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Raschi-Haus

Aus Jewiki
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Jüdisches Museum im Raschi-Haus Worms
Raschi-Haus.JPG

Das Raschi-Haus Worms und der angrenzende Synagogengarten
Daten
Ort Hintere Judengasse 6

67547 Worms

Art Historisches Museum
Architekt Rittmannsperger + Kleebank GmbH
Eröffnung 1982
Betreiber Stadt Worms
Leitung Gerold Bönnen
Website http://www.worms.de/deutsch/kultur/museen/raschi_haus.php?navid=61

Das Raschi-Haus ist ein historisches Gebäude des Judenviertels der Stadt Worms. Es grenzt im Süden an den Synagogenbezirk und war seit jeher ein wichtiger Teil des jüdischen Worms. In seiner etwa 800-jährigen Geschichte wurde es auf verschiedene Weise genutzt: als Talmudschule, Spital, Tanz- und Hochzeitshaus, Rabbinerwohnung und Altersheim. Heute beherbergt es das Stadtarchiv Worms und ein jüdisches Museum.

Geschichte

Gedenktafel zur Grundsteinlegung des Raschi-Hauses

Das Raschi-Haus stammt in seinen mittelalterlichen Bauteilen aus dem 14. Jahrhundert. Die mittelalterliche Talmudschule, heute nach ihrem Lehrer Rabbi Schelomo ben Jizchaki (1040−1105) Raschi-Lehrhaus genannt, galt als eine der bedeutendsten Deutschlands.

Während das Gebäude im 15. Jahrhundert Tanzhaus und Spital genannt wurde, findet sich später die Bezeichnung „Zur Klause“. Seine Kellergewölbe wurden wahrscheinlich als Weinkeller genutzt.[1] Was mit dem Tanzhaus bei der Zerstörung der Stadt 1689 durch die Truppen Königs Ludwigs XIV. von Frankreich passierte, ist nicht bekannt. Es ist jedoch anzunehmen, dass es wie die ganze Judengasse abbrannte.[2] Das wiederaufgebaute Gebäude wird 1760 im Visitations-Protokoll des Magistrats mit allen anderen Häusern der Judengasse genannt.[3]

Im 18. Jahrhundert befand sich darin ein Raum mit Toraschrein. In dieser „Klaus-Synagoge“ fanden bis zum Bau der Levy’schen Synagoge 1875 die Werktagsgottesdienste statt. Damals wohnte und lehrte hier auch der Rabbiner, der „docierte“, also privaten Talmud-Unterricht erteilte.[4] Im 19. und 20. Jahrhundert wurde das Gebäude als Altersheim (Hospital) der Jüdischen Gemeinde genutzt.[5]

Gemeinsam mit Synagoge, Gemeindehaus (Haus „Zur Sonne“) und der Levy’schen Synagoge bildete es den Mittelpunkt der Israelitischen Kulturgemeinde Worms.[6] Dies blieb so bis zur Niederbrennung der Alten Synagoge sowie der Verwüstung von Gemeindehaus und Levy´scher Synagoge durch die Nationalsozialisten am Morgen des 10. Novembers 1938.[7] In den Jahren bis 1942 wurde das Haus zum „Judenhaus“ für aus ihren Wohnungen in der Stadt vertriebene Juden und damit zur Zwischenstation auf dem Weg in die Vernichtungslager.[8]

Nach schweren Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg drohte das Gebäude einzustürzen und wurde 1971 abgetragen. Als originale, mittelalterliche, teilweise bis in die Römerzeit zurückreichende Bausubstanz blieben die Gewölbe und Teile des Erdgeschosses erhalten. Wegen seiner städtebaulichen, historischen und liturgischen Bedeutung wurde der Wiederaufbau des abgetragenen Gebäudes als kulturelle Begegnungs- und Tagungsstätte beschlossen[9], der von 1980 bis 1982 erfolgte; der Neubau wurde dem früheren Haus nachempfunden. Heute beherbergt das Raschi-Haus im Keller und Erdgeschoss ein Judaica-Museum, im Obergeschoss das Stadtarchiv Worms sowie die Untere Denkmalschutzbehörde und im Dachgeschoss das Fotoarchiv.[10]

Judaica-Museum

Blick in die Ausstellung des jüdischen Museums im mittelalterlichen Kellergewölbe des Raschi-Hauses

Schon bei der Gründung des Altertumsvereins und der Errichtung des Städtischen Museums 1879/81 wurde auf die Wichtigkeit der Wormser Judaica hingewiesen, die eine dauerhaften Präsentation Wert seien. Nach einigen Anläufen wurde 1912 schließlich ein Jüdisches Museum gegründet. Die Ausstellungsstücke wurden im Obergeschoss des Vorbaus der Synagoge gezeigt. Viele dieser einzigartigen Stücke gingen jedoch bei der Zerstörung der Synagoge am 10. November 1938 verloren.

Das 1982 im neu aufgebauten Raschi-Haus eröffnete Judaica-Museum zeigt in einer Dauerausstellung Modelle, Urkunden, Pläne, Kultobjekte und Fotografien zur Geschichte des jüdischen Lebens von den Anfängen mit der ersten Erwähnung der Wormser Synagoge 1034 bis zum Ende der jüdischen Gemeinde im Nationalsozialismus.

Dazu zählt ein Faksimile der ältesten im Stadtarchiv erhaltenen Urkunde, mit der König Heinrich IV im Jahre 1074 den „Juden und übrigen Wormser“ Zollfreiheit verlieh, aber auch archäologische Funde zu den baulichen Überresten der Wormser Judengasse, oder sakrale Gegenstände wie der Pokal der Wormser Beerdigungsbruderschaft.

Sonderausstellungen, wie etwa zur baugeschichtlichen Entwicklung des Synagogenbezirks, kommen hinzu.[11] Zuletzt fand eine Erweiterung des Museums durch eine digitale Medienstation statt.[12] Insgesamt legt das Museum in seiner Ausstellung den Schwerpunkt vor allem auf sozialgeschichtliche Stücke. Ziel ist es, das jüdische Worms als Fallbeispiel für jüdisches Leben am Oberrhein zu präsentieren.[13]

Gedenkstätte

Das Raschi-Haus dient als Begegnungs- und Gedenkstätte. Von hier aus wurden 1942 die letzten Wormser Juden deportiert.[14] Der „Verein Raschi-Lehrhaus Worms e.V.“ setzt sich seit 1968 für den Wiederaufbau ein. Ebenfalls in die Planungen einbezogen war die New Yorker „Rashi-Association“, die sich der Erhaltung jüdischer Baudenkmäler in aller Welt widmet.

„Das neue Raschi-Haus wird eine Stätte der Begegnung, der Forschung und der wissenschaftlichen Pflege der Überlieferung werden. Neben einem Jüdischen Museum soll es das Stadtarchiv aufnehmen, in dem die pergamentenen und papiernen Zeugen der Vergangenheit auch des jüdischen Worms aufbewahrt werden.“

Fritz Reuter: Zu Geschichte und Entwicklung des Raschi-Lehrhauses[15]

Literatur

  • Fritz Reuter: Jüdisches Worms. Raschi-Haus und Judengasse. Worms 1998.
  • Fritz Reuter: Warmaisa. 1000 Jahre Juden in Worms. Worms 1984.
  • Gerold Bönnen, Irene Spille: Jüdisches Museum im Raschi-Haus Worms. Worms 2000. (Broschüre)

Weblinks

 Commons: Raschi-Haus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Fritz Reuter: Warmaisa, S. 81f. „Seit 1600 lässt sich über die Wormser Judenordnung auch der Weinhandel nachweisen.“
  2. Fritz Reuter: Peter und Johann Friedrich Hamman. Handzeichnungen von Worms aus der Zeit vor und nach der Stadtzerstörung 689 im „Pfälzischen Erbfolgekrieg“. Worms 1989, S. 70f.: „Blick auf die zerstörte Stadt von Norden her, wo in der Judengasse zwischen Martins-und Judenpforte nur ausgebrannte Ruinen dargestellt sind.“
  3. Fritz Reuter: Jüdisches Worms. Raschi-Haus und Judengasse. Worms 1998. S. 4
  4. Fritz Reuter: Jüdisches Worms. Raschi-Haus und Judengasse. Worms 1998. S. 4
  5. Stadtverwaltung Worms: 5. Bürgerinformation. Stadtsanierung Worms: Die Judengasse. Worms 1978. S. 8
  6. Fritz Reuter: Jüdisches Worms. Raschi-Haus und Judengasse. Worms 1998. S. 5
  7. Fritz Reuter: Jüdisches Worms. Raschi-Haus und Judengasse. Worms 1998. S. 5
  8. Annelore und Karl Schlösser: Keiner blieb verschont. Die Judenverfolgung 1933-1945 in Worms. Verlag Stadtarchiv Worms, Worms 1987, S. 74.
  9. Stadtverwaltung Worms: 5. Bürgerinformation. Stadtsanierung Worms: Die Judengasse. Worms 1978. S. 9
  10. Stadt Worms: Wegweiser durch das Raschi-Haus. (PDF; 0,22 MB) Aufgerufen am 14. Juni 2013.
  11. Artikel zur Ausstellung: „Auf den Spuren der Wormser Synagoge“
  12. Joachim Bonath: Jüdisches Museum präsentiert neue Medienstation. in: W1-Extrablatt. Aufgerufen am 14. Juni 2013.
  13. Fritz Reuter: Jüdisches Worms. Raschi-Haus und Judengasse. Worms 1998. S. 10
  14. Annelore und Karl Schlösser: Keiner blieb verschont. Die Judenverfolgung 1933-1945 in Worms. Verlag Stadtarchiv Worms, Worms 1987, S. 74.
  15. Fritz Reuter Archivdirektor des Stadtarchiv Worms zum Neubau des Raschi-Hauses (PDF)
49.6333694444448.3662833333333
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Raschi-Haus aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.