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Jacob S.H. Stern

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Das Bankhaus Jacob S.H. Stern war im 19. und frühen 20. Jahrhundert eines der führenden deutsch-jüdischen Bankhäuser in Frankfurt am Main.

Geschichte

Das Bankhaus Jacob S.H. Stern ging aus der von Samuel Hayum Stern (1760–1819) im Jahr 1778 in der Frankfurter Judengasse gegründeten Weinhandlung hervor. Er hatte zwei Kinder, Jacob Samuel Hayum (1780–1833) und Caroline (1782–1854). Letztere heiratete im Jahr 1800 Salomon Meyer Freiherr von Rothschild. Jacob Samuel Hayum Stern gründete 1799 eine eigene Weinhandlung, Jacob Stern genannt. Nach dem Vorbild vieler anderer christlicher und jüdischer Handelshäuser, wandelte Jacob Samuel Hayum Stern ab 1805 seinen Handelsbetrieb schrittweise in eine Bank um.[1] Dies begann mit der Finanzierung von Kunden und Lieferanten seiner Weinhandlung und verlief so erfolgreich, dass schließlich die Geldgeschäfte den Warenhandel überflügelten.[2] Die Bank spezialisierte sich in ihrer weiteren Entwicklung auf Wertpapieremissionen. Nach dem Tod seines Vaters 1819, übernahm er dessen Weinhandlung und legt sie mit seinem eigenen Unternehmen zusammen. Die vereinigte Firma nannte er Jacob S.H. Stern.[3]

Nach dem Vorbild der Familie Rothschild gründeten Jacob Samuel Hayum Sterns Söhne Zweigniederlassungen im Ausland: Abraham (Anton) Jakob Stern (1805–1885) und Leopold Stern (1810–1846) begründeten 1832 A.J. Stern & Cie. in Paris, David Stern (1807–1877) und Hermann Stern (1815–1887) gründeten 1844 Stern Brothers in London.[4] Ein weiterer Sohn, Julius Jacob Stern (1807–1852), ließ sich als Bankier in Berlin nieder. Der älteste Sohn, Wolf Jacob Stern (1800–1854), führte das Stammhaus, Jacob S.H. Stern, zusammen mit seinem jüngeren Bruder, Sigmund Jacob Stern (1809–1972), nach dem Tod ihres Vaters 1833 weiter.[5]

Das Frankfurter Stammhaus Jacob S.H. Stern war Gründungsmitglied des Preußen-Konsortiums 1866[6] und Mitglied des Reichsanleihekonsortiums.[7] In enger Zusammenarbeit mit seinen Schwesterfirmen in Paris und London beteiligte sich Jacob S.H. Stern an der Finanzierung des italienischen Tabakmonopols im Jahre 1868 und an der Emission zahlreicher nationaler und internationaler Anleihen, unter anderem an den Staatsanleihen für Bulgarien, Portugal, Argentinien, das Omanische Reich und das Chinesische Kaiserreich. Als 1872 die 3 Milliarden Französischer Franc umfassende Anleihe zur Finanzierung der französischen Kriegsentschädigung an das Deutsche Reich an der Londoner und Pariser Börse eingeführt wurde, hatte das Bankhaus Stern neben den Banken M.A. Rothschild & Söhne (Frankfurt am Main), der Diskonto-Gesellschaft (Berlin) und S. Bleichröder (Berlin) wesentlichen Anteil am großen Erfolg dieser Emission.[8]

Die Bedeutung von Jacob S.H. Stern auf dem Markt für Wertpapieremissionen war so groß, dass die Deutsche Bank gleich nach Ihrer Gründung 1870 eine enge und langjährige Geschäftsbeziehung mit der Frankfurter Privatbank einging, um die ausländischen Beziehungen der Familie Stern zu nutzen.[9] Über Aktien finanzierte Banken, wie die Deutsche Bank, genossen damals noch nicht denselben Bekanntheitsgrad und das gleiche Vertrauen wie private Banken.[10] Unterstrichen wurde diese intensive Zusammenarbeit durch die Mitgliedschaft verschiedener Teilhaber von Jacob S.H. Stern im Aufsichtsrat der Deutschen Bank.[11] Darüber hinaus war Jacob S.H. Stern auch im Aufsichtsrat weiterer Unternehmen vertreten, unter anderem in dem der Ottomanischen Bank.[12]

Als die Deutsche Reichsbank 1876 gegründet wurde, zählte Jacob S. H. Stern zu den 25 größten Privatbanken im Deutschen Reich und erhielt damit gemäß den gesetzlichen Bestimmungen einen Sitz im obersten Verwaltungs- und Aufsichtsorgan der Reichsbank, dem „Zentralausschusses der Anteilseigner“.[13] Somit hatte die Bank Einfluss auf die Geld-, Währungs- und Finanzpolitik im Deutschen Reich. Jacob S.H. Stern war auch an der Gründung mehrerer Unternehmen wesentlich beteiligt: die Metallgesellschaft in Frankfurt am Main 1881, die Anatolische Eisenbahn-Gesellschaft in Konstantinopel 1888, die Deutsch-Asiatische Bank in Shanghai 1889, die Schantung-Eisenbahngesellschaft in China 1895, die Studiengesellschaft für Elektrische Schnellbahnen in Berlin 1899 und die Deutsche Petroleum-Aktiengesellschaft 1904 ebenfalls in Berlin.

Dem wachsenden Konkurrenzdruck durch die Großbanken und dem damit einhergehenden Konzentrationsprozeß im deutschen Bankgewerbe zur Jahrhundertwende konnte sich Jacob S. H. Stern erfolgreich widersetzen. Nach dem Ersten Weltkrieg erlebte die Bank sogar eine neue Hochphase. Dank ihrer zum Teil auf Familienbindungen basierenden Auslandsbeziehungen konnte sie angesichts der Währungszerrüttung während der Weimarer Republik dringend benötigtes Auslandskapital nach Deutschland holen.[14]

Während des Dritten Reichs wurde die Bank Jacob S.H. Stern 1938 durch die zwangsweise Übernahme durch das Frankfurter Bankhaus Metzler arisiert.[15]

Teilhaber

Name Lebensdaten Dauer der Teilhaberschaft:
Siegmund Stern 1809–1872 ?-1872
Theodor Stern 1837–1900 1860–1890
Otto Braunfels 1841–1917 1891–1917
Wilhelm Theodor Stern 1872–1930 1904–(mind.) 1913
Paul Stern 1876–1939 1904–1938
Fritz Auerbach 1852–1909 1906–1909
Emil J.J. Wetzlar 1860–1916 1909–1916
Rudolf Kaulla 1872–1954 1920–1934

Literatur

  • Emden, Paul Heinrich : „Money Powers of Europe in the Nineteenth and Twentieth Centuries“, D. Appleton-Century Company, New York 1938, S. 259ff.
  • Emden, Paul Heinrich: „Zur Feier der 100jährigen Bestehens des Bankhauses J. S. H. Stern“, Frankfurt am Main 1905.
  • Jurk, Michael: „Die anderen Rothschilds: Frankfurter Privatbankiers im 18. und 19. Jahrhundert“, S. 46 erschienen in: Heuberger, Georg: „Die Rothschilds – Beiträge zur Geschichte einer europäischen Familie“, Jan Thorbecke Verlag, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-7995-1202-0.
  • Kirchholtes, Hans-Dieter: „Jüdische Privatbanken in Frankfurt am Main“, Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-7829-0351-X.
  • Köhler, Ingo: „Die "Arisierung" der Privatbanken im Dritten Reich“. In: „Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmungsgeschichte“, Band 14, 2. Auflage, 2008.
  • Meleghy, Gyula: „Die Vermittlerrolle der Banken bei deutschen Investitionen in Nord- und Mittelamerika bis zum Ersten Weltkrieg“, Inauguraldissertation, Köln 1983.
  • Morten Reitmayer: „Bankiers im Kaiserreich – Sozialprofil und Habitus der deutschen Hochfinanz“ (= „Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft“, Band 136). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, ISBN 3-525-35799-0.

Weblinks

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Kirchholtes, Hans-Dieter: „Jüdische Privatbanken in Frankfurt am Main“, Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1989, S.40
  2. James Phillipps: "Meet the most influential bank dynasty you've never heard of", 7.8.2014 auf www.citywire.co.uk
  3. Kirchholtes, Hans-Dieter: „Jüdische Privatbanken in Frankfurt am Main“, Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1989, S.40
  4. Paul H. Emden: "Money Powers of Europe in the Nineteenth and Twentieth Centuries", D. Appleton-Century Company, New York 1938, S. 260.
  5. Meleghy, Gyula: „Die Vermittlerrolle der Banken bei deutschen Investitionen in Nord- und Mittelamerika bis zum Ersten Weltkrieg“, Köln 1983, S. 21.
  6. Morten Reitmayer: Bankiers im Kaiserreich – Sozialprofil und Habitus der deutschen Hochfinanz (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Band 136). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, S. 200.
  7. Meleghy, Gyula: „Die Vermittlerrolle der Banken bei deutschen Investitionen in Nord- und Mittelamerika bis zum Ersten Weltkrieg“, Köln 1983, S. 21.
  8. Jurk, Michael: „Die anderen Rothschilds: Frankfurter Privatbankiers im 18. und 19. Jahrhundert“, erschienen in: Heuberger, Georg: „Die Rothschilds – Beiträge zur Geschichte einer europäischen Familie“, Jan Thorbecke Verlag, Frankfurt am Main 1995, S. 46
  9. Meleghy, Gyula: „Die Vermittlerrolle der Banken bei deutschen Investitionen in Nord- und Mittelamerika bis zum Ersten Weltkrieg“, Köln 1983, S. 22.
  10. Paul H. Emden: "Money Powers of Europe in the Nineteenth and Twentieth Centuries", D. Appleton-Century Company, New York 1938, S. 259f.
  11. Kirchholtes, Hans-Dieter: „Jüdische Privatbanken in Frankfurt am Main“, Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1989, S. 41
  12. Meleghy, Gyula: „Die Vermittlerrolle der Banken bei deutschen Investitionen in Nord- und Mittelamerika bis zum Ersten Weltkrieg“, Köln 1983, S. 21.
  13. Morten Reitmayer: Bankiers im Kaiserreich – Sozialprofil und Habitus der deutschen Hochfinanz (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Band 136). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, S. 200.
  14. „Frankfurt am Main - Geschichte des Finanzplatzes: II 1700 bis 1945 - Führender Börsenplatz im internationalen Anleihegeschäft“ auf frankfurt-main-finance.de
  15. Köhler, Ingo: Die "Arisierung" der Privatbanken im Dritten Reich. In: Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmungsgeschichte, Band 14, 2. Auflage, 2008, S. 585
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