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Theodor Brugsch

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Karl Louis Theodor Brugsch (* 11. Oktober 1878 in Graz; † 11. Juli 1963 in Ost-Berlin) war ein deutscher Internist und Politiker.

Leben

Theodor Brugsch bei der Eröffnung der Berliner Universität am 29. Januar 1946. Von links: Josef Naas von der DVV, Theodor Brugsch, Professor und Abteilungschef für Hochschulwesen der DVV[1], Paul Wandel als Präsident der DVV am Mikrofon, rechts Tjulpanov und Solotuchin als Vertreter der SMAD. Brugsch vollzug die Investitur des neuen Rektors Johannes Stroux.

Theodor Brugsch war Sohn des Ägyptologen Heinrich Brugsch.[2] Nach dem Besuch des Köllnischen Gymnasiums von 1898 bis 1902 studierte er Medizin an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. 1903 wurde er in Berlin zum Dr. med. promoviert.[3] Von 1903 bis 1905 arbeitete er am (alten) Krankenhaus Altona und anschließend von 1906 bis 1909 an der Berliner Charité. Dort habilitierte er sich 1909. Gegen Ende des Ersten Weltkrieges war er Stabsarzt in einem Lazarett in Rumänien, nach dem Ersten Weltkrieg wieder an der Charité. Von 1927 bis 1935 war er Ordinarius an der Medizinischen Universitätsklinik Halle. Im Jahr 1932 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt.[4]

Im Jahre 1931, während der Dekanatszeit von Brugsch, kam es an der Universität Halle zu krawallartigen Protesten nationalsozialistischer Studenten, die sich gegen die Berufung des Theologen Günther Dehn richteten, dem vorgeworfen wurde, ein Pazifist zu sein. Nach einem Polizeieinsatz gegen diese Studenten trat Brugsch im Senat für weitere disziplinarische Maßnahmen gegen diese Studenten ein. In der Folge wurde die jüdische Abstammung seiner Frau öffentlich gegen ihn verwendet und es kam zu einer Kampagne gegen ihn als Universitätslehrer. Als schließlich 1935 ein von ihm organisierter Kongress auf äußeren Druck hin kurzfristig abgesagt werden musste, entschied er sich, beim Ministerium vorzeitige Emeritierung zu beantragen, die ihm gewährt wurde.[5]

Wegen seiner jüdischen Ehefrau wurde Brugsch 1935 nach den Nürnberger Gesetzen als Hochschullehrer entpflichtet. Obwohl er verschiedenen NS-Organisationen wie dem Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps und der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt beitrat und förderndes Mitglied der SS wurde, erhielt er keine neue Berufung auf einen Lehrstuhl.[2] Brugsch zog nach Berlin und praktizierte dort in einer Privatpraxis und in einer Privatklinik.[6] Im Jahre 1936 lernte er dort eine Schweizerin kennen, mit der er ab 1938 zusammenlebte. Erst 1944 ließ er sich von seiner ersten Frau, mit der er drei Söhne hatte, scheiden, nachdem es ihm gelungen war, ihr einen "Arierpass" zu kaufen, kümmerte sich jedoch weiter um sie, sodass sie das Kriegsende wohlbehalten überlebte. Ende 1944 heiratete er seine zweite Frau, mit der er drei Töchter hatte.[7]

Über seine Haltung zum Nationalsozialismus hat sich Brugsch selbst folgendermaßen geäußert: „Gegen die damaligen Zustände in Halle war ich überempfindlich geworden, nachdem ich den Eindruck gewonnen hatte, daß nicht nur eine ganze Stadt den Nacken beugte, sondern auch die Professoren sich willig und widerspruchslos dem Nazismus fügten, dessen Prinzipien mir unfassbar erschienen. Mit diesem Strom wollte ich auf keinen Fall schwimmen, aber als einzelner gegen den Strom zu schwimmen – das war damals für mich völlig unmöglich.“[8]:240

Von 1945 bis 1957 arbeitete Theodor Brugsch als Ordinarius für Innere Medizin an der Ost-Berliner Charité. 1945 bis 1946 war er auch Hauptabteilungsleiter der Deutschen Verwaltung für Volksbildung. 1946 gehörte er zu den Gründern des Clubs der Kulturschaffenden in Berlin. 1947 gründete er die Sozialhilfe Groß-Berlin, deren Präsident er wurde. Von 1949 bis 1954 saß er als Abgeordneter in der Volkskammer. 1957 wurde er emeritiert. Anschließend war er Vizepräsident des Kulturbundes der DDR. Er starb mit 84 Jahren in Ost-Berlin.

Ehrungen

Schriften

  • Arzt seit fünf Jahrzehnten, Rütten & Loening, Berlin 1957.
  • Kardiologie. Lehrbuch der Herz- und Gefäßkrankheiten; zugleich eine Pathologie des Kreislaufs, (5. Auflage), Hirzel, Leipzig 1958.
  • Lehrbuch der inneren Medizin, (14. Auflage), 1950.
  • Stoffwechselerkrankungen. Schriftenreihe der Zeitschrift für die gesamte Innere Medizin und ihre Grenzgebiete 4 (1955)
  • mit Alfred Schittenhelm: Der Nukleinstoffwechsel und seine Störungen. (Gicht, Uratsteindiathese u. a.), Fischer, Jena 1910.

Literatur

  • Kurzbiographie Theodor Brugsch. In: Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin: Jahrbuch der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1963, Akademie-Verlag, Berlin 1964, S. 59.
  • Wolfram Kaiser, Hans Hübner (Hrsg.): Theodor Brugsch (1878–1963). Hallesches Brugsch-Symposium 1978. Martin-Luther-Universität Halle, Wittenberg 1979.
  • Albrecht Krebbel: Die Entwicklung der Medizin im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung des Wirkens von Theodor Brugsch (1878–1963). Diss. Univ. Halle 1984.
  • Jürgen Konert: Theodor Brugsch. Internist und Politiker. Verlag Hirzel, Leipzig 1988, ISBN 3-322-00486-4
  • Robert Volz: Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft. Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild. Band 1: A–K. Deutscher Wirtschaftsverlag, Berlin 1930, DNB 453960286.
  • Kurzbiografie zu: Theodor Brugsch. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Ch. Links Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4, Band 1.
  • Theodor Brugsch: Leben heißt erleben. In: …einer neuen Zeit Beginn. Erinnerungen an die Anfänge unserer Kulturrevolution 1945–1949. Aufbau-Verlag, Berlin/Weimar 1981, S. 96–100.

Weblinks

 Commons: Theodor Brugsch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sören Flachowsky: Der Wissenschaftsorganisator Johannes Stroux an der Berliner Universität 1945–1947. In: Jahrbuch für Universitätsgeschichte. 7/2004. Franz Steiner Verlag, S. 203
  2. 2,0 2,1 2,2 Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, S. 78.
  3. Dissertation: Die Entwicklung des Ligamentum caudale beim Menschen.
  4. Mitgliedseintrag von Theodor Brugsch bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 19. März 2018.
  5. Jürgen Konert: Theodor Brugsch: Internist und Politiker. S.Hirzel Verlag, Leipzig 1988, S. 102–122.
  6. Jürgen Konert: Theodor Brugsch: Internist und Politiker. S.Hirzel Verlag, Leipzig 1988, S. 121.
  7. Jürgen Konert: Theodor Brugsch: Internist und Politiker. S.Hirzel Verlag, Leipzig 1988, S. 124–125.
  8. Theodor Brugsch: Arzt seit fünf Jahrzehnten. Autobiographie. Verlag der Nation, Berlin 1986, ISBN 3-373-00073-4 (erste Auflage 1957)
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Theodor Brugsch aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.