Machsor Tripartitum

Hohes Lied der Liebe. Königin Saba und Dämon vor König Salomon. Machsor Tripartitum, Konstanz oder Bodenseeregion 1320, Budapest, Kaufmann Collection, A 384, fol. 183v.

Der Machsor Tripartitum ist ein jüdisches Gebetbuch aus dem beginnenden 14. Jahrhundert. Es entstand vermutlich in Konstanz und enthält ausgesuchte Gebete und Stellen, die an besonderen Sabbattagen und hohen Feiertagen vorzulesen sind.

Einleitung

Das Gebetbuch wurde vermutlich in Konstanz zwischen 1300 und 1330 in zwei Bänden angelegt. Heute ist es in drei Manuskripten in der Bibliothek und dem Informationszentrum der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in Budapest, der British Library in London und der Bodleian Library in Oxford erhalten. Die relativ kleinen Codices waren für den persönlichen Gebrauch bestimmt und dem hohen finanziellen Status der jüdischen Auftraggeber angemessen, die sich diese Arbeiten leisten konnten. Vom Schreiber selbst weiß man wenig mehr als seinen Namen Hayyim.

Bedeutung

Der Machsor Tripartitum gehört zu den illuminierten hebräischen Handschriften, die im Bodenseeraum vor 1348 in städtischen Werkstätten in Konstanz selbst und dessen Umland entstanden. Ihre Entstehung ist eng verknüpft mit dem florierenden Handel mit höfischer Literatur in dieser Region. Diese städtischen Werkstätten ersetzten die mönchische Schreibstuben an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert nahezu. Bei der Entstehung der Handschriften wirkten jüdische Schreiber in Werkstätten, in denen vor allem Christen arbeiteten.

Inhalt

Schlacht von Mühldorf. Machsor Tripartitum, Konstanz oder Bodenseeregion um 1322, Budapest (Orientalische Sammlung, Kaufmann MS A 384), fol. 13v

Zu den bedeutenden Abbildungen gehört die Illustration des Buchs Ruth und des Hohelieds der Liebe mit der Abbildung König Salomons, das die jüdische Tradition auf die Beziehung zwischen Gott und dem Volk Israel deutet.

Ebenso bemerkenswert ist die Illustration des liturgischen Textes für den Sabbat vor Pessach Komm mit mir vom Libanon, meine Braut. Die Darstellung zeigt den Kampf des Liebenden um die Braut. Dargestellt sind Friedrich der Schöne aus dem Haus Habsburg im Kampf mit Herzog Ludwig von Bayern, dem späteren Kaiser Ludwig IV. Während des Kampfs um den Thron (Doppelkönigtum) spielten die Juden von Überlingen als Geldgeber Friedrich des Schönen eine bedeutsame Rolle. Die Illustration gibt Zeugnis von einem politischen Ereignis und findet als politische Aussage seinen Weg in den sakralen Bereich einer liturgischen hebräischen Handschrift zum Gebrauch in einer Synagoge.

Literatur

• Sarit Shalev-Eyni: Hebrew Illuminated Manuscripts from Lake Constance before 1348, in: Dorothea Weltecke (Hrsg.): Zu Gast bei Juden. Leben in der mittelalterlichen Stadt. Begleitband zur Ausstellung, Konstanz 2017. ISBN 978-3-7977-0734-5

Web-Links

 Commons: Machsor Tripartitum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

• Jüdische Buchkunst am Bodensee. Gastbeitrag von Ralph Roeber, aufgerufen am 30.9.2017