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Justus von Liebig

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Justus Liebig ca. 1866

Justus Liebig, seit 1845 Freiherr von Liebig (* 12. Mai 1803 in Darmstadt; † 18. April 1873 in München), war ein deutscher Chemiker und Universitätsprofessor in Gießen und München.

Leben

Kindheit, Schul- und Lehrzeit

Justus Liebig wurde als Sohn eines Drogisten und Farbenhändlers in Darmstadt geboren. Schon früh experimentierte er mit den Materialien, die er in der Werkstatt seines Vaters vorfand, und entwickelte dadurch eine starke Neigung zur Chemie. Auch die chemischen Experimente, die von Schaustellern auf Jahrmärkten vorgeführt wurden, weckten sein Interesse, insbesondere die Herstellung von Knallerbsen, bei der er das Knallquecksilber erstmals kennenlernte.

Den Besuch des Ludwig-Georgs-Gymnasiums in Darmstadt beendete er schon in der Sekunda. Einer seiner Lehrer bewertete seine intellektuellen Fähigkeiten mit den Worten: „Du bist ein Schafskopf! Bei dir reicht es nicht mal zum Apothekenlehrling.“ Tatsächlich brach Liebig eine Apothekerlehre bei Gottfried Pirsch (1792–1870) in Heppenheim vorzeitig ab, da er bei seinen privaten Versuchen mit Knallsilber einen Dachstuhlbrand in der Apotheke verursachte.

Er kehrte nach Darmstadt zurück und half seinem Vater in der Werkstatt. Nebenher besuchte er oft die großherzogliche Bibliothek, um sich in der Chemie als Autodidakt aus Büchern und durch private Untersuchungen fortzubilden.

Studium

Liebig als junger Student 1821, Zeichnung von 1843

Durch Vermittlung seines Vaters begann Justus im Herbst 1819 ein Chemiestudium in Bonn bei Karl Wilhelm Gottlob Kastner, der sein Talent schnell erkannte und ihn als Assistenten in seinem Labor beschäftigte. Als Kastner 1821 einen Ruf an die Universität Erlangen annahm, folgte ihm Liebig, begann dort seine Doktorarbeit Über das Verhältnis der Mineralchemie zur Pflanzenchemie und schloss sich dem Corps Rhenania I an. Im März 1822 nahm Liebig, der auch Mitglied der Bonner und Erlanger Burschenschaft von 1820/22 war, an Demonstrationen der freiheitlich gesinnten Studenten gegen die Obrigkeit teil. Als Folge davon wurde er von der Polizei gesucht und musste nach Hause fliehen.

Sein Lehrer Prof. Kastner erwirkte wenig später durch seine Fürsprache und Empfehlung beim Großherzog Ludwig I. von Hessen, dass Liebig ein Stipendium zum Studium an der Pariser Universität Sorbonne erhielt, damals ein führendes Zentrum der Chemie. Hier lernte er bei den Professoren Joseph Louis Gay-Lussac, Louis Jacques Thénard und Louis-Nicolas Vauquelin den damals fortschrittlichsten Chemie-Unterricht kennen.

Professur in Gießen

Bald trat er mit eigenen Arbeiten über Knallquecksilber hervor, wodurch der Naturforscher Alexander von Humboldt auf ihn aufmerksam wurde. Durch dessen Empfehlung an den hessischen Großherzog wurde der erst 21-jährige Liebig im Mai 1824 außerordentlicher Professor für Chemie und Pharmazie an der Ludwigs-Universität Gießen; ein Jahr später wurde er ordentlicher Professor. Seine Arbeitsbedingungen spiegelten das bis dahin geringe Ansehen der chemischen Fakultät wider: Sein Gehalt war gering, und für Geräte, Chemikalien, Kohle usw. erhielt er nur minimale Zulagen. So musste er viele dringend benötigte Apparate und Materialien aus der eigenen Tasche bezahlen, um überhaupt lehren zu können. Trotzdem fand er bei den Gießener Studenten auf Grund seiner Lehrmethoden schnell großes Interesse und Zulauf.

Im Jahre 1826 traf Justus Liebig Friedrich Wöhler, mit dem er zusammen forschte und freundschaftlich verbunden war.[1] Im selben Jahr heiratete er Henriette Moldenhauer.

Liebigs Gießener Labor, um 1841

Um seine finanziellen Probleme zu mildern, betrieb er nebenberuflich von 1827 bis 1833 ein privates Institut für Pharmazie und technisches Gewerbe, in dem er zusammen mit den Professoren Hermann Umpfenbach, Friedrich Christian Gregor Wernekink und Georg Gottlieb Schmidt Apothekengehilfen und zukünftige Leiter der technischen Gewerbe ausbildete. Er legte hiermit den Grundstock für seine 1832 gegründete Zeitschrift Annalen der Pharmacie, später allgemein bekannt als Liebig’s Annalen und in Großbritannien von der Chemical Society hochgeschätzt.

Seine Lehrmethode, seine Entdeckungen und Schriften machten ihn bald in ganz Europa bekannt und berühmt mit der Folge, dass neben vielen Deutschen auch zahlreiche Ausländer, darunter 84 Engländer und 18 Amerikaner, nach Gießen kamen, um Liebigs Vorlesungen über Chemie und Pharmazie zu hören. Der wohl später berühmteste Schüler war August Wilhelm von Hofmann, der bei Liebig von 1836 bis 1845 studierte, promovierte und sich als dessen Assistent habilitierte. 1843 wurde Liebig in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.

Berufungen an die Universitäten Reval 1827, Göttingen 1835, St. Petersburg 1839, Wien 1841, London 1845 und Heidelberg 1851 lehnte Liebig ab, konnte aber jedes Mal durch Bleibeverhandlungen mit dem zuständigen Ministerium seine finanzielle und berufliche Situation verbessern.

1845 wurde er auf eigenen Wunsch mit dem Titel Freiherr geadelt.

Wechsel nach München

Justus von Liebig (ca. 1860)
Grab von Liebig auf dem Alten Südlichen Friedhof Standort48.12511.563388888889; die Büste ist vom Bildhauer Michael Wagmüller

Schließlich sondierte die Universität München durch Professor Max von Pettenkofer wegen einer Berufung. König Maximilian II. von Bayern lud Liebig persönlich ein, bot ihm in einer Privataudienz den Bau eines neuen Chemischen Instituts mit daneben liegendem Wohnhaus an und sicherte ihm weitgehende Freiheit in Lehre und Forschung zu. Liebig nahm die Berufung an und lehrte ab 1852 in München. Sein Nachfolger in Gießen wurde sein Schüler Heinrich Will.

Um 1860 wurde der Fotochemiker und spätere Erfinder Johann Baptist Obernetter Assistent Liebigs.[2]

In München wurde Liebig von vielen wissenschaftlichen Vereinigungen im In- und Ausland zum korrespondierenden oder Ehrenmitglied ernannt und erhielt zahlreiche Ehrungen und Orden von regierenden Herrschern der ganzen Welt. Als er den Superphosphat-Dünger entwickelte, war er Mitbegründer der „Bayerischen Aktiengesellschaft für chemische und landwirtschaftlich-chemische Fabrikate“ (BAG, Werk in Heufeld) mit Sitz München, die bis 2012 unter dem Namen Süd-Chemie existierte und heute Teil des Schweizer Clariant-Konzerns ist. Am 15. Dezember 1859 wurde er zum Präsidenten der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ernannt. Dieses Amt bekleidete er bis zu seinem Tod. 1870 wurde er zum Ehrenbürger der Stadt München ernannt.

1870 gelang es Justus von Liebig, Glaskörper mit einer Silberlösung zu beschichten und zum Glänzen zu bringen. Liebig wollte damit sein naturwissenschaftliches Gerät verbessern.[3][4]

Justus Liebig starb am 18. April 1873 in München an einer Lungenentzündung und wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung am 21. April zu Grabe getragen. Sein Grab befindet sich auf dem Alten Südlichen Friedhof in München (Gräberfeld 40, Reihe 12, Platz 11 – Standort48.12511.563388888889).

Nachkommen

Mit seiner Frau Henriette hatte Liebig fünf Kinder, darunter den Mediziner Georg von Liebig und den Agrarwissenschaftler Hermann von Liebig sowie die Töchter Agnes (verheiratet mit dem Philosophen Moritz Carrière) und Johanna (verheiratet mit dem Chirurgen Carl Thiersch).

Zu seinen Nachfahren gehören des Weiteren die Malerin Clara Harnack (Enkelin), der Genetiker Max Delbrück (Urenkel), die Frauenrechtlerin Agnes von Zahn-Harnack (Urenkelin), der Leichtathlet Luz Long (Ururenkel), der Psychiater Bern Carrière und die Schauspieler Mathieu, Till und Mareike Carrière.

Wissenschaftliches Werk

Liebig begann seine wissenschaftliche Tätigkeit in Gießen mit der Untersuchung hessischer und bayerischer Heilquellen und deren Nutzbarmachung für die Salzgewinnung. Dabei stellte er schnell fest, dass die damaligen Analysenmethoden sehr langwierig waren und vergleichsweise ungenaue Ergebnisse lieferten.

Liebigs Kali-Apparat

Es gelang ihm in jahrelangen Versuchen, die Analysengeräte zu vervollkommnen, vor allem aber die Elementaranalyse, d. h. die Ermittlung der elementaren Zusammensetzung von tierischen und Pflanzenteilen durch den von ihm 1831 entwickelten Fünf-Kugel-Apparat (ursprünglich Kali-Apparat genannt) und weitere Änderungen wesentlich zu vereinfachen und zu beschleunigen. Er untersuchte zusammen mit seinen Mitarbeitern und Studenten in der Folgezeit Hunderte von Pflanzen und Pflanzenteilen und viele Organe und Produkte von Tieren auf ihre Zusammensetzung und veröffentlichte ihre Ergebnisse. Damit begründete er praktisch die Organische Chemie, weil niemand vorher derart viele exakte und jederzeit nachprüfbare Untersuchungen hatte durchführen können.

Zusammen mit seinem Freund Friedrich Wöhler, der an der Höheren Gewerbeschule (Polytechnikum) in Kassel wirkte (und 1836 einem Ruf auf den Lehrstuhl für Chemie und Pharmazie in Göttingen folgte), entwickelte er 1832 die Radikaltheorie, welche die Vielzahl von Stoffen erklärt, die nur aus Wasserstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff bestehen (siehe hierzu auch Geschichte der Substitutionsreaktion).

Ebenfalls mit Wöhler entdeckte er am Beispiel des Knallsilbers einerseits und des Silbercyanats andererseits die Isomerie, d. h. den Umstand, dass zwei verschiedene Stoffe die gleiche Zusammensetzung, aber unterschiedliche Struktur und Eigenschaften haben können.

Sein Hauptinteresse während seiner Gießener Zeit galt der Förderung der Landwirtschaft mit dem Ziel, die zum Teil verheerenden Hungersnöte der damaligen Zeit – er hatte 1816 im Jahr ohne Sommer selbst eine erlebt – zu verhindern. Seine Erkenntnisse auf diesem Gebiet fasste er 1840 und 1842 in zwei Werken zusammen: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie, kurz Agriculturchemie genannt, und Die Thierchemie oder die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Diese beiden Bücher erregten ungeheures Aufsehen, nicht nur bei Wissenschaftlern, sondern bei allen Gebildeten seiner Zeit. Die Agrikulturchemie, in der er die Mineraldüngung propagierte und ihre Bedeutung für Qualität und Ertrag der Pflanzen erklärte, erlebte neun Auflagen und wurde überdies in 34 Sprachen übersetzt.

Fünf-Kugel-Apparat (moderner Nachbau)
CO2-Komprimierer in Liebigs Privatlabor

In seinem Privatlabor widmete er sich 1846 bis 1849 u. a. der Entwicklung eines wasserlöslichen Phosphatdüngers, zusammen mit seinen englischen Schülern Edward Frankland und James Sheridan Muspratt. Das Ergebnis war das so genannte Superphosphat, das auch heute noch der weltweit meist verwendete Phosphatdünger ist. Der Dünger verbesserte die Ernte und dadurch die Nahrungsversorgung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts außerordentlich.

Liebig erlangte durch seine Forschungen im Gießener Institut, durch seine bahnbrechenden Lehrmethoden, insbesondere seine Experimentalvorlesungen, und durch seine Veröffentlichungen auf dem Gebiete der Chemie, der Pharmazie, der Physiologie und der Landwirtschaft weltweite Anerkennung. Sein Gießener Laboratorium wurde zum Mekka für die Chemiker aus aller Herren Ländern.

In München bezog er ein ganz nach seinen Wünschen gebautes Wohnhaus und das daneben liegende Chemische Institut. Er hielt in den Folgejahren auch hier Vorlesungen vor den Studenten, dies aber in stark reduziertem Ausmaß. Den Hauptteil der Vorlesungen und Praktika überließ er nun seinen Assistenten.

Als die Tochter seines Freundes James Sheridan Muspratt 1852 in seinem Haus an Cholera erkrankte, brachte ihn das auf die Idee, ein „Fleischinfusum“ zu entwickeln, mit dessen Hilfe Personen mit schweren Magen- und Darmerkrankungen vor dem Tod gerettet werden konnten. Aus diesem Infusum hat er später „Liebigs Fleischextrakt“ entwickelt.

Kolben mit Silberspiegel

Außerdem arbeitete er an der Entwicklung eines Silberspiegels anstelle der bis dahin üblichen, aber die Gesundheit gefährdenden Quecksilberspiegel. Die von ihm 1858 veranlasste Produktion der Spiegel musste jedoch nach wenigen Jahren eingestellt werden, weil die Bevölkerung die Quecksilberspiegel bevorzugte. Erst als diese 1886 wegen ihrer Giftigkeit verboten wurden, ging man allgemein zur Silberspiegelfabrikation über.

Um Säuglinge aus armen, schlecht ernährten Familien, für die aus gesundheitlichen oder anderen Gründen keine Muttermilch und auch keine Amme zur Verfügung stand, vor dem Verhungern zu bewahren, entwickelte Liebig nach längeren Untersuchungen eine „Suppe für Säuglinge“, wie er das Produkt nannte und in Zeitungen empfahl. Es handelte sich um einen frühen Vorläufer der heutigen Babynahrung.

Viel Zeit und Arbeit investierte Liebig in die Schaffung eines chemischen Gemisches, mit dessen Hilfe man Brot backen konnte, ohne auf die leicht verderbliche Hefe angewiesen zu sein. Zusammen mit seinem amerikanischen Schüler Eben Norton Horsford führten diese Experimente zu einem Produkt, das wir heute Backpulver nennen. In Amerika hatte Horsford mit dem baking powder großen finanziellen Erfolg. In Deutschland fand das Backpulver ab 1892 weite Verbreitung, weil August Oetker das Backpulver nicht den Bäckern zum Brotbacken, sondern den Hausfrauen zum Kuchenbacken empfahl. Der Durchbruch war Justus Liebig verwehrt, da den Hausfrauen in damaliger Zeit keine genauen Waagen zur Verfügung standen. Oetkers Idee, die Abfüllung und Darreichungsgröße für eine bestimmte Menge Mehl anzubieten, die gut abzuwiegen war (1 Pfund), ermöglichte den wirtschaftlichen Erfolg, wenn auch nicht für Liebig.

Die größte Publizität verschaffte Liebig die Entwicklung seines Fleischextraktes. Es war die Weiterentwicklung seines 1852 hergestellten Fleischinfusums und wurde anfangs nur in geringem Umfange in Münchner Apotheken verkauft. Erst als der deutsche Ingenieur Georg Christian Giebert 1862 von Liebig die Lizenz zur Großproduktion in Uruguay erhalten hatte, wurde „Liebigs Fleischextrakt“ in Fray Bentos in riesigen Mengen erzeugt und weltweit verkauft. Nach Liebigs Vorstellungen sollte der Fleischextrakt ein Nährmittel vor allem für die ärmere Bevölkerung sein. Der relativ hohe Preis und seine Zusammensetzung ließen dies jedoch nicht zu. Letztlich bewährte sich der Fleischextrakt als sehr beliebte Würze für Suppen und Speisen. Der Extrakt wurde damit zum Vorläufer der heute verbreiteten Speisewürzen wie Maggi-Würze und Knorr. Der Fleischextrakt wurde in Packungen mit Sammelbildern verkauft. Diese sogenannten Liebigbilder erfreuten sich jahrzehntelang größter Beliebtheit. Von 1873 bis 1975 erschienen über 7000 Serien dieser Liebig-Bilder.

In den letzten Jahren seines Lebens beschäftigte Liebig sich mit der Physiologie der Gärung und hatte in seiner chemischen Erklärung den französischen Mikrobiologen Louis Pasteur zum erbitterten Gegner. Liebig vertrat die Auffassung, dass eine zellfreie Gärung möglich sei, während Pasteur nur an eine Gärung im Beisein von Mikroorganismen glaubte. Die Forschung hat letzten Endes beiden Recht gegeben: Es gibt eine an Mikroorganismen gebundene Gärung, beispielsweise die Hefegärung von Alkohol, aber auch eine zellfreie Gärung, beispielsweise die Muskelgärung.

Liebigs wichtigste Entdeckungen
Radikaltheorie Mineraldünger
Theorie der Isomerie Fleischextrakt
Fünf-Kugel-Apparat Silberspiegel
Superphosphat Eisen-Nickel-Legierung 
Chloroform und Chloral  Backpulver
Pyrogallol Babynahrung

Nach Liebig ist das Liebigsche Minimumgesetz benannt, das ursprünglich von Carl Philipp Sprengel stammt, jedoch durch Liebig – in erweiterter Form – zielgerichtet verbreitet und bekannt gemacht wurde. In Sprengels Fassung fehlten noch die wichtigen nichtstofflichen Faktoren wie Wärme, Licht etc., die Liebig dann einbezog. Auch der Liebigkühler ist nicht, wie angenommen, von Liebig erfunden worden, sondern wurde schon weit früher eingesetzt, er wurde aber durch Liebig populär.

Wirkung

Bedeutung für die organische Chemie

Dankesschreiben Justus Liebigs an Heinrich Emanuel Merck

In die Geschichte eingegangen ist Justus Liebig als einer der bekanntesten und erfolgreichsten Chemiker seines Jahrhunderts sowie als Begründer der Agrochemie. Darüber hinaus waren seine experimentellen und theoretischen Erkenntnisse richtungsweisend für die gesamte Entwicklung der organischen Chemie.

Durch seine literarische Tätigkeit hatte er großen Einfluss auf die Entwicklung seines Fachgebietes. So war er seit 1832 zusammen mit Philipp Lorenz Geiger und Rudolph Brandes Herausgeber der damals maßgebenden wissenschaftlichen Zeitschrift Annalen der Pharmacie (später Annalen der Chemie und Pharmacie und Liebigs Annalen der Chemie). Alleine oder gemeinsam mit seinen Kollegen Poggendorff, Geiger und Wöhler verlegte er ab 1837 diverse richtungsweisende Lehr- und Nachschlagewerke.

Begründer der Agrochemie

Chemische Briefe, Titelblatt

1840 publiziert er sein grundlegendes Werk über Agrikulturchemie. Um die Erkenntnisse der Chemie einem breiteren Publikum nahezubringen, schrieb er seit 1841 sogenannte Chemische Briefe, populärwissenschaftliche Abhandlungen, die in der Augsburger Allgemeinen Zeitung in unregelmäßigen Abständen erschienen und bei den Lesern großen Anklang fanden. In der ersten Zeit nach Veröffentlichung waren seine Grundaussagen umstritten und wurden von der Wissenschaft und praktischen Landwirtschaft als inkompetent erachtet. Erst ca. 20 Jahre nach Veröffentlichung der Agrikulturchemie erfuhr Liebig breite wissenschaftliche Anerkennung. Die praktische Anwendung seiner Lehre führte seither zur Vervielfachung der Ernteerträge. Die Ernährung industriell und großstädtisch organisierter Gesellschaften wäre ohne Kenntnis der Liebig’schen agrikulturchemischen Grundaussagen nicht möglich.[5] So ist beispielsweise in Deutschland die agrarische Produktion zwischen 1873 und 1913 um 90 % gestiegen. Diese Zunahme basierte neben der Mechanisierung der Landwirtschaft und wissenschaftlich begründeter Tierzucht insbesondere auf der Verwendung von bergbautechnisch gewonnenen bzw. industriell hergestellten Düngemitteln.[6]

Experimenteller Unterricht

Justus Liebig hat mit seinen Vorlesungen den experimentellen Unterricht in den naturwissenschaftlichen Fächern eingeführt. Durch seine Forschungen auf dem Gebiete der Analytik wurde die Chemie zur exakten Wissenschaft. Anlässlich seines 200. Geburtstages wurde das Wissenschaftsjahr 2003 als „Jahr der Chemie“ begangen.

Lehrer bedeutender Chemiker

Auf den Liebigschen Erkenntnissen und Methoden beruhte die chemische Forschung des späten 19. und des frühen 20. Jahrhunderts. Unter den ersten 60 Nobelpreisträgern der Chemie waren 42 der Geehrten Nachfolger seiner Schüler.[7]

Internationale Firmengründungen

Denkmal in Fray Bentos

Der Name Liebig und seine Erfindung wurden weltweit vor allem durch die internationale 1865 in London gegründete Liebig’s Extract of Meat Company mit Hauptbetriebsstätte in Fray Bentos (Uruguay) beziehungsweise durch deren Produkte, Logos und Werbung bekannt. 1964 schlossen sich die Liebig Co. und die Welt-Teefirma Brook Bond & Company (gegründet 1869 in Manchester durch Arthur Brook) zur Brook Bond Liebig Co. zusammen und wurden später vom Unilever-Konzern (gegründet 1874 durch die Brüder Lever, ab 1929 Unilever) übernommen. Die Liebig-Konzentrat-Würfel waren in Frankreich und Belgien noch in den 1950er Jahren unter dem Namen Cubes Liebig (Aussprache etwa „Küb Lie-ebig“) ein allgemeines Haushalts-Lebensmittel.

Literarische Werke

  • Einige Bemerkungen über die Bereitung und Zusammensetzung des Brugnatellischen und Howardschen Knallsilbers. In: Repertorium für die Pharmacie. Bd. 12. Nürnberg 1822. S. 412–426 (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv)
  • Liebig, Anleitung zur Analyse organischer Körper 1837, Verlag Vieweg, Braunschweig, 2. Aufl. 1853.[8]
  • Liebig, Die Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie 1840, Verlag Vieweg Braunschweig (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv); 5. korr. und sehr vermehrte Aufl. 1843.[9]
  • Ueber das Studium der Naturwissenschaften und über den Zustand der Chemie in Preußen. Vieweg, Braunschweig 1840 Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
  • Liebig, Die Thierchemie, oder die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie 1842, Verlag Vieweg Braunschweig (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv); 2. Aufl. 1843[10]
  • Liebig und Geiger, Handbuch der Organischen Chemie – mit Rücksicht auf Pharmacie 1843, Verlag Winter, Leipzig und Heidelberg.[11]
  • Liebig, Poggendorff und Wöhler, Handwörterbuch der reinen und angewandten Chemie Verlag Vieweg Braunschweig, 1. Band, 1842, 2. Band, 2. Aufl. 1858. – 3. Band, 1848.[12]
  • Liebig, Chemische Briefe (Nr. 1–33) 3. Aufl. 1851 und Chemische Briefe (Nr. 1–50) 1865 – wohlfeile Ausgabe 1865, Verlag Winter, Leipzig und Heidelberg.[13] – Gesamtwerk 6. Auflage siehe Commons.

Ehrungen

Bereits zu Lebzeiten wurde er durch John Laurence Smith geehrt, der ein von ihm 1848 neu entdecktes Mineral, den Liebigit nach ihm benannte.[14]

In den Jahren nach Liebigs Tod wurden ihm in vielen Städten Deutschlands Denkmale errichtet, u. a. in München auf dem Maximiliansplatz (1883), in Darmstadt auf dem Luisenplatz und in Gießen an der Ostanlage. Das ursprüngliche, von Fritz Schaper 1890 geschaffene große Gießener Liebigdenkmal wurde 1945 zerstört, der Kopf konnte aber 1952 in das neue, schlichtere Denkmal übernommen werden.

In der nach ihm benannten Liebigstraße ist zudem sein Labor erhalten, das mittlerweile als Liebig-Museum besucht werden kann. Eine am Museum angebrachte Gedenktafel der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) würdigt Liebigs Wirken in Gießen im Rahmen des Programms Historische Stätten der Chemie.

Die ehemalige Gießener Ludwigs-Universität wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Justus-Liebig-Universität umbenannt.

In Anerkennung seiner Leistungen wurden zwei Preise mit seinem Namen verbunden, der Justus-von-Liebig-Preis für Welternährung und der Liebig-Wöhler-Freundschaftspreis.

In der Maxdorfer BASF-Siedlung wurde eine Straße nach ihm Liebigstraße genannt. Die Hauptstelle der Stadtbibliothek Darmstadt und die Darmstädter Volkshochschule sind in dem nach ihm benannten Justus-Liebig-Haus untergebracht. Das Liebig-Haus in Namibia trägt seinen Namen. 2009 wurde die Therme in Bad Salzhausen, deren Solewasser er einst untersuchte, in Justus von Liebig-Therme umbenannt.[15]

Der Forscher Ernest Giles benannte den Mount Liebig im Northern Territory in Australien nach dem weltberühmten Deutschen. 1935 wurde der Mondkrater Liebig nach ihm benannt.

Literatur

Bücher

  • Wilhelm Strube, Helga Strube: Justus Liebig. Eine Biographie. Sax-Verlag, Markkleeberg 2005, ISBN 3-930076-58-6.
  • Der Präsident der Justus-Liebig-Universität Gießen (Hrsg.): Justus Liebig: (1803–1873). Ausstellung der Justus-Liebig-Universität zum 200. Geburtstag von Justus Liebig. (3 Bände), Justus-Liebig-Universität Gießen, Gießen 2003, ISBN 3-9808949-0-8.
  • Gesellschaft Deutscher Chemiker (Frankfurt/Main): Historische Stätten der Chemie: Justus von Liebig – Gießen. 16. Mai 2003.
  • Georg Schwedt: Liebig und seine Schüler – Die neue Schule der Chemie. Springer Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-540-43205-1.
  • William H. Brock: Justus von Liebig: Eine Biographie des großen Naturwissenschaftlers und Europäers. Vieweg, Braunschweig 1999, ISBN 3-528-06995-3.
  • Antonio Saltini: Storia delle scienze agrarie. Teil III: L'età della machina a vapore e dei concimi industriali. Edagricole, Bologna 1989, ISBN 88-206-2414-1.
  • Hertha von Dechend: Justus von Liebig. In eigenen Zeugnissen und solchen seiner Zeitgenossen.. Verlag Chemie, Weinheim 1953.
  • Jacob Volhard: Justus von Liebig – Ein Lebensbild (2 Bände). Leipzig 1909.
  • Georg Klemperer: Justus von Liebig und die Medicin. Verlag August Hirschwald, Berlin 1900.
  • Barrie Blake Coleman: Brand names and product dynasties – Lessons in retrospect. Westland Books Pvt, Chennai/Indien 2000, ISBN 1-85252-462-6, S. 47f, 40, 183, 102.

Aufsätze

Weblinks

 Wikisource: Justus von Liebig – Quellen und Volltexte
 Commons: Justus von Liebig – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Liebig, Justus Freiherr von; Friedrich Wöhler; Hofmann, August Wilhelm von: Aus Justus Liebig’s und Friedrich Wöhler’s Briefwechsel in den Jahren 1829–1873. F. Vieweg und Sohn, Braunschweig (1888).
  2. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14, Leipzig 1908, S. 867; online über Zeno.org.
  3. Justus von Liebig und die Weihnachtskugel. auf: rhein-main.net 2. Dezember 2011.
  4. Manfred Becker-Huberti: „Äpfel, Nüss’ und Mandelkern ...“ auf: brauchtum.de.
  5. Informationsdienst Wissenschaft: Reformator der Welternährung. Mitteilung Nr. 27 vom 16. April 1998.
  6. Gerd Fesser, Die Kaiserzeit in Deutschland 1871–1918, S. 14, Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, www.thueringen.de/LZT, 2000.
  7. Informationsdienst Wissenschaft: Reformator der Welternährung. Mitteilung Nr. 27 vom 16. April 1998, Hinweis auf die dort enthaltene Aufstellung.
  8. Anleitung zur Analyse organischer Körper. Verlag Vieweg, Braunschweig 1837 (Digitalisat/Faksimile) 1837 2. Aufl. 1853
  9. Die Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie 1843 (Google-book)
  10. Die Thierchemie, oder die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie 2. Aufl. 1843 (Digitalisat)
  11. Handbuch der Organischen Chemie – mit Rücksicht auf Pharmacie 1843 (Digitalisat)
  12. Handwörterbuch der reinen und angewandten Chemie 1. Band 1842 2. Band 1858 3. Band 1848
  13. Chemische Briefe 1–33. Leipzig und Heidelberg, 3. Aufl. 1851 Nr. 1–33 (Digitalisat/Faksimile) und Chemische Briefe Nr. 1–50– wohlfeile Ausgabe, Verlag Winter, Leipzig und Heidelberg 1865. (Digitalisat/DFG) der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
  14. Mindat: Liebigite (englisch).
  15. Sole-Bewegungsbad nun »Justus von Liebig-Therme«. In: Gießener Allgemeine Zeitung, 25. November 2009.
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