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Erweiterter Verfall

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Der Erweiterte Verfall ist eine Maßnahme des deutschen Strafrechts, die in § 73d Strafgesetzbuch (StGB) geregelt ist.

Im Rahmen des so genannten Verfalls kann ein Gericht bei besonders schweren Taten und wenn dies in der Rechtsnorm vorgesehen ist anordnen, dass Gegenstände eines Täters oder Teilnehmers an einer Straftat ins Eigentum des Staates übergehen, wenn nach den Umständen anzunehmen ist, dass die Gegenstände für die abzuurteilende Straftat benutzt werden sollten oder aus dieser Tat stammen oder aus diesen erlangt wurden. Gemäß § 73a StGB kann anstelle des Verfalls auch eine entsprechende Geldsumme aus dem Vermögen des Täters oder Teilnehmers dem Staat verfallen, wenn die Sache selbst aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht für den Verfall geeignet ist.

Der erweiterte Verfall erlaubt nun die Einziehung von Gegenständen auch dann, wenn sie nicht aus der abzuurteilenden Straftat sondern aus anderen rechtswidrigen Taten stammen. Der Bundesgerichtshof stellt hohe Ansprüche an die Beweise und entschied, dass die Anordnung des erweiterten Verfalls nach § 73d StGB nur dann in Betracht kommt, wenn der Tatrichter aufgrund erschöpfender Beweiserhebung und -würdigung die uneingeschränkte Überzeugung gewonnen hat, dass der Angeklagte die von der Anordnung erfassten Gegenstände aus rechtswidrigen Taten erlangt hat, ohne dass diese selbst im einzelnen festgestellt werden müssten.[1]

Entwicklung

Diese Regelung stieß auf Bedenken wegen des Schuldgrundsatz des Strafrechts,[2] woraufhin das Bundesverfassungsgericht im Januar 2004 feststellte:[3]

  1. Der erweiterte Verfall (§ 73d StGB) verfolgt nicht repressiv-vergeltende, sondern präventiv-ordnende Ziele und ist daher keine dem Schuldgrundsatz unterliegende strafähnliche Maßnahme.
  2. § 73d StGB verletzt die Unschuldsvermutung nicht.

Die Anordnung des erweiterten Verfalls ist daher auch vor einer rechtskräftigen Verurteilung zulässig.

Das BVerfG stellte aber auch fest, dass dem Erweiterten Verfall des § 73d StGB eine Schutzklausel fehlte, nach der Ausgleichsansprüche Dritter, insbesondere der Geschädigten der Straftaten fehle, wie sie im Verfall des § 73 StGB enthalten ist. Dies könne zum unerwünschten Ergebnis führen, dass das Opfer nicht mehr durch den Täter entschädigt werden könne, weil dessen Vermögen schon durch den Staat eingezogen wurde, bevor durch die Verurteilung die Grundlage für eine Geltendmachung des Schadensersatzes hergestellt wird. Dem kam der Gesetzgeber durch eine Änderung des StGB von 2007 nach, der § 73d StGB enthält seitdem einen Verweis auf § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB.

2011 befasste sich der BGH erneut mit der Thematik und stellte zum Verhältnis zwischen Verfall und erweitertem Verfall fest, dass der erweiterte Verfall auch dann in Betracht kommt, wenn sich zwar die Herkunft eines Gegenstands aus einer rechtswidrigen Tat nachweisen lässt, jedoch nicht eindeutig festgestellt werden kann, ob aus der im Prozess abzuurteilenden Tat.[4] Demnach ist der erweiterte Verfall subsidiär zum Verfall und steht nicht exklusiv daneben.

Prozessuale Voraussetzungen

Für den erweiterten Verfall gelten die Vorschriften der § 111b bis § 111n StPO entsprechend. Danach ist für die förmliche Sicherstellung der Gegenstände bzw. der Geldsumme die Staatsanwaltschaft zuständig. Anordnungsbefugnis hat der Richter, bei Gefahr im Verzuge auch die Staatsanwaltschaft und deren Ermittlungspersonen, letztere aber nur soweit es sich um bewegliche Sachen (und damit auch Geld) handelt.

Beispiele

Beispiele für Delikte, bei denen der erweiterte Verfall in Frage kommt, sind:

Der häufigste Anwendungsfall ist jedoch das Betäubungsmittelrecht gemäß § 33 BtMG. So entschied der Bundesgerichtshof[5] im Fall eines wegen des Handels mit 16 t Marihuana Verurteilten, dass ein Grundstück in Spanien zugunsten des dortigen Staates verfallen kann.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. BGHSt 40, 371.
  2. Soweit nicht anders angegeben, beruht dieses Kapitel auf Nina Nestler: Zur Reichweite von § 73d StGB: Der erweiterte Verfall vor neuen Legitimationsdefiziten? bei hrr-strafrecht.de
  3. Bundesverfassungsgericht, Beschluss des Zweiten Senats vom 14. Januar 2004 – 2 BvR 564/95 –, BVerfGE 110, 1.
  4. BGH BeckRS 2011, 19724 = HRRS 2011, Nr. 754.
  5. BGH, Beschluss vom 3. Mai 2000, Az. 1 StR 125/00, Volltext.
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