Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Synagoge Levetzowstraße

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Synagoge Levetzowstraße ca. 1916
Relief der Synagoge

Die Synagoge Levetzowstraße (auch Synagoge Tiergarten) war eine Synagoge der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, im Bereich des heutigen Ortsteils Moabit im Bezirk Tiergarten. Die 1914 eingeweihte Synagoge befand sich in der Levetzowstraße 7–8. Sie wurde während der Novemberpogrome 1938 beschädigt und diente von 1941 bis 1942 als Sammelstelle für Deportationen.

Geschichte

Auf Grund der wachsenden Bevölkerungszahl um die Wende zum 20. Jahrhundert entschloss sich die Jüdische Gemeinde zu Berlin mehrere Synagogen errichten zu lassen. So entstanden die Liberale „Hinterhofsynagoge“ in der Lützowstraße (eingeweiht 1898), die Synagoge Rykestraße (eingeweiht 1904), die Synagoge Pestalozzistraße (eingeweiht 1912 als Privatsynagoge, ab 1915 offizielle Synagoge der jüdischen Gemeinde), die Synagoge Fasanenstraße (eingeweiht 1912) und schließlich die Synagoge in der Levetzowstraße (eingeweiht 1914).

Die Synagoge Levetzowstraße entstand nach Plänen des Architekten Johann Hoeniger, ab 1881 Gemeindebaumeister der Jüdischen Gemeinde, und der bereits für den Synagogenbau in der Rykestraße und der Fasanenstraße verantwortlich war.[1] Er starb 1913 noch vor Vollendung des Baus. Die neue Synagoge wurde 1914 eingeweiht und entwickelte sich schnell zum Anlaufpunkt für die wachsende jüdische Bevölkerung in Moabit und dem angrenzenden Hansaviertel. An die Synagoge schlossen sich auch ein Gemeindezentrum mit einer Religionsschule sowie einige Gemeindewohnungen an. Die Synagoge war mit ihren 2000 Sitzplätzen eines der größten Gotteshäuser der Stadt. Bis zum Oktober 1941 wurden hier Gottesdienste abgehalten.

Während der Novemberpogrome 1938 wurde die Synagoge in der Levetzowstraße beschädigt, konnte aber noch weiter für Gottesdienste und die Gemeindearbeit genutzt werden. Im Oktober 1941 wurde der Vorstand der Jüdischen Gemeinde vom Judenreferat der Gestapo-Leitstelle über den bevorstehenden Beginn der Deportationen unterrichtet und angewiesen die Synagoge zum Sammellager für etwa 1000 Menschen umzugestalten. Im Hauptraum wurde hierzu die Bestuhlung entfernt und dieser mit Stroh ausgestreut um als Nachtlager zu dienen. Die Gestapo tarnte die ersten Transporte als Wohnungsräumaktion; entsprechend bezeichnete sie die ehemalige Synagoge in der Levetzowstraße gegenüber der Jüdischen Gemeinde zunächst als Notunterkunft und nicht als Sammellager. Die Synagoge wurde wahrscheinlich ausgewählt, da sie nur gering beschädigt war und ca. 2000 Personen unterbringen konnte.

Um den reibungslosen Ablauf der Deportationen zu ermöglichen, wurden die Mitarbeiter der jüdischen Gemeinde dazu gezwungen, die Transportlisten zusammenzustellen und in der Sammelstelle bei der Aufnahme der Vermögensverhältnisse und dem Ausfüllen der Listen mitzuhelfen. Zudem oblag die Versorgung und Betreuung der zur Deportation vorgesehenen Menschen allein der jüdischen Gemeinde.[2]

Vom 1. „Osttransport“ am 18. Oktober 1941 bis zum 22. „Osttransport“ am 26. Oktober 1942 erfolgte hier die Zusammenstellung der Transporte von Berliner Juden in die Ghettos in Mittelosteuropa. Die Opfer wurden von Polizisten der Gestapo-Leitstelle und der Kriminalpolizei in die ehemalige Synagoge gebracht und nach ein paar Tagen Aufenthalt über den Bahnhof Grunewald bzw. den Güterbahnhof Moabit deportiert. Da zwischen den einzelnen Transporten oft große Zeiträume verstrichen, diente die Levetzowstraße nicht durchgängig als Sammellager. Einen permanenten Lagerleiter der Gestapo (wie später etwa in der Großen Hamburger Straße) gab es hier ebenso wenig wie eine jüdische Lagerleitung; gleichwohl hatten Mitarbeiter der Jüdischen Gemeinde als „Ordner“ die Opfer zu betreuen und sie beim Tragen ihres Gepäcks zu unterstützen.[3]

Die Synagoge Levetzowstraße wurde bis zum Herbst 1942 als Sammellager genutzt und anschließend durch das geräumte Altersheim der Jüdischen Gemeinde in der Großen Hamburger Straße 26 ersetzt.

Nach 1945

Gedenktafel von 1960
Mahnmal Flammenwand Levetzowstraße

Durch die Luftangriffe der Alliierten auf Berlin wurde die Synagoge weiter beschädigt und 1955 abgerissen. Das Land Berlin kaufte das Grundstück 1956 von der Rechtsnachfolgerin auf und ließ einen Kinderspielplatz auf dem ehemaligen Synagogengelände errichten. An der Ecke Levetzowstraße/Jagowstraße wurde 1960 eine Gedenktafel angebracht, die an das Leid der jüdischen Menschen erinnert, die von hier in den Tod deportiert wurden.

1985 wurde der Entwurf für das „Mahnmal Flammenwand“ an der Stelle der ehemaligen Synagoge von Jürgen Wenzel, Peter Herbich und Theseus Bappert umgesetzt. Sie gestalteten eine Rampe und einen Waggon mit Figurationen, die in Eisen geschnürte „Menschenpakete“ abstrakt darstellen. Zusätzlich wurde ein gusseisernes Relief, welches alle 36 Berliner Vereins- und Gemeindesynagogen zeigt, angebracht. Dies soll an die Zerstörung der vielfältigen jüdischen Kultur in Berlin erinnern. Die dahinter in den Himmel ragende Schrifttafel, auf der alle Osttransporte verzeichnet sind, die ab Oktober 1941 bis März/April 1945 von Berlin abgingen, gedenkt der Deportierten.

Seit 1990 findet jedes Jahr am 9. November eine Gedenkveranstaltung an dem Mahnmal statt, bei der auch jüdische Zeitzeugen über ihr Leben und Leiden unter der nationalsozialistischen Herrschaft berichten.[2]

Literatur

  • Philipp Dinkelaker, Das Sammellager in der Berliner Synagoge Levetzowstraße im Rahmen der „Judendeportationen“; Magisterarbeit an der TU-Berlin, Veröffentlichung demnächst
  • Zur Errichtung und zur Geschichte der Synagoge in der Levetzowstraße vgl. Birgit Jerke, Die Synagoge Levetzowstraße als Sammellager, in: Hermann Simon/Stiftung Neue Synagoge (Hrsg.), Erbe und Auftrag. Eine Ausstellung aus Anlaß des 325jährigen Bestehens der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Berlin 1996, S. 44–47, hier S. 44.
  • [1] Akim Jah: Berliner Sammellager im Kontext der „Judendeportationen“ 1941–1945 Eine überarbeitete Version des gleichnamigen Beitrags in der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Nr. 3/2013, S. 211-231

Weblinks

 Commons: Synagoge Levetzowstraße (Berlin-Moabit) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bildindex der Kunst und Architektur abgerufen am 30. Dezember 2015
  2. 2,0 2,1 Berlin-Minsk Anja Reuss Synagoge Levetzowstraße 7/8 abgerufen am 30. Dezember 2015
  3. Orte jüdischen Lebens Beuth-Hochschule abgerufen am 30. Dezember 2015
52.52124413.333412
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Synagoge Levetzowstraße aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.