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Drusen

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Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Religionsgemeinschaft der Drusen; zu anderen Bedeutungen dieses Begriffes siehe Druse.
Flagge (2005)

Die Drusen (arabisch درزي, derzī oder durzī, Plural durūz, offiziell Din al-Tawhid, so viel wie „Religion der göttlichen Einheit“) sind eine im Jahr 1010 entstandene Religionsgemeinschaft. Drusen leben heute hauptsächlich im Nahen Osten, insbesondere im Libanon (ca. 280.000), in Syrien (ca. 360.000) sowie in Israel (107.000, also 1,63 % der Bevölkerung im Jahr 2004), dort vor allem im Gebiet des Karmel bei Haifa (Daliah al Carmel) sowie im von Israel annektierten Golan.

Ursprung

Als Begründer der Religionsgemeinschaft gelten die beiden schiitischen Gelehrten Hamza ibn-Ali und Mohammed al-Darazi. Von Letzterem leitet sich die Bezeichnung Drusen ab. Sie entwickelten die theologische Lehre der Drusen, worin Kalif al-Hakim Bi-Amr Allah (985–1021) als Inkarnation Gottes gilt.[1]

Kalif al-Hakim war der Herrscher der ägyptischen Fatimiden, einer schiitischen Dynastie, die nach Fatima, der jüngsten Tochter des Propheten Mohammed, benannt war. Die Fatimiden zählen zu den Ismailiten, ein Zweig der Schiiten, und betrachteten Ismael, einen Sohn des sechsten Imam, als ihren Erlöser. Der Tod des Kalifen im Jahr 1021 wird von seinen drusischen Anhängern als Übergang in einen Zustand der Verborgenheit verstanden, aus dem er nach 1000 Jahren wieder zurückkehren werde, um die Herrschaft über die Welt anzutreten.

Die Drusen glauben an Reinkarnation und an weitere parallele Welten. Die Umstände der Geburt eines Menschen, seine Eltern und der Geburtshintergrund sind vorbestimmt und von Gott oder einem höheren Wesen allein entschieden. Entsprechend sind Missionierung oder Konvertierung nicht erlaubt. Diese werden als Verweigerung des Gotteswillens angesehen, bzw. als Fall einer niederen Intelligenz – des Menschen –, die versucht, eine höhere Intelligenz – Gott – zu belehren. In Worten der Drusen; „Ein Umhüllter darf den Umhüllenden nicht belehren. Das kann nur Gott entscheiden“. Es besteht ein Grund dafür, weshalb Gott die Menschen in die verschiedenen Religionen so verteilte. Dieser Grund ist nicht etwas, mit dem sich der Mensch beschäftigen sollte. Der Mensch soll sich mit der Reinigung seiner Seele beschäftigen, um eine höhere Daseinsebene zu erzielen. Auf dem Weg zu diesem Ziel und durch viele Reinkarnationen, kann der Mensch viele Rollen bekommen und verschiedene Situationen erleben. Deswegen ist es eine grundlegende Sache für Drusen, andere Religionen zu akzeptieren, wie sie sind, da sie in der nicht vom Menschen zu beachtenden Struktur eine ähnliche Rolle innehaben.

Die Mission und Konvertierung Andersgläubiger wird von den Drusen nicht betrieben, auch freiwillig kann man nicht zum Drusentum übertreten. Außenstehende wurden nur zu Zeiten der Gründung der Religion aufgenommen. Heute ist nur Druse, wer Kind drusischer Eltern ist. Die Lehre der Drusen lässt nur eine genau feststehende Zahl ihrer Mitglieder in allen Welten zu. Das heißt, zu jeder Zeit ihres Daseins existieren nie weniger oder mehr Mitglieder.

Ob man Al-Hakim als Gründer der Drusen betrachten kann, ist eine Diskussion, die wohl nie abschließend geklärt werden kann; allerdings nimmt ein Teil der etablierten Forschung an, dass Al-Hakim vielleicht Sympathie für diese Gruppe und ihre Ideen hegte, er allerdings nicht als deren Mitglied oder gar Initiator gesehen werden kann.

Die Drusen glauben, dass sie immer unter verschiedenen Namen seit Millionen von Jahren existierten. Al-Hakim zählt als die letzte Manifestation Gottes in einer langen Reihe zuvor.

Lehre

Obwohl der Glaube der Drusen stark von der ismailitischen Tradition geprägt ist, sind die Unterschiede so groß (z. B. Beimischung des Platonismus und Neuplatonismus, Seelenwanderung), dass man von einer eigenständigen Religion und nicht von einer Richtung des Islams sprechen muss. Die Drusen haben eine allegorische Interpretation des Korans mit einer eigenen Doktrin.

Die Lehre von der Seelenwanderung widerspricht ebenfalls den Prinzipien des Islam. Demnach wandert die Seele eines Menschen mit dessen Tod sofort in einen neugeborenen Menschen (jedoch nicht in Tiere oder andere Wesen). Auf dem Weg von Mensch zu Mensch strebt die Seele nach Perfektion und geht nach Erreichen dieser eine Einheit mit al-Hakim ein.

In diesen Lehren liegt die in Ägypten einsetzende islamische Verfolgung der Drusen begründet, aufgrund derer sie sich in die entlegenen Gebirgsgegenden des Libanon (Chouf, Metn) zurückzogen. Dort gab es zeitweise politische Allianzen mit den dort lebenden maronitischen Christen, die jedoch seit dem Osmanischen Reich und erneut seit dem libanesischen Bürgerkrieg einer offenen Feindschaft wichen.

Die Gläubigen werden in „Unwissende“ (dschuhhâl, sg. dschâhil) und Eingeweihte ('Uqqal) (sg. 'âqil, „Verständiger“) unterteilt. Letztere, sowohl Männer als auch Frauen, sind Hüter und Bewahrer der Religion und ihrer Geheimnisse, die den Unwissenden nicht bekannt sind. Sowohl diese Struktur, als auch eine Abschottung gegenüber Außenstehenden aufgrund von Verfolgungen bedingen, dass die Praktiken und Einzelheiten der Religion der Drusen nicht außerhalb der Gemeinschaft bekannt sind. Das Drusentum kann daher als Geheimreligion betrachtet werden.

Erkennbar sind die Eingeweihten (auch als die „Religiösen“ bezeichnet) daran, dass sie stets eine weiße Kopfbedeckung mit schwarzen Gewändern tragen. In Drusengebieten gibt es normalerweise keine Moscheen; die meisten Frauen tragen kein Kopftuch.

Drusen im Libanon

Das einzige Land, in dem die Drusen eine größere politische Rolle spielen, ist der Libanon. Dort kämpfen sie seit gut 100 Jahren als Gegenspieler der Maroniten, obwohl im 20. Jahrhundert der Gegensatz durch den gemeinsamen Kampf gegen die Nachbarländer Syrien und Israel etwas gemildert wurde. Nach Schiiten, Maroniten, Sunniten, Rum-Orthodoxen stellen die Drusen die fünft- oder sechstgrößte Religionsgemeinschaft (etwa gleichauf mit den Gläubigen der griechisch-katholischen Kirche) im Land.

Zentrum der Minderheit ist das Chouf-Gebirge, im Südlibanon leben sie mit Christen zusammen (siehe auch Walid Dschumblat).

Drusen in Syrien

Flagge des Drusengebirgstaates

In den 1920ern richtete die französische Mandatsverwaltung im Hauran-Gebiet im Südwesten Syriens mit dem Drusengebirgsstaat (Djébel druze) einen autonomen Teilstaat ein, um den syrischen Widerstand gegen die Kolonialherrschaft zu zersplittern. Nachdem Drusen sich jedoch 1925–27 an die Spitze des Aufstands in Damaskus gestellt hatten, wurde der Dschebel ad-Duruz dem restlichen Syrien wiedereingegliedert (siehe auch Geschichte Syriens).

Neben dem Dschebel ad-Duruz leben Drusen am Osthang des Hermon-Gebirges (Dschabal asch-Schaich) in Dörfern auf 1000 bis 1500 Meter Höhe.

Der Widerstand der Drusen wurde auch bewaffnet geführt. Um den Widerstand der Drusen zu brechen, richteten die Franzosen ein Massaker an Drusen und Kurden an. Sie stellten die Leichen auf dem Marktplatz von Damaskus zur Schau, um sich vor weiteren Angriffen zu schützen, was durch dieses Mittel der Einschüchterung erreicht werden sollte.

Drusen in Israel

Drusen in Israel verhalten sich als israelische Staatsbürger gegenüber der israelischen Regierung loyal und leisten in der israelischen Armee ihren Militärdienst. Tatsächlich wurden die Drusen 1957 in Israel als eigenständige Religionsgemeinschaft anerkannt. Sie sehen sich als Araber, jedoch (in Israel) nicht als Muslime. Allerdings steigt langsam der Druck von palästinensischer Seite, mit den palästinensischen Muslimen konform zu gehen. Hierzu zählen nicht die Drusen des im Sechstagekrieg 1967 besetzten syrischen Golan. Sie leben in einigen wenigen Dörfern des Nordgolans unterhalb des Hermons, haben aber ihr Land anlässlich der israelischen Eroberung 1967 im Gegensatz zu den Sunniten der Stadt Qunaitra oder der weiter südlich gelegenen, mittlerweile nicht mehr existierenden Dörfer nicht verlassen.

Mitochondriale DNA

Analysen der mitochondrialen DNA von drusischen Einwohnern (311 Haushalte in 20 Dörfern in schwer zugänglichen Berggegenden in Israel) durch ein Team von israelischen und US-amerikanischen Wissenschaftlern belegen uralte mündliche Überlieferungen, die behaupten, dass sich die Drusen vor Jahrtausenden aus vielen verschiedenen Stämmen zusammensetzten. In der untersuchten Drusenbevölkerung findet man etwa 150 verschiedene Varianten der mitochondrialen DNA, die nach Aussage der Autoren ein geschütztes genetisches Reservat ("genetic sanctuary") darstellen und damit einen Einblick in die Populationsdiversität des Nahen Ostens vor einigen Jahrtausenden erlauben.[2]

Literatur

  • Général Andrea: La Révolte Druze Et L'Insurrection De Damas. 1925-1926. Payot, Paris 1937, (Bibliothèque historique).
  • Paul-Jacques Callebaut: Les mystérieux Druzes du Mont-Liban. La Renaissance du livre, Tournai 2000, ISBN 2-8046-0333-4.
  • Kais M. Firro: The Druzes in the Jewish State. A Brief History. Brill, Leiden u. a. 1999, ISBN 90-04-11251-0, (Social, economic and political studies of the Middle East and Asia 64).
  • Abbas El-Halabi: Les Druzes. Vivre avec l'avenir. 2. Ausgabe. Editions Dar an-Nahar, Beyrouth 2005, ISBN 9953-74-042-9.
  • Jad Hatem: Dieu en guise d'Homme dans le Druzisme. Librairie de l’Orient, Paris 2006, ISBN 2-8416-1302-X.
  • Georges Dagher, Isabelle Rivoal: Les Maîtres du Secret. Ordre mondain et Ordre religieux dans la Communauté Druze en Israël. Éditions de l'École des hautes études en sciences sociales, Paris 2000, ISBN 2-7132-1338-X, (Recherches d'histoire et de sciences sociales 88).
  • Fuad Khoury: Being a Druze. Druze Heritage Foundation, London 2004, ISBN 1-904850-00-6.
  • Peggy Klein: Die Drusen in Israel. Tectum-Verlag, Marburg 2001, ISBN 3-8288-8305-2, (Zugleich: Hannover, Univ., Diss., 2001).
  • Louis Périllier: Les Druzes. Editions Publisud, Paris 1986, ISBN 2-86600-252-0, (Courants universels).
  • Bernadette Schenk: Tendenzen und Entwicklungen in der modernen drusischen Gemeinschaft des Libanon. Versuche einer historischen, politischen und religiösen Standortbestimmung. Schwarz, Berlin 2002, ISBN 3-87997-298-2, (Islamkundliche Untersuchungen 245).
  • Werner Schmucker: Krise und Erneuerung im libanesischen Drusentum. Selbstverlag des Orientalischen Seminars der Universität, Bonn 1979, ISBN 3-447-02058-X, (Studien zum Minderheitenproblem im Islam 3), (Bonner orientalische Studien N. S. 27, 3).
  • Sehabeddin Tekindag: Duruz. In: Encyclopaedia of Islam. Band 2. Leiden, ISBN 90-04-07026-5, S. 631.

Weblinks

 Commons: Drusen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gebhard Fartacek: Pilgerstätten in der syrischen Pheripherie. Eine ethnologische Studie zur kognitiven Konstruktion sakraler Plätze und deren Praxisrelevanz. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2003, S. 27
  2. PLoS ONE, 7. Mai, 2008 The Druze: A Population Genetic Refugium of the Near East
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