Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Magisches Denken

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Magisches Denken bezeichnet in der Psychologie eine Erscheinungsform der kindlichen Entwicklung, bei der eine Person annimmt, dass ihre Gedanken, Worte oder Handlungen Einfluss auf ursächlich nicht verbundene Ereignisse nehmen, solche hervorrufen oder verhindern können. Herkömmliche Regeln von Ursache und Wirkung werden ignoriert.[1]

Anthropologisch gesehen ist magisches Denken kulturübergreifend in Magie und Religion festzustellen,[2] wobei hier keine generelle Psychopathologisierung vorgenommen wird.

Magisches Denken in Stammeskulturen

Der Anthropologe Edward Burnett Tylor prägte den Begriff „assoziatives Denken“ als eine Form des vorrationalen, magischen Denkens, das noch immer in Stammeskulturen zu beobachten ist.[3] Die Grundannahme besteht darin, dass zwei Gegenstände aufgrund ähnlicher Gestalt aufeinander Einfluss nehmen können. Zum Beispiel reiben die Azande, ein afrikanischer Stamm, Bananenstauden mit Krokodilzähnen ab, um ihre Erträge zu sichern. Da Krokodilzähne wie Bananen gekrümmt sind und nachwachsen, sobald sie ausfallen, glauben die Azande, dass die Krokodilzähne ihre positiven Eigenschaften durch Reibung auf die Stauden übertragen können.[4]

Magisches Denken im Umfeld anderer psychotischer Symptome

Im Erwachsenenalter kann Magisches Denken Teil mehrerer abgeschwächter psychotischer Symptome sein, jedoch ist nicht jede Form von magischem Denken psychotisch. In den DSM-IV-Kriterien der schizotypischen Persönlichkeitsstörung werden Beziehungsideen, eigentümliche Vorstellungen oder magisches Denken sowie ungewöhnliche Wahrnehmungserlebnisse, eine eigenartige Denk- und Sprechweise sowie paranoide Ideen genannt.[5]

Magisches Denken als Vorstufe des rationalen Denkens

Ein Teil der Entwicklungspsychologen sieht in Anlehnung an Jean Piaget („Egozentrismus“) Magisches Denken als eine archaische Denkform der animistisch-magischen Entwicklungsphase des zwei- bis fünfjährigen Kindes. Piaget spricht auch vom präoperationalen Denken des Kleinkindes.[6]

Magisches Denken als Vorstufe des rationalen Denkens, etwa in Form des Glaubens an Wirkungen von Zauberei, Beschwörungen oder Wunschdenken, tritt bei Kindern auf.[7]

Annahmen bei Magischem Denken

Thomas Grüter[8] nennt als Charakteristika magischen Denkens die (hier vereinfacht wiedergegebenen) Annahmen[9],

  • es gebe übernatürliche Fernwirkung;
  • Gegenstände könnten Eigenschaften ihrer Besitzer übertragen;
  • Dinge, die eine Eigenschaft gemeinsam haben, seien auch in Anderem ähnlich (vgl. Homöopathie);
  • man könne die Außenwelt durch Worte, Formeln, Sprüche oder bloße Gedanken beeinflussen;
  • die Zukunft sei vorhersehbar, bestimmte Dinge oder Vorgänge hätten eine Vorbedeutung, auch ohne Verbindung mit künftigen Ereignissen;
  • Symbole, zum Beispiel Amulette, hätten eine Wirkung;
  • bestimmte Menschen hätten übernatürliche Kräfte oder könnten Wesen mit solchen Kräften in ihren Dienst zwingen;
  • Geister, Götter oder Geheimgesellschaften könnten voneinander getrennte Ereignisse oder Phänomene verbinden.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Vgl. Nicolas Hoffmann, Birgit Hofmann: Expositionen bei Ängsten und Zwängen. Praxishandbuch. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Beltz, Weinheim u .a. 2008, ISBN 978-3-621-27638-2, S. 49.
  2. David Levinson, Melvin Ember (Hrsg.): Encyclopedia of Cultural Anthropology. Band 3: M – R. Holt, New York NY 1996, ISBN 0-8050-2877-3, S. 723.
  3. E. E. Evans-Pritchard: Theories of Primitive Religion. Oxford University Press, 1977, S. 26–7.
  4. E. E. Evans-Pritchard: Witchcraft, Magic, and Oracles Among the Azande. Clarendon Press, Oxford 1937.
  5. Andreas Bechdolf, Stephan Ruhrmann, Birgit Janssen, Ronald Bottlender, Michael Wagner, Kurt Maurer, Heinz Häfner, Wolfgang Maier, Joachim Klosterkötter: Prävention der Schizophrenie – Früherkennung und -intervention bei Personen mit erhöhtem Psychoserisiko. In: Psychoneuro. Band 30, Nr. 11, 2004, ISSN 1611-9991, S. 606–614, doi:10.1055/s-2004-837066.
  6. Franz Resch u. a.: Entwicklungspsychopathologie des Kindes- und Jugendalters. Ein Lehrbuch. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Beltz – Psychologie Verlags-Union, Weinheim 1999, ISBN 3-621-27319-0, S. 163, 176.
  7. Sabine Schrader, Anke Fischer (Red.): Psychologie. Allgemeine Psychologie, Entwicklungspsychologie, Sozialpsychologie. Compact-Verlag, München 2008, ISBN 978-3-8174-7811-8, S. 212. (online)
  8. Startseite von Dr. Thomas Grüter
  9. Thomas Grüter: Magisches Denken. Wie es entsteht und wie es uns beeinflusst. Scherz, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-502-15158-6, S. 31 f.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Magisches Denken aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.