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Guttapercha

Aus Jewiki
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Strukturformel
Chemische Struktur von Guttapercha
n≈100[1]
Allgemeines
Name Guttapercha
CAS-Nummer 9000-32-2
Monomer trans-1,4-Isopren
Summenformel der Wiederholeinheit C5H8
Molare Masse der Wiederholeinheit 68,12 g·mol−1
Art des Polymers

Thermoplast, Plastomer

Eigenschaften
Aggregatzustand

fest

Dichte

0,96–0,99 g·cm−3;[2] luftfrei über 1,00 g·cm−3[3]

Glastemperatur

38 °C[4]

Löslichkeit

unlöslich in Wasser, in siedendem Wasser fadenziehend und klebrig; teilw. löslich in Alkohol und Ether; löslich in Chloroform, Benzol, Toluol, Petroleum, Terpentinöl[3]

Chemische Beständigkeit

Salzsäure, Flusssäure[3]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [5]
keine Einstufung verfügbar
H- und P-Sätze H: siehe oben
P: siehe oben
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Die (oder auch das) Guttapercha oder Gutta ist ein gummiartiger, kautschukähnlicher Stoff aus dem eingetrockneten, koagulierten Milchsaft von verschiedenen Sapotengewächsen (Sapotaceae) (Payena spp. und Palaquium spp. aber auch anderen) sowie von Spindelsträuchern (Euonymus spp.), ursprünglich stammte sie hauptsächlich vom Guttaperchabaum (Palaquium gutta).

Der Name leitet sich vom Malaiischen ab, get(t)ah = Gummi (Harz), klebrige Ausschwitzung, Saft (Milchsaft) und pertja, percha = Name des Abstammungsbaums oder Stück, Lappen, Stoffstreifen sowie auch als Name für die Insel Sumatra; also Gummi (Harz), Saft (Milchsaft) des Perchabaums oder Sumatra-Gummi und Gummilappen, -stück.[6][7] Die Hannoveraner Firma "Continental" nannte sich ursprünglich "Continental Caoutchouc- und Gutta-Percha-Compagnie".

Eigenschaften

Rohe Guttapercha ist braun bis graubraun, das Rohmaterial enthält als Verunreinigungen etwas Sand, kleine Holzstücke und Rinde. Sie ist faserig, blätterig, fast holzig und leicht zu schneiden – im Unterschied zu Kautschuk – und biegsam, jedoch nicht elastisch, etwas fettig mit lederartigem Geruch. Nach der Reinigung wird sie dann plastisch.[3] Sie besteht aus ca. 50–75 % Gutta (Polyterpene), ca. 10–48 % Harzen (Fluavil, Alban, Albanan), Salzen, Stickstoff-Verbindungen und Triterpenen; Lupeol, veresterte Amyrine. In einigen Palaquium-Arten kommt Bassiasäure vor.[8] Sie wird dann mit Lösemitteln entharzt und gereinigt sowie gebleicht, sie ist dann weiß, fest und kristallinisch und fast geruchlos.

Die reine Guttapercha steht chemisch dem Naturkautschuk nahe, ist aber im Gegensatz zu diesem nicht aus cis-, sondern aus trans-konfiguriertem 1,4-Polyisopren zusammengesetzt, mit weit geringerer molarer Masse, da viel weniger Wiederholungseinheiten das Molekül bilden. Sie ist biokompatibel und inert sowie optisch anisotrop, d. h. doppelbrechend und chemisch viel beständiger gegen aggressive Medien,[3] im Gegensatz zum Kautschuk. Sie kann ebenfalls vulkanisiert werden, dies wird meist aber nicht gemacht. Ihr thermoplastisches Verhalten (Erweichungstemperatur 70–90 °C), gestattet eine formgebende Verarbeitung ohne Vulkanisation.

Bei Raumtemperatur ist sie härter und nicht so elastisch, wird aber bei ca. 48–60 °C weich und knetbar. Der Polymerisierungsgrad (die Anzahl der monomeren Einheiten in einem Makromolekül) beträgt ca. 1500 während der von Naturkautschuk bei 8000–30.000 liegt.[9]

Bei Zimmertemperatur oxidiert die feste Guttapercha schnell und wird brüchig, sie muss daher unter Wasser gelagert oder luftdicht eingeschlossen werden.[10]

Ähnliche Produkte sind die Balata vom Balatabaum (Manilkara bidentata) und der Chicle, welcher von verschiedenen Manilkara-Arten gewonnen wird. Auch der Guayule-Kautschuk von der Guayule (Parthenium argentatum) wird noch in größerem Umfang genutzt, hier sind die Polyisoprene cis-konfiguriert.

Formen

Guttapercha kann in drei Formen vorkommen; in zwei geordneten (kristallinen) alpha und beta sowie einer ungeordneten (amorphen). Die kristallinen alpha- und beta-Formen unterscheiden sich in einer unterschiedlichen Wiederholungseinheit in der Polymerkette; ein Monomer (beta), zwei Monomere (alpha), sowie der Einzelbindungskonfiguration, die zwei Formen haben, wiederum unterschiedliche kristallographische Strukturen, deren Variationen sich in Volumenänderungen widerspiegeln, die durch Erhitzen und Abkühlen in Guttapercha induziert werden.

Die meiste kommerzielle Guttapercha existiert in der beta-Form. Die alpha-Form tritt im rohen Milchsaft auf. Wenn die natürliche alpha-Form über 65 ºC erhitzt wird, wird sie amorph und schmilzt. Wenn dieses amorphe Material extrem langsam abgekühlt wird (0,5 °C pro Stunde), rekristallisiert die alpha-Form. Wenn andererseits die amorphe Schmelze routinemäßig abgekühlt wird, rekristallisiert die beta-Form. In dieser Form existiert die meiste kommerzielle Guttapercha, einschließlich dentaler Guttapercha. Wenn die beta-Form nun wieder erwärmt wird, wird das Polymer bei 56 °C amorph, 9 Grad niedriger als der Schmelzpunkt für die alpha-Form. Es ist daher offensichtlich, dass der Faktor, der den Schmelzpunkt von alpha- und beta-Guttapercha bestimmt, die Abkühlungsgeschwindigkeit ist, die wiederum das Ausmaß und den Charakter der Kristallinität in dem erstarrten Material steuert. Die beta-Form wandelt sich bei 42–49 °C in die alpha-Form um, die dann bei 53–56 °C wieder amorph wird.[11][12]

Anwendungen

Zahnmedizin

Datei:Endo TX.jpg
Guttapercha-Wurzelfüllungen in den Kanälen oberer Seitenzähne

In der Zahnmedizin kommt Guttapercha hauptsächlich bei Wurzelkanalbehandlungen zum Einsatz. Die zum Füllen der Kanäle verwendeten „Guttaperchaspitzen“ enthalten neben einer Reihe anderer Bestandteile einen hohen Prozentsatz an Guttapercha. Auch für provisorische Füllungen wird heute manchmal noch Guttapercha eingesetzt, um z. B. die Zeit zwischen der Präparation und der Eingliederung eines Inlays zu überbrücken. Gegenüber synthetischen provisorischen Materialien hat es den Vorteil, dass es sich in einem Stück wieder entfernen lässt.

Kunst

Gutta wird auch bei der Seidentuchmalerei als Trennmittel eingesetzt, um Konturen zu erreichen. Bei dieser Guttatechnik genannten Konturentechnik wird der Stoff dort nicht eingefärbt, wo das Trennmittel aufgetragen wurde. Zurück bleibt eine farblose Linie oder Fläche.

Galvanoplastik

Um in kleinen Auflagen historische Metallarbeiten zu kopieren oder Kleinplastiken von Künstlern in Metall zu übertragen, nutzte man in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts galvanoplastische Methoden. Abdrücke mit Hilfe der erwärmten, elastischen Guttapercha ließen sich problemlos auch von vollrunden Körpern oder stark unterschnittenen Reliefs abnehmen. Mit Graphitpulver elektrisch leitend gemacht, konnten die so entstandenen Formen galvanisch in Metall übertragen werden.[13]

Sport

Der Golfball war in der Vergangenheit auch ein typisches Anwendungsbeispiel für dieses Material. Derartige Bälle nannte man auch Guttie, Gutty oder Bramble.

Gebrauchsgegenstände

Sehr verbreitet waren Eimer aus Guttapercha in der chemischen Industrie, bevor modernere Materialien verfügbar waren. Insbesondere in Dynamitfabriken wurden Guttaperchaeimer zum Transport von kleineren Sprengöl-Chargen verwendet und sind auf älteren Abbildungen häufig zu sehen. Weiterhin fand Guttapercha als Bestandteil von Kaugummis Verwendung.

Elektrische Kabelisolation

Wegen seiner guten Isoliereigenschaften wurde das Polyterpen ab Mitte des 19. Jahrhunderts zur Umhüllung von elektrischen Kabeln verwendet. Materialversuche im Jahre 1846 und die Erfindung der Extrusionspresse durch Werner Siemens führten 1847 zur Gründung der Telegraphen Bau-Anstalt von Siemens & Halske. Durch solche Kabel wurde insbesondere die interkontinentale Telegrafie durch Verlegung der Seekabel ermöglicht.[14] Als Isolationsmaterial von elektrischen Kabeln wurde Guttapercha vollständig durch verschiedene Arten von Kunststoffen abgelöst.

Literatur

Weblinks

 Commons: Gutta-percha – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Guttapercha – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Albert Gossauer: Struktur und Reaktivität der Biomoleküle, Verlag Helvetica Chimica Acta, Zürich, 2006, S. 130, ISBN 978-3-906390-29-1.
  2. Hans G. Hirschberg: Handbuch Verfahrenstechnik und Anlagenbau. Chemie, Technik und Betriebswirtschaft. Springer, 1999, ISBN 978-3-540-60623-9.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 G. Frerichs, G. Arends, H. Zörnig: Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis. Erster Band: A–I, Springer, 1949, ISBN 978-3-642-49473-4 (Reprint), S. 1413.
  4. Hans-Georg Elias: Makromoleküle. 4. Band: Anwendungen von Polymeren, 6. Auflage, Wiley, 2003, ISBN 3-527-29962-9, S. 265.
  5. Diese Substanz wurde in Bezug auf ihre Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  6. Henry Yule, A. C. Burnell: Hobson-Jobson: The Definitive Glossary of British India. New Edition, Murray, 1903, S. 404 f, Oxford Univ. Press, 2013, ISBN 978-0-19-960113-4 (Reprint), S. 252.
  7. Rogers McVaugh, Harley Harris Bartlett: The Asa Gray Bulletin. New Series, Vol. II, No. I, 1953, S. 154, online auf biodiversitylibrary.org, abgerufen am 20. Januar 2018.
  8. Heinz. A. Hoppe: Drogenkunde. Band 1: Angiospermen, 8. Auflage, De Gruyter, 1975, ISBN 3-11-003849-8, S. 781.
  9. R. Hänsel, O. Sticher, E. Steinegger: Pharmakognosie – Phytopharmazie. Band 1, 6. Auflage, Springer, 1999, ISBN 978-3-662-09270-5, S. 49.
  10. Elsa Franke, Reinhard Lieberei, Christoph Reisdorff: Nutzpflanzen. 8. Auflage, Thieme, 2012, ISBN 978-3-13-530408-3, S. 394.
  11. A. Goodman, H. Schilder, W. Aldrich: The thermomechanical properties of gutta-percha. II. The history and molecular chemistry of gutta-percha. In: Oral Surg. Oral Med. Oral Pathol. 37(6), 1974, S. 954–61, doi:10.1016/0030-4220(74)90448-4, online (PDF; 822 kB), auf endoexperience.com, abgerufen am 18. Januar 2018.
  12. A. Goodman, H. Schilder, W. Aldrich: The thermomechanical properties of gutta-percha. III. Determination of phase transition temperatures for gutta-percha. In: Oral Surg. Oral Med. Oral Pathol. 38(1), 1974, S. 109–114, doi:10.1016/0030-4220(74)90321-1.
  13. Alfred Löhr: Galvanotechnik in der Bremer Silberwarenindustrie. In: Jörn Christiansen (Hrsg.): Bremen wird hell, 100 Jahre Leben und Arbeiten mit Elektrizität. Hauschild, Bremen 1993, ISBN 978-3-926598-95-0, S. 271–273.
  14. Silvia Glaser: Guttapercha. In: Historische Kunststoffe im Germanischen Nationalmuseum. Verlag des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 2008, ISBN 978-3-936688-37-5, S. 7.
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