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KZ Neusustrum

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KZ Neusustrum (Deutschland)
KZ Neusustrum
KZ Neusustrum
Übersichtsplan zum Aufbau des Lagers Neusustrum 1945 und zum Zustand 2010.

Das KZ Neusustrum in der heutigen Gemeinde Sustrum, Ortsteil Sustrumermoor, war ein Konzentrationslager, dass 1933 von den Nationalsozialisten errichtet wurde. Es gehört zu den sogenannten „frühen Konzentrationslagern“ und wurde für politische „Schutzhäftlinge“ eingerichtet. Es war das dritte der insgesamt 15 Emslandlager und war für 1000 Gefangene ausgelegt. Ab 1934 wurde es als Strafgefangenenlager des Reichsjustizministeriums genutzt. Im KZ Neusustrum wurden deutschlandweit die meisten Homosexuellen inhaftiert.[1]

Geschichte

1933/34

Am 20. Juni 1933 wurde vom preußischen Innenminister Hermann Göring festgelegt, in Börgermoor, Esterwegen und Neusustrum drei Lager für etwa 5000 Schutzhäftlinge zu errichten. Daher wurde am 28. Juni die „Verwaltungsdirektion der staatlichen Konzentrationslager“ in Papenburg eingerichtet. Im Juli wurde die Aufsicht der Lager der SS übertragen und als Oberlagerkommandant der SS-Standartenführer Brinkmann eingesetzt.[2]

Am 1. September 1933 wurde das KZ Neusutrum als drittes Lager nach dem KZ Börgermoor und dem KZ Esterwegen fertiggestellt. Das Lager war für 1000 Häftlinge ausgelegt. Eine Lagerstraße trennte die umzäunten Häftlingsbaracken von dem Sitz der Lagerverwaltung. Diese Straße ist noch heute erhalten.[3] Die Leitung des Konzentrationslagers wurde am 27. September SS–Obersturmführer Emil Faust übertragen.[1] Dieser leitete einige Wochen zuvor mit SS–Sturmführer Katzmann das KZ Esterwegen und war dort wegen großer Grausamkeit aufgefallen. Unter seiner Leitung kam es zur Misshandlung von Gefangenen und zu willkürlichen Erschießungen.[2]

Nachdem diese Zustände dem Innenministerium bekannt wurden, setzte Göring die Lagerleitung am 15. November 1933 ab. Die Osnabrücker Schutzpolizei übernahm vorübergehend die Lagerleitung. Die SS–Wachmannschaft wurden am 18. Dezember von staatlichen Angestellten ersetzt, wovon 80% der SA und 20% der SS angehörten. Die Leitung wurde der Kommandantur staatlicher Konzentrationslager übertragen. Dessen Leitung hatte der preußische Staatsrat Oberpräsident Viktor Lutze inne, der zugleich SA-Gruppenführer war.[2]

Am 4. Januar 1934 wurde der Redakteur und das SPD-Mitglied Ludwig Pappenheim sowie der KPD-Abgeordnete August Henning erschossen.

Mit der Neuordnung des nationalsozialistischen KZ–Systems 1934 wurde der Standort Neusustrum als Kozentrationslager geschlossen und am 1. April zum Strafgefangenenlager umfunktioniert,[1] welches der Preußischen Justizverwaltung unterstellt war.[3] Die Leitung vor Ort wurde der SA-Pionierstandarte 10 übertragen, die jedoch den Terror gegen die Häftlinge fortsetzte.[2]

1935/45

1935 wurde das Lager mit einer Zugangssperre belegt, da dessen Kapazitäten erschöpft waren.[3] Daher vergrößerte man das Lager in den Jahren 1937/38 und hatte nun Platz für 1500 Gefangene.[1] Sie wurden von 300 SA-Männern sowie Justizbeamten bewacht.[3]

Vermutlich waren rund 80% der Insassen auch im heutigen Sinne Kriminelle und wurden Straftaten wie Diebstahl, Unterschlagung oder Betrug beschuldigt. Genaue Zahlen wie aus den Konzentrationslagern Esterwegen oder Börgermoor sind jedoch nicht bekannt.[2] Politische Häftlinge wurden ab 1937 vorwiegend in Lager 2 (Aschendorfermoor) untergebracht. In das Lager Neusustrum wurden zudem viele Homosexuelle eingeiwesen, die bei den Nationalsozialisten als wehruntauglich und verweichlicht galten.[1][2][3] Sie machten bis zu 10% der Gefangenen aus.[1] Die Gefangenen mussten unter schlechtesten Bedingungen Arbeiten im Moor verrichten. Dazu zählten die Entwässerung des Moors, das Stechen von Torf sowie das Anlegen von Straßen.[3]

Am 29. Juli 1940 wurden die deutschen Gefangenen in andere Lager verlegt. Der Platz wurde für 626 Zuchthaus– und Gefängnisgefangene aus Polen benötigt. Sie erfuhren eine besonders schlechte Behandlung, da sie von den Nationalsozialisten als „minderwertig“ gehalten wurden.[2] Ab Januar 1941 wurden zudem polnische Kriegstäter inhaftiert. Dies waren wehruntaugliche oder mit Zuchthaus bestrafte Soldaten und Wehrpflichtige.[2]

Am 25. Februar wurde die Kultivierung des Moores auf Befehl Adolf Hitlers eingestellt.

Im März 1941 saßen 1651 polnische Gefangene im Lager ein. Zudem wurden 60 Juden gefangen gehalten.[2]

1942 wurde damit begonnen die Gefangenen in andere Gefangenenlager und Konzentrationslager zu überweisen. Das Lager in Neusustrum wurde bis Kriegsende für deutsche Militärgefangene genutzt.[2]

Am 4. April 1945 wurden die restlichen 281 Gefangenen nach Aschendorfermoor verlegt.[2][3]

Nach 1945

Gedenksteine auf dem ehemaligen Neusustrumer Lagergelände.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Lagergelände bis 1950 von der Justizstrafanstalt Lingen genutzt, um Gefangene unterzubringen. Die 248 im Lager Verstorbenen wurden auf den Friedhöfen in Esterwegen und Bockhorst beigesetzt.[1][3]

In einem späteren Prozess gegen den ehemaligen Lagerführer Emil Faust hieß es im Urteilsspruch des Landgericht Osnabrück, dass die Gefangenen „schlimmer als Vieh“ behandelt wurden.[1][2]

Heute erinnert nur noch wenig an das ehemalige Konzentrationslager. Wo früher die Baracken der Gefangenen standen, befindet sich heute der Sportplatz der Grundschule. Ein von den Gefangenen errichteter „Vergnügungspark“ mit Teich für die SS-Wachmannschaft ist erhalten geblieben. Ebenso wie eine von der SA errichtete Säule mit Rundbogen. Ihr wurde das Hakenkreuz entfernt und durch ein Sachsenross ersetzt. Auch eine, sich in der Säule befindende, Schrifttafel wurde nach dem Krieg ausgetauscht. Zudem wurden drei Gedenksteine aufgestellt. Auch die von Gefangenen errichtete Nord–Süd Straße in Sustrum existiert noch heute.[1]

Bekannte Häftlinge

Literatur

  • Landkreis Emsland (Hrsg.): Die Zerstörung von Recht und Menschlichkeit in den Konzentrations– und Strafgefangenenlagern des Emslands 1933–1945, 1986

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 1,8 Neusutrum – vergessenes Lager der Homosexuellen, aufgerufen am 09. Dezember 2011
  2. 2,00 2,01 2,02 2,03 2,04 2,05 2,06 2,07 2,08 2,09 2,10 2,11 Lager 5 Neusustrum, DIZ Emslandlager, aufgerufen am 09. Dezember 2011
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 3,6 3,7 Gedenkstätte Esterwegen, aufgerufen am 09. Dezember 2011
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