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Synagoge (Bechtheim)

Aus Jewiki
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Synagoge Bechtheim
Ort Bechtheim
Baustil klassizistischer Saalbau mit Satteldach
Baujahr 1857
Grundfläche 184 qm m²
Koordinaten 49° 43′ 33″ N, 8° 17′ 41″ O49.725888.29477Koordinaten: 49° 43′ 33″ N, 8° 17′ 41″ O
Synagoge Bechtheim (Rheinland-Pfalz)
Synagoge Bechtheim

Die Synagoge in Bechtheim wurde zwischen 1855 und 1857 in der Martin-Luther-Straße 4 erbaut. 1880 wurde die Synagoge aufgegeben und im Jahr 1900 an die Gemeinde Bechtheim verkauft. Bis 1962 diente sie als Kindergarten. 1962 wurde das Gebäude an die evangelische Kirchengemeinde verkauft und dient seither als evangelisches Gemeindehaus. Das Gebäude ist denkmalgeschützt.

Synagoge

Bereits vor 1855 existierte in Bechtheim in der Klingengasse eine Synagoge. Das Baujahr dieser Synagoge ist nicht bekannt. Da das Gebäude in einem baulich sehr schlechtem Zustand war, drängten die örtlichen Behörden die jüdische Gemeinde zu einem Neubau in der Martin-Luther-Straße 4. Grundsteinlegung war am 4. März 1855. Die Baukosten wurden komplett durch Spenden aufgebracht, unter anderem von ehemaligen Gemeindemitgliedern, die zwischenzeitlich in die Vereinigten Staaten ausgewandert waren. Die größte Einzelspende in Höhe von 1000 Gulden, in Form eines Darlehns, stammte von einem in Alzey lebenden Privatmann. Nach dessen Tod wurde das Darlehn der Gemeinde durch dessen Sohn erlassen. Am 23. Januar 1857 fand die feierliche Einweihung statt. Bereits zu diesem Zeitpunkt kam es zu einer Auswanderungswelle, unter anderem in die Vereinigten Staaten, sowie zur Abwanderung in Folge der zunehmenden Industrialisierung in die Städte Worms, Offenburg, Mannheim und Mainz. Dies hielt auch in den Folgejahren an und führte dazu, dass bereits 1874 die Synagoge nicht mehr als solche genutzt wurde. 1894 bot die jüdische Gemeinde die Synagoge der Gemeinde Bechtheim für 8000 Reichsmark zum Kauf an. Der Gemeinde war dieser Kaufpreis zu hoch. Im Jahr 1900 wurde die Synagoge, die zwischenzeitlich in den Besitz des Großherzogtum Hessen übergegangen war, für 4000 Reichsmark an die Gemeinde verkauft. Der Kaufvertrag enthielt folgende Klause:„Zu einer Scheune, einem Stalle, oder einem Abtritt darf die Synagoge nicht genutzt werden.“ Die Gemeinde baute die Synagoge zu einem Kindergarten um. In dieser Funktion wurde das Gebäude bis 1962 genutzt und dann, für einen Betrag von 30000 DM, an die evangelische Kirchengemeinde verkauft. Diese beabsichtigte das Gebäude abzureißen und dort ein neues Gemeindehaus zu errichten. Der Abriss wurde allerdings von der zuständigen staatlichen Denkmalpflege untersagt. Ein Umbau wurde unter der Auflage genehmigt, dass der Baukörper unverändert erhalten bleiben musste. Trotz dieser Auflage wurden aber Veränderungen, z. B. an den Fenstern vorgenommen. Seit diesem Zeitpunkt wird die ehemalige Synagoge als evangelisches Gemeindehaus genutzt. Bei der Synagoge handelte es sich um einen rechteckigen klassizistischen Bruchsteinbau mit Satteldach. An der Westseite befanden sich zwei Türen, wovon die rechte, kleinere Tür zu der anzunehmenden Frauenempore führte. Im Giebel befand sich ein Rosenfenster. In die beiden Längsseiten waren je drei hohe Rundbogenfenster eingelassen. Der Innenraum maß 184 qm. Über den beiden Türen in der Westseite war eine rechteckige Sandsteinplatte mit hebräischer Inschrift eingelassen. Diese wurde, da 1962 bereits stark verwittert und fast nicht mehr lesbar, während der Renovierungsarbeiten durch eine Nachbildung ersetzt. Die Inschrift lautet übersetzt:[1][2][3]

1. MOSE 28.17
Hier ist nichts anderes als Gottes Haus
und hier ist die Pforte des Himmels
Im Jahre 5615 jüdischer Zeitrechnung

Das Gebäude steht heute unter Denkmalschutz.[4]

Jüdische Gemeinde Bechtheim

Die erste Erwähnung von jüdischen Einwohner auf dem Gebiet von Bechtheim stammt aus dem Jahr 1540. Zahlen über die Größe der jüdischen Gemeinde in Bechtheim liegen ab 1804 vor. Neben einer Synagoge verfügte die Gemeinde über eine Mikwe und eine jüdische Schule mit Wohnung für den Lehrer, die sich beide in der Klingengasse, in der Nähe der alten Synagoge, befanden. Zeitweise war ein Lehrer angestellt, der auch die Aufgaben des Vorbeters und Schochet innehatte. Bereits ab Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zu einer Auswanderungswelle, unter anderem in die Vereinigten Staaten, sowie in Folge der zunehmenden Industrialisierung, zur Abwanderung in die Städte Worms, Mannheim, Offenburg und Mainz. Dies hielt auch in den Folgejahren an, was zur Folge hatte, dass sich die jüdische Gemeinde bereits 1880 auflöste. Berühmtester Sohn der jüdischen Gemeinde Bechtheim ist der, 1857 nach Portland ausgewanderte, US-amerikanische Politiker Joseph Simon.[1][2][3]

Entwicklung der jüdischen Einwohnerzahl

Jahr Juden Jüdische Familien Bemerkung
1804 60
1824 89
1830 99
1845 30
1855 142
1861 96
1885 0
1931 2

Quelle: alemannia-judaica.de[1]; jüdische-gemeinden.de[2]

Opfer des Holocaust

Das Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945 und die Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer von Yad Vashem führen 3 Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft Bechtheim (die dort geboren wurden oder zeitweise lebten) auf, die während der Zeit des Nationalsozialismus ermordet wurden.[5][6]

Name Vorname Todeszeitpunkt Alter Ort des Todes Bemerkung Quellen
Josef Paul unbekannt unbekannt Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau Deportation am 22. Oktober 1940 nach Internierungslager Gurs. Danach interniert im Internierungslager Rivesaltes und im Internierungslager Les Milles. Am 17. August 1942 Deportation (Transport 20, Zug 901-15[7]) von Sammellager Drancy nach Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Yad Vashem (Datenbank, Datensatz Nr. 3188072) / Gedenkbuch für die Opfer der NS-Judenverfolgung in Deutschland
Schmidt Regina unbekannt unbekannt Ghetto Piaski Deportation am 25. März 1942 ab Mainz nach Ghetto Piaski Yad Vashem (Datenbank, Datensatz Nr. 11627476) / Gedenkbuch für die Opfer der NS-Judenverfolgung in Deutschland
Wendel Jakob 13. Januar 1942 66 Internierungslager Gurs Vom 11. bis 20. November 1938 Inhaftierung im Konzentrationslager Dachau. 1940 Deportation in das Internierungslager Noé. Am 22. Oktober 1940 Deportation nach Internierungslager Gurs. Yad Vashem (Datenbank, Datensatz Nr. 3229845 und 11653955) / Gedenkbuch für die Opfer der NS-Judenverfolgung in Deutschland

Literatur

  • Stefan Fischbach, Ingrid Westerhoff: „… und dies ist die Pforte des Himmels“. Synagogen Rheinland-Pfalz und Saarland. Herausgegeben vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Staatliches Konservatoramt des Saarlandes, Synagogue Memorial Jerusalem. (Gedenkbuch der Synagogen in Deutschland, 2). Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2005, ISBN 3-8053-3313-7.
  • Cilli Kasper-Holtkatte: Juden im Aufbruch. Zur Sozialgeschichte einer Minderheit im Saar-Mosel-Raum um 1800. In: Helmut Castritius (Hrsg.), Alfred Haverkamp (Hrsg.), Franz Irsigler (Hrsg.), Stefi Jersch-Wenzel (Hrsg.): Forschungen zur Geschichte der Juden (= Forschungen zur Geschichte der Juden. Band 3). Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1996, ISBN 978-3775256124. (online)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Bechtheim (VG Westhofen, Landkreis Alzey-Worms). alemannia-judaica.de. Abgerufen am 12. Mai 2021.
  2. 2,0 2,1 2,2 Bechtheim (Rheinland-Pfalz). jüdische-gemeinden.de. Abgerufen am 12. Mai 2021.
  3. 3,0 3,1 Stefan Fischbach, Ingrid Westerhoff: „… und dies ist die Pforte des Himmels“. Synagogen Rheinland-Pfalz und Saarland. Herausgegeben vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Staatliches Konservatoramt des Saarlandes, Synagogue Memorial Jerusalem. (Gedenkbuch der Synagogen in Deutschland, 2). Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2005, ISBN 3-8053-3313-7, S. 99.
  4. Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler. Kreis Alzey-Worms (PDF) Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz. Abgerufen am 12. Mai 2021.
  5. Gedenkbuch Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945. Bundesarchiv. Abgerufen am 12. Mai 2021.
  6. Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer. Yad Vashem – Internationale Holocaust Gedenkstätte. Abgerufen am 12. Mai 2021.
  7. Transport 20, Zug 901-15 von Drancy,Lager,Frankreich nach Auschwitz Birkenau, Vernichtungslager, Polen am 17/08/1942. Yad Vashem. Abgerufen am 12. Mai 2021.
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