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Henry Hohauser

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Henry Hohauser

Henry Hohauser (18951963), US-amerikanischer Architekt

Leben

tachles, 8.4.2022 (von Julian Voloj):

Posthumer Ruhm

Henry Hohauser, bekannt für seine Art-déco-Architektur, wird als «Great Floridian» aufgeführt.

Henry Hohauser war ein brillanter Architekt, der lange Zeit vergessen war – aus dem öffentlichen Bild von Miami Beach ist er nicht mehr wegzudenken.

Miami Beach ist ein knapp 15 Kilometer langer Inselstreifen entlang der Millionenmetropole im Süden Floridas. Die 1917 eingemeindete Stadt hat sich zu einem beliebten Urlaubsort entwickelt, in dem heute knapp 90 000 Einwohner leben. Der Ocean Drive gilt als die Vorzeigemeile von Miami Beach. Hier entstand in den 1930er-Jahren der grösste Art-déco-Architekturbezirk der Welt, der heute unter Denkmalschutz steht. Die Gebäude entstanden in der Hochphase der Stilrichtung, die gleichzeitig auch die Boom-Phase der Stadt markierte. Art déco wird hier vor allem mit einem Namen verbunden: Henry Hohauser.

Vom Mittelmass zum Erfolg

Der 1895 in New York geborene Hohauser gilt als produktivster Architekt von Miami Beach, der dort mehr als 300 Apartmenthäuser, Hotels, Restaurants, Theater und Privatresidenzen errichtet hat. Doch eigentlich sprach vieles in seiner Biografie gegen einen solchen Erfolg. Seine Eltern kamen während der grossen Migrationswelle Ende des 19. Jahrhunderts nach New York, die Millionen von Juden aus Osteuropa nach Amerika brachte. Sein Vater arbeitete als Klempner in den Armenvierteln, wo immer irgendetwas zu reparieren war. Henry war ein mittelmässiger Schüler, der die Schule abbrach, und da er nicht wusste, was er mit seinem Leben anfangen sollte, zwang ihn sein Vater, in seinem Betrieb zu arbeiten, was das angespannte Verhältnis zwischen den beiden weiterhin verschlechterte.

Hohauser besuchte schliesslich Designkurse am Pratt Institute, einer technischen Hochschule in Brooklyn, wo sein Interesse an Architektur begann. Nach seinem Abschluss zog er nach Connecticut, wo er eine Ausschreibung für die Gestaltung einer Synagoge gewann. Motiviert von dieser ersten beruflichen Anerkennung arbeitete er zunächst für einen Cousin, bevor er sich selbstständig machte. Die Sekretärin, die er für sein Architekturbüro einstellte, sollte schon bald darauf seine Ehefrau werden. Grace und Henry Hohauser heirateten 1923.

Eigentlich waren die beiden für ein Familienleben in den Suburbs prädestiniert, doch Grace konnte keine Kinder bekommen. Einigen Quellen zufolge war es auch ihr Gesundheitszustand, der zu der Entscheidung führte, in den wärmeren Süden zu ziehen, doch wahrscheinlich spielte die Weltwirtschaftskrise, die den Grossraum New York stärker traf als andere Orte, eine ausschlaggebende Rolle, und so zog das kinderlose Paar nach knapp zehn Jahren Ehe nach Miami Beach.

Während er auf die Akkreditierung seiner Architekturlizenz im Bundesstaat Florida wartete, arbeitete Henry Hohauser als Makler, was ihm einen guten Einblick in den Immobilienbereich der Stadt gab. Miami Beach hatte damals nur eine einzige Synagoge, die 1927 gegründete Congregation Beth Jacob. Nachdem Henry Hohauser seine Lizenz für Florida erhalten hatte, entwarf er den Ausbau des Gotteshauses, in dem sich heute das Jüdische Museum von Florida befindet. Schon bald etablierte sich Hohauser als führender Architekt von Miami Beach. Heute bedeutsame Gebäude der Stadt wurden von ihm entworfen, darunter Hotels wie Cardozo, Colony und das heutige South Beach Hotel sowie die Sixth Street Apartments, doch es war wiederum eine Synagoge, die seine Karriere in Bewegung setzte.

Perfektes Timing

Timing ist alles, und ohne Zweifel kam Hohauser zum richtigen Zeitpunkt nach Florida. Im ersten Jahrzehnt seit der Stadtgründung war Antisemitismus in Miami Beach noch weit verbreitet. Carl Fischer, der Bauunternehmer, der in den 1920ern den Grossteil von Miami Beachs Wohnhäusern kreierte, weigerte sich, Immobilien an Juden zu verkaufen, sodass jüdische Amerikaner nur südlich der Fifth Avenue wohnen konnten, und noch Anfang der 1930er-Jahre lehnten viele Hotels in Miami Beach die Aufnahme von Juden kategorisch ab. Mitte der 1930er-Jahre, als Henry und Grace Hohauser nach Miami zogen, wurden viele Barrieren langsam abgebaut. Hohauser brachte schon bald viele Verwandte nach Florida, darunter sein jüngerer Bruder Sam und sein Neffe Robert Hauser, dessen Häuser er entwarf. Im Gegensatz zu den Luxusgebäuden von Fischer entwarf Hohauser Hotels und Wohnungen für die Mittelschicht, was wahrscheinlich auch der Grund dafür war, dass seine Verdienste lange Zeit nicht gewürdigt wurden, was zunehmend zu Verbitterung führte. Ende der 1950er-Jahre zog das Paar nach New York, wo Henry Hohauser die Architektur aufgab und bis zu seinem Tod als Finanzberater arbeitete. Er starb 1963 an einem Herzinfarkt.

Sein Name war jahrzehntelang in Vergessenheit geraten. South Beach, wo sich der Grossteil seiner Gebäude befinden, war Ende der 1970er-Jahre heruntergekommen, viele Häuser standen leer und die Gegend war vor allem für eine hohe Kriminalitätsrate bekannt. Doch es war zwei jüdischen Bewohnern zu verdanken, dass Hohausers Gebäude nicht komplett abgerissen wurden. Die Autorin Barbara Baer Capitman und der Designer Leonard Horowitz gründeten 1977 die Miami Design Preservation League, eine Initiative zur Rettung des Art-déco-Bezirks, die sich dafür einsetzte, dass 1979 die Quadratmeile um den Ocean Drive ins National Register of Historic Places eingetragen wurde. Das war medienwirksam, so machte Andy Warhol etwa 1980 auf die leer stehenden Hotels aufmerksam und 1986 stellte die Stadt die Gegend endlich unter Denkmalschutz.

Doch es war die Fernsehserie «Miami Vice», die im berüchtigten South Beach gedreht wurde, die den eigentlichen Wendepunkt brachte. Die Gegend wurde wieder cool, und schon bald waren Stars wie Madonna und Sylvester Stallone regelmässig in den Clubs von South Beach zu finden.

Der erneute Boom brachte auch Hohauser posthum Ruhm; «Miami Herald» nannte ihn einen der 100 einflussreichsten Menschen in Südflorida und der Senat von Florida erklärte ihn zu einem Great Floridian, ein Ehrentitel für Bürger des Bundesstaats.

Andere Wikis

  • en (mit einigen Abbildungen)
  • nl