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Nazarener (Religion)

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Nazarener bzw. Nazoräer ist ein neutestamentliches Synonym und oft verwendeter Beiname des Jesus von Nazaret und der Name religiöser, zumeist christlicher Gruppen.

Zwischen den beiden Formen des Wortes wird in den etlichen Übersetzungen der christlichen Bibel und vielfach auch in christlicher Literatur und dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht unterschieden, wobei „Nazarener“ die in den westeuropäischen Sprachen am häufigsten vorkommende Form ist.

Nazoräer als Bezeichnung religiöser Angehörigkeit

Im ersten Jahrhundert

Im Neuen Testament werden die Nachfolger des Jesus von Nazaret dreimal Christianoi („Christen“) genannt, laut Apg 11,26 EU zuerst in Antiochia.[1] Das Wort Nazoraioi („Nazoräer“) wird nur einmal verwendet. In Apg 24,5 Elb überliefert der neutestamentliche Autor, dass jüdische Führungskreise aus Jerusalem den hellenistischen Judenchristen Paulus von Tarsus verklagten. Der Kläger Tertullus beschimpft hier den Paulus als einen Anführer der Nazoräer, der unter den Juden Unruhe stifte:

„Denn wir haben diesen Mann als eine Pest befunden und als einen, der unter allen Juden, die auf dem Erdkreis sind, Aufruhr erregt, und als einen Anführer der ‚Sekte der Nazoräer‘ (Apg 24,5 Elb)“.

Nazarener im jüdischen Gebrauch

Die antiochische-heidnische Bezeichnung, und später christliche Selbstbezeichnung, Christianoi war natürlich problematisch für Juden, die Jesus als ho Christos nicht benennen konnten. Tertullian spricht von einer ständigen Gewohnheit der Juden, Christen als „Nazarener“ zu bezeichnen.[2][3] Dies wird durch Eusebius bestätigt.[4] In hebräischer Sprache wurde Nazoräer (נצרים nōṣrīm) noch heute die geläufige Bezeichnung von Christen und Jesu selbst.[5] In dem hebräischen Neuen Testament von Franz Delitszch aber steht für Christianoi Apg 11,26 Elb dass die Jünger zuerst als „Messianische“, (משיחיים meschijkhijjim) in Antiochia genannt wurden.

Nazarener in der patristischen Verwendung

Um 395 Hieronymus zitiert aus einen Nazarenerevangelium gesandet von "Nazarener" in Berea in Syrien. Epiphanius von Salamis versucht, nicht-häretisch betrachtete nasaraioi aus häretisch betrachtete nazoraioi, oder Ebioniten zu unterscheiden.[6] Die einzige Erwähnung einer religiösen Sekte, die diesen Namen (als Νασαραῖοι Nasaraioi) in vorchristlicher Zeit getragen haben soll, befindet sich in Epiphanius (Haereses XVIII): Es habe es sich um eine jüdische Gruppe gehandelt, aus denen später die Mandäer hervorgegangen sein sollen.[6]

In der arabischen Welt

Zudem ist năṣrajāʿ bis heute die Bezeichnung der Christen im Koran und in dem arabischen Sprachgebrauch belegt (نَصْرانِىّ naṣrānīj, pl.: نَصارَى naṣārā, Sure 2,110 f. u. a.; نَصْرَانيًّا naṣrānīyan, Sure 3,67). In der Haran Gawaitha ist Nazoräer auch als Bezeichnung der Mandäer überliefert worden. Unter den syrischen und arabischen Christen wird die Selbstbezeichnung massijanij (مسيحي) verwendet.

Seit dem 18. Jahrhundert, von Freikirchen

Der Name Nazarener wird in neuester Zeit auch von evangelikalen Freikirchen verwendet.

Begriffe: Nazarener, Nazoräer, Nazara, Nazaret

Insbesondere im angelsächsischen Sprachraum wird von Bibelübersetzern häufig der Begriff Nazarener (engl. Nazarene) verwendet, unabhängig davon, ob in den griechischen Texten Nazoräer (griech. Ναζωραῖος) oder Nazarener (griech. Ναζαρηνός) geschrieben steht. Diese Übersetzungspraxis betrifft sowohl biblische als auch kirchengeschichtliche Texte. Wortgetreue Übersetzungen unterscheiden dagegen zwischen den beiden Formen des Namens.

Vorkommen der Begriffe in der Bibel

Nach dem etablierten Text des Novum Testamentum Graece kommt im gesamten Neuen Testament der Begriff Nazarener sechsmal und Nazoräer dreizehnmal vor – davon siebenmal in der Apostelgeschichte. Mit der einzigen Ausnahme von Apg 24,5 EU, wo als Nazoräer die Anhänger Jesu bezeichnet werden, wird das Wort immer als Attribut für Jesus verwendet. Im Matthäus- und Johannesevangelium wird nur der Begriff Nazoräer benutzt. Die Bezeichnung Nazarener wird ausschließlich im Markus- und im Lukasevangelium verwendet (Mk 1,24 EU par.: Lk 4,34 EU; Mk 10,47 EU; Mk 14,62 EU; Mk 14,62 EU vgl. Lk 24,19 EU). Andererseits wird der Begriff Nazoräer im Markusevangelium nie verwendet. Markus betont wahrscheinlich bewusst die Herkunft Jesu aus dem Hause Davids (der Spross Isais) gemäß Jes 11,1-10 Elb. Jesus wird denn auch des Öfteren als Sohn Davids angesprochen (Mk 10,47 Elbf; Mk 11,10 Elb; Mk 12,35 Elb.

Der Name der Stadt, in der Jesus aufgewachsen sei, wird im Neuen Testament zweimal – in Mt 4,13 EU und in der Parallelstelle Lk 4,16 EU[7] – als Nazara (Ναζαρά) angegeben. An beiden Stellen ist dies der Name der Ortschaft, die zuerst in den Berichten vom Wirken Jesu genannt wird. Auch Origenes verwendet in Anlehnung an das Matthäus- und Lukasevangelium den Namen Nazara.[8] An allen anderen Stellen wird der Name der Ortschaft als Nazaret (Ναζαρέτ oder Ναζαρέθ[9]) angegeben. Hierbei wird im Allgemeinen angenommen, dass Naz(a)rā mit der hebräischen Hauptform des Namens נַצְרַת (naṣrat) in Zusammenhang stehe und dass der Name der Stadt mehrere Nebenformen – unter anderen נָצֶרֶת (nāṣæræt) – gehabt habe.[10]

Etymologie der Begriffe

Die etymologische Ableitung der Begriffe Nazarener und Nazoräer wird in der Literatur in unterschiedlicher Weise begründet und ist noch nicht vollständig geklärt. Zwei hebräische Grundbegriffe gelten als Ausgangspunkt: Das hebräische Verb nāṣar (hebr. נצר) und das aus dieser Wurzel gebildete Nomen næṣær (hebr. נֵצֶר), das im Konsonantenbestand identisch ist mit dem Verb.

Das hebräische Verb nāṣar bedeutet „beobachten“, „bewachen, hüten“. Dem entspricht die hebräische Bezeichnung nōṣrī (hebr. נצרי) („Wächter“, „Hüter, Bewahrer“) und mit der gleichen Bedeutung das aramäische natsaraya.

Der hebräische Ausdruck næṣær bedeutet „Spross, Trieb, Schössling“ und wird gelegentlich als messianischer Begriff verwendet (so in Jes 11,1 EU; 4QIs 3,15 ff.). Viel häufiger begegnet in dieser Verwendung das gleichbedeutende צֶמַח ṣæmaḥ.[11] Nach einigen Interpreten sei aus dem Namen næṣær und seinem Bezug zur messianischen Prophezeiung in Jes 11,1 auch der Name der Stadt Nazaret zu erklären, die im 2. Jahrhundert vor Chr. durch Mitglieder der davidischen Familie (neu) gegründet worden sei.[12]

Es fällt außerdem auf, dass die Orts- bzw. Herkunftsbezeichnungen Nazaret, Nazara, Nazoräer und Nazarener alle auf den Wortstamm der hebräischen Begriffe nāṣar und næṣær zurückgeführt werden können. Diese Ähnlichkeit der Begriffe ermöglicht Wortspiele (wie z.B. in Mt 2,23 Elb), die auch sonst vielfach aus der biblischen und rabbinisch-jüdischen Tradition bekannt sind.

Einzelne Autoren haben auch eine Verbindung zum Begriff Nasiräer (hebr. נָזִיר, nāzīr) in Erwägung gezogen. Ein Nasiräer ist ein Gottgeweihter, der strenge Regeln befolgt (Ri 13,5-7 Elb). Abstinenz gehört mit dazu. Hauptsächlich aus zwei Gründen kann man die Ableitung des Wortes Nazoräer vom Begriff Nasir ausschließen: Erstens schreibt sich Nasir im Hebräischen mit Sajin, nāṣar (wachen) und næṣær (Spross) hingegen schreiben sich mit Zade. Im Griechischen werden Sajin mit Zeta und Zade mit Sigma wiedergegeben. Als Ausnahmefall werden die Begriffe Nazara, Nazarener und Nazoräer ins Griechische mit Zeta transkribiert (sie müssten eigentlich mit Sigma transkribiert werden). Zweitens stimmen die Beschreibungen Jesu in den Evangelien nicht mit den Merkmalen eines Nasirs überein.

Nazarener / Nazoräer als Bezeichnung Jesu

Nach der traditionellen Auffassung, der in der neueren Forschung vielfach gefolgt wird, sind Nazarener und Nazoräer Appositionen, die sich auf die Herkunft Jesu beziehen und damit dem Ausdruck „von bzw. aus Nazaret“ (Mt 21,11 EU; Joh 1,45 EU; Apg 10,38 EU) gleichzusetzen sind. Für die Form „Nazarener“ wird die Herleitung aus dem Ortsnamen Nazaret als gesichert betrachtet, während für „Nazoräer“ die Abstammung aus einer Nebenform naṣōr von dem gleichen Ortsnamen vorgeschlagen worden ist.[13] Ein direkter Bezug auf diese Bedeutung von Nazarener / Nazoräer wird explizit im Matthäusevangelium (2,23 EU) genommen:

Josef „ließ sich in einer Stadt namens Nazaret nieder. Denn es sollte sich erfüllen, was durch die Propheten gesagt worden ist: Er wird Nazoräer genannt werden.“

Viele Ausleger sehen in diesem Passus eine Anspielung auf Jes 11,1 EU, wo der Messias „Spross“ (nēṣer) Davids genannt wird. Es wird aber nicht ausgeschlossen, dass hier ein Verweis auf mehrere Prophezeiungen vorliegen könnte, wobei andere Stellen der Bücher Jesaia (Jes 42,6 EU; 49,6 EU; u.a.) und Jeremias (Jer 31,6f EU) herangezogen worden sind.[14]

Einer von vielen Kommentatoren vertretenen Auffassung zufolge ist es möglich, dass die Evangelien eine damals herabsetzend gemeinte Fremdbezeichnung Jesu als „Nazoraios“ umzudeuten versucht haben (z. B. in Mt 26,71 EU; Joh 19,19 EU). Dass dieser Beiname im Umfeld der Evangelisten wiederum einen Bezug auf Nazaret hatte, lege Joh 1,46 EU nahe:[15]

„Da sagte Natanaël zu ihm: ‚Aus Nazaret? Kann von dort etwas Gutes kommen?‘“

Einen ähnlichen Ansatz hatte Anfang des 20. Jahrhunderts Mark Lidzbarski vorgeschlagen. Nach Lidzbarski weise der aramäische Name נאצוראיא (naṣōraijē) eine Form auf, die sonst hauptsächlich in den Bezeichnungen für Vertreter bestimmter Lehrtätigkeiten – wie Amoräer und Saboräer für Talmudlehrer – vorkam. Erst die Evangelisten hätten ihn bewusst oder irrtümlich auf Nazaret bezogen, um den Ausdruck „Nazoraios“ zu erklären.[16]

Siehe auch

Literatur

  • Das neue Testament: Interlinearübersetzung griechisch-deutsch; griechischer Text nach der Ausgabe von Nestle-Aland; übersetzt von Ernst Dietzfelbinger. 5. korrigierte Auflage, 1994. Hänssler-Verlag, Neuhausen-Stuttgart. ISBN 3-7751-0998-6.
  • NBL: Rainer Riesner, Nazarener, Nazaret, in M. Görg, B. Lang (Hrsg.), Neues Bibel-Lexikon, Bd. 2, Benziger, Zürich: 1995, Kol. 908-912.
  • Wolfgang Wiefel: Das Evangelium nach Matthäus (Theologischer Handkommentar zum Neuen Testament; 1), EVA: Leipzig, 1998

Weblinks (englisch)

Einzelnachweise

  1. Günter-Manfred Pracher: Jeder Christ trägt ethische Verantwortung. Die Auseinandersetzung. (2009), S. 129: „Der Terminus ‚Christ sein‘ ist keine Erfindung unserer Zeit, sondern er kommt folglich ursprünglich aus Antiochia, verbreitete sich aber sehr schnell.“
  2. Die Neronische Christenverfolgung: eine kritische Untersuchung Carl Franklin Arnold - 1888 "Tertullian spricht von einer ständigen Gewohnheit der Juden, wenn er sagt (adv. Marc. IV. 8) „Nazaraeus vocari debebat, secundum prophetiam Christus creatoris; unde et ipso nomine nos Judaei Nazaraeos appellant per eum. .."
  3. Birkat haMinim: Jews and Christians in conflict in the ancient world - Page 52 Yaakov Y. Teppler, Susan Weingarten - 2007 -"This presumption is strengthened by the statement of Tertullian: The Christ of the Creator had to be called a Nazarene ... Unde et ipso nomine nos ludaei Nazarenos appellant per eum. Nam et sumus iie auibus scriptum est: Nazaraei ..."
  4. Udo Schnelle Antidoketische Christologie im Johannesevangelium p41 1987 "usquehodiein synagogis suis sub nomine Nazarenorum blasphemant populum christianum ...191; In Esaiam 5,18-19: ... in blasphemiis et ter per singulos dies in omnibus synagogis sub nomine Nazarenorum anathematizent uocabulum Christianum .
  5. Langenscheidt Handwörterbuch Hebräisch-Deutsch Langenscheidt 2004
  6. 6,0 6,1 Vgl.: R. Riesner, Nazarener, in: NBL, 909.
  7. Die Lesung Nazara bietet Papyrus P70 auch in Mt 2,23 EU.
  8. Johannes-Kommentar, Buch X (eine englische Übersetzung des Texts findet sich unter: http://www.newadvent.org/fathers/101510.htm).
  9. Für die meisten Vorkommen dieses Ortsnamens im Neuen Testament sind beide Lesungen – im Codex Alexandrinus auch Nazarat (Ναζαρατ/θ) – in verschiedenen Textzeugen zu finden.
  10. Vgl.: R. Riesner, Nazaret, in: NBL, 910.
  11. So in Jes 4,2 EU: „Spross Jahwe“; Jer 23,5 EU, 33,15 EU: „Spross Davids“; Sach 3,8 EU, Sach 6,12 EU: „Spross“ als eigentlicher Name des Messias;„Patriarchensegen“ (4QPatr.); 15. Segnung des „18-Gebets
  12. B. Pixner, Wege des Messias, Gießen: 1994 (zit. in: R. Riesner, Nazaret, NBL, 910).
  13. Vgl.: R. Riesner, Nazarener, in: NBL, 908; dort zitiert: Hans Peter Rüger, in: ZNW, 72, 1981, S. 262.
  14. Vgl.: R. Riesner, Nazarener; in: NBL, 909.
  15. W. Wiefel: Das Evangelium nach Matthäus, S. 49.
  16. M. Lidzbarski: Ginzā. Der Schatz oder Das große Buch der Mandäer; Göttingen, Leipzig: 1925; S. IX mit Anm. 2
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