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Volksabstimmung (Schweiz)

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Dieser Artikel behandelt eins der politischen Rechte, die Volksabstimmung, in der Schweiz. Für eine Erklärung der (noch nicht ganz) vergleichbaren Instrumente in Deutschland, den Niederlanden und Österreich siehe Volksentscheid, Volksabstimmung (Niederlande) und Volksabstimmung (Österreich).
Abstimmungszettel zur Abstimmung

Die Volksabstimmung (französisch Votation populaire, italienisch Votazione popolare, rätoromanisch Votaziun dal pievel) ist ein Instrument der direkten Demokratie in der Schweiz und damit ein wichtiges Element des politischen Systems der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Dabei können die Stimmberechtigten über einen zuvor auf dem Weg der Volksinitiative hervorgebrachten Vorschlag oder ein auf Grund des obligatorischen, beziehungsweise fakultativen Referendums vorgelegten politischen Geschäftes abstimmen.

Allgemeines

Volksabstimmungen gibt es auf allen politischen Ebenen der Schweiz. Sie werden entweder als kommunale (in der Gemeinde), kantonale (im Kanton) oder Eidgenössische Volksabstimmung (Bundesebene) bezeichnet. In der Schweizer zweistufigen Volksgesetzgebung ist sie der zweite und abschliessende Schritt des Verfahrens.

Für die Bewertung des Abstimmungsresultates gibt generell kein Quorum. Somit entscheidet stets die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen über Annahme oder Ablehnung einer Vorlage. Leere und ungültige Stimmen werden dabei nicht berücksichtigt.

Auf Bundesebene werden bei Abstimmungen über Volksiniativen oder bei obligatorischen Referenden gemäss Art. 140, Abs. 1[1] sowohl das Gesamtresultat als auch die jeweiligen Resultate in den Kantonen berücksichtigt. In einer solchen Abstimmung müssen für die Annahme einer Vorlage sowohl die Mehrheit aller Stimmenden (Volksmehr) als auch die Mehrheit der Kantone (Ständemehr) zustimmen.[2] Der dafür übliche Terminus lautet «Volk und Ständen werden zur Abstimmung unterbreitet: ...».[1]

Geschichte

Abschaffung der allgemeinen VolksiniativeEinführung der allgemeinen VolksiniativeEinführung doppeltes Ja mit StichfrageErhöhung der nötigen UnterschriftenzahlenFrauenwahlrecht+ obli. Ref. für BB ohne Verfassungsgrundlage+ fakultatives StaatsvertragsreferendumInitiativrechtFakultatives ReferendumBundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft

Der Einbezug des Volkes hat in der Schweiz eine kontinuierliche Tradition. Die Volksabstimmung kann als eine Weiterentwicklung der Landsgemeinde, die ab ca. 1275 schriftlich nachgewiesen ist[3], angesehen werden. Auch nach dem Mittelalter wurden Volksabstimmungen durchgeführt, wie zum Beispiel 1521 in Zürich, als das Volk durch Zwingli befragt wurde, ob das Soldbündnis mit Frankreich erneuert werden sollte. Die Befragung ergab ein negatives Resultat, und dementsprechend erneuerte die Regierung den Vertrag nicht mehr.[4]

Massgeblichen Einfluss auf die Entwicklung im 19. Jahrhundert und somit auf die aktuelle Form hatten hingegen vor allem die Ideen des Genfer Philosophen Jean-Jacques Rosseau[5] und Vorbilder aus der französischen Revolution, wie die Montagnard-Verfassung vom 24. Juni 1793.[6]

Die Ursprünge zur heutigen Ausgestaltung der Volksabstimmung in der Schweiz liegen in den politischen Entwicklungen ab den 1830er Jahren in den Kantonen und auf Bundesebene in den Bundesverfassungen von 1848 (Abstimmung bei Revision der Bundesverfassung) und 1874 (Einführung des fakultativen Referendums), sowie der Einführung der Volksinitiative auf Teilrevision der Bundesverfassung von 1891.[5]

Bis heute werden die Volksrechte und somit auch das Mittel der Volksabstimmung weiterentwickelt, sei es bezüglich der Inhalte der Vorlage wie der Ausweitung auf Staatsverträge 1921, sei es in Bezug auf die Stimmberechtigung wie der Einführung des Frauenstimmrechtes 1971 oder dem Verfahren wie der Einführung des «doppelten Ja mit Stichfrage» 1987, das es dem Stimmberechtigten ermöglicht, sowohl einer Volksinitiative als auch dem parlamentarischen Gegenvorschlag zuzustimmen.

In der Regel werden Neuerungen zuerst von einem oder mehreren Kantonen eingeführt, bevor diese auch auf Bundesebene zur Anwendung kommen. Sich nicht bewährende Volksrechte werden aber wieder abgeschafft. Die 2003 in die Bundesverfassung eingefügte «allgemeine Volksinitiative» wurde 2009 wieder per Volksabstimmung gestrichen, da sich die Umsetzung als nicht machbar erwiesen hat.[7] Ebenso erging es dem mit der neuen Verfassung des Kantons Zürich 2006 eingeführten «konstruktiven Referendum», bei dem einer zur Abstimmung gebrachten Gesetzesvorlage ein ausformulierter Gegenvorschlag gegenübergestellt wird, welche 2013 auf Grund der nicht zufriedenstellenden Erfahrung in der Praxis wieder abgeschafft wurde.[8]

Stimmberechtigung

Auf Bundesebene stimmberechtigt sind alle schweizerischen Staatsangehörigen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig ob sie in der Schweiz oder im Ausland wohnen. Ausgenommen sind Personen, welche auf Grund von «Geisteskrankheit oder Geistesschwäche» entmündigt sind.[9]

Auf kantonaler oder kommunaler Ebene kann die Stimmberechtigung weiter gefasst sein; so können im Kanton Glarus bereits 16-Jährige und in den Kantonen Neuenburg und Jura, sowie im Kanton Genf nur auf kommunaler Ebene unter bestimmten Bedingungen auch niedergelassene Ausländer abstimmen. Die Verfassungen der Kantone Appenzell Ausserrhoden, Graubünden und Basel-Stadt erlauben den Gemeinden, das Ausländerstimmrecht einzuführen.[10][11]

Da der Begriff «Gemeinde» in der Schweiz nicht zwingend für eine politische Gemeinde (geographisches Gebiet), sondern auch für Schul-, Kirch- oder Bürgergemeinden gilt, ist die Stimmberechtigung nicht ausschliesslich durch den Wohnsitz, sondern durch weitere Eigenschaften wie dem Bürgerort oder Zugehörigkeit einer Landeskirche bestimmt.

Abstimmungsvorlagen

Beispiel eines vergrösserten Stimmzettels von 2004 für den Abstimmungskampf für die Zürcher Filmstiftung. Mit Politikerin Min Li Marti.

Bundesebene

Zu einer Volksabstimmung kann es in der Schweiz auf Bundesebene auf drei möglichen Wegen kommen:

  • Über den Weg einer zustande gekommenen Volksinitiative, das heisst, wenn 100'000 Stimmberechtigte innerhalb von 18 Monaten mit ihrer Unterschrift eine Änderung oder Totalrevision der Verfassung verlangen.[12] Das Parlament kann einen Gegenentwurf erarbeiten. Falls die Initiative nicht zu dessen Gunsten zurückgezogen wird, werden dem Volk seit 1987 drei Fragen vorgelegt: die Initiative, der Gegenentwurf sowie die Stichfrage, welcher Vorlage Vorrang zu geben ist, wenn beide angenommen werden. Die Stichfrage kann unabhängig von den Vorlagen beantwortet werden, so kann ein Stimmender beide Vorlagen ablehnen, mit der Stichfrage aber eine davon vorziehen. Vor 1987 gab es keine Stichfrage und der Stimmende durfte nur einer der beiden Vorlagen zustimmen, konnte aber beide ablehnen.[13]
  • Als obligatorisches Referendum über eine vom Parlament beschlossene Verfassungsänderung, über einen Beitritt zu Organisationen für kollektive Sicherheit oder zu supranationalen Gemeinschaften sowie über dringlich erklärte Bundesgesetze, die keine Verfassungsgrundlage haben und deren Geltungsdauer ein Jahr übersteigt.[1]
  • Auf dem Weg des fakultativen Referendums über einen vom Parlament verabschiedeten, referendumsfähigen Erlass (u. a. Bundesgesetze, wichtige völkerrechtliche Verträge).[14] Wenn mindestens 50'000 Stimmberechtigte oder acht Kantone innerhalb von 100 Tagen nach der amtlichen Veröffentlichung dies verlangen, wird die bereits verabschiedete Vorlage in einer Volksabstimmung überprüft. Bei einer Ablehnung durch die Mehrheit der Stimmenden tritt der entsprechende Erlass nicht in Kraft, bezw. dringlich erklärte Bundesgesetze laufen ein Jahr nach Annahme durch das Parlament aus und können nicht erneuert werden.[14][15]

Kantone und Gemeinden

In den Kantonen und Gemeinden sind die Volksrechte weitreichender und Volksabstimmungen in der Regel häufiger. Grundlage dafür sind die Bestimmungen in der jeweiligen Kantons-Verfassung und den Gemeindeordnungen.

Wie auf Bundesebene gibt die Möglichkeit von Volkiniativen, obligatorischen und fakultativen Referenden. Besonders bedeutend ist das Finanzreferendum, bei dem über eine bestimmte Ausgabe des Kantones oder der Gemeinde abgestimmt wird. So kennt der Kanton Zürich ein fakultatives Referendum für neue einmalige Ausgaben über 6 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von 600'000 Franken pro Jahr.[16], während in der Stadt Zürich ein obligatorisches Referendum bei neuen einmaligen Ausgaben über 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von 1 Million Franken pro Jahr und für geringere Beiträge ein fakultatives Referendum gilt.[17]

Verfahren

Urnenabstimmung

Das Verfahren richtet sich nach dem «Bundesgesetz über die politischen Rechte», beziehungsweise der entsprechenden Verordnung den kantonalen Bestimmungen. Für die Durchführung sind die Kantone zuständig.[18] Auf Bundesebene sind jeweils vier Termine im Voraus festgelegt, an denen Abstimmungen und Wahlen durchgeführt werden.[19] Kantonale und kommunale Abstimmungen werden in der Regel gleichzeitig durchgeführt, wobei es den Kantonen und Gemeinden frei steht, zusätzliche Termine festzulegen. Der Bundesrat legt spätestens vier Monate zuvor fest, ob an diesem Tag ein Eidgenössischer Urnengang stattfinden soll und über welche Vorlagen abgestimmt werden.[18]

Die Stimmberechtigten erhalten frühestens vier, spätestens drei Wochen vor dem Termin die Abstimmungsunterlagen, welche in der Regel aus den Stimmzetteln, dem Stimmrechtsausweis, den Stimmcouvert und den Abstimmungserläuterungen (umgangssprachlich Abstimmungsbüchlein).[20] In diesem ist der Wortlaut der zur Abstimmung stehenden Vorlage, die Argumente der Befürworter und Gegner, sowie die Meinung der jeweiligen Exekutive (also: Gemeinderat, Kantonsregierung oder Bundesrat) und die Resultate der entsprechenden Beratungen und Abstimmungen in den jeweiligen Legislativen (also: Grosser Gemeinderat, Kantonsrat, National- und Ständerat) enthalten.

Die Stimmbürger können ihre Stimmzettel persönlich im Stimmlokal, welches am Abmstimmungssonntag bis 12 Uhr und an mindestens zwei der vier letzten Tage vor dem Abstimmungstag geöffnet ist[21], in die Urne einlegen oder brieflich, wobei es Kantone gibt, bei denen das entsprechende Rücksendecouvert bereits vorfrankiert ist, an die jeweilige Gemeinde senden[22]. In bestimmten Kantonen kann auch per Internet oder per SMS abgestimmt werden.[23] Das Projekt zum I-Voting wurde 2003 im Kanton Genf gestartet, und im Sommer 2006 hat der Bundesrat darüber entschieden, dass das I-Voting weitergeführt und auf die ganze Schweiz ausgedehnt werden soll. Ein Vertretung der Stimmabgabe, zum Beispiel für Invalide, ist unter bestimmten Auflagen zulässig.[24]

Die Auszählung der Stimmen obliegt den jeweiligen Stimm- und Wahlbüros, welche auf Gemeinde- oder Wahlkreisebene organisiert und aus stimmberechtigten Personen des jeweiligen Gebietes bestehen.

Offene Abstimmungen

Eine spezielle Form der Volksabstimmung sind die Landsgemeinden in den Kantonen Appenzell Innerrhoden und Glarus, den vereinzelt noch stattfindenden regionalen Landsgemeinden und den in kleineren Gemeinden ohne Parlament üblichen Gemeindeversammlungen, an denen an einer einberufenen Versammlung der jeweils Stimmberechtigten unmittelbar und offen über gewisse Sachgeschäfte und auch Einbürgerungen abgestimmt wird.

Bedeutung der Volksabstimmung

Auf Grund des auf Konkordanz ausgelegten politischen System der Schweiz und der Unabhängigkeit der Exekutiven aller Ebenen von parlamentarischen Mehrheiten, dient die Volksabstimmung als Ersatz zu einer parlamentarisch organisierten Opposition und ermöglicht der Stimmbevölkerung laufend direkten Einfluss auf die aktuelle Politik zu nehmen.

Das auf kantonaler und kommunaler Ebene weit verbreitete Finanzreferendum fördert zudem die vernünftige Planung von Ausgaben für öffentliche Projekte, sowie zusammen mit der jeweiligen Abstimmung über die Steuersätze die Akzeptanz der jeweiligen Finanzpolitik und dem Handeln der politischen Behörden im Allgemeinen.

Die Vielzahl von Geschäften, welche zur Abstimmung vorgelegt werden müssen, führen dazu, dass in der Schweiz in absoluten Zahlen um die Hälfte aller weltweiten Volksabstimmungen stattfinden.[5]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Art. 140 der schweizerischen Bundesverfassung
  2. Erläuterung der Schweizerischen Bundeskanzlei aufgerufen am 15. Februar 2015
  3. Hans Stalder: Landsgemeinde im Historischen Lexikon der Schweiz
  4. Chr. Moser, H. Fuhrer. Der lange Schatten Zwinglis. Zürich, das französische Soldbündnis und eidg. Bündnispolitik. Zürich, 2009
  5. 5,0 5,1 5,2 Universität Bern: Direkte Demokratie in der Schweiz – Länderbericht 2008/2009 (PDF; 420 kB)
  6. Alfred Kölz: Neuere Schweizerische Verfassungsgeschichte. Verlag Stämpfli+Cie AG Bern, 1992, S. 315
  7. Die allgemeine Volksinitiative wird abgeschafft. Der Bund, 27. September 2009, abgerufen am 27. September 2009.
  8. Medienmitteilung des Regierungsrates vom 1. Mai 2013
  9. Art. 136 der schweizerischen Bundesverfassung
  10. Online-Portal der Schweizer Behörden Seite «Wer ist stimmberechtigt?»
  11. Information der Bundesverwaltung über das Ausländerstimmrecht
  12. Art. 138 ff. der schweizerischen Bundesverfassung
  13. Art. 76 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte
  14. 14,0 14,1 Art. 141 der schweizerischen Bundesverfassung
  15. Art. 165 der schweizerischen Bundesverfassung
  16. Art. 33 der Verfassung des Kantons Zürich
  17. Art. 10 der Gemeindeordnung der Stadt Zürich
  18. 18,0 18,1 Art. 10 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte
  19. [1] List der Eidgenössischen Abstimmungstermine
  20. Art. 11 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte
  21. Art. 7 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte
  22. Art. 8 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte
  23. Art. 8a des Bundesgesetzes über die politischen Rechte
  24. Art. 6 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte

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