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Achtes Buch Sozialgesetzbuch

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Basisdaten
Titel: Sozialgesetzbuch Achtes Buch
– Kinder- und Jugendhilfe –
Kurztitel: Achtes Buch Sozialgesetzbuch
Abkürzung: SGB VIII
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Sozialrecht
Fundstellennachweis: 860-8
Ursprüngliche Fassung vom: 26. Juni 1990
(BGBl. I S. 1163)
Inkrafttreten am: 3. Oktober 1990 (neue Bundesländer),
1. Januar 1991 (alte Bundesländer)
Neubekanntmachung vom: 11. September 2012
(BGBl. I S. 2022)
Letzte Änderung durch: Art. 10Vorlage:Art./Wartung/buzer Abs. 10 G vom 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
9. November 2017 (Art. 11Vorlage:Art./Wartung/buzer G vom 30. Oktober 2017,
BGBl. I S. 3618)
GESTA: C153
Weblink: Text des Gesetzes
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Achte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) ist ein vom Deutschen Bundestag und mit Zustimmung des Deutschen Bundesrates beschlossenes Gesetz und umfasst die bundesgesetzlichen Regelungen in Deutschland, die die Kinder- und Jugendhilfe betreffen. Die Bundesländer haben ergänzend Ausführungsgesetze erlassen.

Geschichte

Das SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe wurde 1990 als Artikel 1 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG = „Gesetz zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts“ von 1990) auf den Weg gebracht. Das KJHG trat am 1. Januar 1991 in den westlichen Bundesländern in Kraft und löste das bis dahin geltende deutsche Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) von 1961 ab. In den neuen Bundesländern erlangte das KJHG bereits mit dem Beitrittstermin am 3. Oktober 1990 seine Gültigkeit.

Das KJHG ist ein Artikelgesetz mit insgesamt 24 Artikeln, das neben dem neuen SGB VIII verschiedene bestehende Gesetze zum Zeitpunkt 1991 änderte, zum Beispiel das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und das Jugendgerichtsgesetz (JGG). Daneben enthält es einige Übergangsvorschriften für die Anwendung des neuen Rechts. Im Zuge der gesetzlichen Neuordnung der Kinder- und Jugendhilfe waren diese Änderungen anderer Gesetze notwendig geworden, da sie im Widerspruch zu den neu gefassten Regelungen standen. 1995 erfolgte die letzte Änderung und 1996 entfielen die letzten zeitlichen Einschränkungen des KJHG.[1]

Ziele des KJHG

Mit dem KJHG von 1990 wurde die politische und fachliche Kritik an der Kontroll- und Eingriffsorientierung des vorherigen Jugendwohlfahrtsgesetz aufgenommen und ein Angebote- und ‘Leistungsgesetz’ für Kinder, Jugendliche und ihre Eltern geschaffen, das auf Unterstützung und Hilfsangebote setzt. Das Inkrafttreten des KJHG wird daher auch als Paradigmenwechsel in der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland angesehen.

Einerseits ist sein Zuschnitt nun der eines modernen Leistungsgesetzes, andererseits setzt es Traditionen fort, die bereits 1920 durch die Reichsschulkonferenz begründet wurden und in das 1924 in Kraft getretene Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt (RJWG) einflossen: Die Kinder- und Jugendhilfe bleibt Teil des Sozialwesens; die Angebote sollen im Wesentlichen von den freien Trägern erbracht werden; die Leistungsverpflichtung liegt überwiegend bei den Kommunen; das Jugendamt bleibt in seiner Doppelstruktur – bestehend aus Verwaltung und Jugendhilfeausschuss – erhalten. Auch eine spezielle Ausformung des Subsidiaritätsprinzips (im jugendhilferechtlichen Sinne der Vorrang freier Träger vor öffentlichen Leistungserbringern; der Vorrang von Selbsthilfe und Unterstützung durch die freie Wohlfahrtspflege gegenüber der öffentlichen Verantwortung) findet hier seine frühe Grundlage. Diese Wurzeln bestimmen bis heute als wesentliche Strukturprinzipien die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland.

Leistungsumfang

Das SGB VIII regelt bundeseinheitlich die Leistungen gegenüber jungen Menschen (Kinder, Jugendliche, junge Volljährige) sowie deren Familien (insb. Eltern, Personensorgeberechtigte, Erziehungsberechtigte). Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe (in der Regel also das jeweilige Land als überörtlicher Träger und die Landkreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger) sind verantwortlich dafür, dass die Leistungen erbracht werden. Sie richten zur Durchführung ihrer Aufgaben Landesjugendämter und Jugendämter ein.

Leistungen und 'andere Aufgaben' der Kinder- und Jugendhilfe sind:

Weiterhin regelt das SGB VIII

  • welche Behörde örtlich und sachlich zuständig ist,
  • die Struktur des Jugendamts sowie des Landesjugendamts,
  • Datenschutzangelegenheiten,
  • (neuerdings auch) Maßnahmen der Qualitätssicherung der Jugendhilfe,
  • das Verhältnis der Kinder- und Jugendhilfeleistungen zu Leistungen anderer zum SGB XII (Sozialhilfe) ist vorrangig, zu Leistungen der Agenturen für Arbeit nachrangig.

Die Angebote (Leistungen), Einrichtungen und Dienste werden überwiegend von den freien Trägern der Jugendhilfe vorgehalten. Das Land Berlin hat aber 12 bezirkseigene EFB. Die 'anderen Aufgaben', wie z. B. Beistandschaften, Beurkundungen und Bewilligung von Negativattesten, können nur vom Jugendamt wahrgenommen werden.

Die Regelung der Kinder- und Jugendhilfe gehört in den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung und der Bund hat von seinem Regelungsrecht mit dem SGB VIII Gebrauch gemacht. Wie in vielen Bundesgesetzen wird aber auch im SGB VIII nur der Rahmen bestimmt; das Nähere wird in Landesausführungsgesetzen (AG KJHG) festgelegt und kann in verschiedenen Bundesländern unterschiedlich geregelt sein. Die Umsetzung liegt gem. § 85 SGB VIII überwiegend bei den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe (i. d. R. den Kreisen und kreisfreien Städten) soweit nicht der überörtliche Träger zuständig ist (i. d. R. das Land oder Landschaftsverbände). Weiterführende Informationen dazu stehen im Artikel: Kinder- und Jugendhilfe.

Das SGB VIII wurde seit 1991 oft überarbeitet, geändert und novelliert, bis 2012 etwa 40 Mal. Wesentlich wurde es im Rahmen der Neugestaltung des Schwangeren- und Familienrechtes 1992 überarbeitet, mit dem der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz bundesrechtlich bestimmt wurde. Wesentliche Änderungen hat das SGB VIII durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) vom 27. Dezember 2004 (siehe: Kindertagesbetreuung), das Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz – KICK) vom 8. September 2005 sowie durch das Kinderförderungsgesetz KiföG vom 10. Dezember 2008 erfahren.

Verfahren

Allgemein gilt für das Verwaltungsverfahren des SGB VIII, wie für alle Sozialgesetzbücher, das SGB X und ergänzend das SGB I, soweit nicht für einzelne Aufgaben etwas anderes bestimmt ist, z. B. FGG.

Kein Antragserfordernis Leistungen der Jugendhilfe sind ähnlich wie Leistungen der Sozialhilfe nicht von einem förmlichen Antrag abhängig. Anders als in der Sozialhilfe (dort § 18 SGB XII) setzt die Leistung der Jugendhilfe aber nicht mit dem Bekanntwerden eines eventuellen Bedarfs an erzieherischer Hilfe oder Eingliederungshilfe ein. Erforderlich ist eine eindeutige Willensbekundung der Personensorgeberechtigten bzw. des jungen Volljährigen, Hilfe in Anspruch nehmen zu wollen. Nur der § 35a SGB VIII begründet einen eigenständigen Rechtsanspruch des Minderjährigen gegenüber dem Kostenträger. Kosten einer Jugendhilfe werden nur übernommen, wenn das Jugendamt die Kostenentscheidung auf der Grundlage eigener Ermittlungen getroffen hat. Dazu gehört, dass das Jugendamt einen Bedarf an Erzieherischer Hilfe, Hilfe für junge Volljährige bzw. eine seelische Behinderung im Sinne des § 35a SGB VIII festgestellt hat und eine Entscheidung über im Einzelfall geeignete Hilfsangebote getroffen hat (§ 36a SGB VIII). Die Möglichkeit, für selbst beschaffte Hilfen ohne vorherige Entscheidung des Jugendamtes Kostenerstattung zu erhalten, ist auf enge Ausnahmefälle beschränkt (§ 36a Abs. 2 SGB VIII).

Mitwirkung und Hilfeplan Am § 36 SGB VIII wird der oben erwähnte Paradigmenwechsel in der öffentlichen Jugendhilfe deutlich. Statt einer einseitigen Verwaltungsentscheidung des Jugendamtes verlangt § 36 SGB VIII eine Kooperation zwischen den Fachkräften der Behörde und den beteiligten Hilfesuchenden. Bestandteil der Kooperation ist eine umfassende Beratung. Der Hilfeprozess und die Entscheidung des Jugendamtes sind in einem Hilfeplan zu dokumentieren.

Rechtsmittel Wer glaubt, in seinen Rechten verletzt worden zu sein, kann gegen die Entscheidungen des Jugendamtes Widerspruch einlegen. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift innerhalb eines Monats einzulegen. Nach Erlass des Widerspruchsbescheids kann Klage erhoben werden, sofern dem Widerspruch nicht abgeholfen wurde. Zuständig für Streitigkeiten in Angelegenheiten der Jugendhilfe sind die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit. In einigen Bundesländern, darunter Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, wurde das Widerspruchsverfahren weitgehend abgeschafft, so dass dort der direkte Klageweg offensteht. In Bayern besteht ein Wahlrecht dahingehend, ob eine Entscheidung im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens oder auf dem erstinstanziellen Klageweg herbeigeführt werden soll.

Bei Ermessensentscheidungen des Jugendamtes überprüft das Gericht lediglich, ob die Entscheidung ermessensfehlerfrei getroffen wurde. Ist das der Fall, wird das Gericht die Entscheidung des Jugendamts nicht aufheben. Dagegen unterliegt die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe wie z. B. „eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung“ (§ 27 Abs. 1 SGB VIII) der uneingeschränkten Überprüfung durch das Verwaltungsgericht.

Datenschutz

Das SGB VIII beinhaltet auch spezielles Recht zum Sozialdatenschutz (§ 61 bis § 68 SGB VIII). Der Erfolg der persönlichen und erzieherischen Hilfe ist in der Regel von einem besonderen Vertrauensverhältnis abhängig (§ 65 SGB VIII). Für andere Aufgaben des Jugendamts wie Amtspflegschaft, Amtsvormundschaft, Beistandschaft und Gegenvormund gilt hingegen nur § 68 SGB VIII.

Siehe auch

Literatur

  • Johannes Münder, Thomas Trenczek (Hrsg.): Kinder- und Jugendhilferecht. 8. Auflage. Nomos, Baden-Baden 2015, ISBN 978-3-8252-4498-9
  • Hans Schleicher: Jugend- und Familienrecht. 13. Auflage. Verlag C.H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-61062-2
  • Christian Bernzen, Anna-Maria Bruder: Rechtliche Grundlagen der Kinder- und Jugendhilfe. In: Karin Böllert (Hrsg.): Kompendium Kinder- und Jugendhilfe. Springer VS, Wiesbaden, 2017, S. 131–164

Kommentare

  • Fieseler, Schleicher, Busch, Wabnitz: Kinder- und Jugendhilferecht. Gemeinschaftskommentar zum SGB VIII. Neuwied 1998, Stand: 39. Akt.lief. Juli 2010
  • Hauck, Noftz: SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe – Loseblattsammlung mit jeweils aktueller Nachlieferung. ISBN 978-3-503-03183-2
  • Winfried Möller, Christoph Nix u. a.: Kurzkommentar zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe. 2006/2007, ISBN 3-8252-2859-2
  • Johannes Münder, Thomas Meysen, Thomas Trenczek (Hrsg.): Frankfurter Kommentar zum SGB VIII. 7. Auflage. Nomos, Baden-Baden 2013, ISBN 978-3-8329-7561-6
  • Walter Schellhorn, Lothar Fischer, Horst Mann, Helmut Schellhorn, Christoph Kern (Hrsg.): SGB VIII/KJHG Kinder- und Jugendhilfe. Kommentar. 4. Auflage. 2011, Verlag Luchterhand, ISBN 978-3-472-07977-4
  • Reinhard Wiesner u. a.: SGB VIII (SGB) – Kinder- und Jugendhilfe. 4. Auflage. München 2011, ISBN 978-3-406-59710-7

Weblinks

Einzelnachweise

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