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Vierjahresplan

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Der Vierjahresplan bezeichnet die auf dem Auftrag Adolf Hitlers gründende nationalsozialistische Wirtschaftsprogrammatik, ab 1936 binnen vier Jahren die wirtschaftliche und militärische Kriegsfähigkeit durch Autarkie und forcierte Aufrüstung zu erreichen. Dazu wurde ab Ende 1936 eine entsprechende Vierjahresplanbehörde unter Hermann Göring eingerichtet.

Entstehung

Am 18. Oktober 1936 erließ Hitler die Verordnung zur Durchführung des Vierjahresplans, die Hermann Göring die Generalvollmacht für die Lenkung aller wirtschaftlichen Maßnahmen übertrug, die für die Erreichung der Kriegsfähigkeit notwendig seien.[1]

Unter Göring wurde der Vierjahresplan als eine Oberste Reichsbehörde institutionalisiert.[2] Ihr Zweck bestand darin, Autarkie und Kriegsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu schaffen. Der Plan wurde auf dem Reichsparteitag im September 1936 verkündet. Göring führte die Behörde aus dem Preußischen Staatsministerium und stellte sie als Beauftragter für den Vierjahresplan im Oktober 1936 im Berliner Sportpalast der Öffentlichkeit vor. Der Plan diene vor allem der Ernährungssicherung der Deutschen.[3]

Das nationalsozialistische Regime selbst bezeichnete den 1936 institutionalisierten Vierjahresplan bis Kriegsende als „zweiten Vierjahresplan“, um an ein seit 1933 bewährtes Propagandamotiv anzuknüpfen. Schon vor den Märzwahlen 1933 hatte Hitler bei verschiedenen Gelegenheiten propagiert, er brauche vier Jahre Zeit, um die Arbeitslosigkeit zu beseitigen, und Propagandaminister Joseph Goebbels die Presse angewiesen, darüber stets unter der Überschrift „Gebt mir vier Jahre Zeit“ zu berichten. Der Vierjahresplan 1936 bis 1940, so Goebbels, basiere nun auf diesem „ersten Vierjahresplan“.[4]

Der Plan

    Durchschnittliche Gold- und Devisenbestände Deutschlands in Mio. Reichsmark[5]
1928 1929 1930 1931 1932 1933 1934 1935 1936
2.405 2.506 2.806 1.914 975 530 165 91,0 75,0
Reichsgesetzblatt vom 19. Oktober 1936: Verordnung zur Durchführung des Vierjahresplanes

Ziel war die Ausrichtung der Wirtschaft auf die beschleunigte Rüstung und Autarkie, da Deutschland mit seiner Rohstoffabhängigkeit vom Ausland sonst keinen längeren Krieg führen konnte.

Denkschrift zum Vierjahresplan

Der Vierjahresplan wurde durch eine geheime, etwa August 1936 verfasste Denkschrift Adolf Hitlers befohlen. Diese leitete Hitler ein mit der These, ein Krieg mit der Sowjetunion sei unvermeidlich.

Die zentralen Forderungen in Hitlers Denkschrift waren:

  1. „Die deutsche Armee muss in vier Jahren einsatzfähig sein.“
  2. „Die deutsche Wirtschaft muss in vier Jahren kriegsfähig sein.“[6]

Warum und wofür Armee und Wirtschaft 1940 hauptsächlich einsatz- und kriegsfähig sein sollten, hatte Hitler vor seinem Schlussfazit in der Denkschrift wie folgt erläutert: „Wir sind übervölkert und können uns auf der eigenen Grundlage nicht ernähren […] Die endgültige Lösung liegt in einer Erweiterung des Lebensraumes bzw. der Rohstoff- und Ernährungsbasis unseres Volkes. Es ist die Aufgabe der politischen Führung, diese Frage dereinst zu lösen.“[7]

Hermann Göring trug die Denkschrift in einer Kabinettssitzung am 4. September 1936 vor. Er erörterte die Pläne mit den Worten: „Sie geht von dem Grundgedanken aus, dass die Auseinandersetzung mit Russland unvermeidbar ist.“ Er schloss die Kabinettssitzung mit dem Hinweis:

„Alle Maßnahmen haben so zu erfolgen, als ob wir im Stadium der drohenden Kriegsgefahr uns befänden.“[8]

Entwicklung und Durchführung

Auf organisatorischer Ebene sah Görings Erlass vom 22. Oktober 1936 die Einrichtung eines kleinen Ministerrats der wirtschafts- und sozialpolitischen Ressorts für Grundsatzentscheidungen vor, während ein aus den jeweiligen Staatssekretären bestehender Generalrat „als exekutive Koordinierungsinstanz“ fungieren sollte. Da der Ministerrat selten zusammentrat, wurde der eigentlich untergeordnete, aber wöchentlich tagende und alle Probleme des Vierjahresplan erörternde Generalrat „wichtiger als der Ministerrat“.[9]

Die Methoden waren durch Rohstoffkontingentierung, Investitionen sowie Lenkung des Arbeitseinsatzes gekennzeichnet. Unter anderem war es das Ziel, die Autarkie der deutschen Wirtschaft mit Hilfe der unrentablen Erzeugung synthetischer Rohstoffe (Synthetisches Benzin, Buna, Sprengstoff und Dünger) zu erreichen.

Im Rahmen des Vierjahresplans gründete die NS-Regierung unter anderem die Reichswerke Hermann Göring, die dem Abbau und der Verhüttung von armen Eisenerzen dienten. Als Verantwortlicher wurde Göring eingesetzt. Der Vierjahresplan war nicht besonders effektiv organisiert. Dennoch konnte die Wirtschaftsleistung erheblich gesteigert werden. Vom Frühjahr 1942 bis zum Februar 1943 wurde unter der Leitung Albert Speers der Ausstoß an Rüstungsgütern verdoppelt, wofür aber hauptsächlich eine stark gesteigerte Zuteilung an Stahl ursächlich war.[10]

Vor der Öffentlichkeit verkündete Göring am 28. Oktober 1936 im Berliner Sportpalast den Vierjahresplan unter anderem als eine Konzeption zur Sicherung der Ernährung des Volkes.[11]

Am 17. Dezember 1936 hielt Göring vor über 100 Industriellen eine Rede im Preußenhaus über die Durchführung des Vierjahresplans; in dieser Rede äußerte er:

„Die Auseinandersetzung, der wir entgegengehen, verlangt ein riesiges Ausmaß von Leistungsfähigkeit. Es ist kein Ende der Aufrüstung abzusehen. Allein entscheidend ist hier der Sieg oder Untergang. […] Wir stehen bereits in der Mobilmachung und im Krieg, es wird nur noch nicht geschossen.“[12]

Laut der Denkschrift Hitlers war der Vierjahresplan nur als vorübergehende Lösung anzusehen („Die endgültige Lösung liegt in einer Erweiterung des Lebensraumes bzw. der Rohstoff- und Ernährungsbasis unseres Volkes.“). Demgemäß wurde ab 1941 die Planung zunächst unter Fritz Todt und nach dessen Tod ab Februar 1942 unter Speer völlig auf die totale Kriegswirtschaft umgestellt.

Am 18. Oktober 1936 ernannte Hitler Göring zum „Bevollmächtigten für den Vierjahresplan“, womit seine Macht im nationalsozialistischen Deutschen Reich noch weiter zunahm. Der Plan löste den Neuen Plan Hjalmar Schachts ab. Durch die Ernennung Görings wurde die Macht von Hjalmar Schacht beschnitten, der Ende November von seinem Posten als Wirtschaftsminister zurücktrat.[13]

Ab diesem Zeitpunkt der Ernennung Görings durch Hitler unterscheidet Dietmar Petzina drei Phasen für die Entwicklung und Durchführung des Vierjahresplans, wobei Göring als „Diktator auf dem Gebiet der Wirtschaft“ fungiert habe: 1.) Eine eher weit gefächerte noch recht allgemeine Planung und Aktivität zwischen Oktober 1936 und Sommer 1938. 2.) Den Zeitraum einer ganz auf kriegswirtschaftliche Mobilmachung orientierten Wirtschaftspolitik von Juli 1938 bis zum Kriegsbeginn im September 1939. 3.) Die Phase der Verschmelzung des Vierjahresplanes mit der Kriegswirtschaft vom Herbst 1939 bis 1942.[14] Der Plan sei „für die politische Bewegungsfreiheit des Regimes hochwichtig“ gewesen und sollte durch die Schaffung wirtschaftliche Unabhängigkeit Hitlers „Außenpolitik der Drohungen und Erpressungen“ ermöglichen.[15]

1940 verlängerte Hitler die Vollmacht Görings als Beauftragter für den Vierjahresplan, die sich seit dem deutschen Überfall 1941 auf die UdSSR auch auf die dort besetzten Gebiete erstreckte.[2] So war der Vierjahresplan auch im Weltkrieg von großer wirtschaftlicher und politischer Bedeutung. Die von der Behörde ausgearbeiteten Pläne fanden ihren Niederschlag u. a. in der Grünen Mappe für das Unternehmen Barbarossa. Dafür setzte Göring den „Stab General Bührmann“ ein, benannt nach seinem Befehlshaber Generalmajor Robert Bührmann.[16] Er wurde durch einen Erlass Görings vom 28. November 1939 zum Beauftragten für Rohstoffversorgung im Stab des Oberbefehlshabers Ost berufen, die grundlegenden Aufgaben wurden von Bührmann am 30. November 1939 festgelegt. Ab 1940 wurde er als Inspektor für die Rohstoffversorgung in allen besetzten Gebieten und als Generalbevollmächtigter des Vierjahresplans[17] berufen.[18][19]


Literatur

  • Wolfgang Michalka (Hrsg.): Deutsche Geschichte 1933–1945. Dokumente zur Innen- und Außenpolitik (= Fischer 50234 Die Zeit des Nationalsozialismus). Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-596-50234-9
  • Dietmar Petzina: Autarkiepolitik im Dritten Reich. Der nationalsozialistische Vierjahresplan (= Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Bd. 16). Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1968 (Zugleich: Mannheim, Wirtschaftshochschule, Diss., 1965: Der nationalsozialistische Vierjahresplan von 1936)
  • Wolfgang Schieder: Spanischer Bürgerkrieg und Vierjahresplan. Zur Struktur nationalsozialistischer Außenpolitik. In: Ulrich Engelhardt, Volker Sellin, Horst Stuke (Hrsg.): Soziale Bewegung und politische Verfassung. Beiträge zur Geschichte der modernen Welt. Festschrift für Werner Conze zum 31. Dezember 1975 (= Industrielle Welt. Sonderband). Ernst Klett, Stuttgart 1976, ISBN 3-12-901850-6, S. 832–856.
  • Arthur Schweitzer: Der ursprüngliche Vierjahresplan. Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Bd. 168 (1956), S. 348–396
  • Wilhelm Treue: Dokumentation: Hitlers Denkschrift zum Vierjahresplan 1936. Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Jg. 3, Heft 2, 1955, S. 184–210, online (PDF; 5 MB), (enthält im Unterschied zu Michalka u. a. Hitlers Denkschrift ungekürzt in vollem Wortlaut)
  • Anton Zischka: Wissenschaft bricht Monopole. Goldmann, Leipzig u. a. 1936 (zahlreiche, auch fremdsprachige, Ausgaben; Nazistische Propagandaschrift für den Vierjahresplan)

Weblinks

Fußnoten

  1. Dietmar Petzina: Autarkiepolitik im Dritten Reich. Der nationalsozialistische Vierjahresplan (= Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Bd. 16). Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1968, S. 57f.
  2. 2,0 2,1 Dietrich Eichholtz: Vierjahresplan, in: Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß (Hrsg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus. 5., aktualisierte und erweiterte Auflage. München 2007, ISBN 978-3-423-34408-1, S. 851 f.
  3. Tim Schanetzky: „Kanonen statt Butter“. Wirtschaft und Konsum im Dritten Reich. C.H.Beck, München 2015, S. 150.
  4. Tim Schanetzky: „Kanonen statt Butter“. Wirtschaft und Konsum im Dritten Reich. C.H.Beck, München 2015, S. 150f.
  5. Monatlicher Bericht des Wehrwirtschaftsstabes über den „Stand der wirtschaftlichen Lage. 1.2.1938“ BA-MA Wi I F 5/543. entnommen aus: Friedrich Forstmeier, Hans-Erich Volkmann (Hrsg.): Wirtschaft und Rüstung am Vorabend des Zweiten Weltkrieges. 2. Auflage. Droste, Düsseldorf 1981, ISBN 3-7700-0399-3, S. 85.
  6. Wolfgang Michalka (Hrsg.): Deutsche Geschichte 1933–1945. 1999, S. 112; Wilhelm Treue: Dokumentation: Hitlers Denkschrift zum Vierjahresplan 1936. 1955.
  7. Wilhelm Treue: Dokumentation: Hitlers Denkschrift zum Vierjahresplan 1936. 1955
  8. Wolfgang Michalka (Hrsg.): Deutsche Geschichte 1933–1945. 1999, S. 112 f.
  9. Dietmar Petzina: Autarkiepolitik im Dritten Reich. Der nationalsozialistische Vierjahresplan (= Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Bd. 16). Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1968 (Zugleich: Mannheim, Wirtschaftshochschule, Diss., 1965: Der nationalsozialistische Vierjahresplan von 1936), S. 58f.
  10. Tim Schanetzky: „Kanonen statt Butter“. Wirtschaft und Konsum im Dritten Reich. C.H.Beck, München 2015, ISBN 978-3-406-67515-7, S. 218.
  11. im Berliner "Sportpalast"
  12. Nürnberger Dokument NI-051, Zitiert nach: Wilhelm Treue: Das Dritte Reich und die Westmächte auf dem Balkan. Zur Struktur der Außenhandelspolitik Deutschlands, Großbritanniens und Frankreichs 1933–1939. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Jg. 1, Heft 1, 1953, S. 45–64, hier S. 53 f., online (PDF; 5,1 MB); Auszug online in Englisch (Memento vom 7. Juli 2013 im Internet Archive).
  13. Nürnberger Prozess, Einhundertzwanzigster Tag. Freitag, 3. Mai 1946 (Vernehmungsprotokoll)
  14. Dietmar Petzina: Autarkiepolitik im Dritten Reich. Der nationalsozialistische Vierjahresplan. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1968, S. 57.
  15. Dietmar Petzina: Autarkiepolitik im Dritten Reich. Der nationalsozialistische Vierjahresplan. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1968, S. 194.
  16. Deutsches Historisches Institut Warschau - Michael Alberti
  17. Dieter Herrmann: Generalgouvernement der besetzten polnischen Gebiete (GG) 1939 bis 1945. (PDF) In: Uni-Hamburg.de. 28. Juni 2012, abgerufen am 1. Januar 2019.
  18. Joachim Scholtyseck: Freudenberg: Ein Familienunternehmen.
  19. Bundesarchiv Freiburg - Militärarchiv
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