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Georg Benjamin

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Georg Benjamin (10. September 1895 in Berlin26. August 1942 im KZ Mauthausen) war ein deutscher Kinderarzt und Widerstandskämpfer.

Leben und Tod

Benjamin stammte aus einer begüterten jüdischen Familie. Er besuchte das Grunewald-Gymnasium in Berlin und begann 1914 in Genf ein Mathematikstudium, wurde jedoch zum Kriegsdienst einberufen. Nach dem Ersten Weltkrieg studierte er Medizin in Berlin, Marburg und wieder Berlin.[1] Er schloss sich der Sozialen Arbeitsgemeinschaft an, einer losen Verbindung von Studenten und Arbeitern, und zog 1921 für einige Zeit in ein Ledigenheim in der Schönstedterstraße, um die Lebensbedingungen lediger Männer im Berliner Arbeiterbezirk Wedding kennenzulernen.[2] 1923 wurde er an der Universität Berlin bei dem Sozialhygieniker Alfred Grotjahn mit einer Schrift Über Ledigenheime promoviert und legte an der Sozialhygienischen Akademie in Berlin-Charlottenburg die Facharztprüfung ab.[1]

Ab 1925 arbeitete Benjamin im Berliner Arbeiterbezirk Wedding als amtlicher Schul- und Kinderarzt. Er übernahm die ärztliche Betreuung eines Erholungslagers für Arbeiterkinder, engagierte sich im Proletarischen Gesundheitsdienst, im Sozialistischen Ärztebund, im Arbeiter-Samariter-Bund, sowie in der Internationalen Arbeiterhilfe und gab die Zeitschrift Der oppositionelle Arbeiter-Samariter heraus. Wissenschaftlich und sozialpolitisch widmete er sich den Themen Kinderarbeit, Kinderfürsorge und -Ernährung sowie dem Abtreibungsparagraphen 218. Nachdem er 1931 vom sozialdemokratischen Stadtbezirksbürgermeister gemaßregelt und aus dem öffentlichen Dienst entlassen worden war, u.a. wegen seiner ärztlichen Tätigkeit an der sowjetischen Botschaft in Berlin, eröffnete er eine Privatpraxis im Wedding.[1]

Politisch aktiv wurde Benjamin ab 1920 zunächst in der USPD und ab 1922 in der KPD.[3] 1929 wurde er als Abgeordneter in die Bezirksverordnetenversammlung Wedding gewählt.[4] Nach 1933 arbeitete er in der Bezirksleitung der illegalen KPD.[5] Wegen dieser Tätigkeit wurde er am 12. April 1933 in „Schutzhaft“ gestellt, kam im Dezember 1933 wieder aus dem KZ Sonnenburg frei, wurde jedoch mit Berufsverbot belegt und aus der Kassenärztlichen Vereinigung und der Ärztekammer ausgeschlossen. Seine politische Betätigung führte zu einer erneuten Verhaftung am 14. Mai 1936 und zu einer Verurteilung von sechs Jahren Zuchthaus wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“, die er im Zuchthaus Brandenburg verbrachte.[1] Von dort kam er zunächst ins Arbeitslager Wuhlheide bei Berlin und wurde dann ins KZ Mauthausen verbracht, wo er im September 1942 kurze Zeit nach Einlieferung ums Leben kam. Die Totenliste des Lagers gibt als Todesursache „Freitod durch Starkstrom“ an.[6] Hilde Spiel schreibt dagegen in ihrer Autobiografie, dass Benjamin erschlagen worden sei.[7] Benjamins Grab befindet sich auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf im Feld B I-W II-6.

Familie

Er hatte eine politisch aktive Familie. Sein Bruder war der bekannte Philosoph Walter Benjamin, der zwar keiner Partei angehörte, aber seit den 1920er-Jahren mit dem Kommunismus sympathisierte. Seine Ehefrau Hilde Benjamin, die er 1926 geheiratet hatte, war als Anwältin für die Rote Hilfe der KPD aktiv, 1953 wurde sie Justizministerin der DDR. Sein Sohn Michael wurde 1932 geboren, war nach den Rassengesetzen „Halbjude“ und wurde deshalb bis 1945 diskriminiert. Er war an der Akademie für Staat und Recht in Potsdam wissenschaftlich tätig und wurde nach 1990 als Repräsentant der Kommunistischen Plattform in der PDS bekannt.[8] Eine Cousine war die Dichterin Gertrud Kolmar, die auch nach Benjamins Inhaftierung engen Kontakt zur Familie unterhielt. Sie wurde 1943 als Jüdin umgebracht. Die Schwester von Walter und Georg, Dora Benjamin, arbeitete in verschiedenen Bereichen der Berliner Sozialfürsorge, ging 1933 ins Exil und starb mit fündundvierzig Jahren 1946 in der Schweiz.[9][10] Die Ehefrau von Walter Benjamin, ebenfalls Dora, wurde durch den veröffentlichten Briefwechsel des Philosophen bekannt.

Ehrung

Benjamins Name ist in der Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde als Mitglied des antifaschistischen Widerstands aufgeführt. Bis 1992 trug eine Schule für Körperbehinderte in Berlin-Lichtenberg den Ehrennamen dieses Widerstandskämpfers.

In Berlin erinnern zwei Gedenktafeln an die Stätten seines Wirkens:

  • Badstraße 40, Berlin-Gesundbrunnen (ehemals Bezirk Wedding)
  • Binzstraße 50, Berlin-Pankow

Eine an der oben genannten Spezialschule angebrachte Tafel ist entfernt worden.

Das NVA-Kurheim Sorge (Harz) (ehemalige Johanniter-Heilstätte Sorge) trug bis 1989 ebenso seinen Namen wie das Kreiskrankenhaus in Staaken-West in der DDR.

Die Akademie der Gesundheit Berlin/Brandenburg e.V. in Berlin-Buch hieß von 1974 bis 1990 Medizinische Fachschule „Dr. Georg Benjamin“.

Das Bergarbeiterkrankenhaus des Gesundheitswesens der SDAG Wismut in Erlabrunn/Erzgebirge, heute „Kliniken Erlabrunn gGmbH“, trug bis 1992 den Namen „Bergarbeiterkrankenhaus Dr. Georg Benjamin“.[11][12]

Literatur

  • Luise Kraushaar et al.: Deutsche Widerstandskämpfer 1933–1945. Biographien und Briefe. Dietz-Verlag, Berlin 1970, Band 1, S. 112–115.
  • Hans-Rainer Sandvoß: Widerstand in Wedding und Gesundbrunnen. Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin 2003 (Band 14 der Schriftenreihe über den Widerstand in Berlin von 1933 bis 1945), speziell S. 289-290, ISSN 0175-3592.
  • Volker Klimpel: Ärzte-Tode: unnatürliches und gewaltsames Ableben in neun Kapiteln und einem biographischen Anhang. Königshausen und Neumann, Würzburg 2005, ISBN 3-8260-2769-8, S. 73–75.
  • Marianne Brentzel: Die Machtfrau : Hilde Benjamin 1902–1989., Links, Berlin 1997, ISBN 3-86153-139-9, passim.
  • Hermann Wentker: Justiz in der SBZ/DDR 1945–1953. Transformation und Rolle ihrer zentralen Institutionen. (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte. Band 51). Oldenbourg, München 2001, ISBN 3-486-56544-3, S. 60–63.
  • Uwe-Karsten Heye: Die Benjamins: Eine deutsche Familie. Aufbau, Berlin 2014, ISBN 978-3-351-03562-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Volker Klimpel: Ärzte-Tode: unnatürliches und gewaltsames Ableben in neun Kapiteln und einem biographischen Anhang, Königshausen und Neumann, Würzburg 2005, ISBN 3-8260-2769-8, S. 73–75
  2. Gerhild H. M. Komander: Der Wedding: auf dem Weg von Rot nach Bunt, Berlin Story Verlag, Berlin 2006, ISBN 978-3-929829-38-9, S. 179 f.
  3. Laut Volker Klimpel: Ärzte-Tode (2005) trat er 1922 in die USPD und 1929 in die KPD ein.
  4. Uwe-Karsten Heye: Die Benjamins. Eine deutsche Familie. Aufbau-Verlag, Berlin 2014, ISBN 978-3-351-03562-4, S. 37.
  5. Marianne Brentzel: Die Machtfrau : Hilde Benjamin 1902–1989., Links, Berlin 1997, ISBN 3-86153-139-9, S. 78.
  6. Marianne Brentzel: Die Machtfrau Hilde Benjamin 1902–1989. Links, Berlin 1997, ISBN 3-86153-139-9, S. 284 ff. (online; abgerufen am 17. November 2012).
  7. Alexandra Kleinlercher: Zwischen Wahrheit und Dichtung: Antisemitismus und Nationalsozialismus bei Heimito von Doderer. Böhlau, Wien 2011, ISBN 978-3-205-78605-4, S. 95 (online; abgerufen am 17. November 2012).
  8. Jörn Schütrump: Michael Benjamin (1932-2000), Nachruf in: Utopie kreativ, Heft 119, September 2000, Rosa-Luxemburg-Stiftung
  9. Eva Schöck-Quinteros: Dora Benjamin: „… denn ich hoffe nach dem Krieg in Amerika arbeiten zu können.“ Stationen einer vertriebenen Wissenschaftlerin (1901-1946). In: Barrieren und Karrieren. Die Anfänge des Frauenstudiums in Deutschland. Berlin 2000, S. 71-102.
  10. Eva Schöck-Quinteros: "Kinderarbeit ist eine Kulturschande". Dora Benjamin (1901 Berlin 1946 Zürich), scheinschlag 04/2001
  11. Rudolf Klußmann: Psychosomatische Medizin: Eine Übersicht, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 1992, S. 464
  12. Rehabilitationszentrum Erlabrunn Erzgebirge: Stätte der medizinischen und beruflichen Rehabilitation, 16-seitige Broschüre des Rehabilitationszentrums für Berufsbildung beim Bergarbeiterkrankenhaus "Dr. Georg Benjamin", Erlabrunn 1963
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