Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Rosa von Praunheim

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Rosa von Praunheim (2008)

Rosa von Praunheim (Holger Bernhard Bruno Mischwitzky, geboren als Holger Radtke, * 25. November 1942 in Riga, Lettland) ist ein deutscher Filmregisseur und gilt als wichtiger Vertreter des postmodernen deutschen Films. Er war vor allem mit seinem Dokumentarfilm von 1971 Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt der öffentliche Wegbereiter und einer der Mitbegründer der politischen Schwulen- und Lesbenbewegung in der Bundesrepublik Deutschland.

Leben und Werk

Von Praunheim wurde 1942 während der deutschen Besatzung im Zentralgefängnis in Riga geboren. Seine leibliche Mutter starb 1946 in der Psychiatrie (Wittenauer Heilstätten Berlin). Nach der Geburt wurde Holger Radtke zur Adoption freigegeben. Von der Adoption erfuhr er erst im Jahr 2000 von seiner Adoptivmutter Gertrud Mischwitzky und vom Tod seiner leiblichen Mutter nach längeren Recherchen im Jahr 2006. Seine Nachforschungen dokumentierte er 2007 in dem Film Meine Mütter – Spurensuche in Riga.[1] Die Schauspielerin Luzi Kryn ist seine Tante.

Er wuchs als Holger Mischwitzky in Ost-Berlin auf. 1953 flüchtete die Familie in den Westen; zunächst ins Rheinland, anschließend zog sie nach Frankfurt am Main. Das Humanistische Gymnasium in Frankfurt verließ von Praunheim vor der Mittleren Reife, und wechselte für ein Jahr auf die Werkkunstschule in Offenbach am Main; später studierte er an der Hochschule für Bildende Künste in West-Berlin in der Abteilung Freie Malerei, ohne aber einen Abschluss zu erlangen.

In den 1960er Jahren debütierte er mit Experimental- und Kurzfilmen, wie Samuel Beckett (1969), mit denen er sich bald einen Namen machte. Mitte der 1960er Jahre nahm er den Künstlernamen „Rosa von Praunheim“ an, der eine Reminiszenz an den Rosa Winkel darstellt, den homosexuelle Männer in der Zeit des Nationalsozialismus in Konzentrationslagern tragen mussten, sowie an den Frankfurter Stadtteil Praunheim, wo er als Jugendlicher aufwuchs.[2]

Im Jahr 1969 heiratete er die Schauspielerin Carla Egerer (alias Carla Aulaulu[3]). 1971 ließ sich das Paar scheiden.

1971 erregte von Praunheim Aufsehen mit seiner Dokumentation Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt, die unter anderem zur Gründung zahlreicher Homosexuelleninitiativen führte. Mit diesem Film war er auch im Jahr 1972 Teilnehmer der Documenta 5 in Kassel in der Abteilung Filmschau: Anderes Kino. Praunheims erster großer Spielfilm entstand 1971: Die Bettwurst wurde zum Kultfilm, auf den 1973 eine Fortsetzung (Die Berliner Bettwurst) folgte.

In über 40 Jahren drehte von Praunheim über 70 Filme. Neben Homosexualität waren seine Themen „ältere, vitale Frauen“ (zum Beispiel Evelyn Künneke, Lotti Huber und Helene Schwarz) und seit den späten 1980er Jahren die AIDS-Prävention. 1979 erhielt er den Deutschen Filmpreis für Tally Brown; sein Wunderbares Wrodow von 1999 wurde mit dem Robert-Geisendörfer-Medienpreis ausgezeichnet. 2008 bekam von Praunheim in Osnabrück den 17. Rosa-Courage-Preis[4] und den Filmpreis der Stadt Hof.[5]. 2009 erhielt Rosa von Praunheim den Deutschen Biographiepreis für "Meine Mütter - Spurensuche in Riga." Frühere Preise, die Rosa von Praunheim bekommen hat, sind unter anderem der Los Angeles Film Critics Association Award für "Horror Vacui" (1985) und der Teddy Award der Berlinale für seine "AIDS-Trilogie" (1990). Bis einschließlich 2012 hatte Rosa von Praunheim mehr als 20 Filme auf der Berlinale. Auf dem International Film Festival Rotterdam und auf dem Torino Gay & Lesbian International Film Festival gewann er ebenfalls Preise (u.a. den Publikumspreis in Turin für Anita - Tänze des Lasters (1987) mit Lotti Huber). Rosa von Praunheim hatte zahlreiche Werkschauen und Retrospektiven in vielen Ländern. Zuletzt 2012 in Brasilien in Rio de Janeiro und Sao Paulo. Seine Filme erfreuen sich internationalem Interesse (vor allem im Kontext der Homosexuellen- und Transgenderemanzipation), das sich an vielen TV-, Kinoausstrahlungen und Filmfestivalbeiträgen auf der ganzen Welt festmachen lässt.

Großes Aufsehen erregte Rosa von Praunheim am 10. Dezember 1991 durch die von ihm in Deutschland losgetretene Outing-Debatte, als er unter anderem den Moderator Alfred Biolek und den Komiker Hape Kerkeling in der RTL-plus-Sendung Explosiv – Der heiße Stuhl öffentlich als schwul bezeichnete – eine Aktion, die er später als „Verzweiflungsschrei auf dem Höhepunkt der AIDS-Krise“ bezeichnete, den er nicht wiederholen würde.

Rosa von Praunheim hatte bis 2006 eine Professur für Filmregie an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg. Er wohnt in Berlin und lebt in einer festen Beziehung mit seinem Mitarbeiter Oliver Sechting.

Am 5. September 2008 drehte er das Segment über die Darkroombar Ficken 3000 für Volker Heises 24-stündiges Dokumentarfilmprojekt 24h Berlin – Ein Tag im Leben, das genau ein Jahr später auf mehreren Fernsehsendern ausgestrahlt wurde. Ebenfalls war von Praunheim mit der Episode "Knast und Kinder" an dem RBB-Dokumentarfilmprojekt 20 x Brandenburg beteiligt, das 2011 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde.

Für seine Dokumentation Die Jungs vom Bahnhof Zoo, die bei der Berlinale 2011 uraufgeführt wurde, erhielt er 2012 den Grimme-Preis.

Zu seinem 70sten Geburtstag strahlte der RBB in Zusammenarbeit mit arte unter dem Titel ROSAS WELT eine Kurzfilmreihe des Filmemachers von 700 Minuten Länge vom 24. bis 25. November 2012 aus. Noch nie wurde einem einzelnen Dokumentarfilmer soviel Sendezeit im deutschen Fernsehen zur Verfügung gestellt. Die Kurzfilmreihe besteht größtenteils aus Portraits, z.B. über Eva Mattes, Werner Schroeter und Peter Raue, aber auch über nicht prominente Personen.

Anlässlich seines siebzigsten Geburtstages am 25. November 2012 drehten die Regisseure Tom Tykwer, Chris Kraus, Robert Thalheim, Axel Ranisch und Julia von Heinz den Dokumentarfilm Rosakinder, in dem sie ihre Beziehung zu ihrem „Filmvater“ und Mentor Rosa von Praunheim aufarbeiten.

2013 hat er bei der 63. Berlinale die Berlinale Kamera erhalten.[6] Im selben Jahr wurde er mit dem First Steps Ehrenpreis ausgezeichnet.

Bücher

  • Die Leidenschaften der Rosa von Praunheim – für Sylvia. studio presse hans taeger, Berlin 1967. 4°, 64 unpag. Seiten, einseitig bedruckt.
  • mit Oh Muvie. (d. i. Elfi Mikesch): Oh Muvie. Heinrich-Heine Verlag, Streit-Zeit-Bücher, Nr. 5, Frankfurt 1969.
  • Sex und Karriere. Rogner & Bernhard, München 1976. Als Taschenbuch, Rowohlt, Reinbek 1978, ISBN 3-499-14214-7, (erweiterte Neuausgabe, Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins, 1991, ISBN 3-8077-0251-2).
  • Armee der Liebenden oder Aufstand der Perversen. 1979, ISBN 3-88167-046-7.
  • Gibt es Sex nach dem Tode. Prometh Verlag, 1981, ISBN 3-922009-30-1.
  • Rote „Liebe“: ein Gespräch mit Helga Goetze. Prometh Verl., 1982, ISBN 3-922009-47-6.
  • 50 Jahre pervers. Die sentimentalen Memoiren des Rosa von Praunheim. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 1993, ISBN 3-462-02476-0.
  • Folge dem Fieber und tanze: Briefwechsel mit Mario Wirz. Aufbau-Verlag, 1995.
  • Mein Armloch. Martin Schmitz Verlag, 2002, Gedichte, ISBN 978-3-927795-36-5 oder ISBN 3-927795-36-4.
  • Die Rache der alten dicken Tunte. 2006, Fotobuch.
  • Die Bettwurst und meine Tante Lucy. 2006, Fotobuch.
  • Rosas Rache: Filme und Tagebücher seit 1960. Martin Schmitz Verlag, 2009, ISBN 978-3-927795-48-8.
  • Ein Penis stirbt immer zuletzt. Martin Schmitz Verlag, 2012, Gedichte, Zeichnungen, Kurzgeschichten, ISBN 978-3-927795-60-0.

Filme (Auswahl)

Weblinks

 Commons: Rosa von Praunheim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Nachweise

  1. Queer.de: „Filmstart: Meine Mütter“, 7. März 2008
  2. Out!: 800 berühmte Lesben, Schwule und Bisexuelle (mit Karen-Susan Fessel) (5., erweiterte Auflage 2004)
  3. imdb.de
  4. Queer.de: „Rosa-Courage-Preis für Praunheim“, 7. März 2008
  5. Queer.de: Hofer Filmpreis für Rosa von Praunheim, 24. Oktober 2008
  6. Andreas Dresen und Tim Robbins in Berlinale-Jury bei stern.de, 28. Januar 2013 (abgerufen am 28. Januar 2013).
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Rosa von Praunheim aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.