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Corioliskraft

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Datei:Videoanimation-Corioliskraft.ogv Die Corioliskraft [kɔrjoˈliːskraft][1] gehört zu den Schein- oder Trägheitskräften in rotierenden Bezugssystemen. Sie tritt im Unterschied zur Zentrifugalkraft und zur Eulerkraft nicht schon auf, wenn eine Masse relativ zu einem rotierenden Bezugssystem ruht (also wenn sie einfach nur „mitrotiert“), sondern nur, wenn sie sich bewegt. Benannt ist diese Kraft nach Gaspard Gustave de Coriolis, der sie 1835 erstmals aus den Grundgleichungen der Mechanik herleitete.

Der Betrag der Corioliskraft ist proportional zur Winkelgeschwindigkeit des Bezugssystems, zur Masse des darin bewegten Körpers und zum Betrag der Normalkomponente seines Geschwindigkeitsvektors in Bezug zur Rotationsachse. Ohne Belang ist hingegen die Parallelkomponente der Geschwindigkeit in Bezug zur Rotationsachse. Voraussetzung der Corioliskraft ist also, dass der Körper sich nicht genau parallel zur Rotationsachse bewegt. Die Richtung der Corioliskraft ist senkrecht zur Rotationsachse und zum Geschwindigkeitsvektor. Deshalb wirkt die Corioliskraft immer im Sinne einer seitlichen Ablenkung aus der momentanen Bewegungsrichtung.

In der Meteorologie und der physikalischen Ozeanographie spielt die Corioliskraft eine wichtige Rolle. Man betrachtet die Bewegungen der Luft- und Wassermassen relativ zur Erdoberfläche, also in einem rotierenden Bezugssystem. Die Corioliskraft bewirkt auf der Nordhalbkugel eine Ablenkung nach rechts, auf der Südhalbkugel nach links. Sie bestimmt damit u. a. die Drehrichtung der Windfelder um Hoch- und Tiefdruckgebiete.

Einführung – Die Corioliskraft auf einem Drehteller

Eine Person, die auf einer sich drehenden Scheibe (z. B. einem Karussell) ruht, erfährt eine nach außen gerichtete Zentrifugalkraft. Bewegt sich die Person auf der Scheibe, so erfährt sie darüber hinaus eine zur Seite gerichtete Kraft (senkrecht zur momentanen Bewegungsrichtung der Person). Dies ist die Corioliskraft.

Es ist eine verbreitete Fehlannahme, dass die Corioliskraft nur bei radialen Bewegungen, also bei solchen, die entweder vom Mittelpunkt weg oder zu ihm hin gerichtet sind, wirke. Tatsächlich wirkt sie bei beliebigen Bewegungen in der horizontalen Ebene relativ zur Drehscheibe, steht jeweils senkrecht auf der Bewegungsrichtung und hat jeweils den gleichen Betrag.[2] Dreht sich die Scheibe – wie auf dem Bild – rechtsherum, wirkt die Corioliskraft nach links bezogen auf die Bewegungsrichtung des roten Körpers.

Eine Verschiebung parallel zur Rotationsachse, senkrecht zur Drehscheibe, ruft keine Corioliskraft hervor.

Corioliskraft aufgrund der Erdrotation

Auf jedes sich auf der Erde bewegende Objekt wirkt eine Corioliskraft, die auf die Erdrotation zurückgeht. Der Einfluss der Erdrotation auf die Bewegung von Körpern wurde erstmals von Isaac Newton untersucht.

Vertikale Bewegungen

Vertikale Bewegungen (senkrecht zur Erdoberfläche) lassen sich in einen Anteil parallel zur Rotationsachse und einen senkrecht zur Rotationsachse zerlegen. Nur letzterer erzeugt eine Corioliskraft, die bei einer Abwärtsbewegung nach Osten, bei einer Aufwärtsbewegung nach Westen gerichtet ist. Aufgrund der Positionsbestimmung des Körpers im Polarkoordinatensystem tritt außerdem eine Scheinkraft in Nord/Süd-Richtung auf, die aber nichts mit der Corioliskraft zu tun hat.

Lässt man einen Gegenstand fallen, wird er aufgrund der Corioliskraft nach Osten abgelenkt. Frühe Messungen dieses Effektes stammen von Giovanni Battista Guglielmini (1791 in Bologna), Johann Friedrich Benzenberg (1802 in Hamburg) und Ferdinand Reich (1832 in Freiberg), siehe Fallexperimente zum Nachweis der Erdrotation.

Marin Mersenne schreibt man zu, die Frage aufgeworfen zu haben, wo – ohne Berücksichtigung von Luftbewegung und Luftwiderstand – eine senkrecht nach oben geschossene Kanonenkugel zu Boden fällt. Durch die Corioliskraft wird sie während der Aufwärtsbewegung nach Westen und während der Abwärtsbewegung nach Osten beschleunigt. Die beim Aufstieg zunehmende scheinbare Geschwindigkeit nach Westen nimmt beim Abstieg gleichermaßen wieder ab, so dass der Geschwindigkeitsvektor während des gesamten Fluges nach Westen gerichtet ist und im Umkehrpunkt sein Maximum erreicht. Im Ergebnis wird sie daher nach Westen abgelenkt. Bei einer Anfangsgeschwindigkeit von 100 m/s und einer geographischen Breite von 50° beträgt die Westablenkung beispielsweise 65 cm.

Gleichgewicht zwischen der Corioliskraft und dem Druckgradienten am Beispiel eines Tiefdruckgebietes auf der Nordhalbkugel.
Rot – horizontale Komponente der Corioliskraft
Blau – Druckgradientkraft

Horizontale Bewegungen

Horizontale Bewegungen, also Bewegungen in einer Tangentialebene der Erdoberfläche, erfordern neben den beiden Bewegungskomponenten, in die eine vertikale Bewegung zerlegt werden kann, noch eine dritte Komponente, die in Richtung der Rotation oder ihr entgegen gerichtet ist. Diese Komponente erzeugt ebenfalls keine Corioliskraft, sondern verstärkt die Zentrifugalkraft bzw. schwächt sie ab, so dass z. B. ein am Äquator mit Schallgeschwindigkeit nach Osten fliegendes Flugzeug um annähernd ein Tausendstel seines Gewichts leichter wird – fliegt es nach Westen, wird es entsprechend schwerer. Diese Scheinkraft spielt in der Praxis nur als Korrekturglied bei Präzisionsmessungen des Erdschwerefeldes eine Rolle.

Auf der Erde bezeichnet man daher meist die horizontale Komponente als „die Corioliskraft“. Die horizontale Komponente zieht den bewegten Beobachter auf der Nordhalbkugel nach rechts und auf der Südhalbkugel nach links, und zwar umso stärker, je näher er sich an den Polen befindet. Bei Bewegungen am Äquator ist die horizontale Komponente der Corioliskraft Null. Der Betrag der horizontalen Komponente hängt nicht von der Richtung der Bewegung ab. Bei einer Nord-Süd-Bewegung wirkt exakt die gleiche horizontale Komponente der Corioliskraft wie bei einer Ost-West-Bewegung.

Die Corioliskraft hat wesentlichen Einfluss auf die Formen der großräumigen Bewegungen in der Atmosphäre und im Ozean. Erstmals theoretisch berücksichtigt wurde sie diesbezüglich in der von Laplace (1778) aufgestellten Gezeitentheorie. Der durch die Corioliskraft modifizierte Einfluss des Windes auf Meeresströmungen, der auf der Nordhalbkugel zu einer Rechtsablenkung führt, wurde um 1905 von Vagn Walfrid Ekman erklärt und wird durch den Ekman-Transport (siehe auch Korkenzieherströmung) beschrieben. Der Einfluss der Corioliskraft auf Bewegungen etwa im Meer und in der Atmosphäre wird durch die dimensionslose Rossby-Zahl charakterisiert. Je kleiner diese ist, umso mehr Einfluss hat die Corioliskraft auf die Bewegung.

Einfluss der Corioliskraft auf das Wetter

Auswirkung der Corioliskraft auf ein großskaliges Windsystem, hier Tiefdruckgebiet bei Island (Nordhalbkugel)

Die Corioliskraft ist dafür verantwortlich, dass sich die Luftmassen um großräumige Hochdruckgebiete auf der Nordhalbkugel im Uhrzeigersinn, um Tiefdruckgebiete gegen den Uhrzeigersinn bewegen. Bei einem Tiefdruckgebiet strömt die Luft aufgrund des Druckgefälles nach innen. Diese Strömung wird auf der Nordhalbkugel durch die Corioliskraft nach rechts abgelenkt und es ergibt sich eine gegen den Uhrzeigersinn gerichtete Rotation. Das sich ergebende Strömungsbild lässt sich auch durch das geostrophische Gleichgewicht zwischen dem horizontalen Druckgradienten und der Corioliskraft erklären: Auf einen Wirbel, der sich gegen den Uhrzeigersinn dreht, wirkt die Corioliskraft nach außen und kompensiert die nach innen gerichtete Kraft des Druckgefälles. Allgemein dreht sich die Luft auf der Nordhalbkugel um Tiefdruckgebiete immer gegen den Uhrzeigersinn und um Hochdruckgebiete im Uhrzeigersinn. Auf der Südhalbkugel ist dies genau umgekehrt. Das geostrophische Gleichgewicht formt nur die großskaligen Wettermuster. Auf die Drehrichtung beispielsweise von Tornados hat die Corioliskraft keinen direkten Einfluss. Weiterhin spielt die Corioliskraft auch bei der Bildung der Rossbywellen und Yanai-Wellen eine wichtige Rolle.

Corioliskraft und Eisenbahn

Im Schienenverkehr führt die Corioliskraft auf der Nordhalbkugel theoretisch dazu, dass bei geraden Strecken diejenige Schiene, die in Fahrtrichtung rechts liegt, geringfügig stärker belastet wird als die linke Schiene. Beide Schienen müssten dazu auf exakt der gleichen Höhe liegen, was in der Praxis nie der Fall sein kann. Dieser Effekt ist so klein, dass er keine technische Relevanz hat.

Ein Zug (z. B. ein ICE 3 mit 400 t Masse), der bei einer geografischen Breite von 51 Grad (Köln) mit einer Geschwindigkeit von 250 km/h fährt, erfährt eine Kraft von 3.200 N nach rechts. Dies entspricht etwa einem Promille der Gewichtskraft. Hat der Zug acht Wagen mit je vier Achsen, wird jedes rechte Rad mit einer Corioliskraft von ca. 100 N nach rechts gegen die Schiene gedrückt. Im Vergleich dazu ergibt sich bei dieser Geschwindigkeit bei einem Kurvenradius von 3.000 m auf jedes Rad eine seitliche Kraft von 20.000 N, also 200 mal so viel wie die Corioliskraft.

Trägheitskreise

Aufgrund der Corioliskraft beschreibt eine Luft- oder Wassermasse, die sich in einem mit der Erde mitrotierenden Bezugssystem mit der Geschwindigkeit bewegt ohne Einfluss anderer Kräfte „Trägheitskreise“ mit Radien von In mittleren Breiten mit Werten des Coriolisparameters (siehe unten) von und einer typischen Meeres-Strömungsgeschwindigkeit von ergibt sich ein Radius von . Die Bewegung erfolgt auf der Nordhalbkugel im Uhrzeigersinn, auf der Südhalbkugel entgegen dem Uhrzeigersinn. Die Periode der Umlaufbewegung ist z. B. bei 60 Grad geographischer Breite rund 15 Stunden. Sie wurden z. B. bei frei schwimmenden Bojen in der Ostsee beobachtet, die zunächst einer durch starke Winde angefachten Oberflächenströmung folgten, nach dem Abflauen des Windes aber Kreisbahnen bzw. Zykloiden (da eine Strömung der Kreisbewegung überlagert war) beschrieben.[3] Für den Verlauf von Meeres- und Luftströmungen spielt die Corioliskraft eine wichtige Rolle, neben anderen Kräften, die sich mit ihr ins Gleichgewicht setzen oder sie sogar dominieren (Geostrophie).

Corioliskraft und Foucaultsches Pendel

Der Begriff der Corioliskraft erlaubt ein einfaches Verständnis des Foucaultschen Pendels. Da das Pendel (auf der Nordhalbkugel) durch die Corioliskraft nach rechts gezogen wird, dreht sich seine Schwingungsebene. Die Geschwindigkeit der Drehung nimmt mit zunehmendem Abstand vom Pol ab.

Erosion von Flussufern

Die Corioliskraft führt auch dazu, dass auf der Nordhalbkugel diejenigen Flussufer, die in Fließrichtung rechts liegen, im Mittel stärker erodiert werden als die linken. Dieses Phänomen wurde erstmals im Jahre 1763 von Michail Wassiljewitsch Lomonossow beschrieben. Erste Erklärungen stammten von P. A. Slowzow (1827) und Karl Ernst von Baer (1856).[4] Obwohl diese Forscher glaubten, der Effekt trete nur bei Flüssen auf, die von Süden nach Norden fließen, wird der Effekt bis heute als Baersches Gesetz bezeichnet. Die korrekte Sichtweise, dass der Effekt von der Fließrichtung unabhängig ist, formulierte 1859 erstmals Jacques Babinet und später Albert Einstein[5] (1926).[6]

Einfluss der Corioliskraft auf den Wasserabfluss in einem Becken

Eine oft anzutreffende Meinung bezüglich der Corioliskraft bezieht sich auf das Drehverhalten eines Wasserstrudels, zum Beispiel in einer Badewanne. Wird der Abfluss geöffnet, soll sich der entstehende Strudel auf der Nordhalbkugel gegen, auf der Südhalbkugel mit dem Uhrzeigersinn bewegen – ähnlich wie die Tiefdruckgebiete der Atmosphäre. Tatsächlich spielt die Corioliskraft in solch kleinen Dimensionen keine praktische Rolle. Im Vergleich mit anderen Einflüssen, beispielsweise bereits existenten Strömungen, ist der Einfluss der Corioliskraft vernachlässigbar.[7][8]

Corioliskraft in der Technik

Bei einer rotierten Stimmgabel bewegen sich die Zinken zusätzlich zur normalen Bewegung seitlich aneinander vorbei. Diese Bewegung beruht auf der Corioliskraft.

Corioliskräfte sind in der Technik dann von Bedeutung, wenn eine Drehbewegung von einer zweiten Bewegung „überlagert“ wird. Dies ist beispielsweise bei einem Roboter der Fall, der sich dreht und gleichzeitig seinen Greifarm ausfährt.

  • Wenn eine Last am Ausleger eines Krans nach innen oder außen fährt, während der Kran sich dreht, hängt sie aufgrund der Corioliskraft nicht senkrecht nach unten, sondern wird seitlich ausgelenkt. Wird die Last längs des Auslegers nach innen eingefahren, eilt sie dem Kran voraus.
  • In der Getriebetechnik (Koppelgetriebe) und in der Robotik spielen die Corioliskräfte ebenfalls eine wichtige Rolle, da auch hier gleichzeitige Bewegungen entlang mehrerer Freiheitsgrade erfolgen. Benutzt man zur Vereinfachung der Beschreibung rotierende Koordinatensysteme, treten für Bewegungen in diesen rotierenden Bezugssystemen auch Corioliskräfte auf.
  • Zur Messung des Massenstromes durchströmender Flüssigkeiten oder Gase verwendet man den Coriolis-Massendurchflussmesser. Das Messrohr wird in Schwingungen versetzt. Diese werden im Ein- und Auslauf gemessen und verglichen. Bei der Corioliswaage wird vor allem Schüttgut durch die Messung der Änderung des benötigten Drehmoments eines Rotortellers vermessen.
  • Bei Kreiselpumpen wird das Medium vom meist axial gelegenen Ansaugkanal durch das Pumpenrad in Rotation versetzt und durch die Zentrifugalkraft nach außen zum Ausgang geschleudert. Dabei übt das Medium Corioliskräfte auf das Pumpenrad aus, wodurch sich ein Bremsmoment für den Antrieb ergibt. Die effektiv aufgewendete Energie der Pumpe ist also etwa proportional zum radial verlaufenden Massenstrom, dem Radius des Pumpenrades und der Drehzahl (Verwirbelungen, Rückströmungen und Reibung außer Acht gelassen).
  • Einige Drehratensensoren zur Messung von Drehgeschwindigkeiten nutzen die Corioliskraft in Form des sogenannten „Stimmgabelprinzips“,[9] das im nebenstehenden Bild erläutert wird. Aufgrund der Drehbewegung bewegen sich die Zinken der Stimmgabel nicht nur aufeinander zu, sondern sie führen zusätzlich seitliche Bewegungen zueinander aus, die durch die Corioliskraft verursacht werden. Die seitliche Auslenkung ist näherungsweise proportional zur Drehgeschwindigkeit und kann beispielsweise durch eine kapazitive oder induktive Messung erfasst werden.[10]

Formeln

Rotationsebene, Winkelgeschwindigkeit und Geschwindigkeit

Die Corioliskraft wirkt auf einen Körper, der sich in einem rotierenden Bezugssystem bewegt.

Allgemein gilt

wobei

  • die Masse des bewegten Körpers,
  • die Winkelgeschwindigkeit des Bezugssystems und
  • der Geschwindigkeitsvektor der Bewegung des Körpers, relativ zum rotierenden Bezugssystem, ist.

Bei bekanntem Winkel zwischen Rotationsachse und Bewegungsrichtung kann mit den skalaren Größen gerechnet werden. Dreht sich das Bezugssystem rechtsherum, wirkt die Corioliskraft nach links bezogen auf die Bewegungsrichtung. Bei einer Drehung linksherum wirkt sie nach rechts.

  • Winkel zwischen Geschwindigkeits- und Winkelgeschwindigkeitsvektor
  • Geschwindigkeitskomponente parallel zur Rotationsebene bzw. senkrecht zur Winkelgeschwindigkeit

In den folgenden Animationen ist der Vektor der Corioliskraft für eine radial und eine tangential bewegte Kugel auf einer Drehscheibe eingezeichnet (Betrachtung aus mitrotiertem Bezugssystem). Die Corioliskraft entspricht unter umgedrehtem Vorzeichen genau der Zwangskraft, die aufgewendet werden müsste um die eingezeichnete Kugel auf die gezeigten Bahnen zu zwingen (Hier wird die Zentrifugalkraft nicht berücksichtigt).

Horizontale Bewegungen

Kartesisches Koordinatensystem mit dem Ursprung auf der geographischen Breite eines rotierenden Himmelskörpers (f-Fläche) von Westen aus gesehen
Corioliskraft bei Bewegungen horizontal zur Erdoberfläche (Vorzeichen beachten)

Betrachtet man die Corioliskraft aufgrund der Erdrotation, interessiert man sich meist nur für horizontale Bewegungen und auch nur für die horizontale Komponente der Corioliskraft.

Für diese gilt:

bzw.

Dabei ist

  • die Komponente der Corioliskraft in nördlicher Richtung,
  • die Komponente der Corioliskraft in östlicher Richtung,
  • der Breitengrad,
  • die Komponente des Geschwindigkeitsvektors in östlicher Richtung und
  • die Komponente des Geschwindigkeitsvektors in nördlicher Richtung.

Die Erdrotation (eine Umdrehung in 23 Stunden 56 Minuten 4,09 Sekunden = 1 Sternentag = 86164,09 s) besitzt dabei die Winkelgeschwindigkeit

Vertikale Bewegungen

Bei reinen Aufwärtsbewegungen wirkt die Corioliskraft nach Westen, beim senkrechten freien Fall wirkt sie nach Osten. Ihr Betrag ist

Ein über die Länge L frei fallender Körper erfährt aufgrund der Corioliskraft eine Ostablenkung von

Eine mit der Anfangsgeschwindigkeit senkrecht nach oben geschossene Kugel wird zunächst nach Westen abgelenkt um den Betrag

Hat sie die Steighöhe erreicht, so besitzt sie eine Westgeschwindigkeit von . Beim Herunterfallen der Kugel muss man deshalb zusätzlich zur obigen Formel noch den Beitrag zur Ostablenkung berücksichtigen:

Der gesamte Versatz ergibt sich aus der Differenz der beiden Ausdrücke nach Vereinfachungen zufolge der Gesetze für die Steig- und Fallzeiten zu einer effektiven Abweichung nach Westen um

g ist dabei jeweils die Erdbeschleunigung.

Am Äquator ist der Versatz am größten (). Wegen ergibt sich kein Unterschied zwischen Nord- und Südhalbkugel.

Gesamtbetrachtung der Corioliskomponenten auf einer rotierenden Kugel

Koordinatensystem auf dem Breitengrad φ mit x-Achse Osten, y-Achse Norden und z-Achse aufwärts.

Man betrachte einen Ort auf der Breite einer Kugel, die um die Nord-Süd-Achse rotiert. Dann gibt es ein lokales kartesisches Koordinatensystem, wobei dessen -Achse horizontal nach Osten zeigt, die -Achse horizontal nach Norden und die -Achse vertikal nach oben (aufwärts, senkrecht auf der Kugeloberfläche). Die Vektoren der Winkelgeschwindigkeit , der Geschwindigkeit und der Corioliskraft können in diesem lokalen Koordinatensystem beschrieben werden als:

wobei folgende Indizes gelten:

  • Osten: o
  • Norden: n
  • aufwärts: a

Verwandte Begriffe

Der Coriolisparameter in Abhängigkeit vom Breitengrad

Die Coriolisbeschleunigung ist die zur Corioliskraft gehörende Beschleunigung. Dem Betrag nach gilt . Für das Vorzeichen ist zu beachten, dass die Lehrbücher der Physik (z.B. [11]) und der Technischen Mechanik (z.B. [12]) unterschiedlichen Konventionen folgen:

Physik:
Techn. Mechanik:

Die unterschiedliche Begriffsbildung zum selben Wort "Coriolisbeschleunigung" hat ihren Grund darin, dass in der Physik die Trägheitskräfte gewöhnlich über die Betrachtung der von einem beschleunigten Bezugssystem aus zu beobachtenden Bewegungen eines Körpers eingeführt werden, während die Technische Mechanik gewöhnlich vom Standpunkt des im Inertialsystem ruhenden Beobachters ausgeht, der das beschleunigte Bezugssystem und darin die Relativbewegung des Körpers betrachtet. Am Ende stimmen beide Betrachtungen im konkreten Ergebnis wieder überein.

Mit dem Coriolisparameter kann man die Formeln für die horizontale Komponente der Corioliskraft aufgrund der Erdrotation einfacher darstellen. Der Betrag der Corioliskraft ist dann einfach Typische Größenordnung in mittleren Breiten sind Werte von von um

Als Corioliseffekt bezeichnet man jede Erscheinung, die durch die Corioliskraft zustande kommt.

Experimenteller Zugang

Am Teufelsrad, das als Fahrgeschäft um 1910 aufkam und nur mehr an wenigen Orten betrieben wird, kann an der eigenen Körperbewegung die Corioliskraft erfahren werden. Ebenso am Drehhocker, wenn durch Heranziehen der Arme der Pirouetteneffekt ausgelöst wird. Hierbei wirkt die mit der Erhöhung der Winkelgeschwindigkeit verbundene Trägheitskraft allerdings der Corioliskraft entgegen und hebt sie im Extremfall eines kreisenden Massenpunktes sogar ganz auf.

Quellen

Einzelnachweise

  1. Corioliskraft, die, Duden online, abgerufen am 30. November 2013. Häufig zu hören ist auch die Betonung auf dem ersten i oder dem darauf folgenden o.
  2. Richard Feynman et. al.: Vorlesungen über Physik. Seite 19-2, die letzten beiden Sätze des Kapitels.
  3. Anders Persson The Coriolis Effect, englisch, pdf Datei
  4. L. S. Berg: P. A. Slowzow und das Baersche Gesetz. In: Geschichte der russischen geographischen Entdeckungen. Gesammelte Aufsätze. VEB. Bibliographisches Institut, Leipzig. 1954.
  5. A. Einstein: Die Ursache der Mäanderbildung der Flußläufe und des sogenannten Baerschen Gesetzes. In: Die Naturwissenschaften. 14, Nr. 11, 1926, S. 223-224Online: Der handschriftliche Entwurf dieser Veröffentlichung von Einstein gedruckter Artikel.
  6. Peeter Müürsepp: Über die Wirkung der Corioliskraft auf die Erosion von Flussufern. (wissenschaftshistorische Abhandlung)
  7. Jearl Walker: Der fliegende Zirkus der Physik. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2007, ISBN 9783486580679 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  8. Norbert Lossau: Fünf Minuten Physik: Badewannen und Tiefdruckgebiete. In: Die Welt. 6. Juni 2007
  9. MEMS-Sensoren im Überblick, Automobil-Elektronik, April 2007 (PDF; 2,8 MB)
  10. Modellierung und Simulation eines mikromechanischen Drehratensensors, Dissertation von Detlef Billep (PDF; 4,6 MB)
  11. Richard Feynman et. al.: Vorlesungen über Physik. Kap. 19-2
  12. Jürgen Dankert, Helga Dankert: Technische Mechanik. 6. Auflage. Vieweg-Teubner, 2011, ISBN 978-3-8348-1375-6.
  13. A. O. Persson: The Coriolis Effect: Four centuries of conflict between common sense and mathematics, Part I: A history to 1885. In: History of Meteorology. 2, 2005, S. 1 (PDF).

Literatur

  • Henry M. Stommel, Dennis W. Moore: An introduction to the Coriolis force. Columbia Univ. Pr., New York 1989, ISBN 0-231-06637-6
  • Halliday-Resnick-Walker: „Halliday Physik“, 2.Auflage, Wiley-VCH, 2009, S. 154 ff

Weblinks

Wiktionary: Corioliskraft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikibooks Wikibooks: Corioliskraft – Lern- und Lehrmaterialien
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