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Taschendiebstahl

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Taschendiebstahl gehört zur Straßenkriminalität und ist eine Form des Diebstahls, bei der der Täter, der Taschendieb, eine fremde bewegliche Sache, die sich im unmittelbaren Einflussbereich einer anderen Person befindet (z. B. Bekleidungs- oder Handtasche, Rucksack, Einkaufstüte am Körper), an sich bringt. Neben Geldbörsen gehören seit der weiten Verbreitung von Mobiltelefonen auch diese zu den bevorzugten Beutestücken von Taschendieben.

Artverwandt ist der Trickdiebstahl, der ebenfalls als „einfacher Diebstahl“ gewertet wird, bei dem der Täter mit dem Opfer, auch unbemerkt, in Verbindung kommt und dabei mit Hilfe von besonderem Geschick, unter Ausnutzung eines zuvor geschaffenen Vertrauensverhältnisses oder sonstigen Trick in den Besitz des Stehlgutes gelangt.

Geschichte

Ihre erste Erwähnung fanden Taschendiebe im 13./14. Jahrhundert. Im Jahr 1585 wurde erstmals von Diebesschulen berichtet, in denen an Klingelpuppen das Handwerk der Taschendiebe geübt wurde. Zur damaligen Zeit gab es viele gute Taschendiebe, die einen Sonderstatus unter ihren Artgenossen innehatten. Durch ihre besondere Gabe wurden sie berühmt und meist sogar zu Legenden, deren Namen man nie vergessen wird. Berühmtheit heißt aber nicht, nie gefasst oder verurteilt worden zu sein, sondern die Versessenheit und Unbelehrbarkeit, Taschendiebstähle auszuüben. Zu den bekanntesten gehören dabei George Barrington, John Dawson, Mimi Lepreuil („la main d’or“), Lady Finger, Elizabeth West, John Larney, Emilie Kemnat und Sophie Lyons.

Im Mittelalter wurden Taschendiebe als „Beutelschneider“ bezeichnet. Der Begriff impliziert die Beschreibung des Vorgangs: Zu der Zeit war es üblich, das Barvermögen in einem Beutel am Gürtel zu führen. Auch diese Diebe machten sich vielfach das Gedränge auf Straßen oder bei einem Menschenauflauf zunutze. Andere Bezeichnungen sind der niederdeutsche Begriff Torfdrucker (Torf = Beutel, drucker = stehlen), Chailefzieher (chelef = umgangssprachlich Geld), Paddendrücker aus der Berliner Umgangssprache (Padde = Geldbörse). Schon damals nutzten die Täter ebenfalls die Möglichkeit, das Opfer anderweitig abzulenken, um den Beutel unbemerkt abzuschneiden.

Ähnliche Methoden finden auch heute wieder Anwendung, vor allem in Touristengegenden. Dort schneiden die (häufig mit Mopeds motorisierten) Taschendiebe den Riemen von Handtasche oder Rucksack durch und entreißen diese dem Besitzer. Hierbei handelt es sich dann strafrechtlich um einen Raub gem. § 249 StGB (Deutschland)

In Deutschland haben Taschendiebstähle in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Jährlich werden über 110.000 derartige Straftaten mit einer Schadenssumme von über 24 Mio. Euro gemeldet. In Berlin werden zum Beispiel über 300 Taschendiebstähle pro Tag begangen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass viele Betroffene einen Taschendiebstahl gar nicht anzeigen, weil sie nicht glauben, dass der oder die Täter ermittelt werden können und man seine gestohlenen Wertsachen wieder zurückbekommt, oder annehmen, sie hätten die Gegenstände verloren.

Die Polizeiliche Kriminalstatistik für Deutschland zählte im Berichtsjahr 2008 insgesamt 91.609 Delikte nach Taschendiebstahl (Deliktsschlüsselnummer 390***). Die Aufklärungsquote für das Delikt betrug 5,4% (Berichtsjahr 2007 = 5,7%). Die Aufklärungsquote beim Taschendiebstahl ist die geringste aller erfassten Delikte in der Polizeilichen Kriminalstatistik. Zu beachten bleibt das Dunkelfeld.

Vorgehen und Prävention

Äußere Umstände wie Gedränge an öffentlichen Plätzen oder Menschenansammlungen begünstigen die Durchführung der Tat, weshalb die Kriminalpolizei regelmäßig zu besonderer Aufmerksamkeit an solchen Örtlichkeiten aufruft. Teilweise wird auch der Modus Operandi Anrempeln und Ablenken (z. B. vorgetäuschtes Wechselansinnen) angewandt. Zumeist gehen Taschendiebe in Teams von mehreren Tätern arbeitsteilig vor. Das Repertoire der Taschendiebe ist äußert umfangreich. Neben dem Drängeln und Rempeln gehören der Jacke-Jacke Trick, der Beschmutzertrick und der Stadtplantrick zu den meist angewendeten Tricks.[1] In den letzten Jahren sind in manchen Großstädten Deutschlands, beispielsweise Köln, immer wieder Taschendiebe in Erscheinung getreten, die tatsächlich oder vermeintlich (aber nicht nachprüfbar) unter 14 Jahre alt sind und daher weder strafrechtlich belangt noch für längere Zeit festgenommen werden können. In vielen Fällen ergibt sich aufgrund polizeilicher Ermittlungen der Verdacht, dass eine erwachsene Person die Kinder zum Diebstahl angestiftet hat.[2] Teilweise ist auch Bandenkriminalität im Spiel.

Untersuchungen der Polizei haben einen Ablauf für Taschendiebstähle erarbeitet, der als „Vier A-Ablauf“ beschrieben wird. Die vier A stehen dabei für Ausspähen, Ablenken, Aktion durchführen, Abtransport und beschreiben die Phasen des Diebstahls.[3] In jeder Phase können potentielle Opfer den Dieb stören. Das Modell gehört daher zu den präventiven Aufklärungsmaßnahmen der Polizei.

Zur Prävention wird weiterhin empfohlen, Hand- und Umhängetaschen mit der Verschlussseite zum Körper zu führen und Taschen generell nicht unbeaufsichtigt zu lassen. Für den Transport größerer Geldbeträge empfehlen sich Geldgürtel, Gürteltaschen oder Brustbeutel. Bargeld, EC- und Kreditkarten sollten nach Möglichkeit an verschiedenen Stellen am Körper verteilt werden.

Strafrechtliche Verfolgung

Strafrechtlich fällt der Taschendiebstahl regelmäßig unter den Tatbestand des Diebstahls (§ 242 StGB in Deutschland, § 127 StGB in Österreich).

Wird Gewalt gegen das Opfer angewandt, so kommen Raub (§ 249 des deutschen StGB) oder räuberische Erpressung (§ 255 des deutschen StGB) in Betracht.

Künstlerische Verarbeitung des Themas

Taschendiebstahl gibt es seit tausenden von Jahren, hier eine Abbildung aus dem 16. Jahrhundert (Der Misanthrop)
  • Das von dem Maler Hieronymus Bosch geschaffene Bild Der Gaukler zeigt eine Situation des späten Mittelalters, die ein Zusammenwirken zweier Taschendiebe vermuten lässt: Während eine Person von einem Taschenspieler abgelenkt wird, ist ein hinter dem Opfer stehender Mann im Begriff, dessen Geldbeutel an sich zu bringen.
  • Stefan Zweig schildert in seiner Novelle Unvermutete Bekanntschaft mit einem Handwerk eindrucksvoll die Arbeitsweise eines Taschendiebs in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts.
  • Der deutsche Spielfilm Max, der Taschendieb von 1962 schildert mit „erhobenem Zeigefinger“ und dennoch in komödiantischer Art und Weise das Leben eines Taschendiebs und seine Verwicklungen in ein größeres Verbrechen. (Regie: Imo Moszkowicz; mit Heinz Rühmann, Elfie Pertramer, Hans Clarin, Ruth Stephan)
  • Robert Bressons Film Pickpocket von 1959 zeigt das Leben eines jungen Mannes, der die Kunst des Taschendiebstahls lernt. Die Taschendiebstähle, die in Pickpocket dargestellt werden, wurden von Kassagi – einem Pariser Meister des Taschendiebstahls – choreografiert, der auch im Film [1] mitspielt.
  • Harry mit den langen Fingern (Originaltitel Harry in Your Pocket) ist eine amerikanische Gaunerkomödie aus dem Jahr 1973 mit den bekannten Schauspielern James Coburn, Michael Sarrazin, Trish Van Devere und Michael C. Gwynne. Zwei erfolgreiche „Gentleman“-Taschendiebe vergrößern ihr „Unternehmen“ durch ein junges Paar, das sie in die Tricks der Taschendiebe einführen.
  • Der französische Kurzfilm Le Mozart des pickpockets aus dem Jahr 2006 erzählt die Geschichte von Philippe und Richard, die sich im Pariser Stadtviertel Barbes mit Taschendiebstählen ihren Lebensunterhalt ergaunern. Als drei ihrer Komplizen nach einem Taschendiebstahl festgenommen werden, taucht ein taubstummer Junge auf, der ihnen hilfreich zur Hand geht.
  • Im Musikvideo für Karma Chameleon von Culture Club tritt ein Taschendieb auf einem Mississippi-Raddampfer auf, der nach Entdeckung über Bord geworfen wird.
  • In Erich Kästners Kinderbuch Der kleine Mann wird der Zauberkünstler Jokus von Pokus beim Bühnentaschendiebstahl (s.u.) von seinem nur fünf Zentimeter großen Adoptivsohn Mäxchen unterstützt, der höchstpersönlich in die Taschen der Opfer klettern kann.
  • In Folge 68 von Polizeiruf 110 Der Hinterhalt ist die Polizei Taschendieben auf der Spur.

Bühnentaschendiebstahl

Zauberkünstler präsentieren gelegentlich zu Unterhaltungszwecken Diebstahl auf der Bühne. Während kriminelle Diebe günstige Situationen oder das Überraschungsmoment ausnutzen oder gar Gewalt anwenden, muss ein Bühnentaschendieb sein Opfer perfekt ablenken können und eine Vielzahl an Griffen beherrschen. Es ist tatsächlich möglich, unbemerkt Armbanduhren, Krawatten und sogar Hosenträger zu stehlen. Der Reiz dieser Kunst besteht darin, dass man dem Dieb zum Teil sogar bei der normalerweise geheimen Arbeit zusehen kann. Das „Spiel in fremden Taschen“ ist kontrovers, da der Künstler im wahrsten Sinne des Wortes in die Privatsphäre des Zuschauers „eingreift“. Es bedarf daher eines Maximums an Charme, um diese Provokation zu relativieren und beim betroffenen Zuschauer das Gefühl zu vermeiden, vorgeführt zu werden. Manche Bühnentaschendiebe beherrschen ihr Fach so meisterhaft, dass dem Publikum der Tabubruch vor Faszination nicht bewusst wird. Bühnentaschendiebstahl folgt eigenen Regeln und ist nur begrenzt als echter Taschendiebstahl einsetzbar.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

 Commons: Taschendiebstahl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Taschendiebstahl aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.