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Hamid Reza Yousefi

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Hamid Reza Yousefi (* 11. November 1967 in Teheran) ist ein deutsch-iranischer Philosoph und Kulturwissenschaftler.

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Hamid Reza Yousefi im Jahr 2017

Leben

1997 nahm Yousefi an der Universität Trier ein Studium der Philosophie, der Pädagogik und der Psychologie auf, welches er 2001 mit dem Magister Artium abschloss. Im selben Jahr erhielt er ein Stipendium nach dem Landesgraduiertenförderungsgesetz Rheinland-Pfalz für seine Dissertation mit dem Titel Der Toleranzbegriff im Denken Gustav Menschings; 2004 wurde er promoviert. 2002 initiierte er die wissenschaftliche Schriftenreihe Bausteine zur Mensching-Forschung, 2004 zudem die wissenschaftliche Schriftenreihe Interkulturelle Bibliothek. Dank eines Postdoktorandenstipendiums der Fritz-Thyssen-Stiftung konnte er zwischen 2004 und 2005 sein Werk Interkulturelles Denken oder Achse des Bösen: Das Islambild im christlichen Abendland. ausarbeiten. Im Jahre 2010 habilitierte er sich an der Universität Koblenz-Landau mit der Arbeit Interkulturalität und Geschichte. Perspektiven für eine globale Philosophie.

Von 2004 bis 2007 lehrte er Kultursoziologie an der Universität Trier, von 2006 bis 2010, sowie im Wintersemester 2014, war er Lehrbeauftragter an der Universität Koblenz-Landau. Von 2008 bis 2016 war er darüber hinaus Lehrbeauftragter der Universität Kaiserslautern. Seit seiner Habilitation ist er dort Privatdozent für Interkulturelle Philosophie und Geschichte der Philosophie. Bis 2014 war er Referent der Forschungsstelle für Interkulturelle Philosophie in Trier. Yousefi ist Gründungspräsident des Instituts zur Förderung der Interkulturalität.[1] Seit 2016 lehrt er an der Universität Potsdam und seit 2017 an der Universität des Saarlandes. 2017 wurde er zum Professor für Interkulturelle Philosophie und Dialog der Religionen ernannt.

Wissenschaftliche Methode

Yousefi unterscheidet zwischen vergleichender und interkultureller Philosophie.[2] Letztere soll zwischen Kulturen und Traditionen mit ihren jeweils eigenen Terminologien, Fragestellungen und Lösungsansätzen vermitteln und dazu Methoden aus Hermeneutik, Empirie und Phänomenologie einbeziehen. Yousefi entwickelt einen offenen Vernunftbegriff, wonach jeder Vernunftansatz gebunden ist an Kontexte, Situationen und Individualität – ein statischer Vernunftbegriff dagegen könne der Komplexität von Situationen, der Singularität von Akteuren und Kontexten nicht Rechnung tragen.[3] In diesem Sinne kritisiert er auch Konzepte von „Toleranz“, die einen Begriff von Kulturen mit konstanten Merkmalen („Kulturessentialismus“) annehmen. Dies führe, entgegen der Toleranzidee, zu Hierarchisierungen und zum Scheitern von Kommunikationen.[4] Dieser Methodenansatz bedingt auch eine Kritik bisheriger Entwürfe philosophischer Historiographie: Außereuropäische Traditionen würden vernachlässigt, eigene Voraussetzungen dadurch verabsolutiert, eine „Reziprozität“ interkultureller philosophischer Kommunikation ausgeschlossen.[5] In einer Monographie von 2006 arbeitet Yousefi die Grundlagen einer „interkulturellen Religionswissenschaft“ aus, die zwischen philologisch und hermeneutisch ausgerichteten Ansätzen bzw. Traditionslinien vermitteln will. Er entwickelt das Konzept einer gewaltfreien Hermeneutik unter Berücksichtigung von Macht und Interesse, um den Dialog zwischen unterschiedlichen kontextbedingten Formen der Kommunikation auf allen wissenschaftlichen Gebieten zu ermöglichen.[6] Yousefi „will sich mit verabsolutierenden Denkmustern, die keinen Raum für echte und offene Kommunikation und Versöhnung bieten, nicht abfinden“.[7] In seinem Werk Kampfplätze des Denkens modifiziert er seinen Kultur- und Kommunikationsbegriff. Er weist die These zurück, nach der es einen Kampf der Kulturen gibt und spricht über Denkweisen, Denknutzungen und Denkleistungen, die in jedem kommunikativen Akt unterschiedlich zum Tragen kommen. Daher ist das Feld der Kommunikation seines Erachtens immer ein Kampfplatz der Denkformen, die auch kulturelle oder religiöse Färbungen haben können.[8]

Werke (Auswahl)

  • Sokrates' Leben und Wirken. Sokrates und die Kunst des Nichtdenkens. Teheran 2000.
  • Reformgedanken und Herausforderungen im Iran als Erbe der Aufklärung. Teheran 2002.
  • Der Toleranzgedanke im Denken Gustav Menschings. Eine interkulturelle philosophische Orientierung. Nordhausen 2004.
  • mit Ram Adhar Mall: Grundpositionen der interkulturellen Philosophie (= IKB Band 1). Verlag Traugott Bautz, Nordhausen 2005, ISBN 978-3-88309-160-0.
  • Grundlagen der interkulturellen Religionswissenschaft. (= IKB Band 10), Verlag Traugott Bautz, Nordhausen 2006, ISBN 978-3-88309-165-5.
  • Wege zur Religionswissenschaft. Eine interkulturelle Orientierung: Aspekte, Grundprobleme, ergänzende Perspektiven. Nordhausen 2007.
  • Angewandte Toleranz. Gustav Mensching interkulturell gelesen. Nordhausen 2008.
  • Zarathustra – neu entdeckt. Theoretische und praktische Grundlegung einer verkannten Philosophie. Lit Verlag, Münster 2010, ISBN 978-3-643-10576-9.
  • Interkulturalität und Geschichte. Perspektiven für eine globale Philosophie. Lau-Verlag, Reinbek 2010, ISBN 978-3-941400-33-7.
  • Hrsg. mit Hermann-Josef Scheidgen und Henk Oosterling: Von der Hermeneutik zur Interkulturellen Philosophie. Festschrift für Heinz Kimmerle zum 80. Geburtstag. Bautz-Verlag, Nordhausen 2010, ISBN 978-3-88309-569-1.
  • Wege zur Religion: Aspekte, Grundprobleme, Ergänzende Perspektiven. Nordhausen 2011.
  • Hrsg. mit Werner Schüßler u. a.: Karl Jaspers. Grundbegriffe seines Denkens. Reinbek 2011, ISBN 978-3-941400-34-4.
  • Interkulturalität. Eine interdisziplinäre Einführung. (mit Ina Braun), Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-534-23824-8.
  • Dornenfelder. Reinbek 2011, ISBN 978-3-941400-37-5.
  • Hrsg. mit Harald Seubert: Toleranz im Weltkontext. Geschichte – Erscheinungsformen – Neuere Entwicklungen. Springer, 2013, ISBN 978-3-658-00115-5.
  • Hrsg. mit Klaus Fischer: Verstehen und Verständigung in einer veränderten Welt: Theorie – Probleme – Perspektiven. Springer, 2013, ISBN 978-3-531-19720-3.
  • Hrsg. Menschenrechte im Weltkontext. Geschichte – Erscheinungsformen – Neuere Entwicklungen. Springer, 2013, ISBN 978-3-658-01069-0.
  • Die Bühnen des Denkens. Neue Horizonte des Philosophierens. Münster 2013, ISBN 978-3-8309-2821-8.
  • Interkulturelle Kommunikation. Eine praxisorientierte Einführung. Darmstadt 2013, ISBN 978-3534262601.
  • Hrsg. Demokratie im Islam. Analysen – Theorien – Perspektiven. Münster 2014, ISBN 978-3-8309-3118-8.
  • Hrsg. mit Harald Seubert: Ethik im Weltkontext. Geschichten – Erscheinungsformen – Neuere Konzepte. Wiesbaden 2014, ISBN 978-3-658-04896-9.
  • Hrsg. mit Philipp Thull: Interreligiöse Toleranz. Von der Notwendigkeit des christlich-islamischen Dialogs. Darmstadt 2014, ISBN 978-3534264124.
  • Grundbegriffe der interkulturellen Kommunikation. Stuttgart 2014, ISBN 978-3-8252-4127-8.
  • Einführung in die islamische Philosophie. Die Geschichte des Denkens von den Anfängen bis zur Gegenwart. Stuttgart 2. Auflage 2016, ISBN 978-3-8252-4082-0.
  • zus. mit Ina Braun: Interkulturelles Handbuch der Kulturwissenschaften. Grundlagen und Schlüsselbegriffe. Bautz-Verlag, Nordhausen 2016, ISBN 978-3-88309-988-0.
  • Hrsg.: Paradigmen des Denkens. Festschrift für Harald Seubert zum 50. Geburtstag. Nordhausen, Traugott Bautz 2017, ISBN 978-3-95948-232-5.
  • Hrsg.: Der tragische Märtyrertod des Imam Hussein, überliefert von Abu Michnaf, übersetzt von Heinrich F. Wüstenfeld. Würzburg: Königshausen & Neumann 2017, ISBN 978-3-8260-6243-8.
  • Hrsg.: Jalal ad-Din Rumi. Grundbegriffe seines Denkens. Nordhausen 2018, ISBN 978-3-95948-355-1.
  • Hrsg. mit Mahdi Esfahani und Parvis Falaturi: Die Umdeutung der griechischen Philosophie durch das islamische Denken. Würzburg 2018, ISBN 978-3-8260-5974-2.
  • Hrsg. mit Matthias Langenbahn: Anatomie der Islamophobie. Wie ist interreligiöser Dialog möglich? Nordhausen 2018, ISBN 978-3-95948-324-7.
  • Kampfplätze des Denkens. Praxis der interkulturellen Kommunikation. utb-Verlag, München 2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2018, ISBN 978-3-8252-4997-7.

Einzelnachweise

  1. Hamid Reza Yousefi: Dornenfelder, Reinbek 2011.
  2. Hamid Reza Yousefi: Interkulturalität. Eine interdisziplinäre Einführung. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-534-23824-8.
  3. Hamid Reza Yousefi: Grundbegriffe der Interkulturellen Kommunikation. München 2014, 31ff.
  4. Hamid Reza Yousefi: Interkulturelle Kommunikation. Eine praxisorientierte Einführung. Darmstadt 2014, 112ff.
  5. Vgl. die Habilitationsschrift: Hamid Reza Yousefi: Interkulturalität und Geschichte. Perspektiven für eine globale Philosophie, Reinbek 2010, 11. Traditionelle Philosophiegeschichten seien demnach „Sammelbecken von Lokalgeschichten“; vonnöten sei eine „Dezentralisierung der Geistesgeschichte“ (217f). Vgl. auch Hamid Reza Yousefi: Interkulturelle Kommunikation. Eine praxisorientierte Einführung, Darmstadt 2014.
  6. Vgl. Johann Figl: Philosophie der Religionen. Pluralismus und Religionskritik im Kontext europäischen Denkens, Paderborn 2012, 259, schreibt: „Hamid Reza Yousefi hat die Grundlagen einer Interkulturellen Religionswissenschaft in einer Monographie ausgearbeitet“.
  7. Harald Seubert: Einleitung des Herausgebers. In: Orte des Denkens. Festschrift für Hamid Reza Yousefi zum 50. Geburtstag. bautz, Nordhausen 2017, ISBN 978-3-95948-233-2.
  8. Hamid Reza Yousefi: Kampfplätze des Denkens. Praxis der interkulturellen Kommunikation. 2 Auflage. utb, München 2018, ISBN 978-3-8252-4997-7, S. 9.

Weblinks

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