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Ständerat

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Ständeratssaal

Der Ständerat (französisch Conseil des États, italienisch Consiglio degli Stati, rätoromanisch Cussegl dals Stadis oder Cussegl dals Chantuns) ist die kleine Kammer des Parlaments der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Der Name kommt von Stand, der alten Bezeichnung für die Schweizer Kantone. Mit dem Ständestaat hat er nichts zu tun.

Da es im Ständerat mehr altgediente Politiker gibt als in der anderen Parlamentskammer, dem Nationalrat, wird er in der Umgangssprache auch mit dem ursprünglich berndeutschen Wort StöckliAltenteil») benannt.

Die Wortprotokolle des Ständerates werden im Amtlichen Bulletin der Bundesversammlung und auf einer Website noch am selben Tag veröffentlicht (siehe Weblinks).

Mitgliederzahl

Ständeratssaal während einer Session

Der Ständerat besteht aus 46 Mitgliedern, je zwei für jeden Kanton und je eines für jeden der früher Halbkanton genannten Kantone (Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Nidwalden, Obwalden, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden). Der Kanton Zürich hat mit 1,2 Millionen Einwohnern also im Ständerat das gleiche Gewicht wie Uri mit 35'000 Einwohnern. Die Mitglieder des Ständerats werden als Ständerätinnen und Ständeräte bezeichnet.

Arbeitssprachen

In den Debatten sind Hochdeutsch und Französisch gebräuchlich, Italienisch wird kaum benutzt. Es gibt keine Simultanübersetzung, das heisst, dass alle Abgeordneten in ihrer Muttersprache sprechen und dass jedes Ständeratsmitglied Deutsch und Französisch zumindest verstehen sollte.

Wahlverfahren

Die schweizerische Bundesverfassung legt im Artikel 150 fest, dass die Wahl und Amtsdauer der Ständeräte in die Zuständigkeit der Kantone fällt.[1] Somit existiert de jure im Gegensatz zum Nationalrat keine Gesamterneuerungswahl, demzufolge auch keine konstituierende Sitzung und kein Alterspräsident. Jeder Kanton ist also frei darin, den Zeitpunkt der Wahl und das Wahlverfahren für seine Ständeratsmitglieder selbst festzulegen.

Mit der Zeit hat sich allerdings eine Vereinheitlichung des Wahlverfahrens ergeben. Alle Kantone haben als Wahlmodus die unmittelbare Wahl durch das Kantonsvolk bestimmt und die Amtsdauer auf vier Jahre festgelegt. Mit Ausnahme der Kantone Jura und Neuenburg[2], die ihre Ständeräte nach Proporz wählen, werden die Ständeräte heute in allen Kantonen mit Majorzwahl durch das Volk gewählt. Der Ständerat des Kantons Appenzell Innerrhoden wird an der Landsgemeinde gewählt; im Kanton Neuenburg können sich auch Ausländer an den Ständeratswahlen beteiligen. Neuerdings können im Kanton Glarus seit einem Landsgemeindebeschluss auch 16- und 17-Jährige das aktive Wahlrecht auf Gemeinde- wie Kantonsebene (und somit bei Ständeratswahlen) wahrnehmen.

In allen Kantonen mit Ausnahme des Kantons Appenzell Innerrhoden findet die Wahl der Ständeräte am selben Tag statt wie die Nationalratswahl. In Appenzell Innerrhoden findet die Wahl an der traditionellen Landsgemeinde im April vor den Nationalratswahlen statt.

Auch in den Kantonen Graubünden und Zug fand die Wahl der Ständeräte zunächst schon ein Jahr vor der Nationalratswahl statt. Per Verfassungsänderung im Jahre 2007 haben nun auch die Bündner und Zuger die Praxis der Mehrheit aller Kantone übernommen und wählen ihre Ständeräte parallel zur Nationalratswahl. Während jedoch Graubünden die Änderung schon auf die Wahl 2007 vorgenommen hat, trat sie in Zug erst auf die nächsten Gesamterneuerungswahlen im Jahr 2011 in Kraft.

Eine vorzeitige Auflösung des Ständerates ist nur im Falle einer vom Volk beschlossenen Totalrevision der Bundesverfassung möglich. Die vorzeitige Abwahl eines seiner Mitglieder ist nicht vorgesehen. Nur beim vorzeitigen Rücktritt eines Ständerates oder bei einem Todesfall findet für den Rest der Amtsperiode eine Ersatzwahl statt.

Als Vertreter der Kantone wurden die Ständeräte zunächst von den jeweiligen Kantonsparlamenten bestimmt. Ab 1867 begannen verschiedene Kantone, ihre Ständeräte durch das Volk zu wählen. Die Einführung der Volkswahl war ein über hundert Jahre dauernder Prozess: Der Kanton Bern führte dieses Verfahren 1977 als letzter ein, während der 1979 gegründete Kanton Jura direkt dazu überging. Die nachfolgende Tabelle zeigt das Jahr der Einführung.[3][4]

Leerer Ständeratssaal
Kanton Einführung Kanton Einführung
Kanton AargauKanton Aargau Aargau 1904 Kanton NidwaldenKanton Nidwalden Nidwalden 1877
Kanton Appenzell AusserrhodenKanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell Ausserrhoden 1877 Kanton ObwaldenKanton Obwalden Obwalden 1867
Kanton Appenzell InnerrhodenKanton Appenzell Innerrhoden Appenzell Innerrhoden 1895 Kanton St. GallenKanton St. Gallen St. Gallen 1967
Kanton BernKanton Bern Bern 1977 Kanton SchaffhausenKanton Schaffhausen Schaffhausen 1876
Kanton Basel-LandschaftKanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft 1892 Kanton SchwyzKanton Schwyz Schwyz 1898
Kanton Basel-StadtKanton Basel-Stadt Basel-Stadt 1889 Kanton SolothurnKanton Solothurn Solothurn 1869
Kanton FreiburgKanton Freiburg Freiburg 1972 Kanton TessinKanton Tessin Tessin 1892
Kanton GenfKanton Genf Genf 1893 Kanton ThurgauKanton Thurgau Thurgau 1869
Kanton GlarusKanton Glarus Glarus 1887 Kanton UriKanton Uri Uri 1888
Kanton GraubündenKanton Graubünden Graubünden 1880 Kanton WaadtKanton Waadt Waadt 1917
Kanton JuraKanton Jura Jura 1979 Kanton WallisKanton Wallis Wallis 1921
Kanton LuzernKanton Luzern Luzern 1904 Kanton ZugKanton Zug Zug 1881
Kanton NeuenburgKanton Neuenburg Neuenburg 1971 Kanton ZürichKanton Zürich Zürich 1869

Parteien

Aufgrund des Wahlverfahrens unterscheidet sich die Zusammensetzung des Ständerates durch die Parteien von jener im Nationalrat – die grosse Mehrheit an Räten stellen der Freisinn sowie die Christdemokraten.

Die 46 Sitze verteilen sich wie folgt (jeweils zu Beginn der Legislaturperiode):

Partei 2011 2007 2003 1999 1995 1991 1987 1983 1979[5] 1975 1971 1967
CVP 13 15 15 15 15 16 21 18 19 18 17 18
FDP 11 12 14 18 17 18 14 14 11 14 15 15
SP 11 9 9 6 5 3 4 6 9 6 4 2
SVP 5 7 8 7 7 4 4 5 5 5 5 6[6]
Grüne 2 2 0 0 0 0 0 0 0 - - -
GLP 2 1 - - - - - - - - - -
BDP 1 - - - - - - - - - - -
LPS - 0 0 0 2 3 2 3 2 1 2 2
übrige 1[7] 0 0 0 0 2[8] 1[9] 1[9] 1[9]

Kompetenzen

Zimmer des Ständeratspräsidenten

Die Sitzungen des Ständerates leitet der auf ein Jahr gewählte Ständeratspräsident. Die Ständeräte stimmen ohne Instruktionen ihrer Kantone oder Kantonsregierungen – dies beispielsweise im Gegensatz zum deutschen Bundesrat – und sind in der Ausübung ihres Mandates somit völlig frei. Entsprechend ist die althergebrachte Formulierung «Vertretung der Kantone» irreführend.

Die beiden Kammern Ständerat und Nationalrat sind politisch völlig gleichwertig – ein Beschluss ist nur gültig, wenn er von beiden Kammern in derselben Fassung verabschiedet wurde. Alle Geschäfte werden nacheinander von beiden Räten behandelt. Die Ratsvorsitzenden legen gemeinsam fest, welcher Rat ein Geschäft zuerst behandelt («Erstrat»).

Können sich National- und Ständerat nach der ersten Behandlung nicht auf einen gemeinsamen Text einigen, so findet ein Differenzbereinigungsverfahren statt, wobei das Geschäft zwischen beiden Räten hin und her pendelt. Nach drei erfolglosen Durchgängen wird die Einigungskonferenz einberufen. Wird der Vorschlag der Einigungskonferenz von einer der Parlamentskammern abgelehnt, ist das Geschäft gescheitert. Weitere Erläuterungen zum Prozedere: siehe Gesetzgebungsverfahren (Schweiz).

Ständerat und Nationalrat zusammen bilden die Vereinigte Bundesversammlung, die für Wahlen und bei einigen anderen besonderen Anlässen zusammentritt.

Entschädigung

Das steuerpflichtige Einkommen eines Ständerats aus seiner Funktion als Ständerat beträgt im Durchschnitt 74'000 Fr. (davon Jahreseinkommen 21'000 Fr., 106 Taggelder inkl. Sessionen zu 400 Fr. = 42'400 Fr.). Die Spesenentschädigungen betragen zusätzliche 58'600 Fr. (davon Jahresentschädigung 30'000, 99 Mahlzeitenentschädigungen zu 100 Fr., 56 Übernachtungsentschädigungen zu 170 Fr.). Einkommen und Spesen total: 132'800 Fr. Je nach Anzahl der Sitzungstage und nach Wohnort können Spesen und Taggelder variieren. Quelle: Parlamentsdienste, 2007.

Mitglieder

Für die aktuellen Ständeratswahlen siehe Schweizer Parlamentswahlen 2011 (Kontext) sowie Resultate der Ständeratswahlen (2011–2015) (genaue Resultate).

Geschichte

Die Rolle des Ständerates als Kantonsvertretung kristallisierte sich bereits mit der ersten Bundesverfassung von 1848 heraus. Der konservativen Konfliktpartei im Sonderbundskrieg lag viel daran, die staatliche Unabhängigkeit der Kantone zu wahren. Als Kompromiss billigten die siegreichen Liberalen der Gegenpartei als Ersatz für die Tagsatzung den Ständerat zu, der mit seiner Stimmenparität aller Kantone den vorab kleinen Sonderbundskantonen ein überproportionales Stimmengewicht im neu geschaffenen Bundesstaat verlieh. Das System war allerdings nicht selber erfunden, sondern imitierte unübersehbar das Zweikammersystem der US-amerikanischen Verfassung. Im Gegensatz zu der seit dem Mittelalter tradierten Tagsatzung stimmen die Mitglieder des Ständerates von jeher nicht nach Weisungen (Instruktionen) der Kantone, sondern nach eigenem politischem Gefühl und eigener politisch-ökonomischer Interessenlage, respektive Parteizugehörigkeit.

Kritik am Abstimmungsverfahren

Der Ständerat geriet im Dezember 2012 im Rahmen einer dreimaligen Falschauszählung einer Abstimmung zum Verbot von Reptilienhäupten in die Kritik. Durch Videoaufnahmen von Politnetz kamen dabei drei Falschabstimmungen bei einem Geschäft zu einem Reptilienimportverbot zu Tage, die Abstimmung musste bisher zweimal wiederholt werden. Die Gegner der elektronischen Abstimmung sahen jedoch kein Problem in solchen Zählfehlern.[10] Zwei Ständerate, Hannes Germann (SVP, Schaffhausen) und Paul Niederberger (CVP, Nidwalden), hatten damals sogar mit Konsequenzen gedroht, da die Videoaufnahmen im Ständerat nicht rechtmässig gewesen seien.[11] Bereits im Frühling des gleichen Jahres hatte es eine Fehlauszählung gegeben; eine Abstimmung musste wiederholt werden, nachdem mehr Stimmen gezählt wurden als Räte im Saal vorhanden waren.

Schliesslich gab die Mehrheit des Ständerates am 10. Dezember 2012 nach und unterstützte eine parlamentarische Initiative von This Jenny (SVP, GL) zur Einführung eines elektronischen Systems.[12]

Seit der Frühjahrssession 2014 stimmt nun auch der Ständerat mittels elektronischer Abstimmungsanlage ab. Die Resultate werden jedoch im Gegensatz zum Nationalrat lediglich publiziert bei Gesamt- und Schlussabstimmungen, Abstimmungen mit qualifiziertem Mehr, sowie wenn es mindestens zehn Ratsmitglieder verlangen.[13] Im Nationalrat wurde die elektronische Abstimmung 1994 eingeführt.

Weblinks

 Commons: Ständerat – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Artikel 150 der Schweizerischen Bundesverfassung http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a150.html
  2. Einführung Proporz in Neuenburg am 26. September 2010 vom Volk beschlossen
  3. Erich Gruner: Die Wahlen in den Schweizerischen Nationalrat 1848–1919. Band 3, Francke Verlag, Bern 1978, ISBN 3-7720-1445-3, S. 492–493.
  4. Verfassungen der Schweiz (von 1291 bis heute)
  5. Der Kanton Jura wurde 1979 gegründet, daher steigt die Anzahl Ständeräte von 44 auf 46
  6. 3 Sitze für Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei, 3 für Demokratische Parteien aus den Kanton Glarus und Graubünden. Diese Parteien schlossen sich 1971 zur Schweizerischen Volkspartei zusammen.
  7. parteilos
  8. Lega dei Ticinesi, Landesring der Unabhängigen
  9. 9,0 9,1 9,2 Landesring der Unabhängigen
  10. 20 Minuten online: Ständeräte sehen kein Problem in Zählfehlern
  11. 20 Minuten online: Politnetz-Kamera im Ständerat ist nicht erlaubt
  12. 11.490 Parlamentarische Initiative. Transparentes Abstimmungsverhalten
  13. Geschäftsreglement des Ständerates, Art. 44a
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