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Für Elternrecht und Religionsfreiheit

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Bild der Beschneidung von Jeschua / Jesus Christus.
(Autor: Guido Reni)

Für Elternrecht und Religionsfreiheit ist eine Facebookgruppe, die sich im Jahr 2012 gegründet hat, um die Beschneidung in Deutschland weiterhin legal zu halten und so Juden, aber auch Muslimen weiterhin zu ermöglichen, in Deutschland zu wohnen.

Wäre Beschneidung tatsächlich strafbar, müssten Juden Deutschland erneut verlassen, weil eigentlich jeder Jude im Laufe seines Lebens einmal bei einer Brit Mila direkt oder indirekt beteiligt (im Sinne des Strafrechtes) ist.

Offener Brief/Text:

Für das Menschenrecht auf elterliche Erziehung zur religiösen Identität


Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung, sehr geehrte Bundestagsabgeordnete,

im Zuge der Forderung nach einer „Versachlichung“ der Diskussion um die Beschneidung benennen die Unterzeichner eines offenen Briefes an Sie in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 21. Juli 2012 als Kernpunkt der Debatte eine „Abwägung der Grundrechte auf Religionsfreiheit von Erwachsenen mit dem Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit und sexuelle Selbstbestimmung sowie die Achtung seiner Würde“. Diese und ähnliche Beschreibungen in der gegenwärtigen Debatte kommen einer Diffamierung der jüdischen und muslimischen Religionsgemeinschaften gleich. Die Beschneidung ist kein Instrument der Eltern zur sexuellen Unterdrückung, Entwürdigung oder Verstümmelung ihrer eigenen Söhne, sondern ein Akt, der die Körper der Jungen vollständig werden lässt: Sie werden durch eine Beschneidung zu einem selbstverständlichen Teil ihrer Religionsgemeinschaften, ebenso wie sie selbstverständlich eine Muttersprache erlernen. Nicht die Eltern, sondern eine Gesellschaft, die muslimischen und jüdischen Jungen eine solche selbstverständliche religiöse und soziale Identität verweigert, verletzt ihre Würde.

Die Verabsolutierung des kindlichen Rechts auf körperliche Unversehrtheit bedeutet, dass Normativität nur den unbeschnittenen Körpern der Mehrheitsgesellschaft zugestanden wird; nur sie haben eine selbstverständliche und „natürliche“ Existenzberechtigung. Im Sinne der Religionsfreiheit soll sich ein Mensch daher zwar im Erwachsenenalter frei für eine „abnorme Ausnahme“ entscheiden können, jedoch darf er diese nicht zur Normalität werden lassen – Seine Söhne sollen unbeschnitten bleiben und nicht die Religion ihrer Eltern, sondern jene der Mehrheitsgesellschaft verkörpern. Jüdischen und muslimischen Eltern wird damit nicht weniger als das Recht auf eine selbstverständliche Nachkommenschaft genommen.

Dies ist ein Eingriff in das zuvörderst den Eltern – nicht dem Staat und nicht der Mehrheitsgesellschaft – obliegende Recht und die Pflicht zur religiösen Erziehung sowie generell zur Erziehung und damit Prägung ihrer Kinder (Art. 6 Abs. 2 GG; Art. 4 Abs. 1, 2 GG; § 1 Gesetz über die religiöse Kindererziehung).

Es ist ein zentrales Anliegen des Menschenrechts auf Religionsfreiheit, nicht den Vorstellungen einer Mehrheit folgen zu müssen, sondern für sich das Recht auf ein Leben nach eigenen, dem eigenen Selbstverständnis verpflichteten religiösen Handlungen in Anspruch nehmen zu können. Hier erweist sich der Grundrechtsschutz in seiner zentralen Funktion als Schutz der Minderheit.

Mit dem rigorosen Schutz der körperlichen Unversehrtheit des Kindes und seiner Religionsfreiheit werden aus Grundrechten des Kindes im Sinne von Abwehrrechten gegenüber dem Staat, die es bis zu seiner Mündigkeit durch seine Eltern wahrnimmt (vgl. §§ 1, 5 Gesetz über die religiöse Kindererziehung), Abwehrrechte gegen Private, namentlich gegen seine eigenen Eltern. Damit kommt der Staat seiner grundgesetzlichen Pflicht zum besonderen Schutz der Familie nicht nach (Art. 6 Abs. 1 GG).

In der öffentlichen Diskussion wird immer wieder betont, dass die Bedürfnisse und Traditionen der beteiligten Religionsgemeinschaften berücksichtigt werden sollen. Diese Berücksichtigung soll allerdings nach den Vorgaben der Mehrheitsgesellschaft erfolgen. Geschützt wird in einer solchen Gesellschaft nicht „jüdisches und islamisches Leben im Rahmen der deutschen Rechtsordnung“ – geschützt wird der Traum von einem Land, in dem ausschließlich die Deutungsmuster und Körper der Mehrheitsgesellschaft existieren können.

Wir, die Unterzeichner, bitten Sie, den „Kinderschutzgedanken und die Bedürfnisse der betroffenen Kinder zur Grundlage Ihrer Entscheidungsfindung zu machen“ und sich „eindeutig auf der Seite des Kindes zu positionieren“: Jüdische und muslimische Jungen haben das Recht, in einer offenen und pluralistischen Gesellschaft aufzuwachsen, einer Gesellschaft, die ihre Identität nicht kriminalisiert, sondern sie als gleichberechtigt und gleichwertig anerkennt.

Weblinks

Presse

  • Elke Wittich: Erklären und verlinken. Eine Facebook-Gruppe kämpft um Versachlichung der Beschneidungsdebatte. In: Jüdische Allgemeine vom 16. August 2012. Tamara Guggenheim "Die Religionslehrerin der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf wurde aktiv – und gründete die Facebook-Gruppe »Für Elternrecht und Religionsfreiheit«. Sie habe »mit der Ohnmacht, die ich empfand, nicht allein sein wollen«, und das Ziel verfolgt, »zusammen mit anderen nach Lösungen zu suchen«". Bis Dienstag, den 14. August 2012, hatte die Gruppe schon 1066 Mitglieder. Im Offenen Brief wird das "Argument des Kindesmissbrauchs widerlegt".

Wo ist der offene Brief zu finden

Fußnoten

Dieser Artikel / Artikelstub / diese Liste wurde in Jewiki verfasst und steht unter der Lizenz Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. Hauptautor des Artikels (siehe Autorenliste) war Christhard Laepple. Weitere Artikel, an denen dieser Autor / diese Autorin maßgeblich beteiligt war: 1 Artikel (davon 1 in Jewiki angelegt und 0 aus Wikipedia übernommen). Bitte beachten Sie die Hinweise auf der Seite Jewiki:Statistik.