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Gallus (Heiliger)

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Gallus auf einer Wandmalerei in Filialkirche St. Venantiusv in Pfärrenbach in der Gemeinde Horgenzell

Der heilige Gallus (lat. der Kelte) (* um 550 in Irland oder im Raum Vogesen-Elsass; † 16. Oktober 640, nach anderen Quellen 620 oder 646–650, in Arbon, Schweiz) war ein Wandermönch und Missionar, der vor allem im Bodenseeraum wirkte. Er gilt als Gründer des Klosters St. Gallen und ist, zusammen mit Otmar, Schutzpatron von Stadt und Bistum.

Leben

Die Hagiographie des heiligen Gallus ist in drei Fassungen überliefert. Die Urvita, die sogenannte Vita vetustissima Sancti Galli stammt dem Mittellateiner Walter Berschin zufolge aus dem späten 7. Jahrhundert. Sie ist nur fragmentarisch erhalten. Die zwei Bearbeitungen aus dem 9. Jahrhundert durch die Reichenauer Mönche Wetti und Walahfrid Strabo sind vollständig überliefert. Inhaltlich haben die beiden Autoren die älteste Version kaum verändert und sich bei ihren Bearbeitungen vor allem auf sprachliche Verbesserungen beschränkt. Die dritte und letzte Fassung durch Walahfrid erfuhr die weiteste Verbreitung.

Herkunft

Die Herkunft des heiligen Gallus ist umstritten. Wie die Hagiographien der Reichenauer Mönche Wetti und Walahfrid aus dem 9. Jahrhundert berichten, stammte er aus Irland und kam im Gefolge des Wandermönchs Columban von Luxeuil auf den europäischen Kontinent. Auch eine Genealogie aus dem 9. Jahrhundert legt die irische Herkunft des heiligen Gallus nahe, und so galt diese bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts als gesichert, ehe sie von der Forschung in Frage gestellt wurde. Der daraus entstandene und noch immer aktuelle Diskurs brachte zunächst zwei Theorien hervor. Die erste sieht Gallus als Iren und begründet dies mit seinem irischen Umfeld. Die zweite verneint seine irische Herkunft. Der Romanist Gerold Hilty vertritt aufgrund seiner Untersuchungen von Gallus’ Sprachkenntnissen die Ansicht, dass dieser aus dem zweisprachigen Raum Vogesen-Elsass stamme. Einen die beiden Deutungen verbindenden Ansatz lieferte der Historiker und Theologe Max Schär. Seiner Auffassung nach war der heilige Gallus ein Mann irischer Abstammung, der in einem zweisprachigen Gebiet, vermutlich im Elsass, geboren wurde und aufgewachsen ist.

Missionstätigkeit

Gallus im Wappen von Tuggen

Um 590 gründete der Abt Columban das Kloster Luxeuil in den Vogesen, wo auch der heilige Gallus zu seinen Schülern zählte. Von Luxeuil aus zogen die beiden um das Jahr 610 gemeinsam mit weiteren Mönchen nach Alemannien. Umstritten ist indes, wo Gallus und Columban sich erstmals begegneten. Die Hagiographien berichten davon, dass der in Irland geborene Gallus ins Kloster Bangor im heutigen Nordirland eingetreten sei, von wo aus er mit Columban und weiteren Brüdern nach Luxeuil zog. Die neuere Forschung um Gerold Hilty hingegen geht davon aus, dass Gallus aus Ostfrankreich stammte und somit erst während Columbans Tätigkeit in Luxueil zum Iren stiess und zu dessen Schüler wurde.

Die Missionsreise führte die Gemeinschaft um Columban von Metz den Rhein aufwärts und über Zürich und Tuggen schliesslich in den Raum Bregenz am Lacus Brigantinus, dem heutigen Bodensee. In Bregenz trafen sie auf eine christliche Gemeinde, die sich teilweise wieder dem Heidentum zugewendet hatte. Hier und auch zuvor in Tuggen zerstörten die Glaubensleute die Statuen einheimischer Gottheiten und warfen sie in den See. Dadurch brachten die Glaubensboten die Einwohner gegen sich auf; die Missionierung misslang.[1]

Auch in Arbor Felix (dem heutigen Arbon) gab es eine christliche Siedlung. Nach wenigen Jahren brach Columban von Luxeuil zusammen mit seinen Gefährten nach Bobbio in Italien auf. Die Galluslegende berichtet, Gallus habe wegen einer schweren Krankheit in Arbor Felix bleiben müssen. Tatsächlich war es wohl ein ernstes Zerwürfnis mit Columban, der seinen Schüler mit einem Mess- und Predigtverbot belegt hatte, das Gallus zu Lebzeiten des Columban auch nicht zu übertreten wagte.

Gedenktafel zu Ehren von Gallus an der Steinach in St. Gallen

Nach einem längeren Aufenthalt in Arbor Felix beschloss Gallus 612, zusammen mit seinem Gefährten Hiltibod dem in den Lacus Brigantinus (Bodensee) mündenden Fluss Steinach zu folgen. Sie zogen den Bach entlang in den Arboner Forst hinein (das ganze Gebiet vom Bodensee bis zum Appenzellerland war damals Urwald) und kamen an den Wasserfall bei der Mühleggschlucht. Hier stolperte Gallus und fiel in einen Dornbusch. Dies deutete er als göttliches Zeichen, hier zu bleiben. Viele Darstellungen des Gallus sind daher mit dem lateinischen Bibelvers untertitelt:

„Haec requies mea in saeculum saeculi [hic habitabo quoniam elegi eam]“

„Dies ist die Stätte meiner Ruhe ewiglich; hier will ich wohnen, denn das gefällt mir. (Nach LUT)

Psalm 132,14 VUL

Die Legende von Gallus und dem Bären

Gründung des Klosters

Eine bekannte Legende über den heiligen Gallus berichtet über die folgende Nacht: Während Hiltibod schlief, war Gallus noch wach, als plötzlich ein Bär auftauchte. Gallus liess sich nicht einschüchtern, auch dann nicht, als der Bär sich aufrichtete. Gallus befahl dem Bären im Namen des Herrn, ein Stück Holz ins Feuer zu werfen. Der Bär gehorchte und trug das Holz zum Feuer. Anschliessend gab Gallus dem Bären ein Brot, unter der Bedingung, dass er sich nie mehr blicken lasse. Hiltibod, der mitgehört hatte, sagte zu Gallus: „Jetzt weiss ich, dass der Herr mit dir ist, wenn selbst die Tiere des Waldes deinem Wort gehorchen.“ Der Bär tauchte nie wieder auf und wurde später zum Wappentier der Stadt St. Gallen. (→ Geschichte der Stadt St. Gallen)

Das Tier ist auch Gallus’ wichtigstes Insignium, er wird fast immer mit einem Bären an seiner Seite dargestellt.

Leben in der Klause und Tod

Gallus und weitere nachfolgende Gefährten bauten eine Klause, die der Maria sowie den Burgunderheiligen Desiderius und Mauritius geweiht wurde. Gallus lebte als Eremit, sammelte jedoch viele Schüler um sich und bekämpfte heidnische Bräuche.

Im Jahr 612 berief der Alamannenherzog Gunzo eine Synode aller Stammesfürsten und wichtigen Kleriker ein, um den vakanten Stuhl des Bischofs von Konstanz wieder neu zu besetzen. Er wollte Gallus zum Bischof machen, vielleicht auch, weil dieser seine Tochter Fridiburga von einer schweren Krankheit geheilt hatte. Gallus wollte dies nicht und kam bereits mit einem anderen Mönch, Johannes, zu dieser Tagung, um ihn als Bischof vorzuschlagen. Der Herzog ging auf diesen Wunsch ein, und nach dreijähriger Ausbildung durch Gallus soll Johannes Bischof von Konstanz geworden sein. Gallus aber lebte weiter zurückgezogen ein asketisches Leben.

Am 16. Oktober 640 (nach anderen Quellen: 620 oder 646–650) starb der heilige Gallus nach seiner letzten Predigt in Arbon. Dieser Tag, der Gallustag, wird heute noch gefeiert. Sein Grab wurde zum Wallfahrtsort und er wurde vor allem im süddeutschen Raum, dem Elsass und der deutschsprachigen Schweiz verehrt, seinem Hauptwirkungsraum.

Nachleben

Schweiz, St. Gallen (Abtei), Ulrich IV. (1167–1199). Ewiger Pfennig (Runder Pfennig) mit dem Kopfbild des heiligen Gallus

Im Jahr 719, also hundert Jahre nach Gallus’ Tod, gründete der alemannische Priester und später heilige Othmar zu seinen Ehren am Wallfahrtsort eine Abtei und gab ihr den Namen St. Gallen. St. Gallen wurde zu einer Zufluchtsstätte für irische Gelehrte und Künstler, welche in ihrer Heimat von den Wikingern sowie den Dänen verfolgt wurden.

Um 1350 wurde das Haupt des hl. Gallus aus St. Gallen nach Prag überführt, wo es in der gleichnamigen Kirche (Kostel sv. Havla) in der Prager Altstadt als Reliquie aufbewahrt wird.

Auch weitere Orte und Kirchen wurden nach Gallus benannt.

Namenstag

Der Namenstag des heiligen Gallus fällt zusammen mit dem der heiligen Hedwig auf den 16. Oktober. Die Bauernregel für diesen Tag reimt: Hedwig und Sankt Gall’ machen das Schneewetter all’. Dieser Gedenktag findet sich in den Kalendern der evangelischen, römisch-katholischen und orthodoxen Kirche.

Verehrung

Orte nach dem Heiligen: St. Gallen (Schweiz, mitsamt dem Kanton St. Gallen); St. Gallenkappel (Kanton St. Gallen); Sankt Gallenkirch (Vorarlberg); Gallneukirchen (Oberösterreich); Sankt Gallen (Steiermark); Sankt-Gallen (Thal bei Maursmünster, Frankreich)

Quellen

  • Raphael Baer (Hrsg.): Der heilige Gallus. Lebensbeschreibung nach der lateinischen Vita sancti Galli (Geistiges Erbe Schweiz, Band 4), Verlag Bär, Niederuzwil 2011, ISBN 978-3-9523212-7-0, S. 9–56.
  • Bruno Krusch (Hrsg.): Vita S. Galli auctore Wettino (MGH Scriptores rerum Merovingicarum 4.), Hannover 1902, Nachdruck 1977 (S. 256–280).

Literatur

  • Friedrich Wilhelm Bautz: Gallus, Heiliger. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 2, Hamm 1990, ISBN 3-88309-032-8, Sp. 172–173.
  • Arno Borst: Gallus, Eremit an der Steinach, in: Mönche am Bodensee, 610–1525. Thorbecke, Sigmaringen 1978, S. 19–32
  • Walter Berschin: Gallus abbas vindicatus, in: Historisches Jahrbuch 95 Jg. 1975, S. 257-277
  • Hans Brauchli: Thurgauer Ahnengalerie, Weinfelden 2003, ISBN 3-85809-127-8 S. 17-21
  • Karl Heinz Burmeister: „Ohne Bregenz kein St. Gallen“. Der Weg des hl. Gallus von Bregenz nach St. Gallen, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, 114. Jg. 1996, S. 5–16 (Digitalisat)
  • Johannes DuftGallus. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, S. 54 (Onlinefassung).
  • Albrecht Diem, ‘Die “Regula Columbani” und die “Regula Sancti Galli” Überlegungen zu den Gallusviten in ihrem karolingischen Kontext’, in K. Schmuki, F. Schnoor, E. Tremp, P. Erhart und J. Kuratli (Hrsg.), Gallus und seine Zeit. Leben, Wirken, Nachleben, St. Gallen 2015, S. 67-99.
  • P. Erhart, J. Kuratli, K. Schmuki, F. Schnoor und E. Tremp, P. Erhart (Hrsg.), Gallus und seine Zeit. Leben, Wirken, Nachleben, St. Gallen 2015.
  • Notker Hiegl: Der heilige Gallus. In: ders. Beuron und seine Heiligen. Beuroner Kunstverlag, Beuron 1996, S. 53–70.
  • Walter Kasper (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche. Vierter Band. Franca bis Hermenegild. Herder. Freiburg im Breisgau 1995, S. 282.
  • Gerold Meyer von KnonauSt. Gallus. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 8, Duncker & Humblot, Leipzig 1878, S. 345 f.
  • Robert Nef: Gallus und der Bär; Raphael Baer: Der Traum des Heiligen vom Bären – zwei Auslegungen der mittelalterlichen Legende. In: Sankt Gallus. Geschichte – Legende – Interpretation (Geistiges Erbe Schweiz, Band 4). Verlag Bär, Niederuzwil 2011, ISBN 978-3-9523212-7-0.
  • Max Schär: Gallus – Namengeber von Stadt und Kanton = Gallus – the man, the city and canton are named after = Gall – il donna son nom à la ville et au canton. In: Stadt und Kanton St. Gallen. München 2009; S. 54–61.
  • Max Schär: Woher kam der heilige Gallus? Sonderdruck aus: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige. Bd. 121. St. Ottilien 2010, S. 71–94.
  • Max Schär: Gallus - Der Heilige in seiner Zeit Basel 2011, ISBN 978-3-7965-2749-4.

Weblinks

 Commons: Gallus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Fritz Blanke: Columban und Gallus. Urgeschichte des schweizerischen Christentums. Fretz und Wasmuth, Zürich 1940, S. 49.
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