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Verhältniswahl

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Eine Verhältniswahl (besonders in der Schweiz auch Proporzwahl genannt) ist eine Wahl unter einem Wahlsystem, bei dem die Wahlvorschlagsträger (meist Parteien, seltener Wahlparteien) Gruppen von Kandidaten aufstellen, zumeist als geordnete Wahllisten. Es handelt sich daher um eine Listenwahl. Die Wähler wählen dann primär oder ausschließlich zwischen diesen Listen. In einigen Ländern wie der Schweiz wird diese Regel durch offene oder lose gebundene Listen oder die Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens abgeschwächt. Die Sitze werden möglichst genau im selben Verhältnis zugeteilt, wie abgestimmt wurde (daher auch der Name Verhältniswahl). In der Regel bekommen Gruppen weniger Sitze, als sie Kandidaten aufgestellt haben. Dann werden die Sitze meist mit Kandidaten vom Anfang der Liste besetzt.

Bei vielen Verhältniswahlsystemen gibt es über die inhärente Schwelle für den ersten Sitz hinaus eine Mindestbedingung, die eine Gruppe erreichen muss, um berücksichtigt zu werden. Erreicht eine Liste nicht die in der Sperrklausel definierten Anforderungen, erhält sie keine Sitze im Parlament.

Weitere Verhältniswahlsysteme kennen das System, dass der Liste, die die meisten Stimmen erhielt, zusätzliche Sitze im Parlament zugeteilt werden („verstärkte Verhältniswahl“).

Beispielrechnung

Die Verfahrensweise bei einem Verhältniswahlsystem lässt sich durch folgendes Beispiel verdeutlichen: Eine Gruppe, die 30 % der Stimmen bekommen hat, bekommt auch möglichst genau 30 % der Sitze. Da die so errechneten Sitz-Anzahlen meist keine ganzen Zahlen sind, wird vor der Wahl ein anzuwendendes Sitzzuteilungsverfahren festgelegt.

Tendenzielle Vor- und Nachteile des Verhältniswahlsystems

Vorteile des Verhältniswahlsystems

  • Der Wählerwille wird gut zum Ausdruck gebracht, da eine Partei entsprechend ihrem Anteil an Stimmen einen Anteil der Sitze im Parlament erhält.
  • Auch kleine und mittlere Parteien erhalten ein angemessenes politisches Mitwirkungsrecht.
  • Das Ergebnis der Wahl ist nur wenig durch den Zuschnitt der Wahlkreise zu beeinflussen.
  • Jede einzelne Stimme – auch für den Wahlverlierer – hat den gleichen Erfolgswert, beeinflusst also die Zusammensetzung eines Parlaments in der gleichen Weise. Eine Ausnahme hiervon bilden Sperrklauseln, wie z.B. die Fünf-Prozent-Hürde.

Nachteile des Verhältniswahlsystems

  • Bei einer Verhältniswahl hat der Wähler oft keinen direkten Einfluss auf die Kandidaten, die in das Parlament einziehen, da die Listen in der Regel von den Parteien aufgestellt werden. Dies kann dazu führen, dass in der Folge die Listenabgeordneten sich eher der Parteiführung verpflichtet fühlen als dem Wähler, da der Partei wiederum über die Listenaufstellung ein großer Einfluss auf die Wiederwahlchancen des Kandidaten zukommt. Tendenziell führt dies in der weiteren Folge zu einer starken Parteiendemokratie. Manche Systeme schwächen mit offenen oder lose gebundenen Listen diesen Nachteil ab.

Verhältniswahlsysteme einiger Länder

Deutschland

Personalisierte Verhältniswahl zum Deutschen Bundestag

Personalisierte Verhältniswahl bei der Wahl zum Bundestag


Die personalisierte Verhältniswahl ist ein Wahlverfahren, das bei der Wahl zum Deutschen Bundestag und mehreren Landtagen angewandt wird. Es bringt über eine zusätzliche Stimme (Erststimme) für einen Wahlkreiskandidaten Elemente der Mehrheitswahl wie folgt in das Verhältniswahlsystem ein.

Nach dem Bundestagswahlrecht wird die Zahl der Sitze im Bundestag auf die Parteien bundesweit gemäß deren Anteil an Zweitstimmen nach dem Sainte-Laguë-Verfahren verteilt. Dabei bleiben Parteien unberücksichtigt, die weder fünf Prozent der gültigen Stimmen (Fünf-Prozent-Hürde) noch drei Direktmandate (Grundmandate) errungen haben.

Anschließend werden die jeder Partei zustehenden Sitze auf die Bundesländer verteilt. Besetzt werden die Sitze wie folgt: Kandidaten, die in einem Wahlkreis die meisten Erststimmen gewonnen haben, ziehen in jedem Fall in den Bundestag ein (Direktmandate). Damit nimmt der Wähler Einfluss auf die personelle Zusammensetzung des Bundestages. Die Zahl der Direktmandate in einem Bundesland wird auf die dieser Partei hier zustehende Gesamtsitzzahl angerechnet. Weitere Sitze werden aus den Landeslisten dieser Partei besetzt.

Eine Partei kann in einem Bundesland mehr Direktmandate gewinnen, als ihr dort Sitze anhand der Zweitstimmen zustehen. Sie behält aber auf jeden Fall alle gewonnenen Direktmandate. Die überzähligen nennt man Überhangmandate. Dadurch vergrößert sich die Gesamtanzahl der Bundestagssitze.

Unter bestimmten Voraussetzungen bekommt eine Partei einen Sitz weniger dadurch, dass sie zu viele Zweitstimmen erhält (negatives Stimmgewicht bei Wahlen). Ein Normenkontrollantrag des Landes Niedersachsen zur entsprechenden Regelung wurde am 10. April 1997 bei Stimmengleichheit der Richter abgewiesen, die Zahl der Überhangmandate aber auf einen Anteil von 5 Prozent der vergebenen Zahl der Bundestagsmandate begrenzt. Am 3. Juli 2008 urteilte das Bundesverfassungsgericht jedoch in einem Wahlprüfungsverfahren, dass der Bundestag das negative Stimmgewicht bis Juni 2011 im Bundeswahlgesetz beseitigen müsse.

Verhältniswahlrecht bei deutschen Kommunalwahlen

In den meisten deutschen Ländern (außer Nordrhein-Westfalen, Saarland, Berlin und teilweise Schleswig-Holstein) wird auf kommunaler Ebene das Verhältniswahlrecht durch Kumulieren (jeder Wähler hat mehrere Stimmen und kann einzelnen Bewerbern auch mehr als eine Stimme geben), Panaschieren (Wähler können nicht nur Listen ankreuzen, sondern auch Bewerbern von anderen Listen einzelne Stimmen geben) und Streichen (Wähler können Bewerber von der Liste, die sie ankreuzen, streichen) aufgelockert.

Griechenland

In Griechenland wird das griechische Parlament als eine Kammer mit 300 Sitzen alle vier Jahre in geheimer, allgemeiner, freier, gleicher und unmittelbarer Wahl besetzt. Dabei werden 288 Abgeordnete in 56 Wahlkreisen und 12 Abgeordnete über landesweite Parteilisten gewählt. Die Partei mit dem größten Stimmenanteil erhält allerdings 50 zusätzliche Mandate im Parlament (verstärktes Verhältniswahlrecht).

Italien

Bis 1994 wurde in Italien mit einem Verhältniswahlsystem gewählt, das faktisch keine Prozenthürden vorsah und somit maßgeblich große Koalitionen in der italienischen Parteienlandschaft verhinderte, was zu häufigen Regierungswechseln führte.

Nach einem Referendum wurde 1994 unter anderem bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus eine Vier-Prozent-Hürde (Sperrklausel) eingeführt, außerdem wurden mittlerweile nur noch 25 Prozent der Sitze nach dem Verhältniswahlrecht vergeben, die restlichen 75 Prozent nach dem Mehrheitswahlrecht.

Durch das Wahlrechtsreformgesetz 270/2005 wurde das Wahlrecht erneut geändert. Nach der Zustimmung der Camera dei deputati beschloss am 14. Dezember 2005 auch der Senato della Repubblica mit 160:119 Stimmen ein (modifiziertes) Verhältniswahlsystem (wieder)einzuführen. Das neue Wahlrecht wurde am 22. Dezember 2005 von Staatspräsident Ciampi verkündet und wurde bereits für die Parlamentswahlen im April 2006 angewendet. Das Gesetz sieht einen „Bonus“ für den Wahlsieger vor, um klare Mehrheiten im Parlament zu sichern (Mehrheits-Proporzsystem), d. h. das Erreichen von 340 Sitzen in der Abgeordnetenkammer wird für die mehrheitliche Koalition garantiert. Außerdem sind Sperrklauseln für kleine Parteien festgesetzt. Es gibt drei Hürden für das Abgeordnetenhaus: 10 % für die Listenverbindungen, 4 % für nicht verbundene Parteien und 2 % für Parteien in Listenverbindungen. Für Parteien, die anerkannte Minderheiten vertreten, gilt eine Ausnahmeregelung.


Israel

In Israel gibt es ebenfalls eine Sperrklausel von 2 %. Diese niedrige Hürde bewirkt eine stärkere Machtverteilung in der Knesset. Bisher waren stets mindestens neun verschiedene, sehr heterogene Parteien im Parlament vertreten. Die Mandate werden nach dem Höchstzahlverfahren nach d’Hondt verteilt.

Österreich

Bei den Wahlen zum Nationalrat gilt die Vier-Prozent-Hürde bzw. das Erreichen eines Grundmandates.

Schweiz

Der in der Schweiz gebräuchliche Begriff für die Verhältniswahl ist die Proporzwahl. Mittels Proporz werden die Legislative und seltener auch die Exekutive gewählt. Die Sitze werden im Verhältnis zu allen abgegebenen Stimmen verteilt. Im Gegensatz dazu steht die Majorzwahl, eine Mehrheitswahl.

  • Der Nationalrat wird seit 1919 im Proporzverfahren gewählt. Ausgenommen davon sind Kantone, die aufgrund ihrer Einwohnerzahl nur jeweils einen Nationalrat (als Person) stellen. Seit der Volkszählung von 2000 sind dies die Kantone Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, Glarus, Nidwalden, Obwalden und Uri. Hier wird im Majorz gewählt (mit dem relativen Mehr bereits im ersten Wahlgang).
  • Die Ständeräte von Jura und Neuenburg werden ebenfalls im Proporz gewählt.
  • Die Parlamente der Kantone werden ebenfalls im Proporz gewählt, je nach Kanton Grossrat, Grosser Rat, Kantonsrat oder Landrat genannt. Ausnahmen bilden die kantonalen Parlamente in Graubünden und den beiden Appenzeller «Halbkantonen», diese werden im Majorz gewählt.
  • In größeren Gemeinden oder Städten der Schweiz wird der Einwohnerrat, auch grosser Gemeinderat oder grosser Stadtrat genannt, im Proporz gewählt. In kleineren Gemeinden übernimmt diese Funktion die Gemeindeversammlung, teilweise auch Urversammlung genannt, die sich aus allen Stimmberechtigten der Gemeinde zusammensetzt und daher nicht gewählt werden muss.
  • Im Kanton Tessin und bis 2013 auch im Kanton Zug wird auch die Exekutive im Proporz gewählt. In den übrigen Kantonen wird der so genannte „freiwillige Proporz“ praktiziert: Die Wahl erfolgt zwar nach dem Majorzverfahren; da aber entweder die größten Parteien darauf verzichten, für alle Sitze Kandidaten aufzustellen, oder deren Wähler z. T. auch Kandidaten anderer, kleinerer Parteien berücksichtigen, haben auch Letztere – im Rahmen des allgemein als legitim geltenden Sitzanspruchs ihrer Partei – reelle Wahlchancen. Faktisch läuft das darauf hinaus, dass zuerst die Parteistimmen für die Anzahl Sitze aufgerechnet werden, und dann die Kandidaten mit den meisten Stimmen innerhalb der entsprechenden Parteilisten gesetzt werden. So kann es vorkommen, dass ein Kandidat einer großen Partei (mit insgesamt sehr vielen Partei- und Kandidaten-Stimmen) auf einer „hinteren Listen-Position“ nicht gewählt ist, der einer kleineren Partei (mit genügend Parteistimmen für den Sitz, aber nur wenigen Kandidatenstimmen) jedoch ins Parlament einzieht.

Eine explizite Sperrklausel gibt es nicht, die faktische Sperrklausel, gegeben durch das natürliche Quorum, kann durch Listenverbindungen abgeschwächt werden.

Verteilung der Parlamentssitze

Beim Proporzwahlverfahren wird ermittelt, wie viele Stimmen einer Partei zufallen. Diese so genannten Parteistimmen setzen sich aus den Kandidatenstimmen und den Zusatzstimmen zusammen. Als Kandidatenstimmen zählen alle Stimmen, welche für Kandidaten der jeweiligen Partei abgegeben wurden. Trägt der Wahlzettel eine Parteibezeichnung, zählen auch alle leeren oder durchgestrichenen Stimmen für die Partei. Solche Stimmen werden als Zusatzstimmen bezeichnet. Wenn der Wahlzettel keine Parteibezeichnung trägt, gehen leere oder durchgestrichene Stimmen verloren. Die Stimmverrechnung erfolgt in der Schweiz nach dem Hagenbach-Bischoff-Verfahren, seit neuerem auch gemäß dem sog. doppeltem Pukelsheim.

Regeln von Proporzwahlen

Die Wähler müssen vorgedruckte Wahlzettel verwenden, sie können aber zwischen vorgedruckten Listen der Parteien und leeren Wahlzetteln wählen. Beide können handschriftlich verändert werden. Die Wähler haben dabei in der Schweiz folgende Möglichkeiten:

  • vorgedruckten Wahlzettel unverändert belassen
  • Personen auf einem vorgedruckten Wahlzettel streichen
  • kumulieren, d.h. Kandidaten zweimal aufführen (nicht bei allen Wahlen)
  • panaschieren, d.h. Kandidaten einer anderen Partei auf eine vorgedruckte Liste einer anderen Partei schreiben (nicht bei allen Wahlen)
  • leeren Wahlzettel (sog. Freie Liste) verwenden. Wird die Liste mit einem Parteinamen gekennzeichnet, gehen alle leeren Zeilen als Parteistimmen als Zusatzstimmen an die genannte Partei. Andernfalls verfallen die Stimmen. Sie werden überhaupt nicht berücksichtigt.

Änderungen und Ergänzungen auf Wahlzetteln müssen von Hand vorgenommen werden. Alle Änderungen müssen eindeutig sein, d.h. der Kandidat muss mit Name und Vorname und wenn vorhanden mit Kandidatennummer, bei Verwechslungsgefahr ev. sogar mit Beruf und Adresse etc., genau bezeichnet werden. Es dürfen höchstens so viele Kandidaten aufgeführt werden, wie Sitze zu vergeben sind. Überzählige Namen werden von unten her gestrichen.

Gültig sind nur Stimmen für Kandidaten, die auf einem der vorgedruckten Wahlzettel stehen – sie sind in der Regel nummeriert (z.B. 4.2 für 2. Person von Liste 4). Stimmen für andere Personen werden nicht gezählt. Wahlzettel, die identifiziert werden können, sei es durch Unterschrift oder durch andere Kennzeichnungen, sind ungültig, weil sie das Stimmgeheimnis verletzen. Ebenso ungültig sind Wahlzettel, die ehrverletzende Äußerungen enthalten (z.B. zum Namen noch eine abschätzige Bezeichnung hingeschrieben wird), nicht mindestens einen gültigen Kandidatennamen aufweisen oder mechanisch (z.B. mit einer Schreibmaschine) verändert wurden.

Weblinks


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