Das Kurven-, Linien-, Weg- oder Konturintegral erweitert den gewöhnlichen Integralbegriff für die Integration in der komplexen Ebene (Funktionentheorie) oder im mehrdimensionalen Raum (Vektoranalysis).
Wegintegrale über geschlossene Kurven werden auch als Ringintegral, Umlaufintegral[1] oder Zirkulation bezeichnet und mit dem Symbol geschrieben.
Den Weg, die Linie oder die Kurve, über die integriert wird, nennt man den Integrationsweg.
Reelle Wegintegrale
Kurvenintegral erster Art
Illustration eines Kurvenintegrals erster Art über ein Skalarfeld
Das Wegintegral einer stetigen Funktion
entlang eines stückweise stetig differenzierbaren Weges
ist definiert als
Dabei bezeichnet die Ableitung von nach und die euklidische Norm des Vektors .
Ein Spezialfall ist die Länge der durch parametrisierten Kurve :
Kurvenintegral zweiter Art
Illustration eines Kurvenintegrals zweiter Art über ein Vektorfeld
Das Wegintegral über ein stetiges Vektorfeld
mit einer ebenfalls so parametrisierten Kurve ist definiert als das Integral über das Skalarprodukt aus und :
Einfluss der Parametrisierung
Sind und einfache (d. h. und sind injektiv) Wege mit und und demselben Bild, parametrisieren sie also dieselbe Kurve in derselben Richtung und durchlaufen sie die Kurve genau einmal, so stimmen die Integrale entlang und überein. Dies rechtfertigt den Namen Kurvenintegral; ist die Integrationsrichtung aus dem Kontext ersichtlich oder irrelevant, wird daher der Weg in der Notation unterdrückt.
Wegelement und Längenelement
Der in den Kurvenintegralen erster Art auftretende Ausdruck
heißt skalares Wegelement oder Längenelement.
Der in den Kurvenintegralen zweiter Art auftretende Ausdruck
heißt vektorielles Wegelement.
Rechenregeln
Seien , Kurvenintegrale gleicher Art (d. h. entweder beide erster oder beide zweiter Art), sei das Urbild der beiden Funktionen und von gleicher Dimension und sei . Dann gelten für , und die folgenden Rechenregeln:
Notation für Kurvenintegrale von geschlossenen Kurven
Ist eine geschlossene Kurve, so schreibt man
- statt auch .
Mit dem Kreis im Integral möchte man deutlich machen, dass geschlossen ist. Der einzige Unterschied liegt hierbei in der Notation.
Beispiele
- Ist der Graph einer Funktion , so wird der Graph durch
- parametrisiert. Wegen
- ist die Länge des Graphen gleich
- Eine Ellipse mit großer Halbachse und kleiner Halbachse wird durch für parametrisiert. Ihr Umfang ist also
- dabei bezeichnet die numerische Exzentrizität der Ellipse. (Das Integral auf der rechten Seite wird aufgrund dieses Zusammenhanges als elliptisches Integral bezeichnet.)
Wegunabhängigkeit
Ist ein Vektorfeld ein Gradientenfeld, d. h. ist der Gradient eines skalaren Feldes , mit
so gilt für die Ableitung der Verkettung von und
was gerade dem Integranden des Wegintegrals über auf entspricht. Daraus folgt für einen gegebenen Weg
Zwei beliebige Wege in einem Gradientenfeld
Dies bedeutet, dass das Integral von über ausschließlich von den Punkten und abhängt und der Weg dazwischen irrelevant für das Ergebnis ist. Aus diesem Grund wird das Integral eines Gradientenfeldes als "wegunabhängig" bezeichnet.
Insbesondere gilt für das Ringintegral über die geschlossene Kurve , mit zwei beliebigen Wegen und
Dies ist insbesondere in der Physik von großer Bedeutung, da beispielsweise die Gravitation diese Eigenschaften besitzt. Da die Energie in diesen Kraftfeldern stets eine Erhaltungsgröße ist, werden sie in der Physik als konservative Kraftfelder bezeichnet. Das skalare Feld ist dabei das Potential beziehungsweise die Potentielle Energie; diese ist gemäß der letzten Beziehung über einen geschlossenen Weg gleich Null.
Wegunabhängigkeit lässt sich auch mit Hilfe der Integrabilitätsbedingung zeigen.
Komplexe Wegintegrale
Ist eine komplexwertige Funktion, dann nennt man integrierbar, wenn und integrierbar sind. Man definiert
- .
Das Integral ist damit -linear. Ist stetig und eine Stammfunktion von , so gilt wie im Reellen
- .
Der Integralbegriff wird nun auf die komplexe Ebene wie folgt erweitert: Ist eine komplexwertige Funktion auf einem Gebiet , und ist ein stückweise stetig differenzierbarer Weg in , so ist das Wegintegral von entlang des Weges definiert als
Der Malpunkt bezeichnet hier komplexe Multiplikation.
Die zentrale Aussage über Wegintegrale komplexer Funktionen ist der Cauchysche Integralsatz: Für eine holomorphe Funktion hängt das Wegintegral nur von der Homotopieklasse von ab. Ist einfach zusammenhängend, so hängt das Integral also überhaupt nicht von , sondern nur von Anfangs- und Endpunkt ab.
Analog zum reellen Fall definiert man die Länge des Weges durch
- .
Für theoretische Zwecke ist folgende Ungleichung, die sogenannte Standardabschätzung, von besonderem Interesse:
- , wenn für alle gilt.
Wie im reellen Fall ist das Wegintegral unabhängig von der Parametrisierung des Weges , d. h. es ist nicht zwingend notwendig, als Parameterbereich zu wählen, wie sich durch Substitution zeigen lässt.
Siehe dagegen
Literatur
- Harro Heuser: Lehrbuch der Analysis - Teil 2. 1981; 5. Auflage, Teubner 1990, ISBN 3-519-42222-0, S. 369 Satz 180.1, S. 391 Satz 184.1, S. 393 Satz 185.1
Weblinks
Einzelnachweise