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Talar

Aus Jewiki
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Dieser Artikel beschreibt das Kleidungsstück. Zu den Orten siehe El Talar.
Ludwig Erhard 1965 im Talar
Graduierung in den USA

Ein Talar[Anm. 1] ist ein weitärmeliges, knöchellanges Obergewand, das von Professoren, Absolventen, Geistlichen und Juristen getragen wird.

So wird in Österreich die Robe von Richtern und Anwälten ebenso als Talar bezeichnet wie in Deutschland die Amtstracht von (vor allem protestantischen) Geistlichen und Rabbinern. Der Talar ist dabei (wie auch die Soutane) kein liturgisches Gewand, sondern Amtskleidung und ursprünglich Ausgehkleidung. Seinen historischen Ursprung hat der Talar als akademische Kleidung an mittelalterlichen Universitäten.

Juristen

In Österreich wird die Amtstracht von Richtern, Staatsanwälten und Anwälten als „Talar“ bezeichnet.

Zu den Talaren von Richtern und Anwälten siehe Hauptartikel: Robe.

Universitätsangehörige

Talare der Freien Universität Berlin, als Folge der 68er-Bewegung nicht mehr getragen
Akademische Tracht in den USA (2004)

Universitätsangehörige tragen Talare nur bei besonderen, feierlichen Anlässen wie etwa Verleihungen von Ehrentiteln, Amtseinführungen oder Jubiläen. Aus den Farben ist ersichtlich, welcher Fakultät der Träger angehört. An der Universität Bonn z. B. ist die Farbe der medizinischen Fakultät scharlachrot, die der landwirtschaftlichen Fakultäten grün, die der juristischen purpurrot (karmesin/ karminrot), die der philosophischen Fakultät dunkelblau (sog. Preußischblau/Berliner Blau), Naturwissenschaften/Mathematik/Pharmazie hell-/ lichtblau, die der Theologen violett. An der Freien Universität Berlin wurden für die evangelisch-theologische Fakultät die Farbe Violett, für die juristische Purpur, die medizinische Scharlachrot und die philosophische Dunkelblau festgelegt.

Jede der alten deutschen Universitäten zwischen Freiburg und Kiel hatte zudem einen eigenen, unverkennbaren Talar. Am deutlichsten ist dies am Talar des Rektors zu sehen, der z. B. an der Universität Bonn ein „langer, goldgestickter Mantel von purpurfarbenem Sammet“ mit dazu passendem Barett ist.

Die Deutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre, die die angeblich oft konservative Grundeinstellung der talartragenden Professoren und die ihrer Meinung nach fehlende Aufarbeitung der Rolle der Professoren im Nationalsozialismus mit dem Slogan Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren geißelte, führte zur Abschaffung der Talare. Studenten an deutschen Hochschulen tragen im Normalfall während ihres gesamten Studiums und auch bei Abschlussfeiern keine Talare mehr.

Einen anderen Weg ging die Universität Wien. Kaiser Joseph II. hatte die Talare bereits 1784 abgeschafft. 1927 wurden diese auf Anregung von Hans Uebersberger wieder eingeführt. Dabei tragen katholische Theologen Goldgelb, evangelische Theologen lichtviolett, Juristen purpur, Mediziner Lindengrün und Philosophen Dunkelblau. Der Entwurf stammt von Rudolf Bacher.[1]

Ein gänzlich anderes Verhältnis zum Talar herrscht dagegen in vielen anderen Ländern der Welt wie beispielsweise im Vereinigten Königreich, in den Vereinigten Staaten von Amerika, Südafrika oder Polen. In den USA ist das Tragen des Talars bereits beim Abschluss der High School üblich.

In den USA gibt es einen festen Code, aus dem auch der Rang erkennbar ist. Es wird immer die Robe der Fakultät getragen, die den Träger promoviert hat. Die Länge des Talars (engl. gown) und die Weite der Ärmel sind fest geregelt. Drei Streifen am Ärmel dürfen nur von Personen getragen werden, denen ein Doktorgrad verliehen wurde.

An einigen deutschen Hochschulen gibt es Tendenzen zur Wiederbelebung der Talartradition. So veranstaltete z. B. die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn 2005 erstmals eine Abschlussfeier im amerikanischen Stil mit 2500 Gästen. Für die rund 700 teilnehmenden Absolventen (von insgesamt 2000 Absolventen des Abschlusssemesters) war das Tragen eines schwarzen Talars, einer farbigen Schärpe und eines viereckigen Baretts mit Anhänger (Quaste) (Doktorhut) Pflicht. Auch die Verleihung eines Doktorgrades findet hier wieder im Talar statt. Ähnliche Entwicklungen sind vor allem an Privathochschulen und im Bereich der Wirtschaftswissenschaften zu beobachten (z. B. an der Handelshochschule Leipzig, HSBA Hamburg School of Business Administration, Hochschule Fresenius, Welfenakademie Braunschweig, EBS Universität für Wirtschaft und Recht, an der Fakultät BWL der Universität Mannheim, am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, an der Fakultät Wirtschaft der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und am Institut für Wirtschaftsrecht an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg). Oft handelt es sich hierbei um junge Hochschulen, bei denen nicht die Anknüpfung an eine historische Talartradition, sondern die Anpassung an internationale, vor allem im angelsächsischen Raum übliche Gepflogenheiten ausschlaggebend ist.

Konfessionen

Römisch-katholische Kirche

Der Talar ist ein knöchellanges, meist schwarzes Gewand. Er gehört zur Chorkleidung, die von Priestern, Ministranten und anderen liturgischen Diensten getragen werden kann. Darüber wird ein Chorhemd oder, von höheren Geistlichen, ein Rochett getragen. Regional – vor allem in Österreich – wird auch das schwarze Alltagsgewand der Priester, die Soutane, Talar genannt.

Für Priesteramtskandidaten war in der Vergangenheit üblich, den Talar als Alltagsgewand zu tragen. Die Absolventen des Germanicums waren an ihren roten Talaren zu erkennen, weshalb man sie auch „Frati rossi“ nannte.

Bei Ministranten ist der Talar manchmal in der liturgischen Tagesfarbe gehalten. Mancherorts wird auch zwischen Sonn- und Feiertagen unterschieden, an denen rote Talare getragen werden, und den übrigen Zeiten oder Tagen im Kirchenjahr, an denen der schwarze Talar genommen wird.

Evangelische Kirchen

Max Frommel im Talar

Talar bezeichnet im Protestantismus die schwarze Amtstracht des Pfarrers. Die Talare sind, je nach Landeskirche oder Selbständiger Evangelisch-Lutherischer Kirche, unterschiedlich gestaltet. So zum Beispiel mit Stehkragen (besonders in Norddeutschland) oder mit Samtbesatz (z. B. in Bayern). In der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche ist der altlutherische Talar (V-Ausschnitt mit Schalkragen) verbreitet. Zum Talar werden Beffchen oder (in den Hansestädten) eine Halskrause getragen (Hamburger bzw. Lübecker Ornat). Vor allem in lutherischen Kirchen setzt sich in letzter Zeit auch die Stola durch, die in der jeweiligen liturgischen Farbe zusätzlich oder anstelle des Beffchens über dem Talar getragen wird. Eine Besonderheit im europäischen Protestantismus in Bezug auf die Amtstracht stellt der Schweizer Kanton Graubünden mit dem offenen Scaletta-Mantel dar.

Der Talar wurde erst 1811 durch eine Kabinettsorder König Friedrich Wilhelms III. in Preußen für (christliche wie jüdische) Geistliche, Richter und andere königliche Beamte eingeführt.[2] In der Reformationszeit waren im Bereich der lutherischen Kirchen die Messgewänder häufig in Gebrauch geblieben. Die Messgewänder wurden zu den Adiaphora gerechnet. Sie galten damit nicht als schriftinkonform, aber auch nicht als heilsnotwendig. Martin Luther trug selbst zu den Abendmahlsfeiern noch Messgewänder, lediglich zur Predigt den schwarzen Rock der damaligen theologischen Universitätsprofessoren.

Nach 1811 ist der Talar in Deutschland zur Amtstracht und durch ihren Gebrauch zur gewohnten liturgischen Kleidung der evangelischen Pfarrer geworden. Auch ehrenamtliche Prediger (Prädikanten) tragen in der Rheinischen, Westfälischen und Badischen Landeskirche sowie in der Kirchenprovinz Sachsen den Pfarrertalar. In der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck tragen die Prädikanten einen eigenen Prädikantentalar (schwarzer Talar preußischer Form mit V-Ausschnitt ohne Schalkragen), ebenfalls in der Bayerischen Landeskirche (schwarzer Talar mit Quetschfalten, V-Ausschnitt mit rotem Schalkragen). Den Prädikanten der Hannoverschen Landeskirche ist das Tragen eines Talars, der in Länge und Form vom Pastorentalar leicht abweicht, freigestellt. Prädikanten und Prädikantinnen der Evangelischen Landeskirche in Württemberg tragen keinen Talar. Es ist ihnen aber freigestellt, eine für den Dienst der ehrenamtlichen Verkündigung vorgesehene Mantelalbe (ohne Stola) als liturgisches Gewand zu tragen.

Talar und Beffchen stehen im Prinzip unter dem Schutz des § 132a des StGB (Missbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen).[3]

Durch das Tragen des schwarzen Talars soll einerseits der informativ-(be-)lehrende Charakter des evangelischen Gottesdienstes betont werden, bei dem die Verkündigung des Wortes Gottes in der Predigt im Mittelpunkt steht. Andererseits tritt durch die Kleidung die Person des Liturgen bzw. der Liturgin in den Hintergrund.

Da im Laufe der Zeit auch in den evangelischen Kirchen zusehends der „Feiercharakter“ der Gottesdienste in den Vordergrund gerückt ist, wird vermehrt über den Talar nachgedacht. Als Zeichen der Verbindung von Lehre und Feier erlauben einige Landeskirchen mittlerweile das Tragen der Stola zum Talar. Mancherorts werden in lutherischen Gemeinden Talar und Beffchen zu besonderen Anlässen wie Taufe oder Weihnachten auch vollständig durch Albe und Stola ersetzt. In der Regel ist hierzu (z. B. in der Evangelischen Kirche in Bayern) ein entsprechender Beschluss des Kirchenvorstands erforderlich. In der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche ist der Talar zugunsten der Albe mit Stola in sehr vielen Kirchengemeinden schon generell ersetzt worden. Änderungen der gottesdienstlichen Gewandung bedürfen dort der Zustimmung der Gemeindeversammlung. Die Evangelisch-Lutherische Freikirche hingegen hält weiterhin am Talar fest.

Bestattungswesen

In der Fachsprache der Bestatter wird auch das sogenannte Totenhemd, die Bekleidung des Verstorbenen im Sarg, als Talar bezeichnet.

Siehe auch

Literatur

  • Martha Bringemeier: Priester- und Gelehrtenkleidung. Tunika - Sutane, Schaube - Talar. Ein Beitrag zu einer geistesgeschichtlichen Kostümforschung. Münster 1974 (Volltext als PDF)

Anmerkungen

  1. nach mittellat. talare bzw. lat. talaria (Plural), substantiviert aus talaris ‚zu den Knöcheln gehörig‘, ‚bis an die Knöchel reichend‘, zu lateinisch: talus ‚Fußknöchel‘, ‚Fesselknochen‘, ‚Ferse‘

Einzelnachweise

  1. Kurt Mühlberger: Aus der Universitätschronik 1884-1984 In: Hermann Fillitz (Hrsg.): Die Universität am Ring. Christian Brandstätter Verlag & Edition, Wien 1984, ISBN 3-85447-118-1, S. 53.
  2. Königlich-Preußische Kabinettsordre vom 20. März 1811; zitiert bei: Walter Lotz: Das hochzeitliche Kleid. Zur Frage der liturgischen Gewänder im evangelischen Gottesdienst (= Im Dienst der Kirche. Bd. 6, ZDB-ID 978716-1). Stauda-Verlag, Kassel 1949, S. 40 f.
  3. Friedemann Merkel: Schwarz – oder heller? Zur Amtstracht evangelischer Pfarrer. In: Heinrich Riehm (Hrsg.): Festschrift für Frieder Schulz. Freude am Gottesdienst. Eigenverlag, Heidelberg 1988, S. 219–227, 233.
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