Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Pantheismus

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Ausdruck Pantheismus (von altgriechisch πᾶν pān „alles“ sowie θεός theós „Gott“)[1] bezeichnet die Auffassung, Gott sei eins mit dem Kosmos und der Natur, und damit auch im Inneren des Menschen zu finden.

Zum Begriff

Der Begriff entstand in der Zeit der Aufklärung und geht auf den britischen Philosophen John Toland zurück, der ihn 1709 als Ausdruck seiner religiösen Überzeugung schuf. Er postulierte, "es gebe kein von der Materie und diesem Weltgebäude unterschiedenes göttliches Wesen, und die Natur selbst, d.i. die Gesamtheit der Dinge, sei der einzige und höchste Gott"[2]. 1720 schrieb er sein Werk Pantheisticon, in dem er Ideen aus der Orphik mit solchen des Hylozoismus kombinierte.

In der zweiten Hälfte des 18. Jh. wurden "Spinozismus" und "Pantheismus" oft synonym gebraucht, denn Baruch Spinoza hatte eine Gleichsetzung von Gott und Natur ("Deus sive natura", "Gott bzw. Natur") vertreten. In den Pantheismusstreit, der von Friedrich Heinrich Jacobi 1785[3] mit seiner These der Übereinstimmung von Pantheismus und Atheismus ausging, waren als seine Kontrahenten berühmte Aufklärer wie Gotthold Ephraim Lessing, Moses Mendelssohn, Johann Gottfried Herder und Immanuel Kant verwickelt.

Monotheistische Denker, die an einen persönlichen Gott glaubten, wandten die Zuschreibung Pantheist polemisch gegen Autoren, die den von ihnen postulierten Unterschied zwischen Gott und der Welt bzw. der Natur nicht hinreichend betonten. Sie bezeichneten alle Schriftsteller und Gelehrten, die von Spinoza beeinflusst waren, abwertend als "Pantheisten", so etwa Johann Wolfgang Goethe und zahlreiche Vertreter der Romantik und des Biedermeier.

Jean Guitton (1901-1999) schrieb, jeder Atheismus sei eine Form von Pantheismus, da der Gottesbegriff irgendwie in die Welt hinein gelegt werde. Laut Geo Widengren[4] entwickelt sich aus dem Pantheismus der Polytheismus.

Pantheistische Denkweisen

Bereits in der Antike entwickelten die Vorsokratiker eine Naturphilosophie, die auch Seele und Göttliches miteinbezog. Auch Platons Kosmologie der Weltseele hat pantheistische Züge. Sein Nachfolger Plotin betonte das All-Eine und war damit ein direkter Vorgänger der Pantheisten. Die Stoiker betrachteten den Logos als universelles Vernunftprinzip, das Göttliche, welches auch in jedem Menschen war. Im Mittelalter gab es, anknüpfend an Plotin, vereinzelt pantheistische Tendenzen, z.B. bei Nicolaus Cusanus. In der frühen Neuzeit betrachtete Giordano Bruno das Göttliche als Teil des ewigen Kosmos, wobei sich Göttlichkeit in allen Dingen offenbare.

Pantheismus in der Gegenwart

Im 20. Jahrhundert gehörten Frank Lloyd Wright und Arnold Toynbee zu den Vertretern des Pantheismus. Albert Einstein ("Gott würfelt nicht") stand dem pantheistischen Denken nahe, hat sich selbst aber überwiegend als konfessionslos bezeichnet und sich inhaltlich explizit auf Spinozas Gottesvorstellung bezogen.[5] Mit dem wachsenden Bewusstsein für Umweltproblematiken im späten 20. Jhd. erstarkte der Pantheismus, unter anderem auch als Alternative zu Christentum und reinem Atheismus [6].

Zu Beginn des 21. Jhd beschrieb Richard Dawkins ("The God Delusion") Pantheismus als aufgepeppten Atheismus ("sexed-up Atheism")[7].

Theologische Kritik am Pantheismus

Jean-François Leriget de La Faye (1674–1731) verfasste 1709 eine Streitschrift gegen den Pantheismus Tolands. Auch Gottfried Wilhelm Leibniz kritisierte Toland und seinen "Pantheismus", da er über die Welt rede wie über Gott.

Arthur Schopenhauer (1788–1860) kritisierte "Pantheismus" als "Euphemie für Atheismus": "Ein unpersönlicher Gott ist gar kein Gott, sondern bloß ein missbrauchtes Wort"[8].

Während der traditionelle Gottesbegriff im Theismus von einer völligen Unterschiedenheit von Gott und Welt ausgeht, glaubt der Pantheismus, die Welt mit Gott identifizieren zu können. Dagegen halten christliche Theologen daran fest, dass weder die Welt mit Gott noch Gott mit der Welt identifiziert werden könne. Wenn Gott im "Endlichen" gründe, werde die Transzendenz Gottes – ein nach christlicher Überzeugung wesentliches Kennzeichen – aufgehoben.[9][10]

Für die katholische Kirche entschied das 1. Vatikanische Konzil 1870, dass man Gott "als wirklich und wesentlich von der Welt verschieden verkünden" müsse ("praedicandus est re et essentia a mundo distinctus", DS 3001) .[11]

Im Januar 2010 kritisierte der Vatikan den Pantheismus aufgrund dessen Verneinung einer menschlichen Überlegenheit über die Natur und warf Pantheisten vor, die Erlösung in der Natur und nicht in Gott zu suchen [12].

Literatur

  • B. Gladigow: Pantheismus und Naturmystik, in: Rüdiger Bubner u.a. (Hgg.): Die Trennung von Natur und Geist, München 1990, S. 119–143.
  • H. Scholz: Zur ältesten Begriffsgeschichte von Deismus und Pantheismus, in: Preußisches Jahrbuch 142 (1910), S. 318–325.

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. München/Wien 1965.
  2. J. Toland: Adeisidaemon, ... Annexae sunt ejusdem Origines Judaicae, Den Haag 1709, S. 117: "nullum dari Numen a materia & compage mundi hujus distinctum, ipsamque naturam, sive rerum Universitatem, unicum esse & supremum Deum". Hier zit. n. W. Schröder: Art. Pantheismus, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie Bd. 7, S. 59-63, hier S. 59.
  3. Über die Lehre des Spinoza in Briefen an den Herrn Moses Mendelssohn. Breslau 1785 (2., erweiterte Auflage 1789, 3., abermals erweiterte Auflage 1819)
  4. Religionsphänomenologie de Gruyter Berlin 1969 S. 113
  5. „Gott würfelt nicht“. Auf: SWR 2 Wissen, Januar 2001
  6. Paul Harrison, Elements of Pantheism, 1999
  7. The God Delusion. Boston: Houghton Mifflin. 2006.
  8. Parerga und Paralipomena I, 1. Teilband (S. 131 im Diogenes-Taschenbuch)
  9. Peter Knauer: Der Glaube kommt vom Hören. Ökumenische Fundamentaltheologie, Styria, Graz - Wien - Köln 1978, S. 49f
  10. Karl Rahner/Herbert Vorgrimler: Kleines theologisches Wörterbuch, Herder, Freiburg/Br., 1961, S. 275f
  11. Josef Neuner/ Heinrich Roos: Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung, Pustet, Regensburg 1965, S. 127
  12. Botschaft Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. zur Feier des Weltfriedenstages 2010, Abs. 13

Weblinks

Wiktionary: Pantheismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Pantheismus aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.