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Chlorpyrifos

Aus Jewiki
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Strukturformel
Struktur von Chlorpyrifos
Allgemeines
Name Chlorpyrifos
Andere Namen
  • O,O-Diethyl-O-(3,5,6-trichlorpyridin-2-yl)-thiophosphat
  • Chlorpyrifos-ethyl
Summenformel C9H11Cl3NO3PS
CAS-Nummer 2921-88-2
PubChem 2730
Kurzbeschreibung

farblose Kristalle[1]

Eigenschaften
Molare Masse 350,58 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

42 °C[1]

Löslichkeit

praktisch unlöslich in Wasser (1,4 mg·l−1 bei 25 °C)[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [2]
06 – Giftig oder sehr giftig 09 – Umweltgefährlich

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301​‐​410
P: 273​‐​Fehlerhafter P-Satz​‐​391​‐​501 [2]
MAK

Schweiz: 0,2 mg·m−3 (gemessen als einatembarer Staub)[3]

Toxikologische Daten

60 mg·kg−1 (LD50Mausoral)[4]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Chlorpyrifos ist ein Insektizid, das von Dow Chemical Mitte der 1960er-Jahre eingeführt wurde. Es zählt bis heute zu den am häufigsten eingesetzten landwirtschaftlichen Pestiziden in den USA.[6] Handelsnamen sind unter anderem Dursban, Empire, Eradex, Lorsban (Dow), Pyrinex und Stipend. In Deutschland wurde Chlorpyrifos unter Namen wie Schwabex, Hyganex, Insektenil, Microsol, Killgerm und Ketolac vertrieben.[7] Chemisch ist Chlorpyrifos ein Thiophosphorsäureester.

Chlorpyrifos ist giftig für Mensch und Tier. Das Pestizid schädigt das Großhirn Ungeborener. In Deutschland ist das Mittel seit 2009 verboten, wurde aber über Lebensmittel-Importe (insbesondere aus Südeuropa, USA, Brasilien) eingeführt. In der Schweiz soll es verboten werden, aber die Industrie klagt dagegen. In der EU einigte man sich auf ein Verbot ab Januar 2020.[8]

Wirkung

Chlorpyrifos hat Kontakt-, Fraß- und Atemgiftwirkung. Es wirkt auf das Nervensystem von Insekten, indem es das Enzym Acetylcholinesterase hemmt.

Verwendung

Chlorpyriphos wird vielfältig zur Bekämpfung saugender und beißender Insekten sowie gegen Bodenschädlinge in zahlreichen landwirtschaftlichen Kulturen, gegen Ameisen in Haus und Garten, gegen Hausfliegen, Haushalts- und Lagerschädlinge, gegen Kleidermotten, zur Moskitobekämpfung, als Stallspritzmittel sowie gegen Ektoparasiten an Tieren eingesetzt.[1] In der Forstwirtschaft werden die Polter oft mit Chlorpyrifos behandelt um sie vor Borkenkäfern und anderen Forstschädlingen zu schützen.[9]

Bis zum Verbot gemäß der EG-Biozid-Richtlinie 98/8/EG[10] ab August 2008 wurde Chlorpyrifos als Insektizid mit Langzeitwirkung gegen schwer zu bekämpfende Parasiten wie Bettwanzen eingesetzt.[11]

Zulassung

EU

In der Europäischen Union gilt seit 2005 eine Zulassung dieses Wirkstoffs für Pflanzenschutzmittel.[12] Ursprünglich lief die Zulassung am 30. Juni 2016 aus. Da die Prüfung des Antrags auf Zulassungsverlängerung nicht in der vorgesehenen Zeit abgeschlossen werden konnte, wurde die Zulassung zunächst auf den 31. Januar 2018[13], dann auf den 31. Januar 2019[14] und am 20. November 2018 schließlich auf den 31. Januar 2020[15] verlängert. Auf nationaler Ebene sind Pestizide mit diesem Wirkstoff in 20 EU-Staaten zugelassen. Die erlaubte Tagesdosis beträgt 0,01, die akute Referenzdosis 0,1 und die annehmbare Anwenderexposition 0,01 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag.[16]

In Deutschland dürfen seit 2009 keine Präparate mit Chlorpyrifos als Wirkstoff mehr vertrieben werden.[7] Mit Chlorpyrifos belastete Lebensmittel können durch den weltweiten Handel (z. B. mit Südfrüchten) trotzdem nach Deutschland gelangen, zum Teil auch über dem zulässigen Grenzwert.[17]

In Österreich sind chlorpyrifoshaltige Produkte für eine Vielzahl von Anwendungen im Acker-, Obst- und Weinbau sowie im Forst zugelassen.[16]

Nachdem die Verwendung von Chlorpyrifos in Deutschland und in sieben anderen EU-Ländern schon Jahre zuvor verboten worden war,[18] weiterhin auf importierten Zitrusfrüchten nachgewiesen werden konnte,[19] stimmte der zuständige Ausschuss der EU-Kommission am 6. Dezember 2019 dafür, die zum Jahr 2020 auslaufende Zulassung nicht zu verlängern.[20] Zugleich wurde die Variante Chlorpyrifos-methyl verboten.[19] Die Kommission folgte dabei einer Einschätzung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die vor Gefahren besonders für Kinder warnte.[19] Nach der formellen Bestätigung der im Ausschuss getroffenen Entscheidung, die noch aussteht (Stand: 6. Dezember 2019), wird es den Mitgliedstaaten obliegen, ihre Zulassungen zurückzuziehen, wobei eine Übergangsfrist von maximal drei Monaten gewährt werden kann.[19]

Schweiz

In der Schweiz sind chlorpyrifoshaltige Produkte für Anwendungen im Acker-, Obst- und Weinbau zugelassen.[16] Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat im Mai 2019 entschieden, allen Pflanzenschutzmitteln mit den Wirkstoffen Chlorpyrifos und Chlorpyrifos-methyl die Bewilligung zu entziehen und sie schrittweise von Markt zu nehmen; noch ist der Entscheid jedoch nicht rechtskräftig.[21] Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte, dass in diesem Zusammenhang acht Beschwerden eingegangen seien. Laut Greenpeace und WWF Schweiz haben unter anderem Dow AgroSciences, Syngenta und Sintrago eine Beschwerde gegen den Entscheid eingereicht.[22]

USA

Chlorpyrifos USA 2011.png
In den USA ist dieses Mittel seit 2001 für den Hausgebrauch verboten.[23] In der Landwirtschaft sank die im Maisanbau ausgebrachte Menge von ursprünglich mehr als 3500 Tonnen pro Jahr seit Einführung von gentechnisch verändertem Bt-Mais stark ab.[24]










Nutzung nach Jahr und Ernte

anderes
Weideland und Heu
Obstplantagen und Trauben
Reis
Gemüse und Obst
Baumwolle
Weizen
Sojabohnen
Mais

Toxikologie

Vergiftungserscheinungen entsprechen denen anderer Inhibitoren von Cholinesterasen: Es treten unter anderem Koliken, Übelkeit, Durchfälle und Erbrechen, Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, unscharfes Sehen (Akkommodationsstörungen), zusammengezogene und nichtreagierende Pupillen (Miosis), Bradykardie, Blutdruckabfall bis hin zu Krämpfen und Atemstillstand auf. Chlorpyrifos ist mit O,O,O,O-Tetraethyl-dithiopyrophosphat (Sulfotep) verunreinigt, was als toxikologisch bedenklich gilt. Der Höchstgehalt an Sulfotep wurde von der EU auf 3 g/kg Chlorpyrifos festgelegt.[12]

Bei Kindern, die im Mutterleib subtoxischen Dosen Chlorpyrifos ausgesetzt waren, wurden morphologische Veränderungen des Großhirns, unter anderem von geschlechtstypischen Merkmalen, sowie Beeinträchtigungen der geistigen Leistungsfähigkeit festgestellt.[25][26]

Studien in den USA zeigten, dass sich vor dem Verbot Chlorpyrifos in der Raumluft von fast allen überprüften Wohnungen sowie im Blut der Mehrheit der afro-amerikanischen Mütter in bestimmten Wohngebieten in New York nachweisen ließ.[27] Ebenfalls wurde gezeigt, dass die im Körper von Kindern gefundenen Chlorpyrifos-Werte drastisch abnahmen, nachdem die Ernährung der Kinder von konventionellen auf Bio-Produkte und damit chlorpyrifos-freie Nahrungsmittel umgestellt worden war.[28]

2018 stellten Wissenschaftler bei einer für die Zulassung vorgelegten Herstellerstudie von 1998 Unstimmigkeiten fest. Sie fanden in den Rohdaten deutliche Hinweise auf Beeinträchtigungen im Gehirn schon bei geringen Dosen. Im Fazit der Studie blieben diese Effekte jedoch unerwähnt.[29]

Chlorpyrifos ist auch für Tiere toxisch, besonders für Amphibien, jedoch auch für Bienen und Fische.[30]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Chlorpyrifos. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 4. Mai 2014.
  2. 2,0 2,1 Eintrag zu Chlorpyriphos in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 8. Januar 2018 (JavaScript erforderlich).
  3. SUVA: Grenzwerte am Arbeitsplatz {{{Jahr}}} – MAK-Werte, BAT-Werte, Grenzwerte für physikalische Einwirkungen.
  4. Eintrag zu Chlorpyrifos in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM), abgerufen am 20. November 2018.
  5. Eintrag zu Chlorpyrifos im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  6. Handelsblatt: US-Berufungsgericht verbietet Pestizid und macht Umweltbehörde Vorwürfe, vom 9. August 2018, abgerufen am 26. November 2018.
  7. 7,0 7,1 Bekanntmachung der geprüften und anerkannten Mittel und Verfahren zur Bekämpfung von tierischen Schädlingen nach §18 Infektionsschutzgesetz, Teil A: Gliedertiere (Arthropoden) [Entwesung] 18. Ausgabe, Teil B: Wirbeltiere (Rodentia, Muridae), 15. Ausgabe, Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Stand vom 20. Juni 2008, veröffentlicht im Bundesgesundheitsblatt; abgerufen im Dezember 2016.
  8. https://orf.at/stories/3146673/
  9. Dana Liechti: Verbotene Insektizide im Schweizer Wald. In: blick.ch. 11. Mai 2019, abgerufen am 1. Oktober 2019.
  10. Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten, veröffentlicht am 24. April 1998.
  11. Erklärung der Frowein GmbH & Co. KG zur Einstellung der Produktion von chlorpyrifos-haltigen Mitteln, abgerufen im September 2016.
  12. 12,0 12,1 Richtlinie 2005/72/EG der Kommission vom 21. Oktober 2005 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates zur Aufnahme der Wirkstoffe Chlorpyrifos, Chlorpyrifos-methyl, Mancozeb, Maneb und Metiram (PDF).
  13. Durchführungsverordnung (EU) Nr. 762/2013 der Kommission vom 7. August 2013. Abgerufen am 28. November 2018.
  14. Durchführungsverordnung (EU) 2018/84 der Kommission vom 19. Januar 2018. Abgerufen am 28. November 2018.
  15. Durchführungsverordnung (EU) 2018/1796 der Kommission vom 20. November 2018. Abgerufen am 28. November 2018.
  16. 16,0 16,1 16,2 Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission: Eintrag zu [[:V age :PSM-Verz/EU]] in der EU-Pestiziddatenbank; Eintrag in den nationalen Pflanzenschutzmittelverzeichnissen der [[:V Schweiz, Vorlage:PSM-Verz/Österreich Österreichs und Deutschlands
  17. Hanno Charisius: Wie ein Gift in die Supermärkte kam. In: sueddeutsche.de. 20. Dezember 2018, abgerufen am 21. Dezember 2018.
  18. EU-Kommission verbietet umstrittenes Insektizid. In: Zeit online. 6. Dezember 2019, abgerufen am 6. Dezember 2019.
  19. 19,0 19,1 19,2 19,3 EU verbietet Chlorpyrifos. In: Spiegel online. 6. Dezember 2019, abgerufen am 6. Dezember 2019.
  20. Umstrittenes Insektizid wird EU-weit verboten. In: deutschlandfunk.de. 6. Dezember 2019, abgerufen am 6. Dezember 2019.
  21. Bund will schädliches Pestizid verbieten. In: naturschutz.ch. 12. Juni 2019, abgerufen am 13. Juni 2019.
  22. Pestizid-Verbot: Agrochemie wehrt sich. In: schweizerbauer.ch. 19. Juli 2019, abgerufen am 12. August 2019.
  23. Common Insecticide May Harm Boys' Brains More Than Girls', Scientific American, 21. August 2012.
  24. chlorpyrifos.com: Protecting Important Crops
  25. V. A. Rauh, F. P. Perera, M. K. Horton, R. M. Whyatt, R. Bansal, X. Hao, J. Liu, D. B. Barr, T. A. Slotkin, B. S. Peterson: Brain anomalies in children exposed prenatally to a common organophosphate pesticide. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. 109 no. 20, 2012, S. 7871–7876. doi:10.1073/pnas.1203396109.
  26. Agrargift: Pestizid schädigt Gehirne Ungeborener. In: Spiegel Online. 1. Mai 2012.
  27. R. M. Whyatt, D. B. Barr, D. E. Camann, P. L. Kinney, J. R. Barr, H. F. Andrews, L. A. Hoepner, R. Garfinkel u. a.: Contemporary-Use Pesticides in Personal Air Samples during Pregnancy and Blood Samples at Delivery among Urban Minority Mothers and Newborns. In: Environmental Health Perspectives. 111 (5), 2002, S. 749–756. doi:10.1289/ehp.5768, PMID 12727605, PMC 1241486 (freier Volltext).
  28. C. Lu, D. B. Barr, M. A. Pearson, L. A. Waller: Dietary intake and its contribution to longitudinal organophosphorus pesticide exposure in urban/suburban children. In: Environmental health perspectives. Band 116, Nummer 4, April 2008, S. 537–542, doi:10.1289/ehp.10912, PMID 18414640, PMC 2290988 (freier Volltext).
  29. Axel Mie, Christina Rudén, Philippe Grandjean: Safety of Safety Evaluation of Pesticides: developmental neurotoxicity of chlorpyrifos and chlorpyrifos-methyl. In: Environmental Health. 17, Nr. 1, 2018-12 doi:10.1186/s12940-018-0421-y.
  30. Chlorpyrifos. In: bafu.admin.ch. 6. März 2018, abgerufen am 24. Juni 2019.
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