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Medizinproduktegesetz

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Medizinproduktegesetz (kurz MPG) bezeichnet in Deutschland und Österreich die nationale Umsetzung der europäischen Richtlinien 90/385/EWG für aktive implantierbare medizinische Geräte, 93/42/EWG für Medizinprodukte und 98/79/EG für In-vitro-Diagnostika.

Mit dem Medizinproduktegesetz wurde die bis dahin geltende Medizingeräteverordnung (MedGV), die lediglich für medizinisch-technische Geräte galt, abgelöst. Vor dem Inkrafttreten des Medizinproduktegesetzes waren die rechtlichen Regelungen für Medizinprodukte über eine Vielzahl von Gesetzen verstreut. Weder gab es einen einheitlichen Begriff „Medizinprodukt“ noch war das Recht die Medizinprodukte betreffend vereinheitlicht (kodifiziert). Medizinprodukte unterfielen teilweise der Medizingeräteverordnung (MedGV), dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz oder dem Arzneimittelrecht. Diese unterschiedlichen Regularien mit ihren unterschiedlichen Anforderungen sowie die fehlende einheitliche Definition des Begriffs Medizinprodukt machten eine einheitliche Rechtsanwendung schwer und wurden dem innovativen Markt mit Medizinprodukten auch nicht gerecht. Mit dem Inkrafttreten des Medizinproduktegesetz konnten diese Schwächen beseitigt und das Recht die Medizinprodukte betreffend kodifiziert werden. Nunmehr ist der Begriff Medizinprodukt in § 3 MPG klar definiert und in § 2 der Anwendungsbereich des Medizinproduktegesetzes inklusive die Abgrenzung zu anderen Produkten (z. B. Arzneimittel, kosmetische Mittel und Transplantate) und Rechtsmaterien klar umschrieben.

Von den Medizinprodukten zu trennen und damit dem Anwendungsbereich des Medizinproduktegesetzes entzogen sind die Arzneimittel. Der Hauptunterschied zwischen Medizinprodukten und Arzneimitteln liegt in der bestimmungsgemäßen Hauptwirkung. Während Arzneimittel pharmakologisch, immunologisch oder metabolisch wirken, wird den Medizinprodukten eine physikalische Wirkungsweise zugewiesen. Für die Festlegung dieser sog Zweckbestimmung ist der Hersteller (Definition in § 3 Nr. 15 MPG) verantwortlich. Die Zweckbestimmung, die somit subjektiv festgelegt wird, ergibt sich regelhaft aus der Kennzeichnung des Produkts, der Gebrauchsanweisung oder den Werbematerialien (§ 3 Nr. 10 MPG). Während die bestimmungsgemäße Wirkung von Arzneimitteln überwiegend objektiv festgelegt wird, d. h. nach wissenschaftlichen Erkenntnissen, gilt für Medizinprodukte eine subjektive Festlegung, wobei auch hier der Hersteller nicht grundsätzlich frei ist und sein Produkt willkürlich dem Medizinproduktegesetz zuordnen kann. Mit der Abgrenzung von Medizinprodukten zu Arzneimitteln oder kosmetischen Produkten hatten sich in der Vergangenheit eine Vielzahl von Oberlandesgerichten, vornehmlich im Rahmen von wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklagen, beschäftigen müssen. Dies verdeutlicht, dass die Festlegung der bestimmungsgemäßen Wirkung nicht immer einfach ist, denn die Beurteilung obliegt oft wissenschaftlichen Erkenntnissen.

EU-weite Vorgabe

Die europäischen Richtlinien 90/385/EWG, 93/42/EWG und 98/79/EG (als „Stammrichtlinien“) und 2003/32/EG, 2005/50/EG und 2007/47/EG (als „Änderungsrichtlinien“) enthalten die rechtlichen Anforderungen an das erstmalige Inverkehrbringen (erstmalige Abgabe vom Hersteller an den Handel oder Endverbraucher) und die erstmalige Inbetriebnahme von Medizinprodukten (Bereitstellung zum Gebrauch bzw. Anwendung) im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), die durch die nationale Gesetzgebung jedes EWR-Vertragsstaates umgesetzt werden müssen.

Mit dem europäischen Medizinprodukterecht wurde ein Beobachtungs- und Meldesystem eingerichtet, das mit den anderen Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums zusammenarbeitet; es dient der Erfassung und Abwehr von Risiken aus Medizinprodukten. Medizinprodukte, die nach europäischem Recht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union verkehrsfähig sind, sind auch in den anderen Mitgliedstaaten verkehrsfähig.

Dadurch steht Herstellern, Vertreibern, Patienten und Ärzten der gesamte EU-Markt der Medizinprodukte zur Verfügung. Vom Medizinprodukterecht werden alle Medizinprodukte erfasst. Die nach dem europäischen und somit auch nach dem nationalen Medizinprodukterecht verkehrsfähigen Medizinprodukte sind an der CE-Kennzeichnung („CE“ stand ursprünglich für „Communautée Européenne“, also „Europäische Gemeinschaft“) (die auch für Spielwaren, Elektrogeräte und andere Produkttypen vorgeschrieben ist) zu erkennen. Eine 4-stellige Kennnummer hinter dem CE-Logo identifiziert die sog. Benannte Stelle in Europa, die die Einhaltung der Anforderungen gemäß 93/42/EWG geprüft hat (EG-Konformitätsbewertung).

Das europäische Medizinprodukterecht geht von dem Grundsatz aus: weniger Staat zugunsten der Eigenverantwortung des Herstellers (bzw. des Erstimporteurs in die EU-Staatengemeinschaft). Es dient auch der Privatisierung staatlicher Aufgaben und spart somit Steuergelder. Die Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens erfolgt durch den Hersteller selbst. Bei Produkten der Klassen I steril und/oder mit Messfunktion, IIa, IIb und III ist zusätzlich eine Zertifizierung durch privatrechtliche oder staatliche (z. B. in Spanien) Prüfstellen erforderlich. Diese werden von staatlichen oder föderalistischen (z. B. in Deutschland, durch die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten, ZLG) Stellen benannt. Die Aufgaben der Überwachungsbehörden liegen in der Überwachung der Verantwortlichen, der Produkte, der Prüfstellen, der aufgetretenen Risiken und der klinischen Prüfungen. Die Überwachung erfolgt durch Inaugenscheinnahme der Betriebsstätten und Produkte, Prüfung der Technischen Dokumentation des Herstellers inklusive der klinischen Daten, Auswertung von Vorkommnismeldungen. Über die ZLG erfolgt die Benennung und Überwachung der Prüfstellen (Benannte Stellen).

Die Europäische Kommission legte am 26. September 2012 den Vorschlag für eine neue EU-Medizinprodukte-Verordnung vor. Der Vorschlag hatte zum Ziel, die bisherigen Richtlinien über aktive und über sonstige Medizinprodukte zu einem Regelwerk zusammenzufassen, das frühestens ab dem Jahr 2017 ohne nationale Umsetzung in den EU-Mitgliedstaaten, also auch in Deutschland und Österreich, direkt gelten wird. Zeitgleich, aber separat, soll auch die europäische IVD-Richtlinie in eine EU-IVD-Verordnung umgewandelt werden.

Seit dem 22. Februar 2017 liegen finalisierte Fassungen beider EU-Verordnungen für einen "Standpunkt des Rates" in erster Lesung des Rates am 7. März 2017 vor. Das Inkrafttreten beider Verordnungen erfolgt nach zweiter Lesung im EU-Parlament (im April 2017), sodann 20 Tage nach Bekanntmachung im EU-Amtsblatt (Juni/Juli 2017).

Die EU-Verordnungsvorschläge wurden infolge des PIP-Skandals im Jahr 2011 durch einen Sofortmaßnahmenkatalog (Dalli Immediate Action Plan) der EU-Kommission begleitet, indessen Gefolge die EU-Kommission zwei Rechtsakte erließ:

  1. "Durchführungsverordnung (EU) Nr. 920/2013 der Kommission vom 24. September 2013 über die Benennung und Beaufsichtigung benannter Stellen gemäß der Richtlinie 90/385/EWG des Rates über aktive implantierbare medizinische Geräte und der Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte";
  2. "Empfehlung der Kommission vom 24. September 2013 zu den Audits und Bewertungen, die von benannten Stellen im Bereich der Medizinprodukte durchgeführt werden (2013/473/EU).

Deutschland

Basisdaten
Titel: Gesetz über Medizinprodukte
Kurztitel: Medizinproduktegesetz
Abkürzung: MPG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Wirtschaftsverwaltungsrecht
Fundstellennachweis: 7102-47
Ursprüngliche Fassung vom: 2. August 1994
(BGBl. I S. 1963)
Inkrafttreten am: 1. Januar 1995
Neubekanntmachung vom: 7. August 2002
(BGBl. I S. 3146)
Letzte Änderung durch: Art. 7 G vom 18. Juli 2017
(BGBl. I S. 2757, 2766)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
29. Juli 2017
(Art. 10 G vom 18. Juli 2017)
GESTA: M031
Weblink: Text des Gesetzes
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Medizinproduktegesetz (MPG) enthält die technischen, medizinischen und Informations-Anforderungen für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten (durch Herstellung oder Einfuhr) im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Das MPG hat am 1. Januar 2002 die Medizingeräteverordnung (MedGV von 1985) endgültig abgelöst, wobei die Einteilung gemäß MedGV in Gruppen von Medizinprodukten, die bis 1994 hergestellt wurden, unangetastet blieb und diese Medizinprodukte nicht neu gemäß Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) in Klassen eingeteilt wurden. Das heißt, die Regelung und Bestimmungen der MedGV bleiben für diese Medizinprodukte (hergestellt bis 1994) erhalten.

Über die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) gelten auch Betreiber- und Anwendervorschriften für Medizinprodukte.

Zuständigkeit und Kontrolle

Für die Durchführung der Aufgaben nach § 32 Abs. 1 bis 3 MPG sind als Behörden zuständig:

Darüber hinaus führt das

als nichtrechtsfähige Bundesanstalt und Institution im Geschäftsbereich des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) die gesetzlichen Aufgaben nach § 33 MPG in Verbindung mit der DIMDI-Verordnung durch.

Rechtsverordnungen und Strafvorschriften

Mit sechs Strafvorschriften enthält das Medizinproduktegesetz auch Nebenstrafrecht.

Nach § 4 MPG ist es verboten, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen, zu errichten, in Betrieb zu nehmen, zu betreiben oder anzuwenden, wenn der begründete Verdacht besteht, dass sie die Sicherheit und die Gesundheit der Patienten, der Anwender oder Dritter bei sachgemäßer Anwendung, Instandhaltung und ihren Zweckbestimmung entsprechender Verwendung über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaften vertretbares Maß hinausgehend gefährlich oder ihr Verfalldatum abgelaufen ist.

Es wird durch Rechtsverordnungen[1] weiter ausgeführt:

Die „Bekanntmachungen“ und „Mitteilungen“ des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) erläutern einige dieser Rechtsverordnungen (MPBetreibV, DIMDIV, MPSV und MPKPV).

Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV)

Am 29. Juli 2014 trat die Verordnung über die Abgabe von Medizinprodukten und zur Änderung medizinprodukterechtlicher Vorschriften in Kraft (BGBl. 2014 I S. 1227).

Kernstück der Artikel-Verordnung ist die Aufhebung der bisherigen Verordnungen über die Verschreibungspflicht und die Apothekenpflicht für Medizinprodukte. Sie werden durch eine „Medizinprodukte-Abgabeverordnung“ ersetzt, die die Abgabe bestimmter Medizinprodukte zur Laienanwendung regelt. Für alle übrigen Medizinprodukte, die unter ärztlicher Aufsicht angewendet werden, entfällt die frühere Verschreibungs- und Apothekenpflicht.

Geändert wurden außerdem die

  • MPBetreibV: Betreiberverordnung, die u. a. die Einführung eines Implantatpasses fordert,
  • MPKPV: Verordnung über klinische Prüfungen – Verordnung mit Erleichterungen im Genehmigungsverfahren klinischer Prüfungen beim BfArM,
  • MPSV: Sicherheitsplan-Verordnung – mit der Deregulierung, dass schwerwiegende unerwünschte Ereignisse nur noch bei Produktbezug zu melden sind; in einer parallelen Anhörung[2] wird die Frage diskutiert, ob auch das Unterlassen einer gebotenen Meldung unerwünschter Ereignisse („Vorkommnisse“) durch das medizinische Fachpersonal (Anwender und Betreiber) an das BfArM sanktioniert, d. h. bußgeldbewehrt werden soll,
  • DIMDI-Verordnung mit neuen internen Unterrichtungspflichten und der Erfassung von SAE-Meldungen.

Österreich

Basisdaten
Titel: Medizinproduktegesetz
Langtitel: Bundesgesetz betreffend Medizinprodukte (Medizinproduktegesetz MPG)
Abkürzung: MPG
Typ: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Republik Österreich
Rechtsmaterie: Verwaltungsrecht
Fundstelle: BGBl. Nr. 657/1996
Datum des Gesetzes: 29. November 1996
Inkrafttretensdatum: 1. Jänner 1997
Letzte Änderung: BGBl. I Nr. 143/2009 (30. November 2009)
Gesetzestext: Text des Medizinproduktegesetzes
Bitte beachte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung!

Das österreichische Medizinproduktegesetz ist am 1. Januar 1997 in Kraft getreten, die österreichische Medizinproduktebetreiberverordnung am 1. April 2007. Beide wurden durch das am 30. Dezember 2009 veröffentlichte Bundesgesetz betreffend Medizinprodukte (Medizinproduktegesetz, MPG) entsprechend den durch EU-Richtlinie 2007/47/EG geänderten EU-Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG modifiziert.

Einzelnachweise

Literatur

  • Rainer Hill, Joachim M. Schmitt: WiKo - Medizinprodukterecht. Loseblatt-Kommentar, Verlag Dr. Otto Schmidt, 15. Lfg. Stand: März 2015, ISBN 978-3-504-04002-4, mit Online-Rechtsprechungsdatenbank: www.wiko-mpg.de
  • Erwin Deutsch, Hans-Dieter Lippert, R. Ratzel, B. Tag: Kommentar zum Medizinproduktegesetz (MPG), 2. Auflage. Springer-Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-540-89450-6.
  • Armin Gärtner: Medizinproduktegesetzgebung und Regelwerk. (Medizinproduktesicherheit, Band 1). TÜV Media Verlag, 2008, ISBN 978-3-8249-1146-2.
  • Rehmann, Wagner: MPG. Kommentar. 2. Auflage. Verlag C. H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60151-4.
  • Gert Schorn (Hrsg.): Medizinprodukte-Recht. Kommentar. (Loseblattsammlung in mehreren Bänden), 25. Lieferung. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart August 2009, ISBN 978-3-8047-2614-7.
  • Uwe Kage: Das Medizinproduktegesetz, Staatliche Risikosteuerung unter dem Einfluss europäischer Harmonisierung, Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 2005, ISBN 3-540-21932-3
  • Uwe Kage: Nöthlichs (Hrsg.),"Sicherheitsvorschriften für Medizinprodukte", Loseblatt-Kommentar, Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2014, 36. Ergänzungslieferung Stand: Mai 2015, ISBN 978 3 503 03681 3

Weblinks

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