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Der gestiefelte Kater

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Der gestiefelte Kater (Begriffsklärung) aufgeführt.
Der gestiefelte Kater in einem Stich von Gustave Doré aus dem 19. Jahrhundert

Der gestiefelte Kater ist ein Märchen (ATU 545B). Es stand in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm nur in der 1. Auflage von 1812 als Nr. 33 (KHM 33a). In der modernen, von Heinz Rölleke herausgegebenen Ausgabe findet es sich als Nr. 5 im Anhang.

Inhalt und Würdigung

Gustave Doré Illustration zu Charles Perraults Le Maître chat ou le chat botté
Der gestiefelte Kater (Münchener Bilderbogen, Moritz von Schwind 1850)

Nach dem Tode eines Müllers fällt an den ältesten Sohn die Mühle, an den zweiten ein Esel und an den dritten ein Kater, der scheinbar bloß dazu taugt, sich aus dessen Fell Handschuhe zu machen. Der Kater stellt jedoch Hilfe in Aussicht, wenn sein neuer Besitzer ihm stattdessen ein Paar Stiefel machen lasse, so dass er sich unter den Leuten sehen lassen könne. So geschieht es. Der Kater fängt nun in einem Sack Rebhühner, überlässt sie dem König des Landes als ein Geschenk seines Herrn, des Grafen, und wird dafür mit Gold belohnt. Später lässt der Kater den angeblichen Grafen „splinternackend“[1] in einem See baden, den der König mit seiner Tochter auf einer Ausfahrt passiert, und klagt, ein Dieb habe seinem Herrn die Kleider gestohlen. Der König lässt von seinen eigenen Kleidern holen und den vermeintlichen Grafen in der Kutsche mitfahren. Der Kater eilt voraus und bringt die Arbeiter in Feld und Wald dazu, dem König auf dessen Frage zu antworten, die Ländereien gehörten dem Grafen. Deren wahren Herrn, einen mächtigen Zauberer, verleitet der Kater dazu, ihm zu demonstrieren, dass er sich sogar in ein Mäuslein verwandeln könne, um ihn darauf aufzufressen und sein Schloss für den Müllersohn in Besitz zu nehmen. „Da ward die Prinzessin mit dem Grafen versprochen, und als der König starb, ward er König, der gestiefelte Kater aber erster Minister.“

Das Märchen, das mit einfachen Motiven der Frage der Ungerechtigkeit beim Erbgang, der Dankbarkeit des Katers und zuletzt des Glückes, das den vermeintlich Schlechtergestellten schließlich zum wohlhabenden Mann macht, arbeitet, ist in vielen Varianten überliefert. Schon die Grimms selbst merkten an, eine Version des Gestiefelten Katers in Le chat botté von Charles Perrault zu kennen, die mutmaßlich italienische Ursprünge hat, zumindest aber bereits von Giovanni Francesco Straparola aufgezeichnet wurde.

Das Märchen wurde bereits vor der Edition durch die Brüder Grimm von Ludwig Tieck in der gleichnamigen Komödie Der gestiefelte Kater, die 1797 erschien, aber erst am 20. April 1844 in Berlin uraufgeführt wurde, verarbeitet. Auch scheinen einige Parallelen zu Joseph von Eichendorffs Aus dem Leben eines Taugenichts von 1826 zumindest untergründig gegeben, wenngleich es hier auch der Müllersknabe selbst ist, der loszieht, sein Glück zu suchen. Der Stoff selbst gelangte über die Jahre seiner Rezeption dann in zahllosen Bearbeitungen für Kinder und schließlich einigen Verfilmungen in die Öffentlichkeit.

Herkunft

Wilhelm Grimm hatte das Märchen laut seiner Notiz offenbar mündlich von Jeanette Hassenpflug. Später strich er es wohl wegen der Ähnlichkeit zu Le Maître Chat ou le Chat botté in Charles Perraults Histoires ou contes du temps passé, avec des moralités: Contes de ma mère l’Oye (1697). Jeanette war Tochter einer französischsprachigen Hugenottenfamilie. Bereits im 18. Jahrhundert waren deutsche Übersetzungen Perraults erschienen. Wilhelm bearbeitete den Text sowohl vor als auch nach dem Druck selbst weiter.[2] Perraults soziale Antagonismen wurden sublimiert, Wertungen entfielen. Der Text erscheint jetzt als schwankhafte Volkserzählung und wurde mit volkstümlich klingenden Wendungen versehen.[3]

Offenbar ohne Einfluss blieben die frühen, italienischen Versionen des Märchens: Costantino Fortunato in Giovanni Francesco Straparolas Ergötzliche Nächte 11,1 und Cagliuso in Giambattista Basiles Pentameron 2,4.[2] Sowohl Tierhelfer als auch Meisterdiebe haben lange literarische Tradition (z. B. KHM 60, 104a bzw. 68, 192). Hans-Jörg Uther vergleicht Reineke Fuchs, Der Pfaffe Amis, Till Eulenspiegel, Lazarillo de Tormes.[4]

Interpretation

Eugen Drewermann analysiert, wie der pfiffige Kater den Überlebenswillen seines Herrn in der Not personifiziert, auf die die Erbteilung keine Rücksicht nimmt. Er passt zum harmlos wirkenden Überlebenskampf als Lebenseinstellung. Drewermann vergleicht ihn mit schizoiden oder narzisstischen Beratern in Politik und Wirtschaft, allerdings ist es bei ihm die Hybris des Hoffnungslosen. Da er nichts hat, ist sein Unternehmen auf den moralischen Kredit seines Auftraggebers angewiesen, so unnatürlich die Stiefel für eine Katze auch sind. Seinen eigenen Appetit verbeißt er sich, um sich beim politischen Machthaber einzukaufen. Dazu wird auch die Liebe der Königstochter und das Mitleiderregende seiner Nacktheit instrumentalisiert. Seine Existenzangst wird die der anderen, damit sie seine Lüge nicht benennen. Weder die Arbeiter noch den König kümmert es offenbar, wem wirklich was gehört. Was in anderen Märchen die Begegnung des Helden mit seinem zauberischen Selbst sein könnte, ist hier nur die Ablösung eines großen Betrügers durch einen neuen, wobei sein Schloss heute am ehesten einem Bankturm entspricht. So unterscheidet sich diese Gesellschaftssatire (ähnlich Goethes Reineke Fuchs) von echten Zaubermärchen wie Der arme Müllerbursch und das Kätzchen, die die Liebe als einzigen Ausweg wirklich ernst nehmen.[5]

Wilhelm Salber formuliert als Hauptfiguration ein Gefühl misslingenden Entgegenkommens der Welt, weshalb eigene Sehnsüchte abgetrennt im hilfreichen Kater gelebt werden.[6]

In Janoschs Parodie zeigt der Kater dem Hans, wie unglücklich die Reichen mit Häusern, Autos und teurem Essen sind, und er lebt glücklich, während die älteren Brüder bei der Jagd und an Herzinfarkt sterben.[7] Ein Manga erschien 2009 von Kei Ishiyama in Grimms Manga (Band 2).

Adaption für Oper

  • Im Jahre 1913 wurde in Sankt Petersburg die Kinderoper Der gestiefelte Kater des russischen Komponisten César Cui (1835–1918) uraufgeführt.
  • Der spanische Komponist Xavier Montsalvatge (1912–2002) schrieb 1947 die Oper „Der gestiefelte Kater“ (El Gato con Botas). Sie wurde im Januar 1948 am Gran Teatre del Liceu, Barcelona uraufgeführt. Das Libretto wurde 2006 von Mechthild von Schoenebeck neu ins Deutsche übersetzt.
  • Günter Bialas: „Der gestiefelte Kater oder Wie man das Spiel spielt“. Komische Oper in 2 Akten. Libretto: Tankred Dorst (nach Ludwig Tieck). UA 15. Mai 1975 Schwetzingen (Festspiele; Ensemble der Hamburgischen Staatsoper). Neufassung: 1987 München

Film

  • 1930er: Der gestiefelte Kater, Regie: Kurt Strodel (deutscher Zeichentrickfilm)
  • 1938: Der gestiefelte Kater (Кот в сапогах), Regie: Valentina und Zinaida Brumberg (UdSSR)
  • 1955: Der gestiefelte Kater (BRD)
  • 1958: Die Abenteuer des gestiefelten Katers (Новые похождения Кота в Сапогах), Regie: Alexander Rou (UdSSR)
  • 1968: Der gestiefelte Kater (Кот в сапогах), Regie: Valentina und Zinaida Brumberg (UdSSR)
  • 1969: Der gestiefelte Kater (Japan, Zeichentrick)
  • 1976: Der gestiefelte Kater reist um die Welt (Japan, Zeichentrick)
  • 1987: Märchen der Welt – Puppenspiel der kleinen Bühne, Folge 106: Der schwarzgestiefelte Kater (Deutschland, Puppenspiel)
  • 1987: Gurimu Meisaku Gekijō, Folge: Der gestiefelte Kater (Japan, Zeichentrickserie)* 1988: Der gestiefelte Kater (Puss’n Boots) (USA/IL)
  • 1999: SimsalaGrimm, Folge: Der gestiefelte Kater (Deutschland, Zeichentrickserie)
  • 2006: Der gestiefelte Kater – Catman begins (Deutschland/Österreich)
  • 2009: Der gestiefelte Kater - Die wahre Geschichte (La véritable histoire du Chat Botté) (Frankreich)
  • 2009: Der gestiefelte Kater, Regie: Christian Theede (TV, Deutschland)
  • 2011: Der gestiefelte Kater (Puss in Boots), Regie: Chris Miller (USA, DreamWorks Animation)

In den computeranimierten Filmen Shrek 2, Shrek der Dritte und Für immer Shrek übernimmt der gestiefelte Kater eine wichtige Nebenrolle.

Theater

Figuren- & Marionettentheater

Einzelnachweise

  1. Grimm, Jacob und Wilhelm: Kinder- und Hausmärchen (1812-15): 33. Der gestiefelte Kater. Bei: Zeno.org. und splinternackt, adj.. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Leipzig 1854ff (http://woerterbuchnetz.de)
  2. 2,0 2,1 Hans-Jörg Uther: Handbuch zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. de Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-11-019441-8, S. 430.
  3. Hans-Jörg Uther: Handbuch zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. de Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-11-019441-8, S. 431–432.
  4. Hans-Jörg Uther: Handbuch zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. de Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-11-019441-8, S. 434.
  5. Eugen Drewermann: Von der Macht des Geldes oder Märchen zur Ökonomie. Patmos, Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-491-21002-8, S. 73–122.
  6. Wilhelm Salber: Märchenanalyse. 2. Auflage. Bouvier Verlag, Bonn 1999, ISBN 3-416-02899-6, S. 64–68, 138.
  7. Janosch: Der gestiefelte Kater. In: Janosch erzählt Grimm's Märchen. Fünfzig ausgewählte Märchen, neu erzählt für Kinder von heute. Mit Zeichnungen von Janosch. 8. Auflage. Beltz und Gelberg, Weinheim und Basel 1983, ISBN 3-407-80213-7, S. 93–101.
  8. «Der gestiefelte Kater – das Musical» abgerufen am 6. Februar 2017

Weblinks

 Commons: Der gestiefelte Kater – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
 Wikisource: Der gestiefelte Kater – Quellen und Volltexte
 Wikisource: Charles Perrault: Le Maître chat ou le Chat botté – Quellen und Volltexte (Französisch)
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