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Beleidigte Leberwurst

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Die beleidigte Leberwurst oder gekränkte Leberwurst spielen ist eine sprichwörtliche deutsche Redensart, mit der ein Mensch verspottet wird, der beleidigt ist oder schmollt. Meist wird dabei unterstellt, dass der so Bezeichnete keinen Grund für seine Gekränktheit habe.

Die Redensart ist seit dem späten 19. Jahrhundert in Gebrauch.[1]

Hintergrund der Redensart

Hintergrund dieser Redensart ist die Vorstellung der Medizin des Altertums und des Mittelalters, dass die Leber[2] Sitz der Körpersäfte und des Temperaments sei. Insbesondere der Zorn wurde hier verortet. Diese Vorstellung hielt sich in der deutschen Sprache noch bis in das 17. und 18. Jahrhundert[3], wie literarische Zeugnisse belegen. So dichtete Paul Fleming (1609–1640) in seinem „Früelings-Hochzeitgedichte“:

Vergebens ist uns nicht die Leber einverleibet:
sie, sie ist unser Gott, der uns zum Lieben treibet.
Wer gar nicht lieben kan, der wisse, daß anstat
der Leber er faul Holz und einen Bofist hat.

Paul Fleming: Früelings-Hochzeitgedichte[4]

Deutlicher noch drückt es Christoph Martin Wieland (1733–1813) in seinem „Hexameron von Rosenhain“ aus:

Diese Nachrichten waren mehr, als nötig war, die Leidenschaft, die sich in seinem Herzen oder (wie die Alten meinten) in seiner Leber zu bilden anfangen wollte, im Keim zu ersticken.

Christoph Martin Wieland: Das Hexameron von Rosenhain[5]

Den gleichen Hintergrund hat auch die Redensart „Etwas frei oder frisch von der Leber weg sagen“, die das offene, rückhaltlose und freimütige Sprechen meint. Deutliche Nähe zur „Beleidigten Leberwurst“ weist die Redensart, jemandem sei „Eine Laus über die Leber gelaufen“, auf: Hier ist es ein nichtiger Anlass – die kleine Laus –, die zu Verärgerung und Zorn führt. Möglicherweise ist in diesem Zusammenhang auch die seit dem Jahr 1920 nachweisbare Bezeichnung einer sich geziert gebenden oder prüden Dame als „Feine Leberwurst“ zu sehen.[1]

Die „Wurst“ wurde dem Sprichwort erst angehängt, als die Vorstellung um die Leber als Sitz der Gefühle verloren gegangen war.[6] So erfand man für die bereits bestehende Redensart von der „Beleidigten Leberwurst“ nachträglich eine ätiologische Erzählung, die für Obersachsen bezeugt ist[3] und die Entstehung der Wendung beschreibt: Ein Metzger habe Würste gekocht und alle anderen Würste, die nicht so lang kochen müssen, vor der Leberwurst aus dem Kessel genommen. Weil sie allein im Kessel bleiben musste, war die Leberwurst beleidigt und platzte schließlich vor Wut.

Siehe auch

Quellen

  1. 1,0 1,1 Heinz Küpper: Wörterbuch der deutschen Umgangssprache, 1. Auflage, 6. Nachdruck. Stuttgart, München, Düsseldorf, Leipzig: Klett, 1997, Seite 489f.; Lemma Leberwurst.
  2. Anmerkung: neben der Galle (Wendung: „Ihm läuft die Galle über.“)
  3. 3,0 3,1 Lutz Röhrich: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, 5 Bände, Freiburg i. Br. 1991, Band 3, Seite 944f.; Lemma: Leber.
  4. Originalgedicht auf der Webseite der Northeimer Datenbank Deutsches Gedicht
  5. Kapitel Die Liebe ohne Leidenschaft (zitiert nach Projekt Gutenberg-DE)
  6. Duden, Das grosse Buch der Zitate und Redewendungen, Dudenverlag/F. A. Brockhaus, Mannheim - Leipzig - Wien - Zürich 2002, ISBN 3-411-71801-3, Seite 98
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Beleidigte Leberwurst aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.