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Domkapitel

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Das Domkapitel (von mittelhochdeutsch kapitel „Zusammenkunft, feierliche Versammlung“), in der römisch-katholischen Kirche auch Kathedralkapitel, ist die Leitungskörperschaft einer Bischofskirche in administrativen und liturgischen Fragen. Im modernen kanonischen Recht sind sie die Geistlichen, zu deren Aufgaben die administrative und liturgische Leitung der Kathedralkirche gehören.[1] Die in ein Kapitel gewählten Geistlichen heißen Kapitulare oder Domherren. Ist die Bischofskirche zugleich Metropolitansitz ist die Bezeichnung Metropolitankapitel, an einer Stiftskirche heißt das Äquivalent Stiftskapitel.

Etymologie

Aus dem lateinischen caput „Kopf, Führer“ und dessen Diminutiv lateinisch capitulum „kleiner Kopf, Köpfchen“, später auch „Zusammenkunft, Hauptversammlung, geistlicher Konvent“ leitete sich im Mittelhochdeutschen die Bezeichnung kapitel für eine „Zusammenkunft von Geistlichen, von Mönchen, feierliche Versammlung“ ab.[2]

Aufgaben

Das Domkapitel unterstützt den Bischof als eigenständige juristische Person in der Leitung des Bistums. In bestimmten Angelegenheiten hat es ein Zustimmungs- oder Beratungsrecht. Das Gremium besteht aus dem Dompropst, Domdechant oder Domdekan (den sogenannten Dignitäten oder Dignitären), zu denen in einzelnen Kapiteln auch noch weitere (z. B. der Domkustos, Domscholaster, Domkantor, Domkellner) residierende und nichtresidierende Mitglieder aus anderen Regionen des Bistums gehören. Dem erweiterten Domkapitel können Ehrendomherren (Ehrendomkapitulare) angehören, die vom Bischof ernannt werden. Eine seiner wichtigsten Aufgaben ist es, nach dem Amtsverzicht oder Tod eines Bischofs – also mit Eintritt der Sedisvakanz – den zwischenzeitlichen Diözesanadministrator zu wählen und dem Papst eine Liste von Kandidaten für das Bischofsamt zu unterbreiten. Die eigentliche Hauptaufgabe des Domkapitels ist es aber, das Chorgebet und die Liturgie an der Kathedralkirche zu pflegen.

Geschichte

Die Domkapitel entstanden bereits seit dem 9. Jahrhundert, später dort, wo Bistümer gegründet wurden. Sie lagen im Bereich der Domimmunität oder Domfreiheit, unterstanden also nicht der jeweiligen weltlichen Herrschaft über den Ort ihres Sitzes. Neben dem regelmäßigen Chorgottesdienst in der Kathedrale gehörte zu den Aufgaben eines Domkapitels die Beratung und Unterstützung des Bischofs in Diözese (geistlicher Herrschaftsbereich) und Hochstift (weltlicher Herrschaftsbereich). Im Verlauf des 12. Jahrhunderts formierten sich die Domkapitel zu exklusiven Wahlkollegien mit dem Recht zur Bischofswahl. Dieses Recht ging den meisten Domkapiteln bis zum Ende des 13. Jahrhunderts zu Gunsten päpstlicher Provisions- und landesfürstlicher Nominationsrechte wieder verloren. Die Mitglieder des Domkapitels bildeten im Frühmittelalter eine Lebensgemeinschaft, die derjenigen einer benediktinischen Mönchsgemeinschaft nicht unähnlich war. Im Hochmittelalter wurden die Gemeinschaften zumeist erheblich lockerer organisiert. Die Mitglieder der meisten Domkapitel waren in Mittelalter und früher Neuzeit überwiegend nachgeborene Söhne adeliger und ritterlicher Familien.

Das Konzil von Trient beendete den Versuch der Kanoniker, das Visitationsrecht des jeweiligen Bischofs gegenüber dem Domkapitel zu beschneiden und ordnete an, dass wenigstens die Hälfte der Kanoniker Priester sein sollten und ebenfalls die Hälfte einen akademischen Grad in Theologie oder dem kanonischen Recht haben solle. Zudem verlangte es die Bestellung eines Domtheologen und eines Bußkanonikers und beschnitt die Stellung der Domkapitel während der Sedisvakanz, in dem es ihnen auferlegte, innerhalb von acht Tagen einen Kapitelsvikar zu bestellen, der die Diözese anschließend unabhängig vom Domkapitel zu verwalten hatte.

Im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts wurde das Recht zur Bischofswahl in einer Vielzahl von Ländern mittels Konkordaten zwischen dem Heiligen Stuhl und den Regierungen neu festgelegt. In der Regel unterbreitet das jeweilige Domkapitel dem Papst eine Liste von Kandidaten für das Bischofsamt, aus denen dieser dann den Bischof ernennt.

Reformation

In vielen lutherischen Gebieten bestanden die Domkapitel auch über die Reformation hinaus. In einigen Fällen, wie in Halberstadt oder Minden, blieb das Kapitel als Körperschaft bestehen, wurde aber vom Landesherrn kontrolliert; in anderen Fällen, zum Beispiel im Fürstbistum Lübeck, übte das Kapitel, das nicht mehr aus Geistlichen bestand, auch die weltliche Herrschaft über seinen Anteil des Hochstifts aus; so besaß das lutherische Domkapitel zu Lübeck noch bis 1804 u. a. die stormarnschen Dörfer Hamberge und Hansfelde. Die lutherischen Domkapitel wurden im Rahmen der Säkularisation kirchlicher Güter infolge des Reichsdeputationshauptschluss 1803 oder in Preußen bis 1810 aufgelöst. Lediglich die Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und das Kollegiatstift Zeitz blieben in ihrer Rechtssubjektivität bis heute weitgehend unangetastet. Das Domkapitel in Brandenburg wurde 1826 wiederhergestellt und ist nach wechselvoller Geschichte ebenfalls bis heute erhalten,[3] wie die Kapitel in Meißen und Wurzen als lutherisch-kirchliche Korporationen.

Gegenwart

Römisch-katholische Domkapitel bestehen nicht mehr in jeder Diözese. Vor allem neuere Diözesen besitzen kein eigenes Domkapitel mehr.

Siehe auch

Literatur

  • Michael Bollesen: Das Domkapitel in Rechtsgeschichte und Gegenwart; München: Grin, 2008; ISBN 3-638-92899-3.
  • Stephan Haering, Burghard Pimmer-Jüsten, Martin Rehak: Statuten der deutschen Domkapitel; Subsidia ad ius canonicum vigens applicandum 6; Metten: Abtei-Verlag, 2003; ISBN 3-930725-02-9
  • Peter Hersche: Die deutschen Domkapitel im 17. und 18. Jahrhundert. Peter Hersche, Bern 1984 (3 Bände).
  • Eva Jüsten: Das Domkapitel nach dem Codex Iuris Canonici von 1983 unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in Deutschland und Österreich; Europäische Hochschulschriften. Reihe II: Rechtswissenschaft, Bd. 1386; Frankfurt am Main u. a.: Lang, 1993; ISBN 3-631-46029-5
  • Stephan Kotzula: Der Priesterrat. Ekklesiologische Prinzipien und kanonistische Verwirklichung. Eine rechtstheologische Studie; Erfurter Theologische Studien 48; Leipzig: St. Benno, 1983.
  • Guy P. Marchal: Art. Domkapitel; in: Theologische Realenzyklopädie 9 (1982), S. 136–140,.
  • Richard Puza: Art. Die Dom- und Stiftskapitel; in: Joseph Listl, Heribert Schmitz (Hrsg.): Handbuch des katholischen Kirchenrechts; Regensburg: Pustet, 2. Auflage 1999; ISBN 3-7917-1664-6; S. 475–479.
  • Rudolf Schieffer: Die Entstehung von Domkapiteln in Deutschland; Bonner Historische Forschungen 43; Bonn: Röhrscheid, 1976; ISBN 3-7928-0378-X
  • Rudolf Schieffer: Kanoniker. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 5, Artemis & Winkler, München/Zürich 1991, ISBN 3-7608-8905-0, Sp. 903–904.
  • Heribert Schmitz: Die Rechtsfigur des nichtresidierenden Domkapitulars; in: Josef Isensee, Wilhelm Rees, Wolfgang Rüfner (Hrsg.): Dem Staate, was des Staates – der Kirche, was der Kirche ist. FS für Joseph Listl zum 70. Geburtstag; Staatskirchenrechtliche Abhandlungen 33; Berlin: Duncker und Humblot, 1999; ISBN 3-428-09814-5; S. 875–892.
  • Heribert Schmitz: Domkapitel in Deutschland nach der Vatikanischen Wende: Skizzen – Infos – Stolpersteine. Vortragsfassung des Beitrags zum Tag der Domkapitel am 10. September 1998 im Rahmen der 750-Jahrfeier der Hohen Domkirche Köln; Köln: Presseamt des Erzbistums Köln, 1998. [ohne ISBN]
  • Oskar Stoffel: cc. 503–510; in: Klaus Lüdicke (Hrsg.): Münsterischer Kommentar zum Codex Iuris Canonici unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in Deutschland, Österreich und der Schweiz; Essen: Ludgerus, seit 1985 (Loseblattsammlung Stand: 36. Ergänzungslieferung Dezember 2002).

Weblinks

Einzelnachweise

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Domkapitel aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.