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Ilse Sonja Totzke

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Ilse Sonja Totzke (geboren 4. August 1913 in Straßburg, Deutsches Kaiserreich; gestorben 23. März 1987 in Haguenau, Frankreich) war eine deutsche Musikerin und Gerechte unter den Völkern.

Leben

Ilse Totzkes Mutter, Sofie Wilhelmine Huth, war Elsässerin und Schauspielerin. Ihr Vater Ernst Otto Totzke arbeitete als Kapellmeister am Straßburger Stadttheater und im Eden-Theater. Nach Ende des Ersten Weltkriegs wurde das Elsass wieder 1919 in Frankreich eingegliedert, und Otto Totzke wurde als Reichsdeutscher ausgewiesen. Ilse Totzke übersiedelte mit ihren Vater nach Mannheim und besuchte folgend ein Internat in Bamberg. Da die Ehe zerrüttet war, blieb die Mutter im Elsass, wo sie früh starb. Ilse Totzke ging später wegen des mütterlichen Erbes gegen den Vater vor, so dass dieses unter eine Vormundschaftsverwaltung kam. Der Vater starb 1933 und sie erhielt mit ihrer Volljährigkeit 1934 die Verfügungsgewalt über ein Vermögen von 42.000 Reichsmark, von dem sie leben konnte. Ab März 1932 studierte sie Klavier, Violine und Dirigieren am Konservatorium in Würzburg. 1935 hatte sie einen schweren Motorradunfall, der sie im Studium zurückwarf. Sie wurde zur Einzelgängerin. Die von ihr zu dieser Zeit bevorzugete Männerkleidung lässt auf eine lesbische Orientierung schließen.

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten zeigte Totzke ihren Widerwillen gegen das NS-Regime und verweigerte den Hitlergruß. Unter ihren Bekannten waren jüdische Frauen, die zunehmend ausgegrenzt und von der Gesellschaft missachtet wurden. Seit 1936 wurde sie von der Gestapo (aktenkundig) überwacht und ab 1939 wiederholt von Nachbarn und dem Studienrat Ludwig Kneisel, Vorstand des Hochschulinstituts für Leibesübungen, denunziert. 1938 oder 1939 wurde sie vom Studium relegiert. Dem Arbeitsdienst für Frauen entzog sie sich durch den Hinweis auf die Nachwirkungen der Schädelverletzung beim Motorradunfall. Nach mehreren Vorladungen bei der Gestapo, bei denen sie sich mutig zu ihren Kontakten zu Juden bekannte, wurde sie im Oktober 1941 verwarnt, dass sie widrigenfalls in ein Konzentrationslager käme. Jegliches freundschaftliche Verhältnis zu Juden wurde im Oktober 1941 vom Reichssicherheitshauptamt unter Strafe gestellt und konnte durch die Verpflichtung zum Tragen des Judensterns auch in der Öffentlichkeit und von Denunzianten überwacht werden.

Im Sommer 1942 erkundete sie bei einem Aufenthalt im Elsass mögliche Fluchtwege in die Schweiz und ging im November 1942 zusammen mit zwei Jüdinnen über die Grüne Grenze. Die Schweizer Grenzbehörden wiesen sie prompt zurück. Im Dezember 1942 wurde sie wieder von der Gestapo vorgeladen und musste einräumen, dass sie weiterhin Kontakt zu Juden hatte. Am 27. Februar 1943 unternahm sie bei Durmenach, zusammen der Flötistin und Kindergärtnerin Ruth Basinski, einen weiteren illegalen Grenzübertritt. Diesmal wurden sie von den Schweizer Grenzern an die deutsche Grenzpolizei ausgeliefert und im KZ Auschwitz inhaftiert, wo sie als Mitglied des Frauenorchesters überlebte.[1]

Im Mai 1943 wurde Totzke im Konzentrationslager Ravensbrück inhaftiert und leistete dort Zwangsarbeit. Sie vertuschte ihre Identität und wurde zur Polin Sonia Totzki. Ende April 1945 erreichte sie bei einer Rettungsaktion des Schwedischen Roten Kreuzes Schweden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ging Totzke nach Paris, wo sie sich mit Gelegenheitsarbeiten durchschlug. Ab August 1954 wohnte sie wieder in Würzburg und beantragte Entschädigungsleistungen. Es wurden ihr 8750 DM zugebilligt. Sie wohnte danach im Elsass.

Im Jahr 1995 wurde sie postum in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt. In Würzburg wurde 2013 im Ortsteil Keesburg eine Straße nach ihr benannt.

Literatur

  • Daniel Fraenkel, Jakob Borut (Hrsg): Lexikon der Gerechten unter den Völkern: Deutsche und Österreicher. Göttingen : Wallstein, 2005; ISBN 3-89244-900-7, S. 273–279
  • Robert Gellately: Die Gestapo und die deutsche Gesellschaft. Die Durchsetzung der Rassenpolitik 1933–1945. Paderborn : Schöningh, 1994, S. 205–209
  • Jutta Körner und Dorothea Keuler: Ilse Sonja Totzke. In: FemBio. Frauen-Biographieforschung. (inkl. Literaturangaben und Zitaten)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Agnes Grunwald-Spier: Who betrayed the Jews? : the realities of Nazi persecution in the Holocaust. Stroud : The History Press, 2016. In der Literatur über das Frauenorchester heißt Ruth Basinski auch Ruth Bassin.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Ilse Sonja Totzke aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.