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Denunziation

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Dieser Artikel behandelt die Beschuldigung oder Anzeige einer Person, zur Denunziation im Sinne von Widerruf eines Vertrages siehe Öffentlich-rechtlicher Vertrag.
Venedig: durch „Löwenmäuler“ (Bocca di Leone), wie hier am Dogenpalast, konnten Denunzianten ihre geheimen Anzeigen einwerfen. Der italienische Text lautet übersetzt: „Geheime Denunziationen gegen diejenigen, die Gefallen und Pflichten verheimlichen oder sich im Geheimen absprechen, um deren wahren Gewinn zu verbergen“

Unter Denunziation (lat. denuntiare, „absprechend berichten, Anzeige/Meldung machen“; denuntiatio, „Ankündigung, Androhung“) versteht man die – häufig anonyme und/oder öffentliche – Beschuldigung oder Anzeige einer Person oder Gruppe aus nicht selten niedrigen persönlichen oder oft politischen Beweggründen[1], von deren Ergebnis der Denunziant sich selbst oder den durch ihn vertretenen Interessen einen Vorteil verspricht.

Begriff

Da dieser Begriff eine persönliche negative Wertung dieses Vorgangs enthält, wird dieser z. B. nicht verwendet, wenn die Anzeige gesellschaftlich akzeptiert ist, wie etwa bei Anzeigen/Meldung wegen Mord, Vergewaltigung oder anderer schwerer/schwerster Straftaten. Daher wird diese abwertende Handlungsbewertung auch bei exekutiven Handlungen der Polizei oder anderen Verfolgungsbehörden nach rechtmäßigen Anzeigen in den meisten Staaten bei bestimmungsgemäßer Gesetzesausübung nicht verwendet. So ist z. B. auch kein Denunziant, wer zur Abwehr von Gefahren für die Allgemeinheit oder einen Teil derselben bei Ämtern und Behörden auf einen Missstand hinweist.

Im ethischen Sinn wird allgemein von Denunziation gesprochen, wenn in einem nicht freiheitlichen System Menschen bei staatlichen Vollzugsbehörden angezeigt werden, obwohl dem Anzeigenden klar sein muss, dass er sie damit der Gefahr der politisch motivierten Verfolgung aussetzt (siehe z. B. Heimtückegesetz).

Klatsch und Denunziation sind eng miteinander verwobene Kommunikationsprozesse, die häufig der Ausgrenzung Einzelner dienen. Die Denunziation zeichnet dabei die Besonderheit aus, dass sie an eine übergeordnete Instanz (Vorgesetzte, Partei, staatliche Stellen) ergeht, von der – in aller Regel unausgesprochen – Sanktionen gegen die Betroffenen erwartet werden. Insofern ist sie ein Mittel der sozialen Kontrolle, das die „höhere Instanz“ gern zu instrumentalisieren versucht. Nicht selten treten Neid und Rachegefühle als Motive für Denunziation zu Tage, die dann als gesellschaftspolitisches oder gar staatserhaltendes Anliegen verbrämt wird.

Wie problematisch die Unterscheidung zwischen Denunziation und dem zulässigen bzw. sogar gesellschaftlich erwünschten Übertragen der eigenen Moralansprüche auf Andere ist, erkennt man z. B. an der Frage, inwieweit die seit ca. 2010 im TV laufende Werbekampagne der BSA, ein Aufruf zum Anzeigen von Software-Raubkopien benutzende Personen/Gruppen, als Denunziationsaufruf oder als korrekte Staatsbürgerpflicht anzusehen ist. Prinzipiell läuft diese Frage darauf hinaus, wie schwer der Einzelne in diesem Beispiel das Verwenden von Software-Raubkopien einordnet bzw. also der Individualeindruck, wieweit Denunziation eine tatsächliche, der freiheitlichen Grundsätze dienende Sache oder nur der Gewinnung von (auch immateriellen) Vorteilen geschuldet ist.

Im Gegenzug kann Denunziation aber auch ganz gezielt Mittel zum Zweck staatlicher Informationsbeschaffung sein und dabei so unterschiedlichen Zwecken dienen wie der Entnazifizierung in den Ost- und Westzonen des besetzten Deutschlands oder der „Volkskontrolle“ beim Aufbau einer neuen Gesellschaft in der DDR. So kann Denunziation je nach Sichtweise als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und als Straftatbestand gewertet, aber auch als Zeichen „antifaschistischer Wachsamkeit“ (Erich Mielke 1948) anerkannt werden.[2]

Vielfach besteht in Diktaturen eine gesetzliche Pflicht zur Anzeige schwerer Straftaten. So regelte § 225 des Strafgesetzbuch der DDR die Pflicht der DDR-Bürger zur Strafanzeige, wenn sie Kenntnis von bestimmten, als schwer eingestuften Straftaten hatten, beispielsweise auch der Republikflucht oder der „Weitergabe von nicht geheim zu haltenden Nachrichten zum Nachteil der DDR“ (§ 99 StGB). Die Anzeigebehörde war dabei das Ministerium für Staatssicherheit. In der Bundesrepublik Deutschland beschränkt sich die Anzeigepflicht (in § 138 StGB) auf geplante schwere Straftaten und dient somit nur deren Verhinderung.

Im Nationalsozialismus wurde das Gesetz zur Bestrafung von falscher Verdächtigung verschärft, zugleich aber eine Fülle von Denunziationsmöglichkeiten geboten – ohne dabei jedoch eine Denunziationspflicht zu statuieren. Im Westen Nachkriegsdeutschlands hingegen wurde – sieht man von den Aufforderungen der Militärregierung zur aktiven Mithilfe bei der Entnazifizierung ab – auf einer eher informellen Ebene über Denunziation als Mittel zur Lösung von Konflikten wie als Positionsbestimmung in der neuen demokratischen Ordnung verhandelt. „Der Vergleich der Gesellschaftsformen gibt uns auch einen Einblick, wie sich Rechts- und Unrechtsbewusstsein des Einzelnen auf Grund der Interventionen von Staat und Justiz verändern und verhaltensanleitend werden können“.[2]

„Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant.“

Verwandte Themen

  • Tragen Angehörige eines Systems oder einer Institution Missstände nach außen, werden sie negativ als Nestbeschmutzer, positiv als Whistleblower bezeichnet.
  • Denunziation unter Kindern wird Petzen genannt.
  • Einige Rechtsordnungen sehen für die Denunziation von Straftaten Belohnungen vor, etwa einen Anteil am allfälligen Bußgeld (z. B. qui tam).

Einzelnachweise

  1. „Jmdn. aus taktischem Kalkül denunzieren; jmdn. oder etwas als etwas öffentlich brandmarken, verleumderisch als etwas hinstellen; jmds. Schriften als friedensfeindlich denunzieren“ (aus: Bertelsmann Wörterbuch und WAHRIG Rechtschreibung, 2010).
  2. 2,0 2,1 „Denunziation – Instrument sozialer Kontrolle“ zum sozialen Hintergrund

Literatur

Weblinks

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