: Bähr, Helene Hella. Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945, abgerufen am 11. Juni 2013.
  9. Bundesarchiv: Eintrag: Bähr, Günter. Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945, abgerufen am 11. Juni 2013.
  10. 10,0 10,1 Brigitte Wirsbitzki: Geschichte der Moerser Juden nach 1933. S. 130.
  11. Bundesarchiv: Eintrag: Moses, Leopold. Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945, abgerufen am 1. Juli 2013.
  12. Bundesarchiv: Eintrag: Bachrach, Hildegard. Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945, abgerufen am 1. Juli 2013.
  13. Brigitte Wirsbitzki: Geschichte der Moerser Juden nach 1933. S. 132.
  14. 14,0 14,1 Bernhard Schmidt, Fritz Burger: Tatort Moers. 2. Auflage. Aragon Verlag, Moers 1995, ISBN 978-3-89535-701-5, S. 327–333.
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