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Käthe Paulus

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Käthe Paulus (* 22. Dezember 1868 in Zellhausen bei Offenbach; † 26. Juli 1935 in Berlin), war die erste deutsche Berufsluftschifferin, Luftakrobatin und Erfinderin des zusammenlegbaren Fallschirms. Als „Luftschiffer“ wurden damals alle Beteiligten an der Leichter als Luft-Technik, also auch Ballonfahrer, z. B. Feldluftschiffer bezeichnet.

Leben

Katharina „Käthchen“ Paulus stammte aus kleinbürgerlichen, ärmlichen Verhältnissen. Ihr Vater, der als Schmied, Tagelöhner und manchmal als Maschinenheizer arbeitete, verstarb 1887. Dieses Ereignis schweißte Käthe Paulus und ihre Mutter, Maria Paulus, so eng zusammen, dass sie zeitlebens zusammen lebten. Paulus hatte schon in jungen Jahren einen Hang zur Akrobatik. So wollte sie beispielsweise auf einem über den Haushof gespannten Seil das Seiltanzen erlernen.

Paulus lernte den Schneiderberuf, was sich später als ideal für ihre Karriere herausstellen sollte.

Erste Aufstiege und Absprünge

Während eines Kuraufenthaltes lernte sie am 21. Juni 1889 den Ballonfahrer Hermann Lattemann kennen und war begeistert von seiner Kunst. Sie wollte von nun an Luftschifferin werden.

Auf Paulus Wunsch hin lehrte Lattemann sie die Kunst des Ballonfahrens und des Fallschirmsprungs. Doch vor dem ersehnten ersten Aufstieg musste Paulus erst lernen, wie Ballone und Fallschirme hergestellt wurden. „Auf diese Weise wurde ich mit den technischen Hilfsmitteln, die mit der peinlichsten Vorsicht und Sorgfalt angefertigt werden müssen, vertraut.“

Bald war Paulus unentbehrlich für Lattemann. Sie hielt seine Ausrüstung instand und flickte die oft in Fetzen zurückkommenden Ballone. Paulus und Lattemann arbeiteten nicht nur zusammen, sondern waren auch privat ein Paar. Am 7. März 1891 kam in Frankfurt am Main ihr Sohn, Willy Hermann Paulus, zur Welt. Aufgrund der Schwangerschaft und der Geburt war Paulus bisher nicht selbst im Ballon aufgestiegen.

Am 19. Juli 1893 kam dann der von ihr lange ersehnte Augenblick: in Nürnberg hatte Lattemann einen Passagier, und irgendjemand musste Ballon und Passagier unversehrt zu Boden bringen. Paulus wusste nicht viel mehr über das Ballonfahren als ihr Passagier, und durch eine Fehlmanipulation der Ventile stieg sie auf 3500 m, bevor der Ballon fast platzte und dann mit hoher Geschwindigkeit nach unten sauste. Glücklicherweise überstanden sie und ihr Passagier die Beinahe-Katastrophe unverletzt. „Ich schlug mir den Schädel blutig. Aber was tat das alles gegenüber dem stolzen Bewußtsein, daß im großen und ganzen die Sache geklappt hatte.“

Lattemann wollte Paulus erst nicht abspringen lassen. Sie bestand jedoch darauf, und bei strömendem Regen wagte sie in Elberfeld (heute zu Wuppertal) ihren ersten Sprung.

Ein Jahr später starb Lattemann bei einem fatalen Ballonexperiment in Krefeld. Am 17. Juni 1894 wollten Paulus und Lattemann gemeinsam im Ballon aufsteigen, sie sollte abspringen, und Lattemann wollte anschließend den Ballon in einen Fallschirm verwandeln und damit sanft zur Erde gleiten. Nachdem Paulus abgesprungen war und sich ihr Schirm geöffnet hatte, zog Lattemann an der Leine. Der Ballon reagierte jedoch nicht wie geplant, sondern drehte sich zusammen und stürzte zischend zur Erde. Keine zehn Meter entfernt musste Paulus hilflos am Fallschirm hängend zusehen, wie ihr Geliebter zu Tode stürzte. „Ich hing am Schirm, ohne helfen zu können, während er in rasender Fahrt, die Hülle wie ein umgedrehter Regenschirm nachflatternd, in die Tiefe stürzte. Alles war dumpf. Als ich landete, hatten sie ihn schon tot in einer Straße von Krefeld gefunden. Es war sehr schwer.“

Erste professionelle Luftschifferin Deutschlands

Infolge Lattemanns Tod hatte Paulus einen schweren Schock sowie einen Nervenzusammenbruch – heute würde man von einem posttraumatischen Zusammenbruch sprechen. Sie war monatelang ans Bett gefesselt. Aus ganz Deutschland erhielt sie tröstende und aufmunternde Briefe, die es ihr schließlich ermöglichten, weiterzumachen.

Sie kaufte vier neue Ballone, mit denen sie Tourneen durch alle europäischen Großstädte durchführte: London, Nizza, Wien, Amsterdam, Berlin, Budapest, Danzig, Düsseldorf, Wiesbaden, Paris und Frankfurt.

Kaum ein Jahr nach Lattemanns Tod starb der kleine Willy Hermann im Juli 1895 an Diphtherie. Paulus stürzte sich wiederum in die Arbeit. 516-mal stieg sie insgesamt in einem Ballon auf, 147-mal stürzte sie sich mit ihrem Fallschirm in die Tiefe.[1] Ihre Aufstiege stießen auf ein enormes Publikumsinteresse: einmal verkaufte sie fast 20.000 Eintrittskarten.

Paulus hatte ein Gespür für Publicity und Image. Bei ihren Auftritten trug sie publikumswirksam einen Matrosenanzug, Pluderhosen, dazu enge Lackgamaschen und schwarze Schnürstiefel: So stellten sich die Menschen eine „Luftheldin“ vor. Paulus – ihr Künstlerinnenname war „Miss Polly“ – wurde innerhalb kürzester Zeit zur erfolgreichsten Luftakrobatin ihrer Zeit.

Ihr spektakulärstes Kunststück war der von ihr erfundene Doppelabsturz, bei dem sie sich vom Ballon löste, worauf ein erster Fallschirm aufging, von dem sie sich wiederum für einige Momente löste, bis ein zweiter Schirm aufging.

Während ihrer gesamten Karriere hatte Käthe Paulus – bis auf einen Beinbruch – keinen ernsthaften Unfall.

Abstecher in den Motorflug

Paul Engelhardt im Flug, Johannisthal bei Berlin, 12. August 1910

Ihr Leben lang war Paulus offen für die technischen Neuerungen in der Luftfahrt. Als 41-jährige erwarb sie eine Blériot-Flugmaschine und nahm Flugstunden beim bekannten Fluglehrer Paul Engelhardt. Als dieser jedoch bei einem Absturz ums Leben kam, verzichtete sie auf eine weitere Ausbildung und auf die Fluglizenz.

Nicht nur der Tod ihres Lehrers hat zu dieser Entscheidung beigetragen. Es scheint, als hätte sich Paulus so sehr an das lautlose Gleiten der Ballone gewöhnt, dass sie die dröhnenden Motorgeräusche der Flugmaschinen als störend empfand.

Im Juli 1914 unternahm die nun 46-jährige ihre letzte Ballonfahrt. Wenige Tage später brach der Erste Weltkrieg aus. Paulus übergab ihre Ballone und Fallschirme der Heeresverwaltung.

Erster Weltkrieg und Fallschirmproduktion

Gedenktafel am Haus Gotthardstraße 105, in Berlin-Reinickendorf

Von Kriegsbeginn an wandte sich Paulus immer wieder mit Verbesserungen für Fallschirme an die deutsche Heeresverwaltung. Aber erst 1916 begannen sich die Behörden überhaupt für Fallschirmfragen zu interessieren.

Ausgelöst durch den Tod Lattemanns hatte sich Paulus während der vielen Jahre ihrer Karriere als Luftschifferin mit der ständigen Verbesserung ihrer Fallschirme befasst. Zur Zeit des Ersten Weltkriegs galt sie als Expertin Deutschlands und beste Ratgeberin der Ballonaufklärer-Truppen.

Ab Sommer 1916 fertigte sie in ihrer Wohnung im Auftrag des Preußischen Kriegsministeriums die von ihr erfundenen Paketfallschirme und die dazugehörigen Hüllen. Später, als sich die Produktion vergrößerte, schnitt sie den Stoff zu und ließ die Schirme von Heimarbeiterinnen nähen. „So habe ich bis Kriegsende etwa 7000 Fallschirme geliefert. Welche Arbeit hierzu gehörte, geht daraus hervor, dass ich wöchentlich etwa 125 Fallschirme lieferte, je Woche etwa 20.000 Meter Stoff zuschneiden musste; denn diese Arbeit selbst auszuführen, ließ ich mir, angesichts ihrer Wichtigkeit, nicht nehmen.“

Nachdem aufgrund der kriegsbedingten Mangelwirtschaft keine Seide mehr erhältlich war, musste Paulus auf andere Materialien ausweichen. Ihre Fallschirme retteten im April 1917 zwanzig Ballonaufklärern das Leben, als diese in der Schlacht um Verdun abgeschossen wurden. 1917 wurde sie mit dem Verdienstkreuz für Kriegshilfe geehrt.

Nach dem Krieg

Nach Ende des Ersten Weltkrieges wurde es ruhig um Paulus. Bis zum Tod ihrer Mutter 1922 lebte sie mit ihr in deren Wohnung in Reinickendorf. Ihr durch die Ballonfahrten erarbeitetes Vermögen ging durch die Inflation verloren.

Als Fliegen für deutsche Staatsbürger wieder möglich wurde, nahm sie oft als Zuschauerin und Ehrengast an Flugtagen und Flugschauen teil. Sie spendete persönliche Erinnerungsstücke wie ihre Sprungkleidung, ihre Ballongondel oder ihren Doppelfallschirm der deutschen Luftfahrtsammlung, die 1932 auf dem Flugplatz Johannisthal eingerichtet wurde.

Käthe Paulus starb am 26. Juli 1935 nach längerer Krankheit. Bei ihrer Beerdigung waren nur wenige Trauergäste anwesend, darunter jedoch auch die Fliegerinnen Elly Beinhorn und Hanna Reitsch, die ihre Pionierinnenarbeit für fliegende Frauen sehr zu schätzen wussten.

Käthe Paulus wurde auf dem Friedhof der evangelischen Gemeinde der Dankeskirche Wedding in Reinickendorf, Blankestraße 12, in der Abt. D-2-32 beigesetzt. Ihr Grab ist heute ein Ehrengrab. Auf dem Grabstein wird die Kurzform ihres Vornamens Käthe genannt.

Ehrungen

  • Straßenbenennungen im Berliner Stadtteil Gatow als Käthe-Paulus-Straße und seit 2005 als Katharina-Paulus-Straße im Berliner Stadtteil Moabit auf dem ULAP-Gelände.
  • In ihrem Geburtsort Zellhausen gibt es eine Käthchen-Paulus-Straße und die Käthe-Paulus-Grundschule.
  • In Frankfurt gibt es im Rebstock, einem ehemaligen Flughafen, eine Käthchen-Paulus-Straße, ebenso in Beerfelden im Odenwald, dem Geburtsort ihres Vaters.
  • In Hildesheim und in Sarstedt (Niedersachsen) gibt es im Industriegebiet ebenfalls eine Käthe-Paulus-Straße.
  • In Eschborn bei Frankfurt gibt es im Industriegebiet nahe einem ehemaligen Flugplatz, jetzt Arboretum Main-Taunus, eine Katharina-Paulus-Straße.
  • In Köln, auf dem Gelände des ehemaligen Flugplatzes Butzweilerhof, gibt es die Käthe-Paulus-Straße.
  • Am 24. August 2011 beschloss die Gemeindevertretung der Gemeinde Schönefeld, eine Straße im Eingangsbereich des Flughafens Berlin-Brandenburg nach Käthe Paulus zu benennen.[2]

Literatur

  • G. Schmitt und W. Schwipps: Pioniere der frühen Luftfahrt. Gondrom Verlag, Blindlach 1995, ISBN 3-8112-1189-7

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Antonius Lux (Hrsg.): Große Frauen der Weltgeschichte. 1000 Biographien in Wort und Bild. Sebastian Lux Verlag, München 1963, S. 371.
  2. Vorlage - GV/065/2011, beschlossen auf der 27. Sitzung der Gemeindevertretung der Gemeinde Schönefeld am 24. August 2011, abgerufen am 24. August 2012
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Käthe Paulus aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.