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Ich (Schnitzler)

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Ich ist eine kleine Novelle von Arthur Schnitzler, die der Autor am 13. Mai 1917 konzipierte und im Oktober 1927 innerhalb von zwei Wochen unter dem Arbeitstitel „Park“ niederschrieb. Bei S. Fischer erschien der Text postum im „Almanach 1968“ als „Novellette“. Seit 1977 ist die Kurzgeschichte unter dem von Reinhard Urbach[1] vergebenen Titel „Ich“ bekannt.[2]

Inhalt

Als Frau Huber – Mutter eines achtjährigen Schuljungen sowie des sechsjährigen Vorschulkindes Marie – den Arzt in ihre Wohnung Andreasgasse 14[3] ruft und der dann hereintritt, trägt der Kranke – der Familienvater Herr Huber – einen Zettel auf der Brust. Darauf steht ICH. Wie konnte es so weit kommen? Nun, anfangs lief in der kleinen Familie alles normal. Der Vater scherzte ein wenig mit seiner kleinen Tochter Marie und ging dann seiner Arbeit nach. Herr Huber war in einem mittelgroßen Warenhaus in der Währingerstraße Abteilungsleiter. Mitunter gestattete er sich in seiner Freizeit per pedes einen Abstecher ins Grüne. Bei solcher Gelegenheit ereignete sich die unerhörte Begebenheit. Der Eingang der mit Baumgruppen umstandenen Wiese war mit Park beschildert. Worum es sich handelt, das weiß doch jeder, dachte Huber kopfschüttelnd, freundete sich jedoch nach einem Weilchen mit der guten Idee an. Das artete dann mit der Zeit so weit aus, dass er der Kaffeehauskassiererin, dem Fräulein Magdalene, einen passenden Zettel anheften wollte. Und das Ende der Manie des Herrn Huber wurde eingangs erwähnt.

Rezeption

  • „Hubers Bestreben, für Sicherheit und Ordnung in der Welt zu sorgen, indem er allen Dingen ein unmißverständliches Wort anheftet“[4] steht nach Scheffels Beobachtungen für Schnitzler beinahe auf einer Stufe mit den Sprachbemühungen eines Lord Chandos bei Hofmannsthal.
  • Nach Scheffel verstofflicht sich „die Geschichte vom Normalitätsverlust des Herrn Huber“[5] als unvermittelt hereinbrechender „Sprach-Ordnungswahn“[6]. Huber sei einerseits mit der Dynamik der Veränderungen im damaligen modernen Nachkriegs-Wien überfordert. In dem Zusammenhang zitiert Scheffel Hermann Bahrs Wort von der „Unrettbarkeit des Ich“[7]. Andererseits fühle sich der brave Herr Huber nach einigem Überlegen dazu berufen, „sprachliche ‚Wertzeichen‘ missionarisch zu verbreiten“[8]. Hierdurch setze sich Schnitzler mit der Sprachkritik Fritz Mauthners – vielleicht mit gespielter Ernsthaftigkeit – auseinander. Zumindest stehe fest, Schnitzler folge dem Sprachphilosophen Mauthner bei dessen übertriebener Sprachkritik keineswegs. Denn – so spricht der Wortkünstler Schnitzler: „Jedes Wort hat fließende Grenzen; diese Tatsache zu ästhetischer Wirkung auszunützen ist das Geheimnis des Stils.“[9] Damit eröffne die „launige Novelle“ trotz ihrer simplen Statik Ausblick auf Schnitzlers psychologische Literatur in dem Sinne: Oben im Artikel wurde die „Uneindeutigkeit von Worten“ und die unüberwindliche „Differenz zwischen Worten und Wirklichkeit“ – wie sie der Biedermann Herr Huber halb verwirrt in der ihn umgebenden Objektwelt konstatiert, nicht angesprochen. Worte seien aber nach Schnitzler dringend notwendig, weil wir eben nichts anderes haben und weil vor ihnen „das Unaussprechliche überhaupt erst deutlich wird“[10].

Literatur

Ausgaben
  • Ich. Novellette. S. 304–311 in: Arthur Schnitzler: Traumnovelle und andere Erzählungen. Mit einem Nachwort von Michael Scheffel. S. Fischer, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-10-073563-3 (verwendete Ausgabe)
Sekundärliteratur

Einzelnachweise

  1. Reinhard Urbach (Hrsg.): Arthur Schnitzler: Entworfenes und Verworfenes. Aus dem Nachlaß. S. Fischer, 1977
  2. Scheffel anno 2015, S. 125, 16. Z.v.u. bis S. 126 16. Z.v.u.
  3. Andreasgasse im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  4. Scheffel anno 2006 im Nachwort der verwendeten Ausgabe, S. 393, 4. Z.v.o.
  5. Scheffel anno 2015, S. 128, 9. Z.v.o.
  6. Scheffel anno 2015, S. 128, 21. Z.v.o.
  7. Scheffel anno 2015, S. 128, 12. Z.v.u.
  8. Scheffel anno 2015, S. 129, 16. Z.v.o.
  9. Schnitzler, zitiert bei Scheffel anno 2015, S. 130, 10. Z.v.o.
  10. Schnitzler, zitiert bei Scheffel anno 2015, S. 130, 8. Z.v.o.
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