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Bundesverwaltungsgericht (Deutschland)
| |||
Staatliche Ebene | Bund | ||
---|---|---|---|
Stellung | Oberster Gerichtshof des Bundes | ||
Aufsichtsorgan(e) | Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz | ||
Bestehen | seit 1952 (BGBl. I S. 625, 635) | ||
Hauptsitz | Leipzig, Sachsen | ||
Leitung | Klaus Rennert, Präsident des Bundesverwaltungsgerichts | ||
Website | www.bundesverwaltungsgericht.de |
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ist das oberste Gericht der Bundesrepublik Deutschland in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art und neben dem Bundesarbeitsgericht, Bundesgerichtshof, Bundesfinanzhof und Bundessozialgericht einer der fünf obersten Gerichtshöfe des Bundes. Es hat seinen Sitz im ehemaligen Reichsgerichtsgebäude in Leipzig.
Als Behörde ist das Bundesverwaltungsgericht wie der Bundesfinanzhof und der Bundesgerichtshof dem Portefeuille des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) unterstellt und unterliegt dessen allgemeiner Dienstaufsicht. In seiner Tätigkeit als Gericht ist es jedoch unabhängig.
Geschichte
Das Bundesverwaltungsgericht wurde aufgrund Art. 95 Abs. 1 GG durch Gesetz vom 23. September 1952 (BGBl. I S. 625) errichtet. Der Sitz des Bundesverwaltungsgerichts war zunächst Berlin. Seit dem 8. Juni 1953 war das Bundesverwaltungsgericht in den früheren Räumen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts untergebracht. Die Entscheidung für Berlin als Dienstsitz war insbesondere unter den Besatzungsmächten (vor allem der Sowjetunion) umstritten. Dies hatte zur Folge, dass mit der Wiederbewaffnung der Bundesrepublik die Wehrdienstsenate des Bundesverwaltungsgerichts nach München umziehen mussten. Seit dem Umzug des Bundesverwaltungsgerichts von Berlin nach Leipzig in das Reichsgerichtsgebäude residieren auch sie in Leipzig.
Leipzig wurde durch Gesetz vom 21. November 1997 als neuer Sitz des Bundesverwaltungsgerichts bestimmt. § 2 der Verwaltungsgerichtsordnung wurde entsprechend geändert. Der offizielle Tag des Sitzwechsels wurde durch die Bundesministerin der Justiz durch Rechtsverordnung vom 24. Juni 2002 auf den 26. August 2002 festgelegt. Das jüngste Kapitel in der Geschichte des Bundesverwaltungsgerichts ist somit mit der Nutzung des einstigen Reichsgerichtsgebäudes in Leipzig verbunden - es begann offiziell mit der feierlichen Einweihung des Gebäudes als Bundesverwaltungsgericht am 12. September 2002.[1]
Gerichtsorganisation und Spruchkörper
Beim Bundesverwaltungsgericht sind 14 Senate eingerichtet: Zehn Revisionssenate, zwei Wehrdienstsenate, ein Disziplinarsenat und ein Fachsenat (zu letzterem: § 189 i. V. m. § 99 Abs. 2 VwGO). Bei den Revisionssenaten sind fünf bis sieben Berufsrichter eingesetzt, bei den Disziplinarsenaten vier und bei den Wehrdienstsenaten drei. Am Bundesverwaltungsgericht sind insgesamt 56 Berufsrichter planmäßig tätig. Der Frauenanteil beträgt derzeit mit 16 von 57 Personen 28 Prozent.[2] Wie bei allen obersten Bundesgerichten ist zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung zwischen den einzelnen Senaten des BVerwG ein Großer Senat eingerichtet (§ 11 VwGO).
Die Geschäftsverteilung und Besetzung der 14 Senate bestimmt sich nach dem gültigen Geschäftsverteilungsplan. Gegenwärtig (Stand 2015)[3] bestehen im Groben folgende Zuständigkeiten:
1. Revisionssenat: Ausländer- und Asylrecht, Vereinsrecht, Datenschutzrecht
2. Revisionssenat: Recht des öffentlichen Dienstes
3. Revisionssenat: Ausgleichs- und Entschädigungsansprüche aus verschiedenen Gesetzen, Landwirtschafts-, Jagd-, Tier- und Lebensmittelrecht, Außenhandelsrecht, Verkehrsrecht
4. Revisionssenat: Bau-, Boden- und Raumordnungsrecht, Naturschutzrecht, Denkmalschutzrecht
5. Revisionssenat: Recht der öffentlichen Fürsorge, Ausbildungsrecht, Jugendschutzrecht, Entschädigungsansprüche aus verschiedenen Gesetzen
6. Revisionssenat: Wehrpflicht- und Zivildienstrecht, Schul- und Hochschulrecht, Namensrecht, Medienrecht, Recht der Gefahrenabwehr, Wahlrecht, Staatskirchenrecht
7. Revisionssenat: Umweltrecht, Atomrecht, Wasser- und Wasserverkehrsrecht, Bergrecht, Informationsfreiheitsrecht
8. Revisionssenat: Vermögensrecht, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Währungsrecht
9. Revisionssenat: Straßen- und Wegerecht, Erschließungsrecht, Abgabenrecht
10. Revisionssenat: Kommunalrecht, Vergaberecht, Recht der Förderung der gewerblichen Wirtschaft, Kammerrecht
1. Wehrdienstsenat: Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung
2. Wehrdienstsenat: Verfahren nach der Wehrdisziplinarordnung
Disziplinarsenat: Verfahren nach dem Bundesdisziplinargesetz
Fachsenat nach § 189 VwGO: Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 VwGO
Verfahren
Das Bundesverwaltungsgericht wird hauptsächlich als Revisionsinstanz in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte (OVG) [bzw. Verwaltungsgerichtshöfe (VGH)] tätig (§ 49 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). Vgl. zu den Voraussetzungen – insbesondere die notwendige Zulassung der Revision durch das OVG/den VGH oder das BVerwG – die §§ 132 ff. VwGO. In Ausnahmefällen wird auch eine Sprungrevision gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichtes (VG) direkt zum BVerwG zugelassen (§ 134 VwGO). Die erfolgreiche Revision setzt das Geltendmachen und Vorliegen einer (oder mehrerer) der in §§ 137 oder 138 VwGO genannten Revisionsgründe voraus.
Ausnahmsweise wird das Bundesverwaltungsgericht auch in der ersten, dann aber auch letzten Instanz tätig (§ 50 VwGO). Erste Instanz ist das Bundesverwaltungsgericht bei
- öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern (= Bundesland) sowie zwischen verschiedenen Ländern;
- Klagen gegen die vom Bundesminister des Inneren (Bundesministerium des Innern – BMI) über die nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Vereinsgesetzes ausgesprochenen Vereinsverbote und nach § 8 Abs. 2 S. 1 VereinsG erlassenen Verfügungen;
- Streitigkeiten gegen Abschiebungsanordnungen nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes und ihre Vollziehung;
- Klagen, denen Vorgänge im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes (BND) zugrunde liegen;
- Klagen gegen Maßnahmen und Entscheidungen nach § 44a des Abgeordnetengesetzes und der Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages;
- Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für bestimmte wichtige Verkehrsinfrastrukturvorhaben betreffen, die in dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG), dem Bundesfernstraßengesetz (FStrG), dem Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) oder dem Magnetschwebebahnplanungsgesetz (MBPlG) bezeichnet sind.
Im Übrigen wird das Bundesverwaltungsgericht auch tätig als Rechtsmittelinstanz für die Disziplinargerichtsbarkeit auf Bundesebene (z. B. der Bundeswehr).
Vor dem Bundesverwaltungsgericht herrscht Vertretungszwang (§ 67 VwGO) [meist auch verkürzt als Anwaltszwang bezeichnet], d. h. dass sich die Beteiligten durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule (mit Befähigung zum Richteramt) vertreten lassen müssen.
Präsidenten und Vizepräsidenten
Nr. | Name | Beginn der Amtszeit | Ende der Amtszeit |
---|---|---|---|
1 | Ludwig Frege (1884–1964) | 28. März 1953 | 31. Dezember 1954 |
2 | Hans Egidi (1890–1970) | 29. April 1955 | 30. Juni 1958 |
3 | Fritz Werner (1906−1969) | 18. Juli 1958 | 26. Dezember 1969 |
4 | Wolfgang Zeidler (1924–1987) | 15. Juni 1970 | 7. November 1975 |
5 | Walther Fürst (1912–2009) | 19. August 1976 | 29. Februar 1980 |
6 | Horst Sendler (1925–2006) | 1. März 1980 | 30. Juni 1991 |
7 | Everhardt Franßen (* 1937) | 1. Juli 1991 | 30. September 2002 |
8 | Eckart Hien (* 1942) | 1. Oktober 2002 | 31. Mai 2007 |
9 | Marion Eckertz-Höfer (* 1948) | 1. Juni 2007 | 31. Januar 2014 |
10 | Klaus Rennert (* 1955) | 1. Juli 2014 |
Nr. | Name | Beginn der Amtszeit | Ende der Amtszeit |
---|---|---|---|
1 | Helmut R. Külz (1903–1985) | 23. Dezember 1970 | 31. Juli 1971 |
2 | Walther Fürst (1912–2009) | 16. November 1971 | 18. August 1976 |
3 | Horst Sendler (1925–2006) | 19. August 1976 | 29. Februar 1980 |
4 | Johannes Oppenheimer (1918–2007) | 1. März 1980 | 31. Juli 1986 |
5 | Günter Zehner (1923–2002) | 1. August 1986 | 31. August 1990 |
6 | Otto Schlichter (1930–2011) | 1. September 1990 | 30. September 1993 |
7 | Ingeborg Franke (* 1935) | 1. Oktober 1993 | 31. Mai 2000 |
8 | Eckart Hien (* 1942) | 22. Juni 2000 | 30. September 2002 |
9 | Marion Eckertz-Höfer (* 1948) | 1. Oktober 2002 | 31. Mai 2007 |
10 | Michael Hund (* 1946) | 1. Juni 2007 | 31. Oktober 2011 |
11 | Klaus Rennert (* 1955) | 21. November 2012 | 30. Juni 2014 |
12 | Josef Christ (* 1956) | 1. Juli 2014 |
Amtstracht
Die Amtstracht für die Richter, den Vertreter des Bundesinteresses und die Urkundsbeamten am Bundesverwaltungsgericht wurde mit der Anordnung des Bundespräsidenten über die Amtstracht bei dem Bundesverwaltungsgericht[4] festgelegt.
Die Amtstracht besteht aus einer Amtsrobe und einem Barett. Zur karmesinroten Robe wird eine breite weiße Halsbinde mit herabhängenden Enden getragen. Die Urkundsbeamten tragen eine einfache weiße Halsbinde. Der Besatz an der Amtsrobe und am Barett ist abhängig von der Funktion. Bei den Richtern ist der Besatz aus Samt, beim Vertreter des Bundesinteresses und den für ihn auftretenden Beamten ist der Besatz aus Seide und das Urkundspersonal trägt Roben mit Besatz aus Wollstoff. Am Barett trägt der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts drei Schnüre in Gold, der Vorsitzende Richter am Bundesverwaltungsgericht zwei Schnüre in Gold und der Richter am Bundesverwaltungsgericht zwei karmesinrote Schnüre in Seide. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht trägt am Barett drei Schnüre in Gold, die für ihn auftretenden Beamten eine karmesinrote Schnur in Seide.
Siehe auch
- Kategorie:Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Deutschland)
- Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht
- Liste deutscher Gerichte
- Liste der Richter am deutschen Bundesverwaltungsgericht
Literatur
- Eberhard Schmidt-Aßmann, Dieter Sellner, Günter Hirsch, Gerd-Heinrich Kemper, Hinrich Lehmann-Grube (Hrsg.): Festgabe 50 Jahre Bundesverwaltungsgericht. 2003, ISBN 3-452-24052-5.
- Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.): Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Restaurierung und Umbau des ehemaligen Reichsgerichtsgebäudes. Leipzig 2002, ohne ISBN, 94 Seiten, Format >A4. Herausgegeben aus Anlass der feierlichen Einweihung des Gebäudes am 12. September 2002.
Weblinks
- Offizielle Website des Bundesverwaltungsgerichts
- BVerfGE 8, 174 – Zuständigkeit des BVerwG
- Das deutsche Bundesverwaltungsgericht als 3D-Modell im 3D Warehouse von SketchUp
- Das Bundesverwaltungsgericht als lineares Panorama bei panoramastreetline.de
- Panorama-Nachtaufnahme des Bundesverwaltungsgerichts bei gigapan.com
Einzelnachweise
- ↑ Vermerk im Impressum in: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.): Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Restaurierung und Umbau des ehemaligen Reichsgerichtsgebäudes. Leipzig 2002, ohne ISBN, 94 Seiten, Format >A4.
- ↑ Bundesverwaltungsgericht – Geschäftsverteilung Stand Mai 2015 (abgerufen am 21. Mai 2015; PDF).
- ↑ Geschäftsverteilungsplan des Bundesverwaltungsgerichts Stand 1. Mai 2015 (PDF, 167 kB; abgerufen am 21. Mai 2015).
- ↑ Text der Anordnung über die Amtstracht beim Bundesverwaltungsgericht (PDF-Datei; 21 kB).
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Verfassungsgerichtsbarkeit: Bundesverfassungsgericht
Ordentliche Gerichtsbarkeit: Bundesgerichtshof | Bundespatentgericht
Arbeitsgerichtsbarkeit: Bundesarbeitsgericht
Finanzgerichtsbarkeit: Bundesfinanzhof
Sozialgerichtsbarkeit: Bundessozialgericht
Verwaltungsgerichtsbarkeit: Bundesverwaltungsgericht | Truppendienstgerichte Nord und Süd
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