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Leo Rechter

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Leo Rechter

Leo Rechter (19272021)

Leben

Bericht im tachles, 15. März 2021:

Leo Rechter verstorben

Der Kämpfer für die Rechte von Holocaust-Überlebenden wurde 93 Jahre alt.

Wie erst am Wochenende bekannt wurde, ist am 19. Februar in New York City Leo Rechter an Covid-19 verstorben. Der gebürtige Wiener wurde 93 Jahre alt und Ende der 1990er Jahre als unermüdlicher Streiter für die Rechte von Holocaust-Überlebenden in den internationalen Verhandlungen über «erbenlose Guthaben» auf Schweizer Banken, vor allem aber mit Deutschland über NS-Zwangsarbeit bekannt.

Rechter wurde 1927 geboren und floh nach dem «Anschluss» Österreichs an Hitler-Deutschland 1938 mit den Eltern und zwei jüngeren Geschwistern nach Belgien. Der Vater wurde von den Nazis gefasst und in Auschwitz ermordet. Nach Kriegsende zog Rechter nach Israel, wo er seine Frau Fortunee kennengelernt hat. Auch sie war eine Holocaust-Überlebende. 1958 ging das Paar nach New York City. Dort arbeitete Rechter zunächst in dem legendären Broadway-Lokal «Sardi´s» und studierte Wirtschaftswissenschaften. Anschliessend gelang ihm eine Karriere als Banker.

Nach seiner Pensionierung als Abteilungsleiter bei einer grossen Bank trat er der 1983 gegründeten Überlebenden-Organisation «National Association of Jewish Child Holocaust Survivors» (NAHOS) bei. Während der Zwangsarbeits-Verhandlungen erklärte Rechter im Gespräch mit aufbau, er könne sich nicht mehr so gut daran erinnern, was vor zwei Wochen geschehen sei: «Aber ich werde nie vergessen können, wie ich als 15-Jähriger hinten von einer belgischen Strassenbahn gesprungen bin, weil vorne deutsche Beamte zur Kontrolle der Ausweise der Fahrgäste eingestiegen sind».

Nach dem Krieg hat Rechter selbst mit seiner Frau lange nicht über seine Jugend gesprochen. Er hat die Erinnerung an die Verfolgung, die Erniedrigung und die Ermordung seiner Verwandten verdrängt. Rechters Tochter war 27, ehe sie die Geschichte ihres Vaters gehört hat: «Wir haben die Erinnerung unterdrückt. Aber heute müssen wir versuchen, damit zurecht zu kommen», so Rechter weiter. NAHOS wuchs Mitte der 1990er Jahre auf hunderte Mitglieder. Rechter hat lange den höchst informativen Newsletter des Verbandes redigiert.

Das Blatt wurde ein unter Beteiligten und Experten geschätztes Forum. Rechter und seine Kolleginnen und Kollegen haben darin und gegenüber der Presse bei den Verhandlungen ebenso die Millionen-Honorare für amerikanische Gruppenklagen-Anwälte kritisiert, wie die Aufwendungen der Jewish Claims Conference für andere Zwecke als Auszahlungen oder Gesundheits-Fürsorge für Holocaust-Überlebende. Dabei blieb dieser beeindruckende Mann bei aller Leidenschaft stets an der Sache orientiert, kundig und gesprächsbereit.