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Passionsspiel

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Dieser Artikel beschreibt christliche Passionsspiele. Zu ähnlichen islamischen Spielen, siehe Artikel Schiitische Passionsspiele.
Passionsspiel in der Via Dolorosa, Jerusalem, 2005

Als Passionsspiel werden christliche geistliche Dramen um die Passion, das Leiden und Sterben Jesu von Nazaret bezeichnet. Karfreitagsspiele, Passionsspiele und die sich thematisch häufig überschneidenden Osterspiele waren im Mittelalter und in der frühen Neuzeit in ganz Europa verbreitet. Sie sind oft als vielstündige oder mehrtägige Aufführungen unter Mitwirkung von zahlreichen Schauspielern angelegt. Noch heute werden Passionsspiele vor allem in den katholisch geprägten Regionen Bayerns und Österreichs aufgeführt. Die bekanntesten Passionsspiele finden seit dem 17. Jahrhundert in ununterbrochener Tradition in Oberammergau statt.

Geschichte

Station des "Via Crucis Vivent" in Sant Hilari Sacalm (Katalonien)
Via Crucis Saarlouis 2005
Passionsspiel in Ołtarzew, Polen

Christliche Passionsspiele, eine unter den dramatischen Aufführungen des Mittelalters besonders häufig vertretene Art der geistlichen Spiele, welche ursprünglich wohl überall am Karfreitag aufgeführt wurden und sich aus der Karfreitagsfeier selbst und aus den mimischen Darstellungen, die bei derselben in vielen Kirchen stattfinden, entwickelt hatten.

Sämtliche Passionsspiele haben das Leiden und den Tod des Erlösers zur Haupthandlung, und schon hieraus und aus dem engen Anschluss an die Erzählung der Evangelien ging ein im ganzen wesentlich epischer Charakter der Spiele hervor. Derselbe wurde dadurch verstärkt, dass der eigentlichen Darstellung der Passion meist die Vorführung anderer Episoden der heiligen Geschichte voranging (man begann gelegentlich mit der Schöpfung) und sich die ursprünglich älteren Osterspiele, welche die Szenen der Auferstehung zur Darstellung brachten, naturgemäß an die Kreuzigung und Grablegung Christi anreihten (weshalb die Passions- und Osterspiele meistenteils zusammen und oft an mehreren aufeinander folgenden Tagen aufgeführt wurden).

Wie weit die Ausführung eigentlicher Passionsspiele zurückreicht, ist nicht genau festzustellen; die Aufzeichnung auch nur der Szenarien und der in die Spiele verwobenen Gesänge erfolgte erst, als dieselben längst üblich waren. In Frankreich führten sie den Namen Mysterienspiel, der auch, nach Deutschland übergehend, wesentlich nur den Spielen zugeteilt wurde, welche die Leidens- und Auferstehungsgeschichte des Heilands zum Gegenstand hatten, während die dramatische Vorführung von Legendenstoffen mit dem Namen Mirakel belegt wurde.

In deutschen Handschriften des 13. Jahrhunderts sind zwei Passionsspiele bruchstückweise erhalten, von denen das erste, mit hauptsächlich lateinischem Text („Ludus paschalis sive de passione Domini“, hrsg. von Hoffmann in Fundgruben, Bd. 2, S. 245 ff., und von Schmeller in den Carmina Burana), einzelne deutsche Strophen enthält, während das andre, von einem höfisch gebildeten Dichter herstammend, ganz in deutscher Sprache und in den Kunstformen des 13. Jahrhunderts gehalten ist.

Zu den späteren Niederschriften, die aber meist auf einen älteren Ursprung zurückweisen, gehören: das „Frankfurter Passionsspiel“ (von dem ein Szenarium in einer alten Pergamentrolle der Bartholomäusstiftsschule zu Frankfurt am Main erhalten blieb), das „Alsfelder Passionsspiel“ (hrsg. von Grein, Kassel 1874), das „Heidelberger Passionsspiel“ (hrsg. von Gustav Milchsack, Tübingen 1880), das „Donaueschinger Passionsspiel“ (gedruckt in Mones Schauspiele des Mittelalters, Karlsruhe 1846), das „Freiburger Passionsspiel“ (hrsg. von Martin, Freiburg 1872), das „Bozner Passionsspiel“ (hrsg. von J. E. Wackernell, Graz 1897), die niederdeutsche Marienklage (hrsg. von O. Schönemann, Hannover 1855) und das Redentiner Osterspiel u. a. Sie alle legen Zeugnis für die typische Gleichartigkeit und Ähnlichkeit der Passionsspiele ab.

Sie sind sämtlich melodramatisch behandelt; die Reden wechseln mit gesungenen Stellen (in denen sich die lateinischen Kirchenhymnen am längsten innerhalb des Rahmens der Passionsspiele erhielten) und nehmen in den Gang der Handlung possenhafte und komische Episoden auf, zu denen das Leben der Maria Magdalena vor ihrer Bekehrung, die Höllenfahrt Christi, der Einkauf der Salben und Spezereien durch die drei Marien vor dem Besuch des Heiligen Grabes die szenischen Anlässe bilden. Simon von Cyrene half Jesus am letzten Abschnitt das Kreuz zu tragen. Besonders ausgeformt sind die Passionsprozession von Škofja Loka in Slowenien aus dem Jahre 1721, die 1999 und 2000 wieder belebt wurde und auf das einzig erhaltene europäische Regiebuch aus dem Barock zurückgeht und zahlreiche allegorische Figuren aufweist. Die vorwiegend pantomimische Darstellung des Kreuzziehens in Tresdorf im Mölltal in Kärnten, Österreich, wird alljährlich am Gründonnerstag und Karfreitag in alten Kostümen aufgeführt. Vom ebenfalls nicht kommerzialisierten Christi-Leiden-Spiel, in dem in Wien Luzifer und andere Teufel auftreten, bzw. in Kärnten noch andere allegorische Figuren hinzukommen, wie z. B. der Hirte und der Tod, sind Textvorlagen zum Metnitzer Spiel des Silvester Wietinger aus den Jahren 1911 bzw. 1916 u. a. deutsche Spieltexte erhalten. Slowenische Texte sind entweder Kopien der Köstenberger Passionskomödie des Andreas Schuster, die Textvorlage zum dreiteiligen Eisenkappeler Spiel oder das Textbuch des Edmund Müller zur St. Stefaner Passion 1931.

Nach der Reformation warfen sich die protestantischen Dramendichter überwiegend auf biblische Stoffe des Alten Testaments, die sich in moralisierendem Sinn behandeln ließen, und bildeten die Passionsspiele zu Moralitäten aus. In den katholisch bleibenden Teilen Deutschlands, namentlich in den Bayerischen, Tiroler und Salzburger Alpen, bestanden dieselben jedoch fort, teils in der vollen mittelalterlichen Naivität, teils in einer tendenziösen Umarbeitung und Zurichtung, welche besonders die Jesuiten und die von ihnen ausgebildeten Geistlichen vornahmen. Aber auch für die katholischen Landesteile ist ein Passionsspiel mit Themen aus dem alten Testament belegt: das Passionsspiel von Perchtoldsdorf mit dem Stoffkreis um den verstoßenen Ismael (1. Buch Moses, 21. Kapitel, Verse 9 ff.).[1]

Diejenigen der älteren Spiele, welche sich bis ins 18. Jahrhundert hinein behauptet hatten, fielen der überall eindringenden Aufklärung allmählich zum Opfer. Unter Karl Theodor und König Max Joseph I. wurden selbst in Bayern die Passionsaufführungen untersagt und eine Ausnahme nur mit dem Waaler Passionsspiel und dem Oberammergauer Passionsspiel gemacht.

Besonders in Kritik geraten sind die Passionsspiele auf den Philippinen, da sich dort manche Teilnehmer für kurze Zeit tatsächlich kreuzigen lassen, was immer wieder zu Verletzungen, Wundinfektionen und Krankenhausbehandlung führt.

Passionsspielorte

Via Crucis 2005 in Saarlouis

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Otto Gerhard Schindler: Die Libretto-Sammlung des Stiftes Klosterneuburg. In: Max Kratochwill (Schriftleitung): Jahrbuch des Vereines für Geschichte der Stadt Wien. Band 23/25. Jahrgänge 1967/69. Verlag Ferdinand Berger & Söhne, Horn. Seite 184.
  2. Anfang der neuzeitlichen Passionsspiele in Hořice na Šumavě abgerufen am 24. April 2011

Literatur

  • Joseph E. Wackernell (Hg.): Altdeutsche Passionsspiele aus Tirol. Mit Abhandlungen über ihre Entwicklung, Composition, Quellen, Aufführungen und literarhistorische Stellung (Quellen und Forschungen zur Geschichte, Litteratur und Sprache Österreichs und seiner Kronländer I), Graz 1897.
  • Otto Gerhard Schindler: Über spätbarockes Christi-Leiden-Spiel im Viertel unter dem Wienerwald. In: Unsere Heimat. Monatsblatt des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. 38. Jahrgang. Wien 1967, Heft 10/12, S. 225 ff.
  • Otto Gerhard Schindler: Barockes Volksschauspiel in Perchtoldsdorf. Fragmente eines spätbarocken Passionsspieles aus dem niederösterreichischen Markt. Wien 1969. Österreichische Zeitschrift für Volkskunde Nr. 23/72. S. 73-115.
  • Bernd Neumann, Hannes Obermair: Tiroler Spiele. In: Wilhelm Kühlmann et al. (Hg.): Killy Literaturlexikon, Bd. 11, Berlin-New York: Walter De Gruyter 2011, S. 546–548.
  • Norbert Richard Wolf: Bozner Passionsspiel. In: Verfasserlexikon, 2. Aufl., Bd. 1 (1978), Sp. 979-982.
  • Luise Maria Ruhdorfer: Das Passionsspiel "Terplenje in smrt Jezusa Kristusa" [= Das Leiden und der Tod Jesu Christi], St. Stefan bei Finkenstein, 1931. Klagenfurt: Hermagoras Verlag, 2007, ISBN 978-3-7086-0247-9. Nähere Angaben und PS-Textauszug in Deutsch: [1]
  • Diane Dingeldein: Das Bensheimer Passionsspiel. Studien zu einem italienisch-deutschen Kulturtransfer. (Mainzer Beiträge zur Kulturanthropologie/Volkskunde Bd. 7). Waxmann, Münster/ New York/ München/ Berlin 2013. ISBN 978-3-83-092919-2 (Google books)

Weblinks

 Wikisource: Passionsspiele – Quellen und Volltexte
 Commons: Passionsspiele – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Passionsspiel aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.