Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Ernst Gottfried Mahrenholz

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Ernst Gottfried Mahrenholz, 1989

Ernst Gottfried Mahrenholz (* 18. Juni 1929 in Göttingen; † 28. Januar 2021 in Hannover[1]) war ein deutscher Jurist, Politiker (SPD) und NDR-Funktionär. Nach einer Karriere als Verwaltungsjurist war er Direktor des Funkhauses Hannover, von 1974 bis 1976 Kultusminister und von 1974 bis 1981 Mitglied des Niedersächsischen Landtags. Mahrenholz war von 1981 bis 1994 Richter am Bundesverfassungsgericht, ab 1987 als dessen Vizepräsident.

Leben

Mahrenholz war der Sohn des protestantischen Pastors und Kirchenmusikers Christhard Mahrenholz. Er studierte ab 1948 Theologie, Psychologie und Philosophie an der Universität Göttingen, später Rechtswissenschaften an den Universitäten Tübingen und Göttingen.[2] An diesen Universitäten wurde er Mitglied der christlichen Studentenverbindung Wingolf, aus der er 1971 wieder austrat. Er promovierte 1957 in Göttingen zum Dr. jur. Seine von Gerhard Leibholz betreute Dissertation zur Wahlgleichheit im parlamentarischen Parteienstaat der Bundesrepublik wurde mit cum laude bewertet.[3]

1959 wurde er Referent am Kirchenrechtlichen Institut der EKD, das damals unter Leitung von Rudolf Smend stand. Nach einem Jahr wechselte er auf eine Stelle als persönlicher Referent des niedersächsischen Ministerpräsidenten Hinrich Wilhelm Kopf (SPD). Es folgten diverse Verwendungen in der Staats- und Kommunalverwaltung, etwa 1962/63 im niedersächsischen Kultusministerium und 1963–1965 als Leiter des Bauverwaltungsamtes der Landeshauptstadt Hannover. Der niedersächsische Landtag wählte Mahrenholz 1963 in den Rundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks (NDR), von 1965 bis 1970 leitete er das NDR-Funkhaus Hannover.[3][4] Nach seinem Ausscheiden aus der Regierung war er ab 1976 als Rechtsanwalt tätig.

Auch nach seiner Zeit als Richter am Bundesverfassungsgericht war Mahrenholz ein oft gefragter Interviewpartner, so sind allein beim Deutschlandfunk auf der Webseite 32 abrufbare Interviews und Gespräche mit ihm seit dem Jahr 1999 aufgeführt, die insbesondere verfassungsrechtlichen und verfassungspolitischen Themen gelten.[5]

Mahrenholz starb Ende Januar 2021 im Alter von 91 Jahren in seinem Haus im hannoverschen Heideviertel.[6]

Politische Karriere

Ab 1970 war das SPD-Mitglied Mahrenholz unter Ministerpräsident Alfred Kubel als Staatssekretär Leiter der niedersächsischen Staatskanzlei. Bei der Landtagswahl in Niedersachsen 1974 zog er in das Landesparlament ein und wurde anschließend zum Kultusminister im sozial-liberalen Kabinett Kubel II ernannt. Nach der Wahl von Ernst Albrecht (CDU) zum niedersächsischen Ministerpräsidenten im Februar 1976 schied Mahrenholz aus der Regierung aus, blieb aber als Oppositionsabgeordneter im Landtag, wurde 1978 wiedergewählt und gehörte dem Landesparlament bis zu seiner Wahl zum Verfassungsrichter an.

Verfassungsrichter

Der Bundestag wählte Mahrenholz 1981 auf Vorschlag der SPD zum Richter am Bundesverfassungsgericht, dort trat er die Nachfolge von Martin Hirsch an. Bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand am 24. März 1994 gehörte er dem zweiten Senat an, als dessen Vorsitzender er seit 1987 diente, wobei er gleichzeitig das Amt des Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts innehatte. Nachfolger auf seiner Planstelle war Jutta Limbach. Mahrenholz war während seiner Tätigkeit am Bundesverfassungsgericht unter anderem maßgeblich an Entscheidungen zum Hafturlaub bei lebenslanger Freiheitsstrafe,[7] zur Stationierung von Mittelstreckenraketen (Pershing II) in der Bundesrepublik,[8] zum Recht auf Kriegsdienstverweigerung,[9] zur Kontrolle der Nachrichtendienste durch den Bundestag,[10] zur Lagerung chemischer Waffen,[11] zur Stellung der fraktionslosen Abgeordneten im Bundestag,[12] zur Unschuldsvermutung,[13] zur Aussetzung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe,[14] zum Schwangerschaftsabbruch[15] sowie an der Entscheidung zum EU-Vertrag von Maastricht[16] beteiligt.

Weitere Ämter und Funktionen

Das Präsidium der Deutschen Sektion der Internationalen Juristen-Kommission wählte Ernst Gottfried Mahrenholz 1990 zum Vorsitzenden.

Ab 1991 war Mahrenholz Honorarprofessor an der Juristischen Fakultät der Universität Frankfurt am Main.[17]

Von 1998 bis 2003 war Mahrenholz Präsident der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft,[2] die ihn anschließend zu ihrem Ehrenpräsidenten ernannte. Er wurde auch Präsident der Deutsch-Israelischen Juristenvereinigung. Seit 2004 engagierte sich Mahrenholz als Stiftungsbeirat bei der Stiftung Pro Justitia,[18] welche die Rechtstatsachenforschung fördert.

Ehrungen

Am 24. Juni 2019 wurde Ernst Gottfried Mahrenholz durch Ministerpräsident Stephan Weil mit der höchsten Auszeichnung des Landes Niedersachsen, der Niedersächsischen Landesmedaille geehrt.[19]

Veröffentlichungen

  • Mit Adolf Laufs u. a. (Expertenkommission „Eigentumsfragen Baden“ beim Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg): Das Eigentum an badischen Kulturgütern aus der Zeit der Monarchie, Stuttgart 2007 (Link zum Digitalisat eines Teils des Gutachtens -Kriterien der Güterzuordnung und Zusammenfassung)
  • Ein Königreich wird Provinz – Über Hannovers Schicksalsjahr 1866. MatrixMedia Verlag, Göttingen 2011, ISBN 978-3-932313-46-2.
  • Es ist das Atmosphärische, das sich Kindern mitteilt – Jugend in Hannover. In: Gespräche vom Krieg – Gesammelte Erfahrungen und Einsichten. Wartburg-Verlag, Weimar 2013, ISBN 978-3-86160-414-3, S. 63 ff..

Literatur

  • Rita Schoeneberg: Ernst Gottfried Mahrenholz, in dies.: 13 von 500000 Menschen aus Hannover, Hamburg: Urban-Verlag, 1999, ISBN 3-924562-04-0, S. 46–55

Weblinks

 Commons: Ernst Gottfried Mahrenholz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Fatina Keilani: Minister, Funkhausdirektor, Verfassungsrechtler Ernst Gottfried Mahrenholz ist im Alter von 91 Jahren gestorben.. In: Der Tagesspiegel, 31. Januar 2021. Abgerufen am 1. Februar 2021.
  2. 2,0 2,1 Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichtes vom 9. Juni 2009, Abruf am 1. Februar 2021
  3. 3,0 3,1 Kerstin Migas: Ernst Gottfried Mahrenholz, Richter am Bundesverfassungsgericht. In: Bernhard Großfeld, Herbert Roth: Verfassungsrichter. Rechtsfindung am U.S. Supreme Court und am Bundesverfassungsgericht. Lit Verlag, Münster 1995, S. 403.
  4. "Kluger Streiter für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk" - NDR Intendant Marmor zum 90. Geburtstag von Ernst Gottfried Mahrenholz. Pressemitteilung des Norddeutschen Rundfunks, 18. Juni 2019.
  5. Liste bei Deutschlandfunk.de, Abruf am 1. Februar 2021
  6. Michael B. Berger: Intellektuell und bodenständig: Ernst Gottfried Mahrenholz ist tot...In: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 1. Februar 2021, S. 5
  7. BVerfGE 64, 261
  8. BVerfGE 68, 1
  9. BVerfGE 69, 1
  10. BVerfGE 70, 324
  11. BVerfGE 77, 170
  12. BVerfGE 80, 188
  13. BVerfGE 82, 106
  14. BVerfGE 86, 288
  15. BVerfGE 88, 203
  16. BVerfGE 89, 155
  17. Prof. Dr. Ernst Gottfried Mahrenholz / Werdegang (Memento vom 21. Oktober 2014 im Internet Archive) auf der Seite raplaw.de, zuletzt abgerufen am 22. September 2012
  18. Stiftungsbeirat auf der Webseite Stiftung Pro Justitia, Abruf am 1. Februar 2021
  19. Pressemitteilung der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 24. Juni 2019 (Würdigung für einen hervorragenden Juristen, Wortlaut der Pressemitteilung), Abruf am 30. Juni 2019
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Ernst Gottfried Mahrenholz aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.