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Krystyna Żywulska

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Krystyna Żywulska, Pseudonym von Zofia (Sonia) Landau, (geboren 1. September 1914 in Łódź, Kaiserreich Russland; gestorben 1. August 1993 in Düsseldorf) war eine polnische Schriftstellerin, Widerstandskämpferin und Auschwitzüberlebende.

Leben

Sonia Landau wuchs in Łódź auf.[1] Sie flüchtete 1939 beim deutschen Überfall auf Polen zunächst in den Osten nach Lemberg und lebte dann wieder mit ihrer Familie, die nach Warschau vertrieben worden war. Sie wurden im Warschauer Ghetto inhaftiert. 1942 konnte sie aus dem Ghetto entkommen und lebte in der Illegalität. Sie schloss sich dem polnischen Widerstand an und arbeitete in einer Gruppe, die gefälschte Dokumente herstellte. 1943 wurde sie von den Deutschen verhaftet und verbrachte drei Monate im Gefängnis Pawiak. Beim Gestapo-Verhör änderte sie ihren Namen. Danach wurde sie als politischer Häftling in das Konzentrationslager Auschwitz verlegt und gehörte einem Frauenkommando an, das Neuzugänge im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau registrieren sollte. In der Effektenkammer arbeitete Batsheva Dagan mit ihr.[2] In Auschwitz schrieb sie Gedichte, die unter den Gefangenen Verbreitung fanden. Die Lieder gingen verloren, acht von ihnen sind noch feststellbar. 1945 gelang ihr auf einem Todesmarsch die Flucht.

Sie heiratete ihren Jugendfreund Leon Andrzejewski (1910–1978), dem bei Kriegsbeginn die Flucht in die Sowjetunion gelungen war. Der Kommunist Andrzejewski machte Karriere im Sicherheitsapperat des kommunistischen Polens, sie bekamen zwei Kinder, und Krystyna Żywulska veröffentlichte 1946 ihre Lagererinnerungen unter dem schlichten Titel Ich überlebte Auschwitz. Sie schrieb nun Satiren, Feuilletons, verfaßte Spottgedichte, Epigramme und Limericks, und ihre Kabarettmonologe, Sketche und Liedertexte kamen in Polen zur Aufführung und wurden in Radio und Film rezitiert. Das Magazin Szpilki druckte ihre Texte, Sława Przybylska machte 1968 ihr Lied Żyje się raz bekannt.

Ende der Fünfziger Jahre begegnete sie Thomas Harlan, Sohn des Nazifilmemachers Veit Harlan, in Warschau.[1] Harlan arbeitete dort in Archiven über NS-Verbrechen und die in der Bundesrepublik Deutschland wieder zu Beruf und Ehren gekommenen NS-Täter. Sie half ihm bei den Recherchen, deren Veröffentlichung in der Bundesrepublik nicht erwünscht war, die aber dazu beitrugen, die deutschen NS-Prozesse der Sechziger Jahre in Gang zu bringen. Harlan wollte das Material zu einem großen literarischen Werk ausbauen, was ihm letztlich nicht gelang. Die beiden wurden ein Liebespaar, was ihren Mann und die Warschauer Gesellschaft skandalisierte, bis Harlan 1964 aus Polen ausgewiesen werden konnte.[1] Żywulska traf Harlan noch in Mailand und Paris, bis die Beziehung endete, die dreißig Jahre später von Andrzej Szczypiorski so kommentiert wurde: eine törichtere Liebe als die, die eine alternde Jüdin gegenüber einem verrückten jungen Deutschen hegt, ist schwer vorstellbar.[3]

Żywulska schrieb 1963 ihr zweites Buch Leeres Wasser über die Erlebnisse im Warschauer Ghetto und verfasste auch wieder Satiren, die aber Ende der Sechziger Jahre in Polen keine Resonanz mehr fanden, als dort eine erneute antisemitische Hetze losgetreten wurde und die Jüdin Żywulska verfemt wurde. Żywulska emigrierte mit den Söhnen 1968 in das Land der Täter und kam von München nach Düsseldorf, wo sie eine Wohnung und neue Freunde fand. Sie übersetzte ihre beiden autobiografischen Bücher selbst ins Deutsche und präsentierte sie auf Lesereisen. Im Alter entdeckte sie für sich die Malerei. Der Kölner Maler David Ostrowski ist ihr Enkel.[1]

Maria Nurowskas Roman Briefe der Liebe (Listy miłości, 1991) nahm autobiografische Äußerungen Żywulskas über die Zeit im Konzentrationslager gegenüber der Autorin auf. Liane Dirks verarbeitete 1998 Tagebuchaufzeichnungen und Gespräche mit Zywulska in ihrem Werk Krystyna. Und die Liebe? frag ich sie, das halb Dokument und halb literarische Stilisierung ist, um den laut Szczypiorski von ihr nur halb geäußerten Wahrheiten näher zu kommen.[1][3] 2012 komponierte Jake Heggie eine kurze Oper Another Sunrise, in der die Protagonistin nächtens versucht, eine Sprache für ihre Erinnerungen zu finden, um diese in einer Tonbandaufnahme zu konservieren.[4]

Werke (Auswahl)

  • Przezylam Oswiecim. Warschau : Spółdzielnia Wydawnicza „Wiedza” 1946
    • Wo vorher Birken waren : Überlebensbericht einer jungen Frau aus Auschwitz-Birkenau. München : Kindler, 1979
    • Tanz, Mädchen : vom Warschauer Getto nach Auschwitz : ein Überlebensbericht. Vorwort Vercors. Überarbeitete Fassung. München : DTV, 1988
  • Leeres Wasser : Roman nach authentischen Erlebnissen. Darmstadt : Darmstädter Blätter, 1980
  • Die reine Wahrheit : Satiren. Düsseldorf : Verlag Eremiten-Presse, 1983.
  • Zu Ehren der Familie, und andere Satiren. München : F.A. Herbig, 1988

Literatur

  • Maria Nurowska: Briefe der Liebe. Aus dem Poln. von Albrecht Lempp. Frankfurt am Main : S. Fischer 1992
  • Liane Dirks: Und die Liebe? frag ich sie : die ungeschriebene Geschichte der Krystyna Zywulska : Roman. Zürich : Ammann, 1998

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Marta Kijowska: Die volle Wahrheit über Sonja L., in: FAZ, 30. August 2014, S. 18
  2. Batsheva Dagan: Mein Leben, siehe auch Eintrag Dagan, Bat Shevaʿ bei DNB
  3. 3,0 3,1 Andrzej Szczypiorski: Liebe und Erinnerung. In: Der Spiegel. Nr. 3, 1999 (online).
  4. Another Sunrise, bei music of remembrance
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Krystyna Żywulska aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.